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Der erhöhte Christus

von Elfriede Begrich (99084 Erfurt)

Predigtdatum : 09.05.2002
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Rogate
Textstelle : Epheser 1,20b-23
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Wochenspruch:

Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. (Johannes 12,32)

Psalm: 47,2-10 (EG 726)

Lesungen

Altes Testament:
1. Könige 8,22-24.26-28
Epistel:
Apostelgeschichte 1,3-4 (5-7) 8-11
Evangelium:
Lukas 24,(44-49).50-53

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 161
Liebster Jesu, wir sind hier
Wochenlied:
EG 121
Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du gen Himmel g’fahren bist
Predigtlied:
EG 123, 6-11
Jesus Christus herrscht als König
Schlusslied:
EG 163
Unsern Ausgang segne Gott

Liebe Gemeinde!
Nein, es ist nicht zu fassen, dieses Fest heute. Mit dem Verstand schon gar nicht, der ist viel zu klein für die Größe dieses Geschehens und viel zu eng für die Weite der Himmel. Und ER ist auch nicht zu fassen, der Auferstandene. Das hat schon Maria Magdalena im Garten erfahren müssen: „Noli me tangere! Rühre mich nicht an! Halte mich nicht fest. Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater!“
Nun ist ER aufgefahren, so heben wir heute unsere Stimme bei den Worten: „aufgefahren in den Himmel, sitzend zur Rechten Gottes“. So hat ihn als Erster der sterbende Stephanus gesehen: unter geöffneten Himmel Christus sitzend zur Rechten Gottes. Wer so stirbt, der stirbt wohl. Wer so lebt auch. Denn der weiß: Die Herrschaft Christi hat mit meinem Tod kein Ende. Die Herrschaft Christi reicht viel weiter als ich zu ahnen vermag, und Seine Nähe ist gerade da überdeutlich erfahrbar, wo ich ihn am meisten brauche.
Die Himmelfahrtsgeschichte macht deutlich: Himmelfahrt ist ein Ereignis, das sich uns im Glauben und in der Anbetung erschließt, das uns aber verschlossen bleibt, wenn wir versuchen, uns ihm auf dem Weg von Weltbild-Erklärungen und Metapher-Suche zu nähern. Lassen wir unsere Weltraumweisheit und unsern Raketenverstand beiseite. Sie helfen kein bisschen, sondern hindern uns, uns dem Geschehen Gottes zu öffnen. Das Ereignis der Himmelfahrt ist und bleibt von dem gleichen Geheimnis umgeben wie die erste Tat Gottes, die Schöpfung von Himmel und Erde.
Geheimnisvoll und unerklärlich, aber staunenswert, anbetungswürdig und reich an Folgen sind die Geschehnisse Gottes. Keine Erklärung, wohl aber einen Grund gibt Er an für Sein Tun: Gott schafft Himmel und Erde, Welt, Kosmos, Äonen und alles Lebendige Wesen auf Erden aus Liebe, weil Er ein Gegenüber, ein Du für Seine Liebe braucht . Es gibt auch keine Erklärung für die Himmelfahrt, aber einen Grund: der Platz Christi ist der neben Seinem Vater. Gott kann und will nicht sein ohne den Sohn an Seiner Seite. Christus, der von Ihm ausgegangen ist, kommt wieder zu Ihm zurück. Christus, den Gott als Seinen Sohn uns in die Krippe gelegt hat, dem Er selbst Seine Worte in den Mund und Seine Heilkraft in die Hände gegeben hat, und mit dem Er Schmerz und Ohmacht am Kreuz erduldet hat, diesem gebührt nun der Platz zu Seiner Rechten.
Er nimmt ihn ein durch das Geschehen der Himmelfahrt. Eine alte Weisheit sagt: „Das große Wort flammt empor, das kleine Wort aber krümmt sich.“ Himmelfahrt ist ein großes Wort, das emporflammt und uns hineinnimmt in die strahlende Herrlichkeit dieses Geschehens: Hören wir auf dieses emporflammende Wort, den Predigttext für den heutigen Himmelfahrtstag:
20 Gott hat Christus von den Toten auferweckt und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel 21 über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen hat, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen. 22 Und alles hat er unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum Haupt über alles, 23 welche sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.
Diese Worte sind ein Gemälde. Ein großes, den Raum ausfüllendes Gemälde in gold und blau und purpur wird hier vor uns entrollt. Es ist ein zweigeteiltes Gemälde: der obere Teil steht fest: der Thron Gottes und neben diesem der herrschende Christus zu Seiner Rechten, das Zepter in der Hand, mit dem Er weiden wird die Völker wie es recht ist, die Weltkugel zu Seinen Füßen, denn die Erde ist Seiner Füße Schemel, dieser ist’s, der zu sehen und zu besingen ist:
„Jesus Christus herrscht als König, alles ist ihm untertänig, alles legt ihm Gott zu Fuß. Aller Zunge soll bekennen, Jesus ist der Herr zu nennen, dem man Ehre geben muss“ (EG 123, 1; diese Strophe kann die Gemeinde hier als Unterbrechung der Predigt singen!)
Der untere Teil dieses Gemäldes, das die Predigtworte ins Bild setzt, ist der bewegliche Teil. Hier ziehen in einem Panorama am herrschenden Christus vorbei, die kamen, die sind und die gehen werden: „alle Reiche, alle Gewalt, Macht und Herrschaft, und alles, was sonst einen Namen hat.“
Wenn Sie die Augen schließen, haben Sie sie alle vor sich: die Großen und Lauten, die von noch Größeren und noch Lauteren abgelöst wurden. Sie sind noch zu hören, die Versprechen der Einen und die der Nächsten. Wir erleben, wie die Mächtigen und Regierenden einander verunglimpfen, ins Nichts stoßen oder wenigstens ins Abseits drängen.
„Alles, was sonst einen Namen hat“, das sind auch sehr beruhigende Worte. Wir hören Namen, die sofort Angst und Schrecken auslösen, in denen Gewalt und Terrorismus, Ungerechtigkeit und Säbelrasseln mitklingen. Sie alle, die Guten und die weniger Guten, die Erfolgreichen und die Versager, die sich mühen um Recht und die es mit Füßen treten, sie alle sind begrenzt, auch wenn sie sich als Weltmacht aufspielen, sie alle sind kurzlebig, auch wenn sie Ewigkeitsgebaren an den Tag legen.
Das ist das Eine. Ihre Vergänglichkeit und Begrenzung in Zeit und Raum. Das Andere, das zu sehen ist, ist dieses: Sie alle ziehen in diesem Panoramabild am herrschenden Christus vorbei. Aber eben nicht nur vorbei. Sie halten inne. Sie sehen es sehenden Auges, was sie bisher für das religiöse Sondergut einer kleinen Christenheit hielten: Jesus Christus über ihnen, weit über all ihrer Pracht - Seine Herrschaft, weit über all ihrer Macht - Seine göttliche Allmacht, weit über all ihre Rechtmittel - Seine Rechtfertigung. Unter Ihm kommen wir alle zusammen. Zu Ihm schauen wir alle auf, von Ihm hören wir alle Weisung und zu Ihm führen alle unsere Wege. Das ist das große Hoffnungsgemälde. Ein Gemälde in Farben und Töne gesetzt, so wie wir dieses Gemälde besingen können:
„Fürstentümer und Gewalten, Mächte, die die Thronwacht halten, geben ihm die Herrlichkeit; alle Herrschaft dort im Himmel, hier im irdischen Getümmel, ist zu seinem Dienst bereit.“ (EG 123,2 kann hier gesungen werden)
Wie nun, liebe Gemeinde sollen die Menschen es erfahren, dass Christus erhöht zu Gottes rechter Hand, Maß und Mittel unseres Lebens, Handelns, Entscheidens und Regierens ist? Dass Er der ist, vor dem wir uns letztlich und endgültig zu verantworten haben. Woher überhaupt weiß unsere Welt, wissen unsere Kinder, unsere Jugend davon, dass es eine letzte Verantwortung vor Gott gibt und nicht nur die vor dem Haftrichter, die Taten nicht nur zählen bis zur Verjährung, sondern aufgeschrieben sind in Gottes Buch. Woher sollen sie wissen, dass sie selbst nicht gemacht, sondern geschaffen sind, dass das Lebensende nicht zu beschließen, sondern zu erwarten ist? Wer sagt ihnen das?
Antwort darauf gibt der letzte Vers des Predigtwortes: „Gott hat Christus gesetzt der Gemeinde zum Haupt, welche Sein Leib ist.“
Es ist ein uns vertrautes Bild. Er das Haupt, wir seine Glieder. Paulus benutzt es in seinen Briefen an die Korinther und an die Römer. Immer sagt er: Wie jedes Glied an einem Leibe gleich wichtig ist, so auch jedes Gemeindeglied in einer Gemeinde. Hier ist etwas anderes gesagt über diesen Leib Christi als die Gemeinde. Nicht die Einzelnen sind herausgehoben, sondern der Leib als Ganzer ist gemeint: Sein Leib ist die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt. Das ist die christliche Gemeinde.
Wir hier, liebe Gemeinde, die Gemeinde im Nachbarort, die großen Gemeinden in den Domen unserer Städte und die kleinen, die nur alle zwei oder drei Wochen sich zu zweit oder zu dritt versammeln: Sie alle, ob viel oder wenig, sind diese Fülle Christi, sind von Ihm, mit Seinem Geist gefüllt und stellen diese Fülle, Vollkommenheit Christi dar. Was für ein großes Wort, das hoch auflodert, das uns stärkt und ganz gewiss macht: niemals beten wir nur als die, die hier zusammen sind, immer beten und feiern wir mit den vielen um uns herum, dies ist das wirklich ökumenische Geschehen in Gottesdienst, Gebet, im Christsein des Alltags. Weil wir die Fülle Christi sind und haben, muss uns nicht bange sein um unsere Zukunft als Seine Kirche, können wir mutig Seine Friedensworte sagen, auch wenn sie belächelt und bekämpft werden. Ehe Er nicht eines von den Worten der Bergpredigt wegnimmt, dürfen wir es auch nicht tun, denn wir sind Seine Fülle.
Himmelfahrt ist das Fest zwischen Ostern und Pfingsten. Wir kommen von Seiner Auferstehung her und gehen weiter in der Erwartung, Seines Geistes teilhaftig zu werden. Heute ist uns wie einst Stephanus ein Blick geschenkt worden in den geöffneten Himmel, Ihn zu sehen in Seiner Herrlichkeit und so ganz gewiss zu sein: „Es wird regiert und zwar ganz oben vom Himmel her“ (K. Barth).
Dies ist anzusagen allen, die Verantwortung tragen. Und es ist uns heute ein Wort zuteil geworden gegen alle Angst und Resignation: Ihr, Gemeinde, seid der Leib Christi, der Leib, der unzerstörbar und heilig ist vor Gott, in dem behütet und geführt werden, die zu diesem Leib gehören. Dies sagt weiter euren Kindern und Enkeln, in den Schulen und Rathäusern.
Himmelfahrt ist ein Fest, das uns den Blick nach oben lenkt, zu dem hin, der das Haupt ist und zu dem hin lasst uns wachsen in allen Stücken. Amen.

Verfasserin: Pröpstin Elfriede Begrich, Comthurgasse 7, 99084 Erfurt

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