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Der gute Hirte

von Hans-Ulrich Deußen (55270 Schwabenheim)

Predigtdatum : 07.05.2000
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Quasimodogeniti
Textstelle : 1. Petrus 5,1-4
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Wochenspruch:

Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Johannes 10,11.27.28)

Psalm: 23 (EG 711)

Lesungen

Altes Testament:
Hesekiel 34,1-2.(3-9).10-16.31
Epistel:
1. Petrus 2,21b-25
Evangelium:
Johannes 10,11-16.(27-30)

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 272
Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen
Wochenlied:
EG 274
oder EG
Der Herr ist mein getreuer Hirt
Predigtlied:
EG 628
Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen
Schlusslied:
EG 99
Christ ist erstanden

1 Die Ältesten unter euch ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden Christi, der ich auch teilhabe an der Herrlichkeit, die offenbart werden soll: 2 Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist; achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt; nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund; 3 nicht als Herren über die Gemeinde, sondern als Vorbilder der Herde. 4 So werdet ihr, wenn erscheinen wird der Erzhirte, die unvergängliche Krone der Herrlichkeit empfangen.

Liebe Gemeinde,
Wie gut, dass heute kein Pfarrer auf der Kanzel steht. Jetzt kann man doch endlich einmal mit dem geistlichen Stand abrechnen. Natürlich ganz im Sinne des uns vorgegebenen Textes. Eine handfeste Ermahnung an die Pfarrer, so scheint es auf den ersten Blick: “Die Ältesten unter euch ermahne ich...”
Aber nur auf den ersten Blick.
Wenn wir uns unseren Text genauer ansehen, dann müssen wir zurückstecken. Es wird gleich zu Anfang sehr deutlich gesagt, dass die Leitung der Gemeinde nicht in der Hand eines Menschen liegt. Es wird uns vor Augen geführt, wie es in der Gemeinde zugehen soll. Der Verfasser stellt uns das Bild einer Herde vor Augen. Und nun sagt er nicht: Ihr Hirten, weidet die Herde Gottes. Punkt. Er weiß, dass die Gemeinde nur einen einzigen Hirten hat: Jesus Christus. Er braucht keine Doppelgänger und auch keine Stellvertreter. Der 1. Petrusbrief nennt ihn den Erzhirten. Aber er hütet seine Herde nicht allein. Zu allen Zeiten hat er Menschen berufen. Nicht als Hirten, sondern als seine Gehilfen und Handlanger: als Mitarbeiter. Mitarbeiter sind die “Hütebuben” des Hirten. Sie nehmen ihm Arbeiten ab, sind für ihn unterwegs. Kurz: Sie sind Mit-Arbeiter.
“Also doch. Wir haben es doch gewußt. Naja, vielleicht sind nicht nur die Pfarrer gemeint. Aber die Mitarbeiter der Gemeinde sind doch auch ein besonderer Haufen. Vielleicht müssen wir auch auf sie ein besonderes Auge werfen!”
Recht so! Aber dann möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf ein Wort lenken, dass der Verfasser im gleichen Brief, im zweiten Kapitel geschrieben hat: “Ihr aber seid das auserwählte Volk, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.”
Der Kirchenvater Augustin hat gesagt: “Wir sind alle Priester, da wir ja Glieder des einen Priesters sind.” Und nach Philipp Jakob Spener, dem Leiter der Pfarrerschaft in Frankfurt im 17. Jahrhundert, ist “Priester der allgemeine Name aller Christen”.
“Aber das heißt doch, wir, die Glieder der Gemeinde, sind alle Mitarbeiter.”
Noch einmal: Recht so. Mit einem allgemein verständlichen Satz wird nun unser Auftrag beschrieben: “Weidet die Herde Gottes, die ich euch anbefohlen habe.”
Das hat Konsequenzen. “Weiden”, das sind nämlich alle Dienste in der Gemeinde: Verkündigung, Lehre, Seelsorge, Gespräche, Besuchsdienst, Chor, Kindergottesdienst, Konfirmandenunterricht und... und... und...
Das heißt aber auch: Sehen Sie darauf, dass recht gelehrt wird. Macht euch gegenseitig aufmerksam, wenn Gefahr im Verzug ist: wenn Gesetzlichkeit oder Schwärmerei die Gemeinde verunsichern. Helfen Sie einander zurecht.
Das heißt weiter: Kümmern Sie sich um die, die aus irgendeinem Grund den Anschluß verloren haben, die vielleicht in ihrem Beruf überarbeitet sind und deshalb fern bleiben; die vielleicht geistlich ausgegrenzt wurden; die Ihnen immer wieder auf die Nerven gehen.
Lassen Sie sich aus Ihrer Bequemlichkeit herauslocken, haben Sie in Jesu Namen Mut zum Menschen.
Aber auch das sagt uns unser Text: Mitarbeiter stehen immer in Versuchung. Der Verfasser nennt uns hier drei:
1. “Nicht gezwungen, sondern willig.” Wem Mitarbeit nur eine Last ist, der wird kaum andere Menschen ansprechen können. Wer bei jeder Kleinigkeit fragt: “muß das sein?” wird kaum Begeisterungsstürme hervorrufen. Also: Nicht gezwungen, sondern willig; nicht, weil es eben sein muß, sondern weil wir unsren Herrn und damit den anderen Menschen lieb haben.
2. “Nicht aus Gewinnsucht, sondern von Herzensgrund.” Gewinnsucht, das müssen nicht materielle Güter sein, das kann auch Einfluß und Ansehen bedeuten. Wer seinen Ehrgeiz befriedigen oder sich selbst zur Geltung bringen will, weiß nicht was Mitarbeit, was die Arbeit des Hütejungen ist. Aus Herzensgrund soll Mitarbeit geschehen. Weil wir von unserem Herrn ge- und berufen sind, werden wir auch zu anderen geschickt. Es geht um Gottes Ehre.
3. “Nicht als Herren über die Gemeinde, sondern als Vorbilder der Herde.” Ach ja, bestimmt geht es Ihnen wie mir: Die Herrschsucht steckt uns Menschen tief im Blut. Jeder möchte gern das Gefühl der Macht genießen. Das geht bis hinein in die Ehe. Auch da möchten wir uns den Partner “zurechtlieben”, das heißt, wir möchten ihn bei aller Liebe so formen, dass er unseren Vorstellungen entspricht. Jesus will uns nicht “zurechtlieben”, sondern er will, dass wir auch in seinem Dienst eine Persönlichkeit sind. In dem Wort “Person, Persönlichkeit” steckt das lateinische Wort “personare” und das heißt “durchtönen, ertönen”. Durch die Liebe Gottes sollen wir ertönen und sie soll durch uns hindurchtönen zum Menschen gegenüber, dass auch er die Liebe Gottes erfährt.
“Werdet Vorbilder der Herde.” Am Leben des Mitarbeiters – und noch einmal: Wir alle gehören dazu – soll man ablesen können, was es heißt, Jünger Jesu zu sein. Wer nur fromme Worte macht, sie aber nicht durch sein Leben deckt, der arbeitet mit ungedeckten Schecks. Das ist Betrug. Andererseits bedeutet Vorbild sein aber auch nicht, dass wir unsere Ecken und Kanten verstecken sollen. Das ist Heuchelei und würde uns mit der Zeit unter psychischen Druck bringen, der im Zweifelsfall krank macht. Ein Vorbild sind wir dann, wenn unser Reden durch unser Leben nicht durchgestrichen, sondern unterstrichen wird.
Die angesprochenen Versuchungen gilt es immer im Auge zu behalten. Wir werden damit zu keiner Zeit fertig. Sie werden uns immer wieder zu Fall bringen. Da können wir nur immer wieder beten, wie wir es an jedem Sonntag tun: “Vergib uns unsere Schuld.” Der, dem der Brief aus dem unser Text ist zugeschrieben wird, Petrus kann davon ein Lied singen. “Miserikordias Domini”, das Erbarmen Gottes, so heißt der Sonntag heute. Nehmen Sie es als seine Zusage, dass er sich immer wieder über uns erbarmen wird.
Und noch eine Zusage steht in unserem Text: “So werdet ihr, wenn erscheinen wird der Erzhirte, die unvergängliche Krone der Herrlichkeit empfangen.”
Das ist eine Zusage auf Hoffnung, in die Zukunft hinein. Aber nicht ein Vertrösten auf eine ungewisse Zukunft, weil die Erfüllung außerhalb unseres irdischen Lebens liegt. Es ist die Zusage des lebendigen Gottes, der seine Zusagen immer erfüllen wird. Amen.

Verfasser: Prädikant Hans-Ulrich Deußen, Raiffeisenstr. 5, 55270 Schwabenheim

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