Wochenspruch: "Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen." (Johan-nes 12,32)
Psalm: 47,2-10 (EG 726)
Reihe I: 1. Könige 8,22-24.26-28
Reihe II: Johannes 17,20-26
Reihe III: Epheser 1,(15-20a)20b-23
Reihe IV: Daniel 7,1-3(4-8)9-14
Reihe V: Lukas 24,(44-49)50-53
Reihe VI: Apostelgeschichte 1,3-11
Eingangslied: EG 294 Nun saget Dank und lobt den Herren
Wochenlied: EG 123 Jesus Christus herrscht als König
Predigtlied: EG 379,1-3+5 Gott wohnt in einem Lichte
Schlusslied: EG 594 Der Himmel geht über allen auf
22 Und Salomo trat vor den Altar des HERRN angesichts der ganzen Gemeinde Israel und breitete seine Hände aus gen Himmel
23 und sprach: HERR, Gott Israels, es ist kein Gott weder droben im Himmel noch unten auf Erden dir gleich, der du hältst den Bund und die Barmherzigkeit deinen Knechten, die vor dir wandeln von ganzem Herzen;
24 der du gehalten hast deinem Knecht, meinem Vater David, was du ihm zugesagt hast. Mit deinem Mund hast du es geredet, und mit deiner Hand hast du es erfüllt, wie es offenbar ist an diesem Tage.
(25 Nun, HERR, Gott Israels, halt deinem Knecht, meinem Vater David, was du ihm zugesagt hast: Es soll dir nicht fehlen an einem Mann, der vor mir steht, der da sitzt auf dem Thron Israels, wenn nur deine Söhne auf ihren Weg achthaben, dass sie vor mir wandeln, wie du vor mir gewandelt bist.)
26 Nun, Gott Israels, lass dein Wort wahr werden, das du deinem Knecht, meinem Vater David, zugesagt hast.
27 Denn sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen – wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe?
28 Wende dich aber zum Gebet deines Knechts und zu seinem Flehen, HERR, mein Gott, auf dass du hörst das Flehen und Gebet deines Knechts heute vor dir:
Himmelfahrt? Das ist eins dieser Feste, an dem viele den Kopf schütteln. Zu seltsam ist es, dass sich Menschen ernsthaft an diesem Tag zusammenfinden und etwas feiern, was sie selbst kaum begreifen können. Viel bequemer ist es, diesen Tag als „Tag des Herrn“ oder eben als Herrentag in fröhlicher Zechrunde auf fliedergeschmückten Kremsern zu verbringen. Da lassen wir den lieben Gott mal einen guten Mann sein.
Tatsächlich scheint es auch vielen Gläubigen schwer zu fallen, sich auf dieses Fest einzulassen. Was will man auch damit anfangen, dass Jesus nun wieder dahin geht, wo er hergekommen ist? Ungläubig stehen auch seine Freunde vor diesem Geschehen.
Und Generationen von Christen stellen sich seither die Frage, wo es denn nun Berührungen von Himmel und Erde gibt, oder schlichter: Wo wohnt Gott?
Es wäre gut, so einen Ort auf Erden zu haben, an dem man sicher sein kann: Hier ist er, hier finde ich ihn.
Vielleicht war genau das der Grund dafür, dass der König David und danach sein Sohn Salomo diesen Prachtbau in Jerusalem planten und bauen ließen: Ein Palast für den König der Könige, ein Ort, an dem man sich Gottes Gegenwart vergewissern kann.
In unserer Geschichte sehen wir den großen König Salomo bei der Einweihung dieses heiligen Ortes. Ich stelle mir vor, wie das ganze große Volk sich in unübersehbarer Menge auf dem Vorplatz des neuen Bauwerks versammelt hat. Staunend stehen sie davor, vielleicht auch ein bisschen mit Stolz erfüllt: Das haben die Bauleute erschaffen. Das ist zur Ehre Gottes. Und das ist auch für uns, denn hier ist von jetzt an die Stätte, wo wir Gott begegnen können.
Ich sehe, wie der König seine Hände zum Himmel aufhebt. Was er sagt, klingt zuerst gar nicht wie ein Gebet. Es ist eher so etwas wie ein Glaubensbekenntnis:
„HERR, Gott Israels, es ist kein Gott weder droben im Himmel noch unten auf Erden dir gleich, der du hältst den Bund und die Barmherzigkeit deinen Knechten, die vor dir wandeln von ganzem Herzen; der du gehalten hast deinem Knecht, meinem Vater David, was du ihm zugesagt hast. Mit deinem Mund hast du es geredet, und mit deiner Hand hast du es erfüllt, wie es offenbar ist an diesem Tage.
Nun, Gott Israels, lass dein Wort wahr werden, das du deinem Knecht, meinem Vater David, zugesagt hast.“
In den Ohren der Zuhörenden klingt das sehr vertraut. Ja, das sind die Wahrheiten und Zusagen, auf denen sich ihr Vertrauen zu dem Gott ihrer Väter gründet. Zufrieden schauen sie einander in die Augen. Es ist gut, dass dieser Gott nun hier eine Heimstatt haben wird.
Aber dann werden sie unruhig. Sie sehen, wie der König die eben noch so sicher erhobenen Arme fast wieder sinken lässt. Und in ihren Ohren klingt das, was er jetzt sagt, sehr nach Zweifel und Unsicherheit: „Aber sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen – wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe?“
Es ist, als fiele der prächtig und priesterlich gekleidete König sich selbst ins Wort. Es ist, als hätten seine großspurigen Bekenntnisworte vom Anfang ihn selbst erschreckt und Zweifel in ihm aufgeweckt. Die Größe Gottes ins Bewusstsein treten zu lassen, das bleibt nicht ohne Folgen.
Das Volk ist gespannt. Wird er noch mehr sagen? Und auch sie stellen sich die Frage, die ihr König mehr an sich selbst und an sie gestellt hat. Minutenlang schweigen König und Volk.
Doch dann spricht Salomo weiter. Mit fester Stimme. Und diesmal klingt es wirklich wie eine Bitte und wie ein Gebet: „Wende dich aber zum Gebet deines Knechts und zu seinem Flehen, HERR, mein Gott, damit du hörst das Flehen und Gebet deines Knechts heute vor dir: Lass deine Augen offen stehen über diesem Hause Nacht und Tag, über der Stätte, von der du gesagt hast: Da soll mein Name sein. Du wollest hören das Gebet, das dein Knecht an dieser Stätte betet, und wollest erhören das Flehen deines Knechts und deines Volkes Israel, wenn sie hier bitten werden an dieser Stätte; und wenn du es hörst in deiner Wohnung, im Himmel, wollest du gnädig sein.“
Und alle beten mit: Ja, Gott, bitte höre uns! Plötzlich haben sie alle begriffen: Gott ist so groß, dass sich nicht über ihn verfügen lässt. Er lässt sich nicht in Palästen einmauern. Er ist souverän. Es ist nicht einmal sicher, ob er auf das Gebet eingeht. Was ihnen bleibt, ist das Vertrauen. Vertrauen darauf, dass Gott sich ihnen zuwendet und mit ihnen und für sie handelt.-
Viele Gemeinden feiern zu Himmelfahrt ihre Gottesdienste im Freien. Das liegt nicht daran, dass ihre Kirchen nicht wunderschön sind. Sondern mit dem Feiern unter dem freien Himmel wird es den Glaubenden bewusst, dass Gott sich nicht auf das Kirchengebäude beschränken lässt: Gott ist souverän und lässt sich im Gebet erreichen – überall.
Ich denke, dass es genau das ist, was mit der Himmelfahrt des Auferstandenen zum Ausdruck kommt: Jesus Christus lässt sich nicht auf den engen Kreis derer beschränken, die es mit ihm vor und nach seiner Auferstehung zu tun hatten. Wenn er in den Himmel auffährt, begibt er sich in den Bereich Gottes und ist von dorther die Instanz, die sich im Gebet erreichen lassen will – von jedem Ort aus.
Natürlich brauchen wir Menschen immer auch konkrete Orte, wo es uns leichter fällt, mit Gott in Kontakt zu kommen. Für Israel ist es der Tempel. Für unsere Kirchengemeinden sind es ihre Kirchen. Aber Gottes Erreichbarkeit ist nicht auf diesen Ort beschränkt.
Die bittere Erfahrung derer, die die Geschichte von der Tempeleinweihung in Jerusalem viele Jahrhunderte danach aufgeschrieben haben, war: Ein Tempel – und sei er noch so prächtig und schön – kann auch zerstört werden. Ihre gute Erfahrung war: Gott lässt sich auch ohne Tempel im Gebet erreichen.
Die bittere Erfahrung der Jünger war: Der, auf dessen Lehre sie sich gründen, ist nicht mehr sichtbar bei ihnen. Sie schauen ihm hinterher. Und dann wenden sie ihren Blick wieder auf die Welt, in der sie leben.
Und die gute Erfahrung des mitgehenden Geistes Jesu werden sie eine gute Woche danach als große Stärke in die Welt tragen.
Unser Glaube und unser Zutrauen in das Leben und auf den Gott des Lebens beschränken sich nicht auf die Mauern des Heiligtums, sondern sie gehen mit in all unsere Alltäglichkeiten. Der himmlische Horizont, der sich über alles spannt, ist ein gutes Bild für die Allgegenwart des Göttlichen. Sie lässt sich nicht begrenzen auf einen bestimmten Bereich, sondern geht über alles.
Himmelfahrt gibt mir das Vertrauen, an jedem Ort der Welt in Gottes Auge, Herz und Hand zu sein.
Amen
Guter und barmherziger Gott, wir danken dir, dass du uns treu bist, dass du die Erde nicht verlassen hast und ein Haus uns bereitest, zu bleiben, zu wohnen jetzt und in Ewigkeit.
Wir schauen aus nach dir, dass wir den Himmel offen sehen,
wir bitten dich, wende dich zu unserem Gebet.
Wir rufen zu dir: ... Kyrie (178.12)
Für die Menschen, die sich für offenen Kirchen engagieren, bitten wir um Fingerspitzengefühl und einen langen Atem. Für die Menschen, die – manchmal zögernd und scheu – deine Nähe suchen: Möge ihnen in der Tiefe ihrer Sehnsucht Dein Erbarmen begegnen.
Wir rufen zu dir: ...
Wir bitten dich für alle, denen der Himmel verdunkelt ist, die dich nicht kommen sehen, nur Unheil, Untergang, Finsternis. Wir bitten dich, verbreite deinen Geist, dass sie aufatmen können. Mögen sie Augenblicke der Entlastung und der Güte erleben.
Wir rufen zu dir: ...
Wir bitten dich für die Menschen, deren Häuser, deren Leben durch Bomben und Bulldozer mutwillig zerstört werden, die betrogen werden um das Land, das sie ernährt. Mögen die Mächtigen zur Vernunft kommen und den Opfern Gerechtigkeit widerfahren.
Wir rufen zu dir: Kyrie ...
Wir bitten dich für die Menschen, die sich heute an der Natur erfreuen, dass sie dich, unser Schöpfer dafür zu loben vermögen. Für die Kranken bitten wir, dass sie das Sonnenlicht wieder sehen, für die Trauernden, dass dein Wort ihr Herz erreicht, für die Sterbenden, die sich nach dem Himmel sehnen, und für unsere Toten bitten wir. Mögen sie schauen, was du verheißen hast.
Wir rufen zu dir: Kyrie ...
Unsere Herzen beten zu dir, Gott. Höre auch unsere stillen Sorgen und Hoffnungen. Wir nennen dir im Stillen die Namen derer, die wir dir besonders anvertrauen.
...
Wir rufen zu dir: Kyrie ...
Gib, dass unser Leben ein Lob deines Namens sei -
jetzt und allezeit, bis deine Güte alles umschließt.
Amen
Verfasser: Pfarrer Peter-Michael Schmudde, Krengeljägerstr. 1, 37339 Leinefelde-Worbis
Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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