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Der erhöhte Christus

von Roseli Arendt-Wolff (06528 Brücken (Helme))

Predigtdatum : 13.05.2010
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Rogate
Textstelle : Apostelgeschichte 1,3-4.(5-7).8-11
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Wochenspruch:

„Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.“ (Joh 12, 32)

Psalm: 47, 2 – 10 (EG 726)

Lesungen

Altes Testament:
1. Könige 8, 22 – 24. 26 – 28
Epistel:
Apostelgeschichte 1, 3 – 4. (5 – 7). 8 – 11
Evangelium:
Lukas 24, (44 – 49) 50 – 53

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 123
Jesus Christus herrscht als König
Wochenlied:
EG 121
Wir danken dir, Herr Jesu Christ
Predigtlied:
EG 409
Gott liebt diese Welt
Schlusslied:
EG 171

EG 585
Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott oder
(Anhang Niedersachsen) Ich lobe meinen Gott

Der Predigttext wird während der Predigt verlesen

Liebe Gemeinde!

Himmelfahrt – was ist das? Darüber berichtet der Evangelist Lukas, wie wir es heute gehört haben: Einmal in seinem Evangelium und dann noch einmal in der Apostelgeschichte. 40 Tage nach seiner Auferstehung an Ostern und 10 Tage vor der Ausgießung des Heiligen Geistes an Pfingsten ist Jesus zu seinem Vater im Himmel gegangen.

(Textlesung)

1. Sicher hat jeder schon ein Bild gesehen, das die Himmelfahrt Jesu darstellt. Jesus wird auf einer Wolke oder von Engeln in den Himmel getragen. Unten stehen seine Freunde, Männer und Frauen. Vier-zig Tage lang hatten sie seine Anwesenheit nach Tod am Kreuz und Auferstehung wieder gespürt. Sie hatten ihn als den Lebendigen erfahren und, wie schon zuvor, hatte er ihnen auch in dieser Zeit vom Reich Gottes erzählt.

Und nun: völlig geblendet von der sich gerade vor ihren Augen ereignenden Himmelfahrt Jesu stehen sie da und schauen ihm nach. Sie schauen in den Himmel, erstaunt, gefesselt, fasziniert, voller Sehnsucht und voller Fragen. Sie haben keine Erklärung für das, was sich vor ihren Augen abspielt. Sie können sich kaum rühren. Bis sie zwei Männer in weißem Gewändern, zwei himmlische Gestalten also, wachrütteln: Was steht ihr da und schaut in den Himmel?

In den Himmel zu schauen, Jesus nachzuschauen, wieder Kraft tanken, das ist gut. Als Christen leben wir ja sozusagen an der Schnittstelle zwischen Himmel und Erde. Wir haben den Himmel im Blick, weil er für uns als Ort der Verheißung gilt, als Ort, wo Gott wohnt und wo wir eines Tages mit ihm vereint sein werden. Aber unser Blick soll dort nicht verharren. Er soll wieder zurück auf die Erde – sie ist der primäre Ort der Verheißung, der Ort, an den Jesus gekommen ist. Gott wurde Mensch, damit unsere Welt ein Ort ist, der dem Reich Gottes ähnlicher wird.

Mit Jesu Himmelfahrt ist die Zusage seiner Wiederkunft verbunden. Jesus bleibt der Erde verbunden. Es ist sein Auftrag und seine Verheißung zugleich: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein ... bis an das Ende der Welt“. Hier also ist der Ort, wo wir ihn suchen sollen, schon jetzt. Wir sind Zeugen, dass Gott diese Welt so sehr lieb hat, dass er sie zu seinem Reich gemacht hat. Er hat die himmlischen Höhen verlassen und hat sich erniedrigt. Er wohnte unter uns und eröffnete uns den Blick für einen neuen Himmel und eine neue Erde. Die Erde ist der Ort der Verheißung. Sie soll Reich Gottes wer-den. Hier soll der Himmel sein. Und dazu braucht Gott uns. Darauf beruht die Aufforderung der Engel an die Menschen von Galiläa: Was steht ihr da und schaut in den Himmel? Geht zurück in die Welt, schaut um euch herum, denn das ist die Welt, in der Jesus gesucht und gefunden, in der er geehrt und bezeugt werden möchte: in den Straßen, in den Häusern, überall wo Menschen leben, leiden oder Lieder singen.

2. Der Ort des Geschehens ist diese, unsere Welt, und nicht die himmlische Welt. Eher soll unser Blick also umgekehrt sein. Neue „Suchmaschinen“ im Internet machen es uns vor. Durch den Blick eines Riesenteleskops aus einem Satelliten ist es möglich, einzelne kleine Dörfer in fast jedem Gebiet der Erde ausfindig zu machen und als Luftbild auf den Bildschirm zu holen. Sogar einzelne Gebäude kann man sehen. Wir können also dank moderner Technik sozusagen von oben, vom Himmel auf die Erde schauen. Und wenn ein Blick vom Himmel auf die Erde an diesem Himmelfahrtstag möglich wäre, was würden wir sehen? Wir würden viele Menschen unterwegs sehen. Wir würden manche vielleicht mit einem besorgten Blick zum Himmel sehen, aber eher aus Sorge um das Wetter, denn es könnte den geplanten Ausflug stören. Die Himmelfahrt Jesu dagegen beschäftigt nur Wenige. Viele nutzen den Feiertag dazu, einen Spaziergang zu machen, mit oder ohne Familie. Andere nehmen an diesem Tag eine Auszeit von den familiären und beruflichen Pflichten um das zu machen, wozu sie einfach Lust haben.

Der Blick von oben würde auch noch etwas ganz anderes zeigen: Erhöhter Alkoholkonsum und alkoholreiche Veranstaltungen, die statistisch gesehen am Himmelfahrtstag zu erheblich mehr Schlägereien als an gewöhnlichen anderen Tagen führen. Auch die Zahl der durch Alkohol bedingten Verkehrsunfälle steigt an Himmelfahrt auf das Dreifache des Durchschnitts der sonstigen Tage an und erreicht einen traurigen Jahreshöhepunkt.

Der Blick von oben ist also nicht nur erfreulich. Und das ist nicht alles. Der Blick von oben würde auch Krieg und Hungersnot in vielen Gebieten der Erde zeigen. Das Austrocknen der Savannen in Afrika aufgrund der Erderwärmung, worunter am meisten die Menschen leiden, die für die Klimaveränderungen auf der Erde nichts können. Dazu wachsende Armut und Unsicherheit in der Welt. Hohe Arbeitslosigkeit und soziale Unsicherheit auch ganz in unserer Nähe. Immer mehr Familien und Kinder, die am Rande des Existenzminimums leben. Rechtsextremistische Ansichten und Bewegungen, die den „Fremden“, Flüchtlingen und Andersaussehenden die Schuld ihrer eigenen Unfähigkeit in die Schuhe schieben.

Natürlich sind solche Dinge nicht wirklich sichtbar durch den Teleskopblick aus tausenden von Kilometern Entfernung. Nein. Dazu braucht es den Blick aus der Nähe, den Blick in die Herzen der Menschen, und der ist aus dem Weltall mit Hilfe einer virtuellen Suchmaschine nicht möglich.

Was steht ihr da und schaut in den Himmel? Die Frage könnte man heute genauso andersherum stellen: Was sitzt ihr da und schaut aus dem Himmel? Aus der sicheren Entfernung eines Bildschirmes sieht die Welt auch ganz anders aus. Ich kann schnell wegzoomen, wenn mich das nichts angeht, was ich da sehe. Ich kann schnell wegschauen, nicht zulassen, dass mich die Not des Anderen berührt. Und je mehr Menschen wegschauen, desto weniger wird sich die Welt verändern. Gott ist Mensch geworden damit er uns Menschen auf der Erde ganz nahe ist. Und damit wir selbst unseren Mitmenschen immer näher kommen. Damit wir seine Zeugen werden bis an das Ende der Erde. Und Zeuge sein heißt, hinschauen, mich von der Not des anderen, von der Not der Schöpfung berühren zu lassen. Zeuge sein heißt etwas tun, sich einzumischen dort, wo Ungerechtigkeit herrscht, wo die Gebote der Menschlichkeit und der Nächstenliebe mit Füßen getreten werden.

3. Himmelfahrt ist als Vatertag bekannt. Was verbindet den Vatertag mit der Himmelfahrt Jesu? An Himmelfahrt geht Jesus zu seinem Vater in den Himmel. Jesus hat eine ganz besondere Beziehung zu seinem Vater, die er auch uns überträgt. Er borgt uns seinen Vater und lehrt uns zu ihm zu beten: „Vater unser im Himmel“. Unser Blick geht im Gebet also auch in den Himmel. Aber nicht in den natürlichen Himmel über uns, dort, wo Sterne und Satelliten herumschwirren, sondern in das Reich Gottes – auf Erden. Der Himmel ist der Ort, wo Gott wohnt. Aber es ist kein utopischer, unerreichbarer Himmel. Es ist auch nicht der Himmel unserer Fantasie, dort, wo die Engel herumfliegen und wo wir eines Tages, nach diesem irdischen Leben, hinkommen sollen. Der Himmel ist der Ort, wo Gott wohnt und es ist der Ort, wo wir gerne wohnen sollen – in diesem irdischen Leben schon.

Jesus ist gekommen, um uns von diesem Himmel, von Gottes Reich zu erzählen. Er hat uns gelehrt zu beten „Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden“. Jesus ist gekommen nicht, um unseren Blick von all den irdischen, menschlichen Dingen abzulenken, sondern gerade um uns unsere Mitmenschen, unsere Welt näher zu bringen. Der Himmel ist dort wo ich lerne, den Anderen zu sehen wie Gott ihn gewollt hat. Der Himmel ist dort, wo mich die Stimme des anderen, der Hilferuf der Schöpfung erreicht. Der Himmel ist dort, wo die Liebe Gottes weitergegeben, wo Schuld vergeben, wo ein Neuanfang möglich ist. Der Himmel ist diese Welt als der Ort, den Gott liebt und wo er gerne wohnt.

Verfasserin: Pfarrerin Roseli Arendt-Wolff, Hauptstrasse 162, 06528 Brücken (Helme)

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