Der gute Hirte
von Corinna Englisch-Illing (61130 Nidderau)
Predigtdatum
:
06.04.2008
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Quasimodogeniti
Textstelle
:
Hebräer 13,20-21
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Wochenspruch:
Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.(Johannes 10, 11a. 27 – 28a)
Psalm: 23 (EG 711)
Lesungen
Altes Testament:
Hesekiel 34, 1 -2( 3 – 9) 10 – 16.31
Epistel:
1. Petrus 2, 21b – 25
Evangelium:
Johannes 10, 11 – 16 (27 – 30)
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 288
Nun jauchzt dem Herren alle Welt
Wochenlied:
EG 274
Der Herr ist mein getreuer Hirt
Predigtlied:
EG 590
Einsam bin ich klein
Schlusslied:
EG 616
Auf der Spur des Hirten
20 Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten herausgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes, 21 der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Liebe Gemeinde!
Vor kurzem erhielt ich einen Brief aus Afrika, der etwa mit folgenden Worten endete: Ich grüße und segne dich mit den Schwestern und Brüdern, die die Freude und Liebe an unseren Herrn Jesus Christus teilen. Gott schenke dir die Fülle des Lebens. Gelobt sei der Herr in Ewigkeit.
Wenn ich einen Brief schreibe, dann beende ich ihn je nach Empfänger „mit herzlichen Grüssen und den besten Wünschen“. Gottes Segen hingegen wünschen die meisten nur zum Geburtstag, zur Konfirmation und zur Eheschließung oder zu einem Jubiläum. Doch Gottes Segen in einem Brief ist selten. Dabei möchte ich so gerne in meinem täglichen Leben etwas davon spüren,
Der Schreiber aus Afrika kannte mich nicht persönlich. Und doch wünscht er mir die Fülle des Lebens. Was verbindet er mit dem Wunsch? Will er es mir überlassen, genauer auszumalen, was die Fülle des Lebens sein soll? Alles Gute! Natürlich soll es das sein. Der mir unbekannte Briefschreiber will nichts Falsches wünschen. Denn ich meine sicher besser zu wissen, was für mich gut ist.
Aber das ist nicht die egoistische Erfüllung meiner Wünsche, sondern das Gute für mein Leben mit anderen.
Auch der Autor des Hebräerbriefes schließt seinen Brief mit herzlichen Grüssen und den besten Wünschen. Aber er lässt nicht offen, was er denen wünscht, an die er seinen Brief geschrieben hat:
„Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten herausgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes, der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen“.
Ich habe einige Jugendliche gefragt, wie sie dieses Wort verstanden haben.
Folgende Äußerungen kamen:
Merkwürdig.
Gott will Frieden.
Nichts verstanden.
Jesus ist der Hirte.
Was soll das mit dem Blut? Ich denke, Gott ist für Frieden.
Minigottesdienst.
Jesus ist auferstanden.
Gott loben.
Da wünscht uns einer alles Gute.
Ein Glaubensbekenntnis.
Begleitung für die nächste Zeit.
Drei Äußerungen möchte ich betrachten:
1. Jesus, der gute Hirte, 2. Begleitung für die nächste Zeit, 3. ein Minigottesdienst.
Minigottesdienst:
Mitten im Gottesdienst also eine Art Schlusswort, ein Segenswort, das doch eigentlich ans Ende gehört: Der Gott des Friedens – gebe euch, dass ihr alles tut, was gut ist und seinem Willen entspricht. – Durch Jesus Christus gebe er euch die Kraft dazu. Ihm sei Ehre in Ewigkeit. Amen.
Solche Segensworte stehen in der Bibel. Genauso wie der Gruß: der Herr sei mit euch – oder der Segen am Ende: Der Herr segne euch und behüte euch, die Einsetzungsworte beim Abendmahl und das Vaterunser. Es ist uns allen bekannt – wie auch das „Ehre sei Gott in der Höhe!“, so wie es die Engel in der Weihnachtsgeschichte singen oder als unsere Antwort auf den Psalm. Und davor „Von den Toten herausgeführt“ – als ein Zentrum unseres Glaubensbekenntnisses. Zwischen diesen vertrauten Passagen ist das Segenswort aus dem Hebräerbrief also ein Stück biblischer Gottesdienst oder ein Kurzgottesdienst in der Bibel. Gar nicht schlecht, anhand des Predigttextes zu merken: Mensch, soviel Bibel kenne ich schon und soviel davon ist in fast jedem Gottesdienst. Also vielleicht doch nicht so merkwürdig. Mal abwarten, was wir noch kennen und verstehen.
Der gute Hirte:
Heute ist der Sonntag vom Guten Hirten. Deswegen beten wir Psalm 23. Im Bibeltext ist von Jesus die Rede als dem großen Hirten der Schafe: Er erinnert daran, dass Gott den guten Hirten Jesus auferweckt hat, von den Toten herausgeführt. Im Evangelium vorhin haben wir eins der berühmten Ich-Bin-Worte Jesu gehört – „Ich bin der gute Hirte!“ und es mögen uns dabei all mögliche Darstellungen dieses Bildes, denen wir im Laufe unseres Lebens begegnet sind, in den Sinn gekommen sein. Der Hirte wacht über seine Schafe. Er sucht das verlorene Schaf … Das Schaf vertraut seinem Hirten. Neben diesen Bildern gehen uns als allerdings auch so mancherlei Abwehrmechanismen durch den Kopf, die dem modernen Menschen nun einmal aufgrund unserer Geschichte eigen sind
Verbindet sich mit dem Bild doch die Vorstellung von der blökenden Masse, die ein Leben lang mit ein paar dürren Grashalmen zufrieden zu stellen ist und eines Tages der Schlachtbank zugeführt wird. So möchte niemand leben, so möchte niemand sein, einer unter vielen, der unter den vielen gar nicht auffällt.
Das ist natürlich vollkommen kurzschlüssig gedacht.
Jugendliche neigen dazu, mit der Mode zu gehen und gerne zur Masse zu gehören, die in ist. Und sich darin zurückziehen können.
Denn welcher Einzelmensch kommt schon ganz allein mit sich selbst zurecht?
Wem geht es schon gut ohne einen Partner, ohne seine Familie, seine Freunde und Bekannten, ohne die Gruppe? Einsam bin ich klein, aber gemeinsam werden wir Anwalt des Lebendigen sein. Wenn ich niemanden habe, mit dem ich mich austausche, dann fehlt mir die Korrektur meines Lebensbildes, der Maßstab, an dem ich mein Leben, meine Wünsche und Vorstellungen messen kann. – Wer kommt denn aus ohne ein Leitbild, eine Idee oder eine Person, die Orientierung und Wegweisung und Führung und Schutz gibt? In dem Bild von Jesus als dem Hirten der Herde geht es nicht um oben und unten, um graue Masse und herausgehobene Persönlichkeit, darin geht es in allererster Linie um Orientierung und Wegweisung und Schutz.
Was bietet uns in der Welt Orientierung und Führung an? Der Markt boomt. Ob es Selbsthilfegruppen sind – die wichtig und wertvoll sind – hin bis zu esoterischen Chaträumen im Internet ist für jeden Geschmack etwas dabei und fordert auch. Da ist die Partei, die ihren potentiellen Wählern immer genau das verspricht, was die sich wünschen – mehr Freiheit, mehr Geld, mehr Mitspracherecht, mehr Sicherheit mehr Frieden, mehr Gerechtigkeit u.s.w. – Doch was können sie von ihren Versprechungen tatsächlich halten? Von den Preisen, die all die ersehnten und versprochenen Dinge kosten, wird erst nachher gesprochen. Die Enttäuschung wächst doch, vor der nächsten Wahl ist alles vergessen.
Das Bild von der Herde kommt uns erneut in den Sinn. Orientierung muss gegeben werden, geführt und regiert muss werden, sonst landen wir schnell im Chaos. Wie in einem Freundeskreis oder selbst in einer Familie oder einer Konfirmandengruppe das Einhalten von bestimmten Regeln unumgehbar ist – sonst bricht die Gruppe auseinander. Die Welt, die gesamte Schöpfung, unterliegt einer einfachen und durchsichtigen Ordnung, an der man sich orientieren könnte und sollte. So ist jeder Kreis eine Welt im Kleinen. Aber halt aufgepasst! Wo einer aus Eigeninteresse oder immer den Ton angeben will, besticht oder unterdrückt, gerät dieser Kreis, diese Ordnung aus den Fugen. Da müssen wir heraus aus der Masse.
Begleitung für die nächste Zeit:
Roger Schutz, der ermordete Leiter von Taizé, beschrieb den guten Hirten folgendermaßen: „Jedem vertraut Gott einen oder mehrere Menschen an. Mehr oder weniger alle haben an der pastoralen Gabe, für andere Sorge zu tragen, Anteil erhalten: darauf zu hören, was dem anderen weh tut. Zuhören, nicht um gute Ratschläge zu erteilen: Nein, zuhören, um das Gelände freizuräumen und Christus den Weg zu bereiten. Hinhören bis zum ersten Hoffnungsschimmer ...“
Dort wird Jesus als der Gute Hirte lebendig aus der Verantwortung vor Gott. Jedem Starkult ist Jesus aus dem Weg gegangen. Er hat Menschen nicht von sich abhängig gemacht, sondern ihnen freigestellt, ob sie ihm folgen wollen. Vertrauen soll die Grundlage der Beziehung zu ihm sein. Zuhören, Hinhören, Weitergeben – das sind Schritte auf dem Weg zum Menschen – bereit sein, sich selbst einzusetzen für die Nöte des anderen. Dort ist Jesus der Gute Hirte spürbar.
Gott will das in uns bewirken.
Denn wir sind gesegnet und können den guten Hirten für andere sichtbar machen mit dem Geist der Liebe, dass wir einander achten und ernst nehmen, wie Jesus uns ernst genommen hat, – mit dem Geist des Friedens.
Amen.
Verfasserin: Pfarrerin Corinna Englisch-Illing, Im Mönchsgraben 6, 61130 Nidderau
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