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Der gute Hirte

von Markus Witznick (Mücke Ober-Ohmen)

Predigtdatum : 23.04.2023
Lesereihe : V
Predigttag im Kirchenjahr : Miserikordias Domini
Textstelle : 1. Petrus 5,1-4
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Wochenspruch: "Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben." (Johannes 10,11a.27.28a)

Psalm: 23 (EG 711)

Predigtreihen

Reihe I: Johannes 10,11-16(27-30)
Reihe II: 1. Petrus 2,21b-25
Reihe III: Hesekiel 34,1-2(3-9)10-16.31
Reihe IV: Johannes 21,15-19
Reihe V: 1. Petrus 5,1-4
Reihe VI: 1. Mose 16,1-16

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 241 Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Wochenlied: EG 274 Der Herr ist mein getreuer Hirt
Predigtlied: EG 210 Du hast mich, Herr, zu dir gerufen
Schlusslied: EG 395 Vertraut den neuen Wegen

Predigttext: 1. Petrus 5,1-4

1 Die Ältesten unter euch ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden Christi, der ich auch teilhabe an der Herrlichkeit, die offenbart werden soll: 2 Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist, und achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt, nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund, 3 nicht als solche, die über die Gemeinden herrschen, sondern als Vorbilder der Herde. 4 So werdet ihr, wenn erscheinen wird der Erzhirte, die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit empfangen.

Hinführung

Der erste Petrusbrief schreibt in eine Situation hinein, in der die Christ*innen in der Minderheit sind (oft innerhalb der Familien) und unter Druck und Bedrohung stehen. Die Strategie des Briefes ist Anpassung und als gutes Vorbild in der Lebensführung zu überzeugen. Das lässt sich nur schwer in unsere heutige Situation in Deutschland übertragen. Ich versuche aber in der Predigt, die im Text beschriebene Haltung für uns heute fruchtbar zu machen. Das Bild des Hirten ist dabei für den 1. Petrusbrief eine wichtige Tradition, die ich aufgreife.

Predigt

Liebe Gemeinde,

ist die Kirche noch zu retten? Austrittswellen, schwindende Religiosität, Desinteresse. Die Landeskirchen versuchen mit Reformprogrammen noch grüne Auen für die Schafherde Kirche zu finden. Das Programm EKHN 2030 wird als größte Umwälzung seit der Reformation beschrieben. [In anderen Landeskirchen kann dieser Satz weggelassen werden oder Entsprechendes eingefügt werden.]

Das macht vielen auch Angst oder frustriert.

Ich habe Ihnen heute einen Gemeindeberater mitgebracht, der sich mit Ängsten und Zukunftsfragen auskennt.
Er ist schon etwas älter. Seine Erfahrungen hat er um die Jahrhundertwende gemacht. Also die allererste Jahrhundertwende.
Damals hat er schon Gemeinden Mut gemacht, sich ihren Ängsten zu stellen. Berühmt geworden ist seine Gebrauchsanweisung für Gemeinden in Kleinasien. Für alle die, die sich damals schon fragten: Gibt es für uns Christen noch eine Zukunft? Wie soll es weitergehen.

Eine Antwort hören wir in 1. Petrus 5:

Predigttext 1. Petrus 5,1-4 [Vers 1b ab „der Mitälteste“ würde ich weglassen, da es die Verständlichkeit erschwert und für die Predigt nicht relevant ist.]

I. Das Hirtenprinzip

Liebe Gemeinde,

stellen Sie sich vor; wir sitzen in einem Workshop zur Zukunft der Gemeinde und besagter Gemeindeberater, nennen wir ihn Petrus, will uns heute weiterhelfen.

Ich höre ihn uns begrüßen:

„Liebe Gemeinde,
oder darf ich heute am Sonntag des Guten Hirten sagen: Liebe Schafe?“

Vielleicht hat der Gemeindeberater dann schon verloren und wir hören ihm gar nicht mehr zu. Wer will schon gerne als Schaf betrachtet werden, blökend den anderen folgend, auf den Hirten angewiesen?
Im Duden heißt es zum Schaf: „mittelgroßes Säugetier mit dickem, wolligem Fell und beim männlichen Tier oft großen, gewundenen Hörnern, das als Wolle, Fleisch, auch Milch lieferndes Nutztier gehalten wird.“
Die Rede vom schwarzen Schaf macht es auch nicht besser.
Steckt nicht mehr als ein Schaf in uns?

Doch dann zitiert Petrus den Psalm 23. Und mich rührt der vertraute Klang der Worte an.
Der Herr ist mein Hirte. Und was für einer!
Wie wohl tut es, sich Gott als kümmernden, sich sorgenden und mich stärkenden Begleiter vorzustellen, der meine Seele erquickt.
Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück. Du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich. 

Petrus lässt weiter vor meinem Augen Hirten und Schafe auferstehen. Erzählt vom verlorenen Schaf, dem Gott nachgeht, weil es ihm wichtig ist.

Er gesteht: „Diese Bilder haben sich mir eingebrannt. Wie allen aus meiner Zeit. Schaf und Hirte.
Deshalb mein erster Auftrag an Euch: Seid selber Hirten. Schlüpft in die Rolle derer, die aufeinander achten.
Weidet die Schafe. Ein Perspektivwechsel.“
Während ich so zuhöre denke ich: Wie gut muss das tun, Menschen zu begegnen, die sich um mich kümmern, die sich für mich einsetzen, die alles dransetzen, dass es mir gut geht.

Nicht von ungefähr hat sich das Hirtenprinzip auch im Management einen Namen gemacht.
Wenn ich hoch motivierte, engagierte Mitarbeiter*innen haben möchte, muss ich als Führungskraft wie ein Hirte sein: Ich muss meine Schafe kennen, wissen, wie es ihnen geht. Ihnen Sicherheit vermitteln, mich für sie einsetzen, ihnen vorangehen.

Liebe Gemeinde,

seien Sie ein Schaf. Vertrauen Sie auf Gott, der als Hirte vorangeht. Vertrauen Sie diesem Hirten, der in alle Gefühle des Verlorenseins und des Verirrens hineinspricht: Ich bin der Gute Hirte.
Seien Sie auch selbst ein Hirte, der auf andere achtet, sich für sie einsetzt, für sie da ist.
Das Prinzip Hirte als Ratschlag für Kirchen und Gemeinden. Aus alten Zeiten klingt dieser Zweiklang von Hirte und Herde zu uns herüber.

II. Von Herzen

Aber wie gelingt das? Lieber Petrus, wie geht das, Schaf und Hirte sein zugleich?
„Mach es freiwillig“, sagt Petrus. „Nicht gezwungen! Sondern nach der Art Gottes. Aus freien Stücken. Nicht, weil man das doch zu tun hat, nicht, weil es sich doch gehört, nicht, weil es von dir erwartet wird. Sondern: Freiwillig.
Die Freiheit hat uns Gott in dieses Leben mitgegeben. Oder ist Kirche immer mit Zwang und Unfreiheit verbunden? Nein, mach es freiwillig.“

„Sie haben die Wahl:  Entweder von Herzen, breitwillig, oder aus schnöder Gewinnsucht. Entweder vom Herzensgrunde oder vom Abgrund des Egoismus. Wie wollen Sie Kirche leben?“

Ich melde mich und wende ein: es muss doch gekürzt und gespart werden. Wer nicht aufs Geld schaut wird bald handlungsunfähig.
Ein bisschen Gewinn wäre nicht schlecht. Zur Orgelsanierung zum Beispiel. [Gerne auch aktuelle Projekte einbinden]

„Ja“, antwortet mir Petrus. „Durchaus löblich. Aber kannst Du auch über den eigenen Kirchturm hinausblicken. Ist da noch mehr?
Wenn Sie eine Zukunft haben wollen, dann nur herzlich aufeinander achtend. Den eigenen Vorteil im Blick, werden Sie untergehen.

Eine letzte Alternative zeige ich Ihnen:
Wollt ihr Herrschen oder Vorbild sein?
Wer hat das Sagen, wer tut sich wichtig? Wie oft wird das eigene Ego verletzt, weil ich nicht an erster Stelle stehe.
Ich erhebe mich über andere und schon fühle ich mich besser und wichtiger. [Hier gerne Beispiele einbauen.]
Wie wird dann das Ich gestreichelt. Und gleichzeitig: wie unnötiger Streit ergibt sich daraus. Ich bin jetzt der Bestimmer sagt das Kindergartenkind. Ich will das Nachbarland besetzen, sagt der Diktator.

Wenn wir lebendige Gemeinde der Zukunft sein wollen, dann geht es nicht darum, die schönsten Posten zu verteilen, endlich mal das Sagen zu haben, sondern Vorbild zu sein.  

Wie kann ich handeln, damit ich Vorbild für andere bin.
Das ist die Leitfrage der Gemeindearbeit. Überzeugen, weil ich selbst überzeugt bin, Herzen erreichen, weil ich vom Herzensgrund her Gemeinde lebe.

III. Am Ende ein Preis

Am Ende seines Workshops will uns Petrus noch Mut machen:

„Natürlich springt am Ende auch etwas dabei raus.
Nicht ohne Lohn gehen wir nach Hause, wenn uns Gemeinde so gelingt: Freiwillig, von Herzen, als Vorbilder.
Ich verspreche euch:
Eine Krone - wahlweise einen Siegeskranz. Unverwelklich, ja unkaputtbar. Und zwar vom Oberhirten höchstpersönlich überreicht.
Einen Siegeskranz der Herrlichkeit.“

Nicht ganz vorstellen kann ich mir diesen Preis. Aber es muss etwas Herrliches sein. Stolz und glücklich darf mich dieser Preis machen.

Unverwüstlich. Ein Preis, der nicht in einer Vitrine verstaubt, sondern mein Leben erhellt.

Liebe Gemeinde,

ist die Kirche noch zu retten?
Wie Kirche in 20 Jahren aussieht weiß ich nicht.
Was aus Gebäuden und Kirchenmitgliedschaft wird ebenso wenig.

Das Bild von Gott als Hirten aber, das gilt auch in 20, 30 oder 400 Jahren.
Und ist mehr als nur ein Bild.

Der erste Petrusbrief sagt es in schönen Worten so:
„Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.
Christus wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.“

Dann mache ich mir keine Sorge um die Kirche. Als Gemeinschaft derer, die Gott vertrauen und einander zum Hirten werden.

Amen

Verfasser: Pfarrer Markus Witznick, 35325 Mücke Ober-Ohmen


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