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Der Hoffnung entgegen gehen

von Katja Albrecht (39108 Magdeburg)

Predigtdatum : 29.03.2015
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Judika
Textstelle : Johannes 12,12-19
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Wochenspruch:
"Der Menschensohn muss erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben." (Johnannes 3, 14 b.15)

Psalm: 69, 2 - 4.8 - 10, 21 b - 22.30 (EG 731)

Lesungen
Altes Testament: Jesaja 50, 4 - 9

Epistel: Philipper 2, 5 - 11

Evangelium: Johannes 12, 11 - 19

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 165 Gott ist gegenwärtig
Wochenlied: EG 87 Du großer Schmerzensmann
Predigtlied: EG 97 Holz auf Jesu Schulter
Schlusslied: EG 171 Bewahre uns, Gott

Hinführung
Die Erzählung vom Einzug Jesu in Jerusalem enthält bei Jo-hannes drei Besonderheiten im Vergleich zu den Über-lieferungen in den anderen Evangelien. Zum ersten kommt Jesus bereits eine Woche vor dem Passafest nach Jerusa-lem. Es ist die Zeit der Festvorbereitung, zu der schon viele Menschen in der Stadt sind, also auch die neuesten Nach-richten, auch von Jesus, dort schon weiter erzählt werden.

Die Menge geht, das ist die zweite Besonderheit, Jesus entgegen. Sie lassen die Mauern der Stadt wieder hinter sich müssen dann alle mit ihm noch einmal in die Stadt ge-hen. So beginnen sie ihre Festvorbereitungen noch einmal – jetzt in Anwesenheit dessen, den sie den König Israels ge-nannt haben.

Anders als in den anderen Evangelien breiten sie nicht Zweige aus, sondern nehmen Palmzweige mit, um den her-ankommenden König zu begrüßen. Palmzweige sind Zeichen der Freude und des Sieges. Mit diesen begrüßen sie den, der auf einem Esel geritten kommt. Begrüßen sie den, der dem eigenen Tod entgegen reitet. Dies ist der Anlass, die Gleichzeitigkeit von Bedrängnis und Hoffnung in der Predigt anzusprechen - damals wie heute.

Konkrete Beispiele für Leiden und Hoffnungslosigkeit in der Passionszeit 2015 müssen in der Predigt an passender Stelle eingefügt werden. Aufgrund der zeitigen Drucklegung ist das im Vorhinein nicht möglich.

Der Predigttext wird während der Predigt verlesen.

Liebe Gemeinde,

schon auf dem Flughafen steht die Kapelle bereit, ist der rote Teppich ausgerollt, wartet der Bundespräsident mit seiner Partnerin.

Der Ablauf des Empfangs ist streng geregelt, das Protokoll gibt genau vor, wie der Staatsgast zu empfangen ist. Das Protokoll ist genau einzuhalten, damit es keine diploma-tischen Verstimmungen gibt, damit der Gast und sein Ge-folge sich angemessen gewürdigt fühlen. Alles steht an dieser Stelle hinten an – ob sich die beiden Staatsober-häupter sympathisch sind, ob sie politisch auf einer Linie sind, ob sie sich schon kennen oder sich erstmals im Leben sehen. Es geht nur um die formale Einhaltung des Proto-kolls. Zaungäste sind dabei nicht vorgesehen. Weder Sym-pathie noch Ablehnung soll dem Staatsgast unkontrolliert entgegenkommen. Alles ist durchgeplant und organisiert. Über lange Jahre hinweg haben sich die Abläufe entwickelt und werden verlässlich abgewickelt. Alle wissen, was sie zu tun haben. Überraschungen soll es dabei nicht geben. Weder Jubelschreie und Buhrufe sind vorgesehen. Die Gefühle der Menschen stehen ganz hintenan. Das gast-gebende Land tut alles dafür, einen guten, einen korrekten Eindruck zu hinterlassen. An diesem Punkt möchte sich niemand eine Blöße geben.

[Lesung des Predigttextes: Joh 12, 11 - 19]

Die Stadt Jerusalem ist voller Pilgerinnen und Pilger. Sie be-reiten sich auf das Passahfest vor. Das Passafest, bei dem sie Gott loben und preisen. Bei dem sie sich erinnern an die große Tat Gottes: das Volk hat er aus Ägypten in das ge-lobte Land geführt. Das Passafest, bei dem sich auch zeigt, was in der Gemeinde der Glaubenden gerade obenauf liegt. Bei dem Hoffnungen und Sehnsüchte der Glaubenden sich mit den überlieferten Worten der Vorfahren verbinden. In diesem Jahr ist die Sehnsucht groß. Die Sehnsucht danach, dass die Verheißungen, die in den Worten der Propheten aufgeschrieben sind, die in den Psalmen besungen werden, Wirklichkeit werden. Gott verspricht die Fülle des Lebens für sein Volk Israel, für seine Kinder. Gott verspricht eine neue Welt, eine Welt des Friedens und der Gerechtigkeit. Auf dem Zion, in Jerusalem, soll diese Welt sichtbar werden. Und mehr und mehr Menschen werden zusammenkommen, um sich mit auf den Weg der Kinder Gottes zu machen. Zeichen für den Beginn dieser neuen Welt sind in der Luft. Von Jesus haben die Menschen gehört. Davon, dass er bei einem Hochzeitsfest für Wein in Hülle und Fülle gesorgt hat. Da-von, dass er Blinden das Augenlicht wieder geschenkt hat, dass er Lahme aufstehen ließ. Davon, dass er gar den toten Lazarus wieder lebendig gemacht hat. Die Hoffnung der Menschen ist groß. Dieser Mann Gottes, wird er Gottes Reich errichten? Wird er sie befreien von den römischen Be-satzern? Wie einen König empfangen sie ihn. Als sie hören, dass er auf dem Weg nach Jerusalem ist, laufen sie ihm durch das Tor entgegen. Palmzweige haben sie mitgenom-men und bilden so ein Spalier, eine grüne Girlande in der Luft. Eine Freudendemonstration: Ja, so einer muss wie ein König empfangen werden. Er bringt Hoffnung und er führt die Menschen zu Gott. Jede Begegnung mit einem suchen-den Menschen – ein Staatsbesuch der Hoffnung. Hosianna! Gelobt sei, der da kommt, im Namen des Herrn, der König von Israel!

Es liegt etwas in der Luft. Auch in unserer Gemeinde. Seit sechs Wochen bereiten wir uns auf das Gedenken an das das Leiden und den Tod Jesu Christi vor. Wir haben wahr-genommen, was in unserem Dorf / in unserer Stadt den Menschen Angst macht, wo sie leiden, wo ihnen die Hoff-nung verloren gegangen ist. Dies alles haben wir vor Gott gebracht, haben gebetet. Haben auch die Geschehnisse, die uns heute das Leben schwer machen, mit eingereiht in das, was dem Volk Gottes, was den Kindern Gottes auf ihrem Lebensweg begegnet. Und darüber hinaus sind wir mitge-gangen mit unserem Bruder Jesus Christus. Wissen, was ihm bevorsteht. Wissen aber auch, was uns bevorsteht. Mit ihm, an seiner Seite gehen wir durch die Freuden und Lei-den unseres Lebens – und wissen, dass es neben dem Le-ben, das wir kennen, auch ein Leben gibt, von dem wir nur gehört haben. Ein Leben, das uns erwartet, wenn unser Leben hier vorüber ist. Ein Leben ohne Tränen und Leiden, ein Leben in ungetrübter Gemeinschaft mit Gott.
Auf dem Weg hin zum Osterfest, durch die kommende Woche hindurch, halten wir uns daran fest.

Das wäre ein schöner Palmsonntag, an dem wir die Tür der Kirche aufmachen und hinausgehen. An dem wir die Köpfe wieder heben und mit dem, was wir in den letzten Wochen sehen gelernt haben, Jesus entgegen gehen. Er kommt auch uns entgegen. Voller Hoffnung breiten wir vor ihm aus, was wir gesehen haben: Krankheiten und Kriege, Unter-drückung und Gewalt. Und ebenso breiten wir vor ihm aus, welche Zeichen von Hoffnung wir gesehen haben. Wo Ver-trauen an die Stelle von Hass getreten ist, wo Krankheit ge-heilt wurde. Wo die Gemeinschaft der Menschen wohltut statt sich gegenseitig zu bekämpfen.

Jede dieser Hoffnungen halten wir hoch, wie einen Palm-zweig. Gemeinsam sehen wir viel mehr, als jeder für sich sehen würde. Gemeinsam feiern wir das Leben und den Sieg, den das Leben auch in Jerusalem, auch nach dem Tod am Kreuz davontragen wird. Da draußen vor der Kirchentür, da hört man unser Lied und unsere Freude viel besser als hier drinnen. Zwar singen wir von einem bescheidenen König, aber doch von einem dessen Anspruch die ganze Welt umfasst. Da draußen können wir selber besser sehen, dass Gott uns entgegenkommt.

Für diese Begegnung mit dem König Jesus, mit dem leben-digen Gott gibt es kein Protokoll. Der Evangelist Johannes hat auf seine Weise, mit Bildern, die die Menschen damals verstanden, von dieser Begegnung gesprochen. Er hat be-schrieben, dass die Menschen ganz aufmerksam waren für die Zeichen der Zeit. Er hat beschrieben, dass sie zusam-men an der Hoffnung auf ihren Gott festgehalten haben und Gott gefeiert haben. Sie haben gespürt, dass ein besonderer Mensch ihnen entgegenkommt. Jubel, Lobgesang und Palm-zweige machten für alle deutlich: Gott ist und bleibt am Werk. Inmitten aller Schwere macht sich die Leichtigkeit Raum.
Ein Protokoll für den Staatsbesuch der Hoffnung gegen den Augenschein müssen wir selber entwerfen. Jedes Dankgebet für die Hilfe Gottes ein Staatsbesuch der Hoffnung. Jeder Trost durch ein Wort der Heiligen Schrift ein Staatsbesuch der Hoffnung. Hosianna! Gelobt sei, der da kommt, im Na-men des Herrn.

Jede Begegnung mit einem suchenden Menschen – ein Staatsbesuch der Hoffnung. Hosianna! Gelobt sei, der da kommt, im Namen des Herrn.

Jede Geburt eines neuen Menschen ist so ein Staatsbesuch – eine neugeborene Hoffnung: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt, im Namen des Herrn.

Wir gehen dieser Hoffnung entgegen und erleben sie gleich-zeitig an jedem Tag. Wir gegen Jesus Christus entgegen und sind gleichzeitig an seiner Seite unterwegs. Wir gehen unserem Lebensende entgegen und sind gleichzeitig auf dem Weg in ein neues Leben.

Hosianna! Gelobt sei, der da kommt, im Namen des Herrn, der König Israels.
Amen


Verfasserin: Pfarrerin Katja Albrecht
Puschkinstraße 27, 06108 Halle/Saale

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