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Der Heiland

von Mirjam-Christina Redeker (99084 Erfurt)

Predigtdatum : 30.08.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : 12. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Korinther 3,9-17
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Wochenspruch: Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. (Jesaja 42,3)

Psalm: 147,3-6.11

Predigtreihen

Reihe I: Apostelgeschichte 3,1-10
Reihe II: 1. Korinther 3,9-17
Reihe III: Markus 7,31-37
Reihe IV: Apostelgeschichte 9,1-20
Reihe V: Jesaja 29,17-24
Reihe VI: Lukas 13,10-17

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 324, 1-4.12-14 Ich singe dir mit Herz und Mund
Wochenlied: EG 289, 1.4.5 Nun lob, mein Seel, den Herren
Predigtlied: EG 346, 1-4 Such, wer da will, ein ander Ziel
Schlusslied: EG 268 Strahlen brechen viele aus einem Licht

Predigttext 1. Korinther 3,9-17

Mitarbeiter Gottes

9 Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau.
10 Nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe ich den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut.
11 Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.
12 Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh,
13 so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird es ans Licht bringen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen.
14 Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen.
15 Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch.
16 Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?
17 Wenn jemand den Tempel Gottes zerstört, den wird Gott zerstören, denn der Tempel Gottes ist heilig – der seid ihr.

Der Kathedralenbau

Liebe Gemeinde,

eine mittelalterliche Kathedrale soll entstehen: Wochenlang zeichnet der Architekt an den Plänen. Dann steht der Grundriss fest. Er ist als Kreuz gestaltet: Der Gläubige soll die Kirche durch das Hauptportal im Westen betreten. Dann das Kirchenschiff durchschreiten. Sein Blick wird durch die schlanken, hohen Säulen nach oben gelenkt. Zugleich auch nach vorn, in den Chorraum und zur Apsis mit den farbigen Glasfenstern. Hin zum Altar. Darüber himmlische Gewölbe. Ein Stück Himmelreich auf Erden. 

Der Bischof billigt den Plan. Die Baustelle kann eröffnet wer-den: Steinbrecher, Steinmetze, Mörtelmischer und Maurer, Zimmermänner, Schmiede, Dachdecker und Glasbläser treffen ein. Jeder Handwerksmeister hat eine eigene Bauhütte und beschäftigt dort viele Lehrlinge und Gesellen. Dazu kommen noch Tagelöhner für die schweren Arbeiten. Unzählige Bäume werden geschlagen. Baugerüste, Bauhütten und Werkzeuge müssen hergestellt werden. 

Als Erstes heben die Arbeiter das Fundament aus. Sie beginnen mit dem Fundament für Apsis und Chorraum. Dicke Mauern soll es bekommen und mindestens fünfundzwanzig Fuß tief sein. Immer wieder kontrolliert der Maurermeister, ob die Steine auch waagerecht aufgeschichtet sind. Mit dem Senkblei prüft er, ob die Wand senkrecht ist. Jetzt darf kein Fehler passieren. Auf dem Fundament ruht der ganze Bau.

Dann folgen die Grundmauern, die Wände werden Stück für Stück gebaut. Steine werden nach Mustern behauen und an Winden hochgezogen. Pfeiler und Säulen tragen das Gewölbe und das Dach. 

Jahrzehnte dauert die Arbeit an den Wänden, an Maßwerk und Skulpturen. Baumeister werden abgelöst. Neue Bau-meister kommen, neue Handwerker arbeiten weiter. Führen das begonnene Werk fort. Aufgebaut auf dem Fundament. Lange vor ihnen gelegt.

Mich beeindruckt das geschäftige Treiben auf einer solchen Baustelle. Wie jede Bauhütte ihren eigenen Beitrag leistet und wie dann alles zu einer wundervollen Kathedrale zusammengefügt wird.

Liebe Gemeinde,
auch der Apostel Paulus führt uns heute auf eine Baustelle. Und er spricht uns selbst als Mitarbeiter und Handlanger an:

[Predigttext]

Mitarbeiter Gottes

Liebe Gemeinde, Bauarbeiter sein auf einer Großbaustelle - wie der Kathedrale? Genau das sind wir! Gottes Mitarbeiter! Wir stehen alle in demselben Dienst auf Gottes Baustelle. Wir sind seine Gehilfen und Handlanger. Wir sind Arbeiter und Diener am Reich Gottes. 

Nicht immer wissen wir genau, was zu tun ist, um den Bauplan umzusetzen. So geht es dem Steinmetz, der nach dem richtigen Stein suchen muss. Und dem Dachdecker, der das geeignete Holz für die Dachbalken auswählen muss. Oft braucht es eine lange und mühevolle Suche. Manchmal scheitert man auch. Nimmt das falsche Material: Dann bricht etwas Gebautes ein. Dann hat etwas keinen Bestand. Dann muss gemeinsam etwas verändert und ausgetauscht werden. 

Wo Menschen zusammenarbeiten, gibt es auch Meinungs-verschiedenheiten, unterschiedliche Ansichten, Spannungen, Neid und Konflikte, ja sogar Parteienbildungen wie in der Gemeinde in Korinth.
"Ihr seid Gottes Bau!" - Wahrnehmen und Suchen beim Weiterbauen von Kirche und Gemeinde
„Ihr seid Gottes Bau!“ „Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf aufbaut ...“ Wie das gehen kann, beschäftigt uns in unseren Gemeinden und in unserer Kirche. Denn unsere Kirche - auch als Gemeinschaft - ist nie fertig. Ständig sind wir zum Weiterbauen und Umbauen aufgerufen.

Wie soll die Kirche von morgen aussehen? Stockt nicht der Weiterbau, wenn Materialien oder Arbeiter fehlen? Wie kann der Weiterbau gelingen? Nicht nur finanziell, sondern vor allem geistlich? Das bereitet viel Kopfzerbrechen. Wird oft zur Last.

Hier spricht uns Paulus zu: "Ihr seid schon Gottes Bau!" - Egal wie gut in euren Augen der Bau voranschreitet. Lebt von dieser Zusage. Nehmt euch Zeit zum genauen Wahrnehmen, Suchen und Hören. Bevor ihr einfach drauflos baut, seht und hört:  Auf die Menschen vor Ort. Auf das, was sie bewegt. Was sie vor Ort gestalten und bauen wollen.

Das kann mühevoll sein. Das wissen Sie, liebe Gemeinde, aus ihren eigenen Anstrengungen bei Bauvorhaben. Aus Veränderungsprozessen in ihren Gemeinden. 

Auch der Apostel Paulus weiß um die Last dieses Dienstes. Er selbst hat für die Gründung seiner Gemeinden keine Mühe gescheut. Weder in Korinth noch anderswo. Er weiß sich in allem getragen von Gott, der sich selbst mit uns Menschen Mühe und Arbeit macht. Der zu seinem Volk sagt: "Mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden und hast mir Mühe gemacht mit deinen Missetaten." (Jes 43, 24)

Aber da, wo Gott uns in den Dienst nimmt, entlastet er uns auch: "Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus."  (1. Kor 3, 11)

Nach dem Fundament suchen …

Liebe Gemeinde, das Fundament unserer Gemeinden steht schon. Wir müssen es nicht erst schaffen. Paulus als Architekt und Baumeister hat die "Grundsteinlegung" vorgenommen. Das Fundament ist schon gelegt und fest: Jesus Christus selbst. Wir gestalten noch den Überbau und den Innenraum.
Lasst Euch dafür durch Christus selbst er-bauen und stärken. Sucht ihn in allem, was ihr tut. Der gekreuzigte und auferstandene Christus ist eure Grundlage. Er ist euch in eurem Fundament und Grundriss eingegeben - wie in einer gotischen Kathedrale. Dieses Kreuz richtet euch aus. Stärkt Eure Verbindung mit Gott. Gibt Euch Orientierung in Eurem Leben. 

Aber dieses Fundament ist nichts Starres, Lebloses. Es ist auch nicht immer leicht zu erkennen in unserer Zeit. Vieles verdeckt es: das Materielle, was unser Leben bestimmt, und uns Sicherheit verspricht. Die Ablenkungen, die wir suchen. Die Angst, das Leben zu verpassen. Das Fundament muss erst freigelegt werden.

Das ist kein leichter Dienst in dieser Welt. Jesus verändert diese Welt nicht mit Macht und Stärke. Er lässt sich verspotten, geißeln und ans Kreuz nageln. Seine Liebe gilt den Schwachen in unserer Welt. 

Gebt Christus Raum in euren Worten und Taten, in eurem Leben! Gebt seine Menschenliebe weiter - an der Seite der Schwachen. Baut sie auf und stärkt sie. "Freut Euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden!" (Röm 12, 15)

… und darauf mit Verantwortung weiterbauen

Bist du selbst aufgebaut, dann hast du auch neue Kraft zum Weiterbauen. Aber du bist nicht der Bauherr! Du bist nicht für das Wachsen oder Gedeihen zuständig! Gott baut seine Kirche - mit deiner Unterstützung. Stockt der Bau, kannst du eine Pause machen. In Ruhe suchen und schauen, wie es weitergehen kann.
„Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut...“ Wie er darauf weiterbaut, sagt Paulus. Als Mitarbeiter hast du viel Freiheit. Kannst dich ausprobieren. Kreativ sein, neue Räume entdecken. Ja, sogar scheitern. Es gibt keinen fertigen Master-plan wie bei einer Kathedrale. Du musst probieren und impro-visieren. Manches von Deiner Arbeit wird unvollkommen blei-ben. Anderes wird keinen Bestand haben: ist leicht brennbar wie Holz, Heu und Stroh im Feuer. Aber anderes wird bestehen bleiben. Ist edel und stabil wie Schmuck: wie Gold, Silber und Edelsteine, da wo du es vielleicht nie gedacht hättest. Wo es vielleicht wie ein verborgener Schatz lag.

Setze dich nicht selbst unter Druck, aber behalte das Fundament im Auge. Gott will dich als seine Mitarbeiterin, seinen Mitarbeiter! So wie du bist - mit deinen Fehlern und Gaben. So wie er schon viele Mitarbeiter vor dir berufen hat. Du bist auch nicht die einzige Mitarbeiter*in auf der Baustelle. Schau dich um, wer noch da ist! Wer Ideen mit dir teilt. Wer mit dir zusammenarbeitet - in deiner Bauhütte. So wird aus Last neue Lust.

Verlasst euch aufeinander wie die Kumpels auf der Baustelle! Ihr müsst auch keine gotische Kathedrale bauen. Vielleicht ist gerade nur eine kleine Hütte oder Kapelle dran. Gerade ein Dach über dem Kopf, ein paar Stühle und Christus in eurer Mitte. Baut weiter in eurem Stil und Tempo. Mit euren Gaben. Bleibt aber in Gemeinschaft, kooperiert, denn ihr gehört zusammen, ihr seid Gottes Bau. Er baut an eurer Gemein-schaft!  Stärkt euch, wenn euer Bauen vergeblich erscheint. Regt euch gegenseitig an! Beflügelt euch!

Und wo ihr nicht in einer Bauhütte arbeiten könnt, achtet euch in euren unterschiedlichen Aufgaben. Gebt euch gegenseitig Spielräume. Fragt euch in allem: Worin sind wir trotz aller Unterschiede im Glauben verbunden? 

Ja, ihr seid selbst ein lebendiger Stein in diesem Bau. Ein Tempel Gottes, in dem Gottes Geist wohnt. Dafür seid ihr verantwortlich!

Gottesdienst auf der Baustelle

Liebe Gemeinde, auf dem Bergrücken in Weiden, im Weimarer Land, erhebt sich die kleine St. Cyriakuskirche, ein bescheidener spätgotischer Bau. Der dreigeschossige Kirchturm ist schlicht. 15 Jahre lang war die Kirche geschlossen und dem Verfall ausgesetzt. Im Jahr der Wiedervereinigung gründen die Ortsbewohner einen Verein "Zur Erhaltung der Kirche und des Kirchberges von Weiden": Kirchenmitglieder und Konfessionslose gemeinsam. Jedes Jahr feiern sie einen Gottesdienst zur Eröffnung des Kunstprojektes auf dem Berg. Ein festlicher Himmelfahrtsgottesdienst für die Region kommt dazu. Inzwischen sind Dach und Turm wieder neu eingedeckt. Gerade noch wurden die Arbeiten für eine neue Empore abgeschlossen. Bis zum späten Nachmittag putzen die Dorfbewohner den Baudreck von den Bänken. Der Altar ist mit Gartenblumen geschmückt. Ein Kreuz in der Mitte. Die Kerzen brennen. Wir feiern Gottesdienst auf der Baustelle. Nichts ist fertig. Nichts ist perfekt. Aber wir feiern gemeinsam Gottesdienst. Christus ist in unserer Mitte. Und wir singen und loben Gott: "Geh aus, mein Herz, und suche Freud" und "Komm Herr, segne uns". So wird dieser Ort, so wird meine Seele zu einem Klangraum für Gott. Hier mache ich mich auf die Suche nach ihm! Hier, auf der Baustelle, höre ich auf seine Stimme. Ich spüre: Er ist da. Er trägt mein und Dein Leben und unser gemeinsames Wirken.

Amen

Verfasserin: Pfarrerin Dr. Mirjam-Christina Redeker, Persönliche Referentin der Präsidentin des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Michaelisstraße 39, 99084 Erfurt


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