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Der gute Hirte

von Martin Bender (55128 Mainz-Bretzenheim)

Predigtdatum : 14.04.2002
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Quasimodogeniti
Textstelle : Hebräer 13,20-21
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Wochenspruch:

Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Johannes 10,11.27.28)

Psalm: 23 (EG 711)

Lesungen

Altes Testament:
Hesekiel 34,1-2.(3-9).10-16.31
Epistel:
1. Petrus 2,21b-25
Evangelium:
Johannes 10,11-16.(27-30)

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 100
Wir wollen alle fröhlich sein
Wochenlied:
EG 274
Der Herr ist mein getreuer Hirt
Predigtlied:
EG 414
Lass mich, o Herr, in allen Dingen
Schlusslied:
EG 209
Ich möchte, dass einer mit mir geht

20 Der Gott des Friedens, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes, 21 der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Liebe Gemeinde !
Unser heutiger Sonntag trägt den Namen Miserikordias Domini, auf deutsch „Die Barmherzigkeit des Herrn“. Es ist der Sonntag des Guten Hirten. Wir haben vorhin gemeinsam den 23. Psalm gebetet, den Psalm vom Guten Hirten.
Dazu sollten wir uns immer wieder bewusst machen, was der Begriff des Hirten eigentlich und ursprünglich bedeutet. Mit Sicherheit ist nicht die Idylle gemeint, die man auf manchen Bildern findet, oder die uns begegnet, wenn wir einen Schäfer mit seiner Herde durch unsere Landschaft ziehen sehen.
Der Beruf des Hirten in jener Zeit, in jener Gegend, aus der er uns überliefert ist, war lebensgefährlich. Der Hirte hatte es nicht nur mit Viehräubern zu tun, sondern auch mit Raubtieren. Er hatte zum Schutz und zur Verteidigung der Herde den Kampf mit der Bestie aufzunehmen - stellvertretend für die ihm anvertrauten Tiere. So mancher hat dabei sein Leben eingesetzt und verloren. Und auch heute noch sehen wir gelegentlich im Fernsehen, das uns Bilder aus fernen Teilen unserer Welt in die Wohnstube bringt, Hirten mit ihren Herden durch unwirtliche Gegenden ziehen.
Immer wieder erscheint uns das Bild des Hirten in den alten Schriften und speziell in der Prophetie. „Ich will ihnen einen Hirten erwecken, der sie weiden wird.“
Das heißt also, dass er uns, seiner Herde, den Weg zeigen wird, und dass er sein Leben einsetzt für uns. Das hat Jesus getan, aber es ist bei ihm - eben nicht wie bei anderen Hirten - beim Verlust des Lebens geblieben, sondern er hat darüber hinaus den Tod bezwungen. Daran denken wir besonders in dieser österlichen Zeit. Er ist der große Hirte geworden.
Von ihm handelt auch unser heutiger Predigttext. Es ist ein Abschnitt aus dem Hebräerbrief, den ein unbekannter Autor zur Zeit der ersten Christen an jene Gemeinden geschrieben hat, die im Gebiet der heutigen Türkei entstanden waren. Es waren kleine Gemeinden innerhalb der dort ansässigen jüdischen Diaspora. Also Minderheit innerhalb einer Minderheit.
Diese Christen standen fest in der Tradition der alte jüdischen Propheten, sie warteten auf den versprochenen Messias.
Diese Menschen wussten auch sehr gut, was gemeint war mit den verschiedenen Begriffen, die der Briefschreiber aus dem alten Sprachschatz der Propheten verwendet.
So hören wir aus den Schlussworten dieses Briefes den Segenswunsch eines unbekannten Apostels an die zerstreuten Gemeinden fern von Jerusalem:
Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes, der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Einige Begriffe gilt es hier zu klären:
Da steht zunächst der „Gott des Friedens“. Dabei ist der Begriff des Friedens hier viel umfassender zu verstehen, als wir es gewohnt sind. Wo immer in der Bibel das Wort Friede auftaucht, müssen wir uns dessen bewusst sein, dass es nicht nur als Gegenteil von Streit, Kampf und Krieg gemeint ist. Es ist auch mehr als das Gegenteil von Hass und Verachtung.
Friede im biblischen Sinne bedeutet mehr, nämlich wie das hebräische Wort Schalom den Inbegriff von Ganzheit, Lebensfülle, Gerechtigkeit und Heil an Leib und Seele. Das ist wichtig, aber immer noch nicht genug. Wenn Paulus und die anderen Apostel von Gott als dem Gott des Friedens sprechen, dann meinen sie damit Gott auch als einen Gott der Ordnung des Kosmos im Gegenteil zum Chaos. Es ist eine innere Ordnung, die das ganze Schöpfungswerk durchzieht. Diese Ordnung erlaubt es uns Menschen, sie macht es uns möglich, uns angemessen zu verhalten gegenüber der gesamten Schöpfung. Dazu gehört auch das Miteinander der Menschen, wie wir miteinander umgehen.
Dieser Gott, das ist der Segenswunsch des Schreibers - möge uns alle, die Adressaten des Briefes von damals und uns heute - tüchtig machen in allem Guten.
Nun ist es ein altes Missverständnis zu glauben, die Bibel - oder zumindest ein solcher Abschnitt daraus - sei eine moralische Richtschnur. Gerade das ist nicht der Fall.
Auch hier steht eben nicht: „Tut das Gute“, sondern: „Der Gott des Friedens... mache euch tüchtig... durch Jesus Christus.“
Das ist das eigentliche Hirtenamt, das Jesus an uns vollbracht hat, dass er uns den Weg zeigt, den wir allein nicht finden würden.
Worin besteht nun dieses Hirtenamt?
Hier heißt es, dass Gott „den großen Hirten der Schafe, unseren Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes“. Jesus hat als wahrer Hirte sein Blut dahin gegeben für uns alle. Aber bei diesem Opfer ist es nicht geblieben,
Vor zwei Wochen haben wir Ostern gefeiert, das Fest der Auferstehung. Mit dem Sieg über den Tod hat Jesus weitere Opfer überflüssig gemacht und einen ewigen Bund begründet, der keiner weiteren Erneuerung mehr bedarf. Nur die tägliche Erneuerung in unserem Leben braucht es da noch.
Das alles klingt nun etwas theoretisch. Insbesondere steht da die Spannung zwischen dem, was Gott in uns bewirkt durch seinen Sohn Jesus Christus, und dem, was wir selbst zu tun haben. Immer wieder finden wir in der Bibel die Aufforderungen zum rechten Handeln. Und hier heißt es nun, dass Gott dies bewirken möge.
Gerade hier setzt das Bild vom Hirten an: Der Hirte führt die Herde zu den Weideplätzen, aber er trägt sie nicht hin; laufen müssen sie schon selbst. Und fressen müssen sie auch selbst, auch wenn es bisweilen mühsam ist zwischen Dornen und Disteln.
Dazu müssen wir befähigt werden, uns befähigen lassen. So heißt es hier: „...der mache euch tüchtig...“ Es ist im griechischen Urtext dasselbe Wort, das an anderer Stelle gebraucht wird bei den Fischern für das Ausbessern der Netze. Wörtlich heißt es „tauglich machen“ - „herrichten“ - „reparieren“.
Frage: Gibt es nicht auch an uns immer wieder so einiges zu reparieren?
Das geschieht so, dass Gott in unseren Herzen wirkt und da Ordnung schafft, wo wir in Unordnung geraten sind. Indem er uns wieder Ausrichtung gibt, uns wieder in die richtige Richtung zurecht bringt, - eben wie der gute Hirte den Schafen den rechten Weg zeigt. Und dieser Weg, auf den er uns ausrichtet, ist der, der seinem Wesen entspricht.
Bemerkenswert ist dabei, dass es hier nicht heißt, wir sollten uns wieder auf Gottes Weg ausrichten. Der Briefschreiber wünscht es uns, dass Gott uns so ausrichtet.
Hier gilt es nun, dem alten Irrtum entgegen zu treten, dass die Bibel ein Moral-Katalog sei. Dies trifft insbesondere für das Neue Testament nicht zu. Es heißt ja nicht „Droh-Botschaft“, sondern „Froh-Botschaft“. Jesus hat uns nicht die Pflicht zu moralischem Handeln auferlegt, sondern er hat uns den Weg gezeigt, wie wir den rechten Weg finden können: indem wir uns an seinem Vorbild orientieren. Das ist Hirten-Funktion. Auch hier gilt das Bild vom Hirten: Wenn wir so eine Herde dahin ziehen sehen, dann sehen wir, wie langsam das geht. Da gibt es kein Gerenne und nur selten Gedränge.
So ist es auch, wenn wir den Weg unseres Lebens suchen müssen. Davon wissen Pädagogen und Therapeuten ein Lied zu singen. Ob es sich dabei um Lehrer an einer Schule handelt oder um Sozial-Pädagogen, ob es Psycho-Therapeuten sind oder Physiotherapeuten, immer geht es um einen langwierigen Prozess des Lernens, des Einübens. Nicht die fremden Sprachen sind es oder die Mathematik, was Schülern so oft besondere Schwierigkeiten bereitet, sondern das Erlernen neuer Verhaltensformen - oder das Wieder-Erlernen von Verlerntem oder Vergessenem.
Da gibt es ein altes Rezept: Man frage sich nur: Wie würde wohl Jesus hier handeln und reden? Sein Vorbild ist uns ja hinlänglich bekannt.
Das alles muss durchaus nicht zu einem zerknirschten Gewissen führen, weil wir schon wieder ’mal versagt haben. Denn die Frage lautet nicht hinterher: „Wie hätte Jesus hier geredet oder gehandelt und wie hast du gehandelt?“, sondern vorher: „Wie würde Jesus hier handeln?“ Vom „hätte“ haben wir nichts, nur vom unmittelbaren Tun mit vorheriger Überlegung. Und wenn wir uns dann doch auf einem falschen Weg wiederfinden, dann dürfen wir getrost nach dem rechten Weg suchen, den er uns führen will. Wie dürfen auch immer wieder nach dem rechten Weg fragen. Das Tröstliche dabei ist, dass wir es jeden Tag aufs neue wagen dürfen.
Dass wir diesen Weg finden und immer wieder unter das Vorbild des Guten Hirten zurück finden, das ist der Segenswunsch des unbekannten Briefschreibers für uns alle. Amen.

Verfasser: Prädikant Martin Bender, Südring 98, 55128 Mainz

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