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Der Herr und sein Volk

von Elfriede Begrich (99084 Erfurt)

Predigtdatum : 28.08.2011
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 9. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 2. Mose 19,1-6
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Wochenspruch: Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat. (Psalm 33,12)

Psalm: Psalm 74, 1 - 3.8 - 11.20 - 21

Lesungen

Altes Testament: 2. Mose 19, 1 - 6

Epistel: Römer 9, 1 – 5 (.6 - 8.14 - 16)

Evangelium: Lukas 19, 41 - 48 oder Markus 12, 28 - 34

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 279 Jauchzt, alle Lande, Gott zu Ehren

Wochenlied: EG 139 Gott, der Vater, steh uns bei

Predigtlied: EG 325 Sollt ich meinem Gott nicht singen?

Schlusslied: EG 502 Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit

Liebe Gemeinde,

was wir soeben gehört haben, ist ein Grunddatum des Volkes Israel. Es beginnt mit einem Paukenschlag, der durch die Jahrhunderte hallt, bis er unser Ohr erreicht und vor unserem Herzen Halt macht. Vom Sinai dort klingt er hinein bis in unsere Kirche hier, dieser Paukenschlag sagt: „an diesem Tag“, „HEUTE!“ Heute ruft die Stimme GOTTES vom Sinai und hört das Volk Israel, heute sind wir hier als Gemeinde Zeugen dieses einmaligen Momentes in GOTTES Geschichte mit SEINEM Volk. In diesem Heute – an diesem Tag – liegt das Geheimnis der ganzen Heiligen Schrift, weshalb sie niemals vergangen sein wird und weshalb sie denen, die hören, die lesen und nachsinnen immer gesprochenes, gerufenes Wort GOTTES sein wird, das auf Antwort wartet von uns.

Martin Luther übersetzt: „Genau auf den Tag“ und weist uns damit auch „genau auf den Tag heute.“

Wir sind da ganz nahe an unserem Sprach- und Zeitgebrauch: Wenn Sie im Schaukasten lesen: An diesem Sonntag feiert der Nachbarpfarrer mit uns Gottesdienst, so wissen Sie: Aha, das ist heute. Lesen Sie in der Zeitung: An diesem Sonntag fällt das Konzert aus, dann wissen Sie: Das ist heute. Deshalb heißt es „an diesem“ Tag und nicht „an jenem.“ Heute, wenn ihr SEINE Stimme hört, verschließt eure Herzen nicht. Vergangenes ist nicht vergangen, sondern wird in der Kunde des Wortes lebendig. Also hört diese Geschichte als Geschehen heute.

Wir stehen mit Israel am Sinai. Heute kam das Volk Israel am Fuße des gewaltigen Berges in der Wüste Sinai an. Nach dreimonatigem Ziehen durch die Wüste, nach viel Murren und Unzufriedensein. Vergessen hatten sie die Wunder ihres GOTTES unterwegs, aus dem Felsen das Wasser und vom Himmel das Brot. Sie waren besetzt von der dumpfen Sehnsucht zurück nach den sprichwörtlich gewordenen Fleischtöpfen in Ägypten. Die Verheißung für die Zukunft ist auf der Strecke geblieben. Aber nun sind sie angekommen und ganz Israel lagert sich gegenüber dem Berge. Sie haben wieder zusammengefunden, das Ziel ist erreicht, das Mose am Dornbusch vom HERRN genannt wurde: „Wenn du mein Volk aus Ägypten geführt hast, werdet ihr GOTT opfern auf diesem Berge.“ Es ist geschafft. Israel als GOTTESvolk und Menschennation, Glaubens- und Generationsgemeinschaft in einem. Diese religiöse, moralische und nationale Einheit hat sich so niemals wieder gefügt. Aber heute. Darum haben wir heute Teil am Gründungsdatum und Gründungsort Israels. Am 10. Sonntag nach Trinitatis, also heute, begehen wir als evangelische Kirche den Israelsonntag. Mit dem biblischen Wort sind wir verbunden – Sein Volk Israel und wir, Seine Kirche. Es gibt keinen passenderen Text zum Nachdenken, Staunen und Teilnehmen als eben dieses Grundgesetz Charta Israels. Und wir werden sehen, dass es auch Wort für uns, Seine Kirche, ist. Nun also sind wir mit Israel angelangt und nehmen Teil an ihren Erinnerungen:

Kein Teil der furchtbaren Plagen in Ägypten hat sie getroffen. Im Moment der absoluten Aussichtslosigkeit, vor ihnen das todbringende Meer und hinter ihnen das ebenso todbringende Heer der Ägypter, hat GOTT ihnen einen Weg unter die Füße gelegt, da kein Fuß bisher gehen konnte. Und jetzt stimmt einer leis und verhalten das Mirjam-lied wieder an: „Lasst uns dem HERRN singen, denn ER hat eine herrliche Tat getan“ und das ganze Volk stimmt ein, ganz wie am geretteten Ufer. Nie haben sie die Orientierung verloren, nicht am Tag – da war es die Wolke GOTTES, nicht in der Nacht da leuchtete Seine Feuersäule. Durch alle Gefahren sind sie in Durst und Hunger geleitet worden, mit dem Wasser aus dem Fels sind sie getränkt und dem Brot vom Himmel gesättigt worden.

Dies alles fällt ihnen nun hier heute am Fuß des Berges Sinai wieder ins Herz und klärt ihren Verstand, jetzt, da sie angekommen sind, „zu opfern in einem großen GOTTESdienst ihrem GOTT“, wie es das Ziel des Auszugs aus Ägypten war. Und nun, da Mose sich aufmacht, zu IHM, dem HERRN, hinauszusteigen, ruft der HERR Mose vom Berg herab zu: „So sollst du sagen zu dem Haus Jakob und zu Israel...“ Halt, was ist das? Ist denn nicht Jakob zu Israel geworden am Jabbok im Ringen um GOTTES Segen? Hat ER nicht selbst gesagt: Jakob, du sollst von nun an Israel heißen? Und sind nicht seitdem Israel und Jakob eine Person? Ja, wohl. Aber wenn hier das Haus Jakob extra genannt wird, dann meint dies: wende dich besonders an die, die das Haus bauen, an die Frauen und Mütter, sie sind es, die die großen Taten und Worte GOTTES weitergeben an ihre Kinder.

„So sollst du, Mose, also ihnen sagen: Ihr habt gesehen, wie ich euch getragen habe auf Adlersflügeln und euch zu mir gebracht habe.“ Ihr seid nicht nur Ohrenzeugen, Augenzeugen seid ihr, als solche gebt ihr weiter, was ihr gesehen und erfahren habt: „Wie ein Adler als einziger aller Vögel seine Jungen auf dem Rücken trägt (alle anderen Vögel halten ihre Jungen zum Schutz an den Füßen unter sich fest in Gefahr) und seinen eigenen Körper wie ein Schild schützend vor sie hält, so habe ich euch getragen, auf meinen Fittichen.“

Der großen Stärke und Zärtlichkeit der Liebe GOTTES verdankt Israel alle Bewahrung. Wir singen es mit ihnen: „Wie ein Adler sein Gefieder über seine Jungen streckt, also hat auch hin und wieder mich des höchsten Arm bedeckt.“

Und nun spricht GOTT weiter zu Mose: „Werdet ihr auf meine Stimme hören und meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern, denn die ganze Erde ist mein. Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein.“

Dazu nun, liebe Schwestern und Brüder wollen wir uns dreierlei merken:

1. GOTT gibt immer erst, ehe ER etwas erwartet. Erst gibt ER seine Stimme zu Gehör, und dann fordert ER, dieser zu gehorchen. Erst schenkt ER die Schöpfung, und dann setzt ER den Menschen da hinein. Erst kündet ER die Verheißung an die Erzväter, dann gibt ER die Gebote an das ganze Volk, erst die Gnade der Rettung, dann die Gebote zum Leben. So ist auch diese Gründungsurkunde Israels auf Gnade gegründet. Zu dieser Gnade gehört die Erwählung Israels.

2. Israel gehört GOTT allein, aber GOTT gehört die ganze Welt. Nur wem alles gehört, kann wählen. GOTT hat Israel erwählt als Schatz, als kostbares Werkzeug, erwählt aus Liebe, nicht zu Vorrechten und nicht zur Herrschaft über andere Völker, - wie bitter hat Israel seine Erwählung schon zu spüren bekommen! Wie groß muss das Fragen nach einer Erwählung mit solchen Folgen sein unter Israel! GOTT hat Israel aus aller Völkerwelt erwählt zu Seinem Volk, einem heiligen Volk von Priestern (also von hier hat Martin Luther den Gedanken des allgemeinen Priestertums!) Sie sollen zum Licht werden für die Völkerwelt, daß diese GOTT den HERRN erkennt als Schöpfer und Erlöser. Die Kinder Israels sind erwählt von GOTT, dass durch sie GOTTES Liebe, GOTTES Recht und Gerechtigkeit, GOTTES Verheißung des Friedens und des Lebens unter Seinem Schalom in die Welt kommt.

3. Und zum dritten kann uns ein großes Staunen kommen über diese Gründungsurkunde Israels: GOTT lässt sich hören in Seinem Wort und das Volk antwortet IHM mit Seinem Versprechen: Ja, wir wollen auf dich hören. Das ist alles. Das ist der Bund, der hier beginnt und unzerstörbar Israel hält durch die Jahrtausende bis zum jüngsten Tag. Keine Landverheißung, keine immer gefüllten Scheunen und Keller, kein Sieg über Feinde, keine Nachkommenverheißung, nichts von dem, nur Sein Wort und des Menschen Antwort werden der Bund sein. Und dies ist der GOTTESdienst: Die erfolgte Rede GOTTES und die gegebene Antwort des Menschen. Dazu braucht’s weder Tempel noch Kirche noch Klöster.

Und wir? Vielleicht fragen Sie nun schon einige Zeit, wo ist die Brücke zu uns? Wenn Israel Sein auserwähltes Volk ist, was sind dann wir?

Wir sind die Gerufenen aus aller Völkerwelt, in Verbindung mit Israel das zu tun, wozu Christus als Sohn Israels uns aufgefordert hat: „Geht hin in aller Welt, taufet sie und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe“. Dazu gehört das Wichtigste: Dass kein Häkchen, kein Jota wegfallen darf von den Worten GOTTES, denn Christus ist gekommen, die Gebote zu erfüllen und uns den Weg dahin zu weisen. ER nimmt uns mit auf den Weg der Liebe, die des „Gesetzes Erfüllung“ ist. Nur mit der Liebe, mit der GOTT diese Welt, Sein Volk Israel und Seine Kirche liebt, nur mit der Liebe GOTTES, mit der ER uns zuerst geliebt hat und auf die wir mit unserer Liebe antworten, werden wir in der Gemeinschaft mit Israel leben können. Nur mit dieser Liebe, die so unsagbar oft unter uns - vor allem uns Deutschen - gefehlt hat und deshalb so furchtbares Leid über die Kinder Israels gebracht hat, nur in dieser Liebe werden wir Christen unsere jüdischen Schwestern und Brüdern als die vor uns von GOTT Geliebten erkennen. Nur in der Liebe werden wir ihnen so begegnen, dass Dank und Ehrfurcht für die Worte GOTTES, die sie festgehalten haben in der Bibel, uns immer auf den Lippen und im Herzen sind, wann immer wir die Heilige Schrift aufschlagen. Dank und Staunen für das erste Wort GOTTES am Beginn allen Anfangs. Dank für die durch alle Menschenalter hindurch bleibenden Mahnungen und Verheißungen der Propheten. Dank für die Lieder der Psalmen, in denen wir uns in Freude und Schmerz bergen dürfen. Dank für die großen Geschichten voller Wunder in menschlichem Geschick durch GOTTES Hand, wie sie erzählt sind in Rahels und Josephs Liebe, in Ruths Treue und Jonas Buße, in Jeremias Klageschreien und in Jesaja Vision, die er mitten hinein in die tiefste Resignation im Gefangenenlager in Babylon ruft: „Eure Knechtschaft ist beendet! Bereitet dem HERRN den Weg! ER kommt, ER kommt gewaltig!“

Das, liebe Schwestern und Brüder, verbindet uns mit unseren älteren Geschwistern im Glauben. Von diesem Wort GOTTES leben sie und leben wir. Und wenn Christus spricht in seinem letzten Mahl: „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut“ – so weist ER uns als Sohn des jüdischen Volkes und als Sohn GOTTES an die Seite SEINES Volkes und gleichzeitig in einen neuen Bund hinein, der den alten als Fundament und Halt weiß und den neuen dazu gründet. GOTTES Volk Israel ist allezeit bei IHM. Es ist schon da. Angekommen bei IHM. Wir aber kommen durch Christus zu IHM, dem Vater, und haben den Auftrag, alle Völker hinzuzurufen. Das ist das große Ziel, das wird uns so nicht gelingen können, aber dass wir beginnen, das ist uns zugetraut. Und dazu segne uns GOTTES gesprochenes Wort und unser hörendes Antworten.

Amen

Verfasserin: Pfarrerin Elfriede Begrich Dreiserstraße 12, 12587 Berlin


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