Der Herr der Naturmächte
von Hans-Ulrich Deußen (55270 Schwabenheim)
Predigtdatum
:
30.01.2000
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Letzter Sonntag nach Epiphanias
Textstelle
:
Epheser 1,15-20a
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Wochenspruch:
Kommt her und sehet an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern. (Psalm 66,5)
Psalm: 107,1-2.23-32
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 51,9-16
Epistel:
2. Korinther 1,8-11
Evangelium:
Markus 4,35-41
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 452 1-5
Er weckt mich alle Morgen
Wochenlied:
EG 244
oder EG 346
Wach auf, wach auf, ‘s ist hohe Zeit
Such wer da will ein ander Ziel
Predigtlied:
EG 587,1-3
Gott ruft dich, priesterliche Schar
Schlußlied:
EG 157
Laß mich dein sein und bleiben
15 Darum auch ich, nachdem ich gehört habe von dem Glauben bei euch an den Herrn Jesus und von eurer Liebe zu allen Heiligen, 16 höre ich nicht auf, zu danken für euch, und gedenke euer in meinem Gebet,
17 daß der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und der Offenbarung, ihn zu erkennen. 18 Und er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid, wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen ist 19 und wie überschwenglich groß seine Kraft an uns, die wir glauben, weil die Macht seiner Stärke bei uns wirksam wurde, 20 mit der er in Christus gewirkt hat. Durch sie hat er ihn von den Toten auferweckt.
Liebe Gemeinde,
Es geht um Sie. Um Sie als Gemeinde. Aber auch persönlich sind Sie gefragt. “Wieso?” werden Sie fragen, “wenn wir richtig gehört haben, ist doch von Paulus und der Gemeinde in Ephesus die Rede.”
Richtig. Aber nicht umsonst gibt der Apostel von seinem Gebetsleben ein so ungewöhnliches Zeugnis. Normalerweise spricht man ja von seinem Gebetsleben nicht so offen. Aber Paulus hält weder die Form noch dessen Inhalt für so intim, daß er nicht durch ein öffentliches Gebet, wenn auch in Briefform, Mitbeter und damit Mitstreiter für die Sache des Evangeliums zu gewinnen sucht.
In seinem Gebet führt er uns eine Gemeinde vor, die fest in ihrem Glauben steht. Das wirkt sich aus und bewährt sich in der “Liebe zu allen Heiligen”.
Dies und die anschließende Fürbitte des Apostels sollte uns einmal überlegen lassen, wie es darum in unserer Gemeinde bestellt ist. Was unterscheidet uns von der durch Paulus im Gebet vorgestellten Gemeinde?
Dazu müssen wir uns dem Text im Einzelnen zuwenden und kommen zur ersten Aussage des Apostels:
Ich höre nicht auf, für euch zu danken
Da wird also eine Gemeinde im Dank vor Gott gebracht. Ich fürchte, schon da sind wir anderer Meinung, soweit es unsere eigene Gemeinde betrifft. Und schon höre ich Ihre und meine Einwände, die uns das Leben in und mit der Gemeinde so schwer machen: “Unsere Gemeinde ist doch ganz in Ordnung, der Gottesdienstbesuch ist zwar nicht der beste. Aber das liegt doch daran, daß da ein Grüppchen ist, das etwas ganz anderes will. Denen paßt dieses und jenes nicht in den Kram.”
Moment mal! Da stoßen wir doch wieder auf Paulus. Wie hat er es geschrieben? “Ich habe gehört von dem Glauben bei euch an den Herrn Jesus und von eurer Liebe zu allen Heiligen.” Es ist keine Frage: Hier ist nicht die Rede von den Heiligen im Verständnis der katholischen Kirche. Hier ist die Rede von den Menschen, die an den Herrn Jesus glauben. Dazu gehören auch jene, die wir vielleicht als “komische Heilige” bezeichnen. Unter Umständen auch die, die wir gelegentlich als “Scheinheilige” bezeichnen, weil wir den Splitter in ihren Augen sehen, aber nicht den Balken in unseren Augen.
Glaube an Jesus und Liebe zu den Menschen sind die Merkmale jeder echten Gemeinde. Der Glaube der Pharisäer an Gott - den wir nicht verachten sollten, weil er oft treuer war als bei manchem Christen - dieser Glaube machte sie zu Menschen, die alle in ihren Augen weniger treuen Menschen verachteten. Keine Gemeinde, und habe sie noch so rechtgläubige Glieder, und sei ihre Theologie noch so rein, und sei ihre Gottesdienstordnung noch so wunderbar und in sich geschlossen, ist eine Gemeinde im wahren Sinne des Wortes, wenn das entscheidende Merkmal nicht die Liebe zu den Mitmenschen ist. Und keine Gemeinde, deren diakonisches Bemühen und karikativer Einsatz noch so groß ist, ist eine Gemeinde im wahren Sinn des Wortes, wenn das andere entscheidende Merkmal nicht der Glaube an Jesus Christus ist. Christen lieben Christus und ihre Mitmenschen.
Allerdings haben auch Christen diese Liebe nicht selbstverständlich und ein für alle Mal gepachtet, deshalb fordert Paulus die gleichen Leser - und damit auch uns - in Kapitel 5 auf, bei dieser Liebe zu bleiben.
Noch im gleichen Vers, in dem Paulus für die Gemeinde dankt, nimmt er sie auch in die Fürbitte hinein und wir sind bei der zweiten Aussage des Apostels:
Ich gedenke euer in meinem Gebet
Für Paulus gehören Dank und Bitte beim Beten zusammen. Dazu gehört auch noch das Gotteslob, das im Gebet des Paulus nicht vergessen ist, es steht in den Versen vor unserem Predigttext. Und auch wenn Lob und Dank voranstehen, gehören für den Apostel Dank und Bitte beim Beten doch zusammen.
Und wiederum höre ich Ihre Einwände: “In jedem Gottesdienst beten wir nach der Predigt das Fürbittengebet. Und für was beten wir da nicht alles: für den Frieden in der Welt, für die Politiker, für die Kirche, für die Alten, Armen, Schwachen und Kranken und zuletzt beten wir gemeinsam noch das Vaterunser, das Jesus uns doch selbst gegeben hat.”
Und wiederum: Moment mal! Gewiß ist die Fürbitte für den anderen wichtig und notwendig. Und ganz gewiß sollten wir nie vergessen zu beten, wie Jesus es uns gelehrt hat. Aber hören wir doch auch wieder auf Paulus, was uns in seiner Fürbitte betrifft. Da sind zwei Dinge, die wieder unsere Gemeinde und uns selbst betreffen:
erstens: daß der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und der Offenbarung, ihn zu erkennen; und
zweitens: er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens.
Zum ersten Punkt: Paulus richtet seine Bitte an den “Gott unseres Herrn Jesus Christus, den Vater der Herrlichkeit. Damit ist Gott in doppelter Weise bezeichnet: Er ist der Gott, der sich in Jesus offenbart hat, zu dem Jesus sich selbst bis zu seinem Tod bekannt hat und zu dem er seine Jünger damals und heute beten lehrte. Damit ist kein Zweifel gelassen, welcher Gott gemeint ist. Dieser Gott ist als der himmlische Vater als Träger und Urheber aller Herrlichkeit. Das Wort “Herrlichkeit” bezeichnet dabei die ganze Wucht und den Glanz des Gottseins Gottes. Wenn man alle Eigenschaften Gottes in einem Wort zusammenfassen will, kann man dies wohl am besten mit dem Wort “Herrlichkeit” tun. Diesen herrlichen Gott - so betet Paulus - sollen wir immer besser erkennen. Die Frage ist nur: Wie? Antwort: Durch “den Geist der Weisheit und der Erkenntnis”, also den Heiligen Geist.
Es geht also um die Erkenntnis Gottes. “Erkennen” bedeutet in der Bibel, etwas durch Erfahrung und Begegnung kennenzulernen. Erfahren und begegnen wir dem lebendigen Gott! Dies kann nur durch ihn selbst und seinem Heiligen Geist geschehen.
Und was sollen da die “erleuchteten Augen des Herzens”? Wieder so ein geheimnisvoller Begriff von Paulus, den kein Mensch versteht!
“Erleuchtete Augen”, ich begreife etwas, das mir bisher unverständlich war. “Erleuchtete Augen des Herzens”, worauf sollen wir denn - soll Paulus - in unseren begrenzten Sprachmöglichkeiten zurückgreifen, wenn es um Gott geht, als auf unser zentrales Lebensorgan, das Herz! Wie sollen wir es begreifen, zu welcher Hoffnung und zu welchem Erbe wir berufen sind! Das Erbe liegt fraglos in der Zukunft.
Allerdings sind wir Christen heutzutage selten von der Aussicht auf die künftige Herrlichkeit bei Gott fasziniert. Der Glaube an die Vollendung des Reiches Gottes ist bei uns vielfach recht blaß und konturlos. Ja, manche Christen sind heute eher von drohendem Weltuntergang beeindruckt als von der Perspektive des neuen Himmels und der neuen Erde. Dafür gibt es manche Gründe. Unsere Hoffnungen und Erwartungen konzentrieren sich häufig auf eine möglichst rasche Erfüllung unserer innerweltlichen Wünsche. Wir wollen immer erst etwas vom Leben haben und haben es darüber verlernt, mit der von Gott verheißenen Fülle des Lebens zu rechnen. Eine nie versiegende Fülle, die uns allerdings erst jenseits unserer Todesgrenze in Gottes vollendetem Reich jene Leichtigkeit und Unbeschwertheit beschert von der das 21. Kapitel im Buch der Offenbarung so anschaulich erzählt.
Liebe Gemeinde, auch wenn unser Erbe in der Zukunft liegt, so strahlt es doch schon in unsere Zeit hinein mit seiner Sprengkraft (griech.: Dynamis), mit Energie, Macht und Stärke, und alle Christen, wir “normalen Heiligen”, die sonderbaren Heiligen und vielleicht auch die von uns als Scheinheilige Bezeichneten, wir alle sind fähig, dies alles zu empfangen, nicht nur für unseren eigenen Glauben, sondern auch für den Bau der Gemeinde, vielleicht ja sogar für das Heil dieser ganzen Welt. Amen.
Verfasser: Hans-Ulrich Deußen, Raiffeisenstr. 5, 55270 Schwabenheim
© Copyright:
Herausgegeben vom

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de
in Kooperation mit dem
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland
Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich
(Bestellformular).