Der erhöhte Christus
von Peter Mücksch (Hötensleben)
Predigtdatum
:
02.06.2011
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Rogate
Textstelle
:
1. Könige 8,22-24.26-28
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Wochenspruch:„Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.“ (Johannes 12,32)
Psalm: 47, 2 – 10 (EG 726)
Lesungen
Altes Testament: 1. Könige 8, 22 – 24.26 – 28
Epistel: Apostelgeschichte 1, 3 – 4 (5 - 7) 8 – 11
Evangelium: Lukas 24, (44 - 49).50 – 53
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 122 Auf Christi Himmelfahrt allein
Wochenlied: EG 121 Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du gen Himmel g’fahren bist
Predigtlied: EG 165,
1 – 2 + 4 + 6 – 8 Gott ist gegenwärtig
Schlusslied: EG 120 Christ fuhr gen Himmel
22 Salomo trat vor den Altar des HERRN angesichts der ganzen Gemeinde Israel und breitete seine Hände aus gen Himmel
23 und sprach: HERR, Gott Israels, es ist kein Gott weder droben im Himmel noch unten auf Erden dir gleich, der du hältst den Bund und die Barmherzigkeit deinen Knechten, die vor dir wandeln von ganzem Herzen;
24 der du gehalten hast deinem Knecht, meinem Vater David, was du ihm zugesagt hast. Mit deinem Mund hast du es geredet, und mit deiner Hand hast du es erfüllt, wie es offenbar ist an diesem Tage. 26 Nun, Gott Israels, lass dein Wort wahr werden, das du deinem Knecht, meinem Vater David, zugesagt hast.
27 Aber sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen - wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe?
28 Wende dich aber zum Gebet deines Knechts und zu seinem Flehen, HERR, mein Gott, damit du hörst das Flehen und Gebet deines Knechts heute vor dir.
Vorüberlegungen:
Himmelfahrt ist ein für Gemeinden und Theologen schwer zu fassendes Fest.
Was geschieht da eigentlich? Christus fährt auf in die Allgegenwart. Das ist abstrakt und kaum zu fassen. Die Predigt versucht Antwort auf die Frage zu geben. Wo ist Gott?
Allgegenwärtig heißt: Er ist überall in unserem Leben, in unseren Kirchen, in unserer Bibel, in unseren Geschichten zu finden. Die Predigt will Mut machen, darüber nachzudenken und einmal wieder in der Bibel die Geschichten, in denen Gott sich vergegenwärtigt, zu lesen. Die Perikope wurde um den Vers 29 erweitert (bitte bei der Verlesung mitlesen), da hier ein für die Predigt wichtiger Gedanke auftaucht. Für die Lebendigkeit der Predigt ist es sicherlich hilfreich, wenn LektorInnen die Geschichten aus der Bibel oder ihrem Leben, die ihnen besonders wichtig geworden sind, aufgreifen und ergänzen.
Auch in der Gemeinde oder der Welt gerade aktuelle Nöte sollten eingefügt werden.
Liebe Gemeinde,
wo ist Gott? Das ist die Frage, die hinter den Worten Salomos in seinem berühmten Tempelweihgebet zu vermuten ist. Da hat er gerade ein herrliches Bauwerk Gott zu Ehren errichtet. Aus wohl behauenen Steinen waren die Wände. Von Innen war alles mit wertvollem Zedern- und Zypressenholz getäfelt. Alles war mit Gold und Silber überzogen. Im Allerheiligsten standen zwei vergoldete Cherubim aus Ölbaumholz. Vor dem Tempel standen zwei große Säulen aus Kupfer und ein gegossener Wasserbehälter auf Rädern. Dazu kamen noch allerlei Geräte, Kessel, Schaufeln, Becken, Leuchter und vieles mehr.
Ganz genau wird das alles im 1. Königsbuch beschrieben. Was Salomo möglich war, um Gott ein Haus zu bauen, hat er getan. Aber nun bei den Einweihungsfeierlichkeiten ist da neben Stolz und Freude auch die eigentümlich unsichere und zweifelnde Frage: Sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Gott ist doch größer als alles Vorstellbare. Größer als aller Himmel Himmel. Wie könnte dann dieses prächtige und doch so menschlich begrenzte Haus eine Wohnstatt Gottes sein?
Wo ist Gott? fragten wohl auch die Jünger in den Tagen nach Himmelfahrt. Ein wahres Wechselbad der Gefühle hatten sie in den zurückliegenden Wochen erlebt. Erst die Wanderung durch Galiläa und nach Jerusalem, die Wunder, die Heilungen und die Gespräche mit Jesus. Da war ihnen das Herz aufgegangen. Sie hatten gespürt, jetzt beginnt etwas Neues. Ein Aufbruch in eine neue Zeit, in der Gott erfahrbar und verstehbar wird.
Dann die Enttäuschung. Der, an dem sich alle Hoffnung festmachte, wurde gefangen genommen, gefoltert und gekreuzigt. Keine Hoffnung mehr. Nur noch Angst war da. Selbst der sonst immer so sichere Petrus hatte versagt, und als der Hahn dreimal krähte, bitterlich geweint. Und dann kam Ostern. Erst wollte ja keiner den Frauen glauben. Ganz langsam, Stück für Stück, musste Ostern erfahren werden.
Zum Beispiel auf dem Weg nach Emmaus. Oder im verschlossenen Gemach, als Jesus vor sie trat und Thomas seine Hände in die Wund-male legen konnte. Dort in Galiläa, am See, als sie erste Schritte zurück in den Alltag taten und von Jesus neue Weisungen für ihre Zukunft erhielten. Sollte das nun alles wieder vorbei sein? Jesus - Gott weit weg, irgendwo im Himmel, nur nicht hier, wo wir ihn brauchen. Mit der Verheißung seines Geistes zwar und dem Versprechen wiederzukommen. Aber, wie kann man nun ohne ihn leben, ohne seine tröstliche Gegenwart?
Wo ist Gott? fragen wohl auch viele Menschen in unseren Gemeinden und in der Welt. Wir sitzen in schönen, mit viel Mühe und Aufwand gebauten, oft über Jahrhunderte mit Liebe erhaltenen und gepflegten Kirchen und suchen Gott. Wo und wodurch finden wir ihn? Sicher nicht nur durch die Steine, das Gold und die Bilder, den Klang der Orgel und die schönen Lieder. Dies alles ist wichtig und eine Hilfe für uns Menschen, um Gott zu erfahren. Vor allem aber kommt es darauf an, dass wir uns auf Gott einlassen, ihn anrufen, wie Salomo es tat.
Was aber, wenn wir zu Hause allein in einem Krankenzimmer liegen und nicht wissen, was werden mag? Wo ist Gott in meinem Kummer um einen Gestorbenen? Wo ist Gott?, fragen wir uns, wenn wir die Bilder aus den Krisen- und Katastrophenregionen dieser Welt (Aktuelles einfügen!) sehen.
Eine wirklich alle befriedigende Antwort hat noch keiner geben können. Nicht die Theologen, nicht die Philosophen und nicht die Naturwissenschaftler. Aber es sind Antworten gefunden worden. Viele unterschiedliche, wohl so viele, wie es fragende und suchende Menschen gibt. Eine ganze Reihe davon finden wir in unseren biblischen Texten. Geschichten davon, wie Menschen Gott fanden, wie sie mit ihm lebten und stritten, wie sie zweifelten und wie Gott seine Gegenwart in ihrem Leben erwiesen hat. Einige davon werden auch in unseren heutigen Texten angedeutet. Es lohnt sich, nach den Geschichten hinter den Geschichten zu suchen.
Salomo erinnert in seinem Tempelweihgebet an den Herrn, den Gott Israels, der den Bund mit den Menschen hält, und an seine Barmherzigkeit. Eigentlich ist das eine ganze Reihe von Bundesschlüssen. Der erste mit Adam und Eva, der Menschheit, die er in seine von ihm geschaffene Welt, das Paradies setzt. Das aber ging verloren, durch menschliche Schuld. Mit Noah und seinen Nachkommen wird der zweite Bund geschlossen. Obwohl die Menschen so sind wie sie sind - böse von Jugend auf - verspricht Gott, diese Welt nicht im Stich zu lassen.
Soweit es an ihm liegt, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Gott ist da und bleibt da, indem er die Grundlagen für alles menschliche Sein garantiert. Er ist und bleibt der Herr des Himmels und der Erden. Der dritte Bund wird mit Abraham und seinen Nachkommen geschlossen. Ihm wendet sich Gott in besonderer Weise zu. Er verspricht ihm Nachkommenschaft, Land und Segen. In vielen Geschichten wird erzählt, wie diese Versprechen eingelöst werden, was für Irrungen und Wirrungen es dabei gibt.
Man denke nur an Jakob - den Betrüger, der nach einem abenteuerlichen Leben und seinem Kampf mit Gott am Jabbok zu Israel, dem Gottesstreiter, wird. Wer sich auf Gott einlässt, ja mit ihm wie das Volk Israel seither streitet, der erfährt auch immer wieder seine Gegenwart und seinen Segen. Jakob-Israels Söhne geraten nach Ägypten. Sie werden zu Gefangenen und werden befreit.
Gott spricht zu Mose am brennenden Dornbusch: Ich habe das Elend meines Volkes gesehen, ich habe ihr Geschrei gehört, ihr Leiden erkannt und bin herniedergefahren, um sie zu erretten. Gott ist da, auch wo wir ihn nicht sehen oder ihn, wie die Israeliten in Ägypten, vergessen hatten. In seinem Namen, den er Mose am Dornbusch offenbart, wird das besonders schön deutlich. Das hebräische Namenswort Jahwe ist die Selbstoffenbarung Gottes und seines Wesens: Ich war, der ich da war, ich bin da, ich werde da sein.
Gott kann gar nicht anders als „da sein“. Beim Auszug aus Ägypten beweist er seine Kraft und führt sein Volk durch die Wüste. Er geht ihm in der Feuer- und Wolkensäule voran. ( In der Himmelfahrtgeschichte ist es deshalb auch die Wolke, in der Jesus aufgehoben wird. Verhüllt - nicht sichtbar zwar - aber doch gegenwärtig - allgegenwärtig, um uns bei unserem Weg durch die Wüsten unseres Lebens zu führen.)
Am Sinai wird der vierte Bund geschlossen. Gott gibt seinem Volk Weisungen für ein gelingendes Miteinander. Die Zusammenfassung in Form der Gebotstafeln trägt Israel seither in der Lade und später in der Schrift und im Herzen mit sich. Sie sind mit dabei beim Einzug in das Gelobte Land, sie gehen verloren in den Kämpfen mit den Feinden, sie werden vergessen, und man erinnert sich ihrer. David, der Held und Schurke, der Psalmsänger und Sünder, der nach seinem Mord an Uria, dem Mann von Bathseba, Gottes Barmherzigkeit erfahren hat, brachte sie nach Jerusalem.
Nun hat Salomo die Bundeslade in dem von ihm errichteten Tempel aufgestellt. Damals war das wohl der Höhepunkt der vorstellbaren und erhofften Geschichte. Gott hat seine Verheißung wahr gemacht. Er war da auf dem langen Weg durch die Zeiten. Nun, unter Salomo, lebt das so zahlreich wie die Sterne am Himmel gewordene Volk in sicheren Grenzen im Gelobten Land. Alles deutet darauf hin, dass Gott es gesegnet hat, der wunderschöne Tempel ist auch ein Zeichen dafür.
In dieser Sternstunde bringt Salomos vorsichtige Frage wieder die andere Seite in uns, die Zweifel und Ängste, zur Sprache. Doch in seiner Bitte steckt auch die verborgene Antwort: Wende dich zum Gebet deines Knechtes... Lass deine Augen offen stehen über diesem Hause Nacht und Tag. Gott braucht dieses Haus nicht. Aber wenn es ein Haus ist, in dem wir uns daran erinnern, wo er in unserem Leben gegenwärtig war, wenn wir an seine Weisungen denken und wenn wir in diesem Haus zu ihm beten, dann ist es gut, dass es dieses gibt. Dann bleibt bei allem Zweifel doch die Hoffnung und vielleicht sogar die Gewissheit, dass er unser Flehen erhört.
An viele weitere Erfahrungen erinnert unsere Bibel. An Hiob zum Beispiel, der alles verloren hat und doch nach langem Ringen mit Gott seine Antwort findet und sagt: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. An die Schriftgelehrten ist zu denken, die im Babylonischen Exil Geschichten und Texte sammelten. Gott ist da in all diesen Buchstaben. Gott ist da in der Schrift. Wenn wir die Bibel aufschlagen, ist Gott gegenwärtig. Oder denken wir an die Propheten, die in schweren Zeiten und auch in die Krankenzimmer heute hinein so trostreiche und hoffnungsvolle Sätze sagen konnten wie Jesaja: Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.
Denken wir an den, der da kommen soll diese Welt zu erlösen. Christen sagen: In Jesus von Nazareth ist Gott den Menschen ganz nah gekommen. Durch ihn und mit ihm ist der neue Bund geschlossen worden, durch den wir alle Zugang zu Gott haben. Gerade weil das für die Jünger so eine schöne Erfahrung war, ist Himmelfahrt für sie auch so schwer zu begreifen.
Wir sind zum Glück in einer etwas besseren Situation. Wir wissen schon, wie die Geschichte weitergeht. Gott schenkt uns seinen Geist, durch den er bei uns ist. Wir feiern im Abendmahl seine Gemeinschaft. Wir gehören durch die Taufe zu seinem Volk, sind eingeschlossen in seinen Bund.
Ganz praktisch heißt das, wie die Jünger damals vom Berg herabzusteigen und mit all unseren Zweifeln, Ängsten und Nöten in dieser, unserer Welt zu leben, seinen Auftrag zu erfüllen und auf ihn zu warten. Wie man das macht? Wieder so eine Frage, auf die es keine Antwort gibt. Oder doch?
Ein paar haben wir doch gehört. Lasst uns nach Spuren Gottes in unseren Lebensgeschichten suchen. Lasst uns diese weitererzählen. Vielleicht ist gerade diese meine Geschichte die, die auch einem anderen weiterhilft. Lasst uns in der Bibel nach seinen Spuren suchen. Lasst uns den Weg zu den anderen finden und ihnen ein tröstendes Wort sagen. Lasst uns in unseren Kirchen fröhlich Gottesdienste feiern, singen, sein Wort hören und beten wie Salomo in seinem Tempel. Lasst uns darauf vertrauen, dass Gott seine Augen offenstehen lässt über all unseren Häusern Tag und Nacht und unsere Gebete erhört. Wir dürfen getrost unseren Weg durch die Zeiten gehen. Denn so wie er Mose am brennenden Dornbusch sagte: Ich bin da, so sagt er uns durch Christus: Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende. Das gilt auch nach oder gerade durch Christi Himmelfahrt. Amen.
Verfasser: Pfarrer Peter Mücksch,Ackerwinkel 1, 39393 Hötensleben
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Pfarrer Thomas Borchers
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