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Der erhöhte Christus

von Susanne Wildberger (67655 Kaiserslautern)

Predigtdatum : 26.05.2022
Lesereihe : IV
Predigttag im Kirchenjahr : Christi Himmelfahrt
Textstelle : Daniel 7,1-3(4-8)9-14
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Wochenspruch: Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. (Johannes 12,32)

Psalm: 47,2-10 (EG 726)

Lesungen

Reihe I: 1. Könige 8,22-24.26-28
Reihe II: Johannes 17,20-26
Reihe III: Epheser 1,(15-20a)20b-23
Reihe IV: Daniel 7,1-3(4-8)9-14
Reihe V: Lukas 24,(44-49)50-53
Reihe VI: Apostelgeschichte 1,3-11

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 123 Jesus Christus herrscht als König
Wochenlied: EG 120 Christ fuhr gen Himmel
Predigtlied: EG 362 Ein feste Burg ist unser Gott
Schlusslied: EG 129 Freut euch, ihr Christen alle

Predigttext: Daniel 7,1-3+9-14

1 Im ersten Jahr Belsazars, des Königs von Babel,
hatte Daniel einen Traum und Gesichte auf seinem Bett;

und er schrieb den Traum auf:
2 Ich, Daniel, sah ein Gesicht in der Nacht, und siehe,
die vier Winde unter dem Himmel wühlten das große Meer auf.
3 Und vier große Tiere stiegen herauf aus dem Meer,
ein jedes anders als das andere.
9 Da sah ich: Throne wurden aufgestellt, und einer, der uralt war, setzte sich. Sein Kleid war weiß wie Schnee und das Haar auf seinem Haupt wie reine Wolle; Feuerflammen waren sein Thron und dessen Räder loderndes Feuer.
10 Da ergoss sich ein langer feuriger Strom
und brach vor ihm hervor.
Tausendmal Tausende dienten ihm, und zehntausendmal Zehntausende standen vor ihm.
Das Gericht wurde gehalten und die Bücher wurden aufgetan.
11 Ich sah auf um der großen Reden willen, die das Horn redete,
und ich sah, wie das Tier getötet wurde und sein Leib umkam
und in die Feuerflammen geworfen wurde.
12 Und mit der Macht der andern Tiere war es auch aus;
denn es war ihnen Zeit und Stunde bestimmt,
wie lang ein jedes leben sollte.
13 Ich sah in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe,
es kam einer mit den Wolken des Himmels
wie eines Menschen Sohn
und gelangte zu dem, der uralt war, und wurde vor ihn gebracht.
14 Ihm wurde gegeben Macht, Ehre und Reich,
dass ihm alle Völker, Nationen und Sprachen dienen sollten.
Seine Macht ist ewig und vergeht nicht,
und sein Reich hat kein Ende.

Predigt

Liebe Gemeinde,

ein paar hundert Jahre vor Christi Geburt hatte ein Mensch namens Daniel einen Traum. Eine Vision – oder wie es in der Lutherbibel steht: „Ein Gesicht“. Er hat sie aufgeschrieben, sie steht in der Heiligen Schrift der Juden – und in unserer Bibel. Daniel wird auch im Islam als Prophet angesehen. Im heutigen Iran, in Susa steht ein großes Grabmal, das von Juden und Moslems gleichermaßen als das Grab des Propheten Daniel verehrt wird.

Eine gewaltige Schauung war das in der Nacht. Ganz großes Theater: Von allen Himmelrichtungen toben Winde auf das große Meer. Dann steigen vier große und auf verschiedene Weise furchtbare Tiere aus dem Meer:

Ein Löwe mit Flügeln wie ein Adler,
ein Bär – in seinem Maul drei Rippen,
ein Panther mit 4 Flügeln und vier Köpfen
und ein Tier mit zehn Hörnern.
Ein Horn hatte Augen wie Menschenaugen
und ein Maul, das redete große, prahlerische, anmaßende Worte.

Diese vier Tiere sind Bilder für die damals bekannten Weltreiche und ihre zerstörende, bestialische Macht.

Es sind auch Bilder, an die so viele fromme Jüdinnen und Juden in den Vernichtungslagern der Deutschen vor 80 Jahren denken mussten: Aus dem Nichts heraus steigen mordgierige, blutrünstige Monster auf, gegen die ihre Opfer wehrlos sind. Sie haben absolut keine Chance gegen diese Mächte und Gewalten.

Die Liste von Völkern, die irgendwann in ihrer Geschichte gegenüber einem anderen Volk oder einer anderen Art von Gruppe wie ein wildes, unüberwindbares, mörderisches Tier aufgetreten sind, ist sehr, sehr lang.
Da sind die US-Amerikaner mit ihren Grausamkeiten gegenüber den Indianern und den eingeschleppten Afrikanern.
Die Engländer, Franzosen, Spanier, Portugiesen die als Kolonialmächte das Eigentum und die Arbeitskraft anderen Völkern stahlen. Die Untaten der Kommunisten in der Sowjetunion und in Asien stehen auch auf dieser endlosen Liste.
Und die Türken mit ihrem Völkermord an den Armeniern, die Chinesen mit ihrer Unterdrückung der Uiguren und so weiter, und so weiter.

In diesem Traum sieht und spürt Daniel die riesige Macht dieser Bestien – und die eigene Ohnmacht. So einen Traum wünscht man niemandem – und so eine Realität schon gar nicht. Grausame Bilder hat Daniel vor Augen– aber: es bahnt sich etwas an, am Horizont wird es hell. Thronsessel werden aufgestellt. Mehrere Throne, imposante Stühle, auf denen Machthaber sitzen. Und einer, der uralt ist, setzt sich auf einen der Throne. Sein Gewand ist schneeweiß und seine Haare sind wie reine Schafwolle. Aber damit nicht genug:  Sein Thron besteht aus Feuerflammen. Der Thron hat Räder – die sind auch aus Feuer,  aus „loderndem Feuer.“ Das Feuer breitet sich aus. Von dem Thron, auf dem diese alte Gestalt sitzt, ergießt sich ein langer, feuriger Strom. Und es stehen tausendmal Tausende da, um ihm zu dienen und weitere zehntausendmal Zehntausende stehen vor ihm.

Und dann wird das Traum-Bild zu einer Gerichts-Szene. Man setzt sich zu Gericht – und die Bücher werden aufgetan.

In einem Traum wird selten etwas erklärt. Oft versteht man auch ohne Worte, um was es geht. „Die Bücher wurden aufgetan.“ Waren das Bücher, in denen die Schandtaten der Übel-Täter stehen? Vermutlich ja, denn ein Gericht hat vor seiner ersten Sitzung eine Anklageschrift erarbeitet. Das ist so – bis heute.

Daniel fällt nun das eine Horn vom vierten Tier auf.
Das führt große Reden; arrogante, anmaßende, großmäulige Reden. Er schaut zu ihm hin – und sieht, wie dieses Tier getötet wird – sein Körper wird in das Feuer geworfen und vernichtet.

In diesem Moment weiß er, dass auch die Macht der anderen Tiere ihre Grenzen hat. Jede dieser Grauen erregenden und mörderischen Bestien wird ein Ende haben. Er weiß und glaubt auf einmal: „Es ist Zeit und Stunde bestimmt, wie lang ein jedes von ihnen leben wird.“

Sein Traum ist noch immer grausam: Die blutrünstigen Bestien sind noch da – und fletschen mit den Zähnen. Aber sie halten seinen Blick nicht mehr gefangen.

Daniel schaut hoch in die Nacht und sieht zwischen den Wolken eine menschliche Gestalt näherkommen. Schließlich ist sie bei diesem weißen, uralten Wesen auf dem Feuerthron.

Dieser Person, die wie der Sohn eines Menschen aussieht, wird Macht, Ehre und Reich (Königreich) gegeben, damit ihm alle Völker und alle Nationen und alle Sprachen dienen sollen.

Der letzte Satz mit dem Daniel seine Vision beschreibt, heißt: „Die Macht dieses Menschensohns ist ewig und vergeht nicht und sein Reich hat kein Ende.“

Wie anfangs gesagt: Daniel hatte diesen Traum ein paar hundert Jahre vor Christi Geburt. Die gläubigen Juden und Jüdinnen warten bis heute auf diesen Menschensohn.

Für uns ist Jesus Christus derjenige, den er da gesehen hat. Aus unserer Sicht wurde ihm Macht, Ehre und Reich gegeben, damit ihm alle Völker und alle Nationen und alle Sprachen dienen sollen.

Wir blicken auf 2000 Jahre Geschichte des Christentums zurück. Im Namen Jesu Christi wurde einiges Gute getan aber durchgängig wurden in seinem Namen immer wieder eigene Interessen verfolgt. Man wollte die eigene Ehre, die eigene Macht und den eigenen Besitz vermehren. Manch einem christlichen Herrscher oder Feldherr oder Kaufmann war es vielleicht noch nicht einmal bewusst, dass sein Tun überhaupt nichts damit zu tun hat, Christus Macht und Ehre zu geben und ihm zu dienen.

Es gab so viele Grausamkeiten von Christen, dass man an die Tiere aus Daniels Traum erinnert wird: An den Löwen mit den Flügeln wie ein Adler und an den Bären mit den Fleischfetzen in seinem Maul und an das Tier mit den Hörnern, das so großmäulig daherkommt.

Den Namen Jesus Christi im Mund zu haben bedeutet nicht automatisch, ihm die Ehre zu geben. Das wurde und wird überall in der Welt bis heute ständig bewiesen.

Eine Wolke nahm Jesus Christus auf, als er zurück zu Gott ging. In einer Wolke wird er wiederkommen. Und in der Zwischenzeit? Jesus sagte beim Abschied: Ihr wisst nicht, wann ich wiederkommen werde, aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und ihr werdet meine Zeugen sein.

Uns ist der Heilige Geist versprochen. Gottes Geist kam bei unserer Taufe zu uns. In diesem Geist sollen wir denken, reden und handeln. Um diesen Geist sollen wir jeden Tag bitten, damit kein anderer, kein „Gott-loser“ Geist unser Tun und Trachten bestimmt.

Irgendwann ist die Welt zu Ende und irgendwann ist auch unser Leben zu Ende. Bis dahin leben wir inmitten von vielen Fragen und Gefahren und Bedrohungen. Aber wir sind nicht allein und wir sind dem, was wir erleben, nicht hilflos ausgeliefert, denn der Menschensohn, Jesus Christus, ist bei uns – alle Tage – bis an der Welt Ende. Amen.

Verfasserin: Pfarrerin Susanne Wildberger, Kaiserslautern, susanne.wildberger(at)evkirchepfalz.de


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