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Der erhöhte Christus

von Martin Kramer (39108 Magdeburg)

Predigtdatum : 01.05.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Rogate
Textstelle : Epheser 1,20b-23
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Wochenspruch:

Christus spricht: wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. (Johannes 12, 32)

Psalm: 47 (EG 726)

Lesungen

Altes Testament:
1. Könige 8, 22 – 24. 26 - 28
Epistel:
Apostelgeschichte 1, 3 – 4( 5 – 7) 8 - 11
Evangelium:
Lukas 24, (44 – 49) 50 - 53

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 450
Morgenglanz der Ewigkeit
Wochenlied:
EG 121
Wir danken dir, Herr Jesu Christ
Predigtlied:
EG 267
Such, wer da will, ein ander Ziel
Schlusslied:
EG 163
Unsern Ausgang segne Gott

20 Durch sie hat er ihn von den Toten auferweckt und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel 21 über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen hat, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen. 22 Und alles hat er unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum Haupt über alles, 23 welche sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.

Liebe Gemeinde!
„Am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters“ – so kennen wir es aus dem Glaubensbekenntnis. Der Text aus dem Epheserbrief ist eine Erklärung dazu. Gleich fällt auf, das mittlere Stück aus dem kurzen Abschnitt „aufgefahren in den Himmel“ wird nicht ausdrücklich erwähnt. Es wird aber vorausgesetzt.
In der deutschen Sprache haben wir nur ein Wort für den Himmel der Sterne und den Himmel Gottes. Andere können das unterscheiden, etwa die Engländer. Da kann es nicht so schnell zu dem Missverständnis kommen, Himmelfahrt Christi habe etwas mit Weltraumfahrt zu tun. Es soll etwas ganz anderes deutlich werden.
Nach Ostern hatten die Jünger direkte Begegnungen mit dem auferweckten Jesus Christus. Diese waren dann aber zu Ende. Der Auferweckte hatte nun einen neuen Platz eingenommen. Mancher ist vielleicht versucht zu sagen: Er ist jetzt woanders. Doch das würde die Sache unklar lassen. Er ist in einer ganz anderen Weise da. Er ist nicht mehr den Gegebenheiten von Raum und Zeit unterworfen Das Sitzen zur Rechten meint, er regiert zusammen mit dem allmächtigen Vater Zeit und Ewigkeit. Man kann auch sagen: Der Lebendige möchte für alle Welt da sein, da kann er nicht mehr einigen Jüngern leibhaftig begegnen. So hat er es auch den zurückbleibenden Jüngern nach dem letzten Wort im Matthäusevangelium gesagt: Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. Unser Text geht sogar noch weiter. Nicht nur über die gegenwärtige Welt, sondern auch über die zukünftige erstreckt sich seine Herrschaft. Dabei können wir nur sehr wenig über die zukünftige Welt sagen. Sie ist ein Stück unseres Glaubens.
Zur gegenwärtigen Welt gehören auch Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen hat. Die Aufzählung derer, die unter seiner Herrschaft leben müssen, klingt für uns merkwürdig. Es sind die Kräfte, von denen das Leben abhängt oder von denen man sich beeinflusst fühlt. Wir würden heute andere Aufzählungen wählen. Dabei sind wir nicht einmal sicher, ob wir die entscheidenden Kräfte und Gewalten erkennen oder nur vordergründige Erscheinungen vor Augen haben.
Da sind die Wirtschaftsmächte im internationalen und nationalen Maßstab. Sie bestimmen über Arbeitsplätze und Preise. Die Zeitungen, Radio und Fernsehen berichten, aber mit schwer erkennbaren Absichten und Tendenzen. In vielen Ländern der Erde herrschen Krieg oder Bürgerkrieg. Menschen leiden unter Hunger und Ungerechtigkeit, unter Verfolgung und Ausgrenzung.
Und da soll ich glauben, der lebendige Christus ist Herr aller dieser Mächte? Wir leben noch in dieser Welt. Da ist der lebendige Herr bereits Herrscher über alle Welt, aber es ist noch nicht offenbar, sondern bleibt Inhalt unseres Glaubens. Jesus hat uns nicht versprochen, wir würden in den Tagen unseres irdischen Lebens von Mühsal und Aussichtslosigkeit frei bleiben. Doch er hat zugesagt, alle diese Mächte sind nicht unumschränkt mächtig, sie finden ihre Grenzen in seiner Herrschaft. Dabei ist es ganz egal, ob die Inhaber der weltlichen Gewalten diese Herrschaft des lebendigen Christus kennen oder gar anerkennen. Einmal wird das offenbar werden, was jetzt schon gilt, aber noch nicht vor aller Augen ist.
Bis es soweit ist, bleibt es die Aufgabe der christlichen Gemeinde, sich in dieser Zeit darum zu mühen, die irdischen Verhältnisse so zu ändern, so dass sich die Lebensbedingungen möglichst vieler Menschen verbessern. Wir können durch unsere Bemühungen nicht das Reich Gottes auf Erden herbeiführen. Weil wir aber davon überzeugt sind, Christus herrscht schon jetzt – wenn auch auf verborgene Weise -, können, dürfen und sollen wir das Leben auf der Erde den Maßstäben des göttlichen Willens annähern.
An einem Punkt wird schon jetzt etwas von der Herrschaft Christi sichtbar: in der Kirche. Jesus Christus ist das Haupt der Kirche, die Kirche ist sein Leib. Das ist ein im Grunde bekanntes biblisches Bild. Machen wir uns immer klar, was das für unser Leben im einzelnen oder in der Gemeinde bedeutet? Das Haupt gibt die Richtung an, in der der Leib sich bewegt¸ es zeigt den Sinn allen Handelns auf. Es garantiert die Einheit. Überhaupt ergänzt die Fülle Christi die Gemeinde.
Wenn die Gemeinde ein Leib ist, dann ist das mehr als eine Summe von Einzelnen. Gerade in unserer evangelischen Kirche sind wir immer wieder von der Gefahr bedroht, dass sich der einzelne zu wichtig einschätzt oder auf die Gemeinschaft zu wenig Rücksicht nimmt bzw. mit seinem Glauben allein zufrieden ist. Christus zieht uns in die Gemeinschaft hinein; wir brauchen keine Einzelkämpfer zu sein, er möchte uns in der Gemeinschaft festhalten. Wie viel Unfriede entsteht aus dem Bemühen Einzelner oder einzelner Gruppen, genau wissen zu wollen, was richtig ist in der Kirche und für die Christen, was getan werden muss und was zu glauben ist.
Seit einiger Zeit wird wieder einmal teilweise erbittert darüber gestritten, was der Satz „ich glaube an Gott den Schöpfer des Himmels und der Erden“ bedeutet. Die einen sagen, man müsse das Schöpfungszeugnis im ersten Kapitel der Bibel wie eine wissenschaftliche Quelle lesen und die naturwissenschaftlichen Erklärungen der modernen Zeit als ungläubig abtun. Andere meinen, auch diese Erklärungen stehen dem Glauben an Gott den Schöpfer nicht entgegen. Vielleicht müssen wir in der Kirche damit leben, dass beide Auffassungen sich zwar nicht miteinander vereinbaren lassen, aber doch nebeneinander bestehen, solange wir in dieser Welt leben.
Ebenso gibt es eine Reihe ethischer Fragen, bei denen es in der Kirche nicht zu einer allgemeinen Übereinstimmung kommt. Als Beispiele seien nur zwei genannt. Können sich Christen an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligen oder nicht? Dürfen verheiratete Christen sich scheiden lassen? Konsequent wäre es, eine Auffassung als richtig und die andere als falsch zu erklären. Aber wer will das verbindlich entscheiden?
Es bleibt unbefriedigend, wenn wir mit dem Nebeneinander widerstreitender Auffassungen leben. Jeder soll sich mühen, zu einer eigenen Gewissheit zu kommen. Aber dann soll er sich auch hüten, die Schwester oder den Bruder mit anderer Auffassung als ungläubig oder unchristlich zu bezeichnen.
Woher gewinnen wir Gewissheit, was wirklich der Wille unseres Herrn ist? Allein durch das Hören auf das Wort der Bibel können wir das erkennen. Dazu braucht man keine besonderen Voraussetzungen. Erklärungen können helfen, aber wichtiger ist es, sich allein auf Christus zu verlassen.
Wenn er das Haupt des Leibes, also seiner Kirche ist, dann bedarf es auch keines menschlichen Hauptes. Für die Leitung der Kirche gewählte Menschen stehen oft in der Gefahr, sich an die Stelle des Herrn der Kirche setzen zu wollen. Neben ihm ist jedoch kein Platz frei.
Zwei Fragen stellen sich nun ein: Entspricht die Wirklichkeit unserer Kirche und ihrer Gemeinden dem Bild, was der biblische Text von der Kirche zeichnet? Und: Wie kann die Kirche ihre Aufgabe in dieser Welt wahrnehmen?
Auf den ersten Blick sind die harten Realitäten ganz anders als man sich den Leib unter dem Haupt Christus vorstellt. Doch so gewiss er als Mensch auf Erden war, so will er in der Gestalt seiner Kirche in dieser Welt jetzt verborgen seine Herrschaft ausüben. Die Zusage seines regierenden Wirkens in der zukünftigen Welt macht deutlich, wie vorläufig die Gestalt seiner Gemeinde ist und welche strahlendere Herrlichkeit bevorsteht, wenn seine Herrschaft für alle offenkundig sein wird.
Eine Kirche, die sich ihrem lebendigen Herrn allein verpflichtet weiß, wird der Welt um sie herum das Zeugnis in Wort und Tat nicht schuldig bleiben, alle menschliche Herrschaft und Herrlichkeit bleibt eine vorläufige, denn sie steht schon jetzt – ob sie es weiß oder nicht – unter der umfassenden Herrschaft dessen, der zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, sitzt.
Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere menschliche Vernunft, der wird eure Herzen und Gedanken bewahren in Christus Jesus. Amen.

Verfasser: Pfarrer i. R. Martin Kramer, Schadowstrasse 2, 39108 Magdeburg

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