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Der gute Hirte

von Frederike Reif (Neustadt)

Predigtdatum : 18.04.2021
Lesereihe : III
Predigttag im Kirchenjahr : Miserikordias Domini
Textstelle : Hesekiel 34,1-2(3-9)10-16.31
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Wochenspruch: Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Johannes 10,11a.27.28a)

Psalm: 23 (EG 711)

Lesungen

Reihe I: Johannes 10,11-16(27-30)
Reihe II: 1. Petrus 2,21b-25
Reihe III: Hesekiel 34,1-2(3-9)10-16.31
Reihe IV: Johannes 21,15-19
Reihe V: 1. Petrus 5,1-4
Reihe VI: 1. Mose 16,1-16

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 454 Auf und macht die Herzen weit
Wochenlied: EG 358 Es kennt der Herr die Seinen
Predigtlied: EG 72 O Jesu Christe, wahres Licht
Schlusslied: EG 610 Herr, deine Liebe

Predigttext Hesekiel 34,1-2(3-9)10-16.31

(wird während der Predigt verlesen)

1 Und des HERRN Wort geschah zu mir:
2 Du Menschenkind, weissage gegen die Hirten Israels, weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der HERR: Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden?

(3 Aber ihr esst das Fett und kleidet euch mit der Wolle und schlachtet das Gemästete, aber die Schafe wollt ihr nicht weiden.
4 Das Schwache stärkt ihr nicht, und das Kranke heilt ihr nicht, das Verwundete verbindet ihr nicht, das Verirrte holt ihr nicht zurück, und das Verlorene sucht ihr nicht; das Starke aber tretet ihr nieder mit Gewalt.
5 Und meine Schafe sind zerstreut, weil sie keinen Hirten haben, und sind allen wilden Tieren zum Fraß geworden und zerstreut.
6 Sie irren umher auf allen Bergen und auf allen hohen Hügeln und sind über das ganze Land zerstreut, und niemand ist da, der nach ihnen fragt oder sie sucht.
7 Darum hört, ihr Hirten, des HERRN Wort!
8 So wahr ich lebe, spricht Gott der HERR: Weil meine Schafe zum Raub geworden sind und meine Herde zum Fraß für alle wilden Tiere, weil sie keinen Hirten hatten und meine Hirten nach meiner Herde nicht fragten, sondern die Hirten sich selbst weideten, aber meine Schafe nicht weideten,
9 darum, ihr Hirten, hört des HERRN Wort!)

10 So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Herde von ihren Händen fordern; ich will ein Ende damit machen, dass sie Hirten sind, und sie sollen sich nicht mehr selbst weiden. Ich will meine Schafe erretten aus ihrem Rachen, dass sie sie nicht mehr fressen sollen.
11 Denn so spricht Gott der HERR: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen.
12 Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten, wohin sie zerstreut waren zur Zeit, als es trüb und finster war.
13 Ich will sie aus den Völkern herausführen und aus den Ländern sammeln und will sie in ihr Land bringen und will sie weiden auf den Bergen Israels, in den Tälern und wo immer sie wohnen im Lande.
14 Ich will sie auf die beste Weide führen, und auf den hohen Bergen in Israel sollen ihre Auen sein; da werden sie auf guten Auen lagern und fette Weide haben auf den Bergen Israels.
15 Ich selbst will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern lassen, spricht Gott der HERR.
16 Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist.
31 Ja, ihr sollt meine Herde sein, die Herde meiner Weide, und ich will euer Gott sein, spricht Gott der HERR.

Predigt

Liebe Gemeinde!

Was wünschen Sie sich für unsere Welt?
Auf Anhieb fällt mir vieles ein: Das Ende von Krankheit [besonders Corona], von Krieg und Gewalt. Kein Hunger mehr, keine Umweltzerstörung, kein Hass.
Geht es Ihnen auch so – oft fällt als erstes ein, wie es nicht sein soll.
Wie also sollte es sein? Es sollte gerecht zugehen in der Welt, ehrlich und lebensfördernd. Ich sehne mich nach einer Welt, in der Liebe den Alltag bestimmt, in der Gerechtigkeit und Vernunft herrschen, eine Welt der Freiheit, in der die Menschen einander und der Schöpfung zugewandt sind.

[Hier eigene Sehnsüchte formulieren!]

Unsere Welt ist nicht so.
Sie war es auch früher nicht. Wenn wir zurückgehen in der menschlichen Geschichte, finden wir genug Beispiele davon. Denken Sie nur an Kain und Abel – das biblische Zeugnis stellt dar, dass schon zu Anbeginn Neid und Streit in Gewalt münden.

Gott hatte es anders vorgesehen. Doch wir Menschen sind frei zu wählen, wie wir handeln. Diese Freiheit ist Gott-gewollt, sonst wären wir Marionetten und nicht Gott-ebenbildlich. Gottes Sehnsucht ist es, dass die Welt so wird, wie sie sein könnte. Gott tritt in Beziehung zu Menschen, teilt die eigene Sehnsucht mit, ebenso den Unwillen darüber, dass es anders ist.

Auch der Predigttext zum heutigen Sonntag schildert, wie es ist und wie es sein sollte im menschlichen Miteinander, wie es sein sollte im Gottesvolk Israel. Worte und Vorstellungen, geschrieben in einer Zeit, in der dieses Volk sein Land verloren hatte, in der Verbannung lebte und eigentlich gescheitert war.

Der Prophet Ezechiel lebte selbst im Exil. Für ihn war es folgerichtig, dass Gott Israel bestraft hat, weil es sich anderen Göttern zugewandt und nicht nach den Weisungen Gottes gelebt hat. Ezechiel schreibt vom Unheil, das Israel trifft und der Prophet hält Gottes Anklage gegen sein Volk fest.

Wir hören zum heutigen Sonntag Verse aus Ez. 34, zunächst die Verse 1 – 4:

Und des Herrn Wort geschah zu mir:
Du Menschenkind, weissage gegen die Hirten Israels, weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott, der Herr: Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden?
Aber ihr esst das Fett und kleidet euch mit der Wolle und schlachtet das Gemästete, aber die Schafe wollt ihr nicht weiden.
Das Schwache stärkt ihr nicht, und das Kranke heilt ihr nicht, das Verwundete verbindet ihr nicht, das Verirrte holt ihr nicht zurück, und das Verlorene sucht ihr nicht; das Starke aber tretet ihr nieder mit Gewalt.

Ein deutliches Bild: Die von Gott Beauftragten wirken nicht daran, dass nach Gottes Weisungen gelebt wird. Sie leben selbst nicht danach, sondern suchen ihren eigenen Vorteil.
Gottes Weisungen zielen auf Gerechtigkeit ab, auf Miteinander und darauf, dass alle versorgt sind und niemand mehr für sich beansprucht, als benötigt wird.
Gott selbst wünscht sich Gerechtigkeit in der Welt. Stattdessen ist die Welt zersplittert, haben die einen viel, die anderen wenig; in der Folge zerfällt Gesellschaft; Machtgier und Krieg zerstören die Ordnung; das Gottesvolk ist herausgerissen.

Beim Propheten Ezechiel fährt Gott fort:

Und meine Schafe sind zerstreut, weil sie keinen Hirten haben, und sind allen wilden Tieren zum Fraß geworden und zerstreut.
Sie irren umher auf allen Bergen und auf allen hohen Hügeln und sind über das ganze Land zerstreut, und niemand ist da, der nach ihnen fragt oder auf sie achtet.

Aus diesen Worten spricht Kummer, Enttäuschung, Leid: Gott ist traurig über das Schicksal der Menschen, Gott leidet mit dem Volk in der Verbannung. Gottes Sehnsucht wird sichtbar: Sehnsucht nach Veränderung zum Besseren hin. Sehnsucht nach einer Welt, in der Gerechtigkeit lebendig ist, eine Welt ohne dass die einen die anderen bedrücken und ausbeuten.
Im biblischen Text des Propheten Ezechiel heißt es weiter:

Darum hört, ihr Hirten, des Herrn Wort!
So wahr ich lebe, spricht Gott, der Herr: weil meine Schafe zum Raub geworden sind und meine Herde zum Fraß für alle wilden Tiere, weil sie keinen Hirten hatten und meine Hirten nach meiner Herde nicht fragten, sondern die Hirten sich selbst weideten, aber meine Schafe nicht weideten, darum, ihr Hirten, hört des Herrn Wort!
So spricht Gott, der Herr: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Herde von ihren Händen fordern; ich will ein Ende damit machen, dass sie Hirten sind, und sie sollen sich nicht mehr selbst weiden. Ich will meine Schafe erretten aus ihrem Rachen, dass sie sie nicht mehr fressen sollen.

Hier ist Gottes Ärger zu spüren sowie der starke Wunsch nach Veränderung. Alles soll anders werden. Das leidende Volk soll Rettung erfahren.

Das sind nicht die Worte eines fernen Gottes ohne Interesse für die Schöpfung. Die Art, wie Ezechiel schreibt, lässt Gott erkennen als zugewandt, untrennbar mit dem Schicksal Israels verbunden trotz aller menschlichen Schwächen. Hier kommt zur Sprache, dass Gott nahe sein will und sich nähert; weil das eine nicht funktioniert hat, will Gott anders werden, sich Israel anders erweisen als zuvor.

Wir hören weiter von Ezechiel:

Denn so spricht Gott, der Herr: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen.

Wir kennen das Bild von Gott als dem guten Hirten, der 23. Psalm ist vertraut. Es ist für unser Verstehen selbstverständlich, dass Gott sich der Menschenkinder annimmt wie ein guter Hirte; auch Jesus hat dieses Bild für sich übernommen.
In seiner Frühzeit lebte das Volk Israel nomadisch, man zog mit den Herden von einer Weidemöglichkeit zur nächsten. Die Aufgaben eines Hirten waren Alltag und von seiner Arbeit hing das Leben der Gemeinschaft mit ab. Heute gibt es kaum noch Hirten, doch es ist klar, worauf es ankommt.

Im Buch Ezechiel wird noch einmal deutlich beschrieben, was einen guten Hirten ausmacht:

Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten, wohin sie zerstreut waren zur Zeit, als es trüb und finster war.
Ich will sie aus allen Völkern herausführen und aus allen Ländern sammeln und will sie in ihr Land bringen und will sie weiden auf den Bergen
Israels, in den Tälern und allen Plätzen des Landes.
Ich will sie auf die beste Weide führen, und auf den hohen Bergen in Israel sollen ihre Auen sein; da werden sie auf guten Auen lagern und fette Weide haben auf den Bergen Israels.
Ich selbst will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern lassen, spricht Gott, der Herr.

Was verloren ist, wird mit aller Anstrengung gesucht, die Herde wird zusammen gehalten, die besten Weideplätze werden genutzt und stets darauf geschaut, dass es den Tieren gut geht. Leicht lassen sich dies Bilder übertragen auf die Menschen, um die es geht: Das Volk Israel, das darauf wartet, in die Heimat zurückzukehren, frei zu sein, gut leben zu können.

In Christus sind wir Teil des Gottesvolkes – und so, wie die Bilder vom guten Hirten uns gelten, sprechen die Zusagen Gottes aus dem Prophetenbuch Ezechiel ebenso uns an. Denn wer wollte sagen, dass unsere Welt so ist, wie sie sein könnte? Auch nicht unser Land – so glücklich wir uns schätzen können, in einer rechtmäßigen Demokratie mit guten Möglichkeiten frei zu leben: auch bei uns gibt es Armut, Ausbeutung, Unterdrückung, Gewalt. Und wieviel schlimmer sieht es in anderen Regionen der Welt aus, nicht zuletzt deshalb, weil unser Lebensstandard andere in ihrer Armut gefangen hält.
Wo das deutlich vor Augen steht, erwacht da nicht die Sehnsucht nach einer gerechten Welt?

[evtl. Beispiel ausführen]  

Bei Gott ist dieses Sehnsucht spürbar; ich lese weiter aus Ezechiel:

Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist.

Daraus spricht die Sehnsucht nach Gerechtigkeit: Denjenigen helfen, die es brauchen, eine Balance herstellen, das verändern, was das Gleichgewicht stört. Was schwach ist, soll gestärkt werden, was wohlbehalten ist, soll behütet sein. Ausgleich hin zu einem Zustand, in dem es allen gut geht.
Wenn wir darüber nachdenken, bin ich sicher, dass auch wir uns eine gerechte Welt wünschen. Gottes Sehnsucht ist unsere Sehnsucht. Die Worte des Propheten Ezechiel vermögen diese Sehnsucht neu bewusst machen, der Wunsch nach Veränderung für die Welt.
Als Christinnen und Christen sind wir gerufen, daran mitzuwirken in der Nachfolge Jesu. In unserem Glauben werden wir dafür gestärkt – auch durch Gottes Zusage:

Ja, ihr sollt meine Herde sein, die Herde meiner Weide, und ich will euer Gott sein, spricht Gott, der Herr.

Amen.

Verfasserin: Pfarrerin Friederike Reif, Erkenbrechtstraße 38, 67434 Neustadt


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