Wochenspruch: Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Johannes 10,11a.27.28a)
Psalm: 23 (EG 711)
Reihe I: Johannes 10,11-16(27-30)
Reihe II: 1. Petrus 2,21b-25
Reihe III: Hesekiel 34,1-2(3-9)10-16.31
Reihe IV: Johannes 21,15-19
Reihe V: 1. Petrus 5,1-4
Reihe VI: 1. Mose 16,1-16
Eingangslied: EG 455 Morgenlicht leuchtet
Wochenlied: EG 274 Der Herr ist mein getreuer Hirt
Predigtlied: EG 391 Jesu geh voran
Schlusslied: EG 610 Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer
21 Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen;
22 er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand;
23 der, als er geschmäht wurde, die Schmähung nicht erwiderte, nicht drohte, als er litt, es aber dem anheimstellte, der gerecht richtet;
24 der unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.
25 Denn ihr wart wie irrende Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.
Liebe Gemeinde,
wir Menschen brauchen jemanden, an dem wir uns orientieren können. Das Leben ist mitunter so verwirrend.
Das Leben verwirrt uns in der großpolitischen Wetterlage. Da sehen wir manchmal nicht ganz durch. Es wird ein bestimmter Meinungstrend in die Welt gesetzt. Mit dem sind aber nicht alle einverstanden. Mitunter fehlt auch ein Austausch über bestimmte Haltungen und Meinungen. Das macht Angst. Dann gibt es Menschen, die dem Trend der Zeit widersprechen. Und die werden in bestimmte Ecken gestellt.
(Hier wäre Raum, um ein aktuelles Beispiel einzufügen, das ich als Verfasser dieser Predigt im Juli 2019 noch nicht kennen kann)
Buchstäblich viel hautnäher erleben wir das im eigenen Leben, dass wir jemanden brauchen, an dem wir uns orientieren können. Wir brauchen jemanden, an dem wir uns anlehnen können.
Da gibt es Situationen von Krankheit oder Verunsicherung. Das Leben lief so gut. Und plötzlich kann alles ganz anders werden. Wir brauchen jemanden, an dem wir uns orientieren können.
Die Verunsicherung des Lebens ruft in uns immer die Sehnsucht nach so etwas wie einer Leitfigur wach. Und es gibt in unserer Umwelt vielleicht auch viele, die sich als Leitfigur anbieten. Sie meinen zu wissen, wie alles geht. Sie haben schnelle Lösungen bei der Hand.
Die Sehnsucht der Menschen in den Verunsicherungen geht aber tiefer. Vielleicht ist eine Lösung gar nicht möglich. Es gibt Umstände, die lassen sich im Moment nicht lösen.
Der Heilungsprozess einer Krankheit kann nicht künstlich beschleunigt werden.
Eine Prüfung am Ende einer Berufsausbildung muss Stück für Stück absolviert werden.
Die Begegnung mit dem Tod kann nicht innerhalb von drei Tagen verarbeitet sein.
Lösbar ist das sowieso nicht. Was hilft, ist aber Verständnis. Leute mit schnellen Lösungen haben oft kein Verständnis und sind in Wahrheit keine Hilfe.
Petrus möchte uns heute auf Jesus als den guten Hirten orientieren. Das ist ja das Thema dieses Sonntages. Aber er malt uns in poetischer Form keinen starken Jesus vor Augen. Jedenfalls auf den ersten Blick ist er nicht stark. Er ist eigentlich ein Widerspruch in sich selbst. Petrus malt uns ein Bild von Jesus als dem guten Hirten der leidend und verletzlich ist. So wie wir eben auch sind.
So schreibt er: „Christus hat für euch gelitten und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand; der nicht widerschmähte, als er geschmäht wurde, nicht drohte, als er litt, er stellte es aber dem anheim, der gerecht richtet; der unsre Sünde selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.“
Petrus erinnert an das Leiden Jesu am Kreuz. Er malt den Hirten als ohnmächtig. Aber genau an dieser Stelle ist die Macht zum Heil – zur Heilung: Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.
Es ist das Bild von Jesus als dem leidenden Heiland – ohnmächtig, geschunden und geschlagen.
Der soll helfen, werden wir kritisch fragen? Der ist doch selbst hilfsbedürftig. Stimmt, ist er auch. Er hat Gott vertraut.
Er wirkt wie der hilflose Helfer. Genau an dieser Stelle ist er aber wirklich hilfreich. Er kennt die Situation der Hilflosigkeit und der Unlösbarkeit unserer Lebenssituationen. Und wenn wir ihn als den Auferstandenen glauben, dann erfüllt er unsere Sehnsucht nach Verständnis.
Das ist der erste Schritt: Der hilflose Helfer hilft, indem er unsere Hilflosigkeit versteht, unsere Aussichtslosigkeit und unserer Ratlosigkeit.
Gott bietet sich so wie ein Spiegel an, dass wir uns mit den Brüchen und den Kanten des Lebens in ihm wiedererkennen. Er ist darin wie wir. Dieses Erkennen und Verstehen ist die erste Stufe der Hilfe durch den hilflosen Helfer.
Wenn wir genau hinschauen bleibt Jesus nicht in der Hilflosigkeit stecken. Er hat Gott vertraut. Gott hat durch ihn dem Tod die Macht gebrochen.
In seiner Hilflosigkeit kommt uns trotz aller Hilflosigkeit noch etwas Anderes entgegen.
Es ist die große Einladung zu einem bewussten Leben mit Gott. Gott hat den Überblick. Er weiß die Lösung für die Dinge unseres Lebens, die uns im Moment unlösbar scheinen. Wer ihm vertraut, wird durchgetragen. Das größte Problem ist, dass wir das annehmen
Aber genau darin erweist Jesus sich auch als jemand, der uns Orientierung geben kann:
„Denn ihr wart wie die irrenden Schafe; aber ihr seid nun bekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.“
Das Leben kann uns verwirren und in Ratlosigkeiten bringen. Aber da ist einer, der mit uns geht. Er ist die Antwort auf unsere Sehnsucht nach Orientierung und Halt. Er versteht uns als der hilflose Helfer. In ihm können wir uns in unseren Hilflosigkeiten wiedererkennen.
Aber Jesus öffnet uns auch die Tür zum Horizont hinter dem Horizont unseres Lebens und all der Probleme der Welt. Er hat nicht die schnelle Lösung und die passende Antwort parat, aber die liebevoll führende Hand und die wärmende Nähe. Er ist so der Hirte unserer Seele. Und er teilt uns so seine Liebe mit.
Konkret erfahrbar wird das für uns, wenn wir mit Gott leben. Die unmittelbarste und dichteste Form des Lebens mit Gott ist das Gebet.
Das Gebet des 23. Psalms ist ein Text, der vielen Generationen das Tor zum Gebet geöffnet hat. Es ist ein Text voller Trost. „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Da werden mit Worten Bilder der Geborgenheit gemalt vom Weiden auf der grünen Aue und vom Gehen auf der richtigen Straße des Lebens. Es wird aber auch das Bild vom Trost entfaltet, dass der gute Hirte auch in den Tälern der Lebensdunkelheit bei uns ist. „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich“.
Im Gebet können wir mit Jesus sprechen wie mit einem guten Freund. Und im Gebet können wir schweigen, um auf seine Stimme zu hören in unserem Inneren oder in den Worten eines anderen. So erfahren wir Jesus als den, der uns Orientierung gibt in unserem Leben. Er schenkt Geborgenheit. Und er gibt uns Halt und Kraft für den Weg durch die Zeit. Und er hat die Lösung bereits jetzt, die wir noch nicht sehen.
AMEN
Vater im Himmel,
wir danken dir für deine Gegenwart in unserem Leben.
Zu dir können wir mit unseren Sorgen und Ratlosigkeiten kommen. Du gehst mit uns mit durch die Tiefen des Lebens. Wir bitten dich für alle, die sich in einem Tief befinden:
im Tief der Krankheit, im Tief der Ratlosigkeit,
im Tief der Erfahrung des Todes.
Gehe du mit ihnen mit und lass sie deine Nähe spüren.
Wir rufen zu dir.
Gemeinde: Herr, erbarme dich!
Vater im Himmel,
wir danken dir für deine Gegenwart in unserem Leben.
Sieh das Schicksal der Menschen an,
die ihre Heimat verlassen mussten.
Schaue auf ihre geschundenen Seelen und Körper.
Lass sie neue Heimat finden, die der Gewalt und dem Terror entflohen sind.
Befähige du aber auch die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, die Ursachen der Flucht zu beseitigen.
Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, erbarme dich!
Vater im Himmel,
wir danken dir für deine Gegenwart in unserem Leben.
Du trägst uns mit deinem Erbarmen.
Stärke unser Vertrauen auf dich als den guten Hirten
für unsere Seelen.
Lass uns so an deiner Hand zuversichtlich durch die hellen Wiesen und die dunklen Täler des Lebens schreiten.
Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, erbarme dich!
Vater im Himmel,
wir danken dir für deine Gegenwart in unserem Leben. Schenke den Frieden für die Welt, damit Gerechtigkeit wachsen kann zwischen den Menschen.
Segne alle Bemühungen um einen Ausgleich der Güter der Erde.
Segne alles Forschen, damit es deine Gegenwart verherrlicht und dem Wohle der Menschen dient.
Vater unser ...
Verfasser: Pfarrer Dr. Jürgen Wolf, Pfarrstraße 1, 07819 Triptis
Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
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Telefax: 069.71379-131
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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