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Der kommende Erlöser

von Christine Urban (06638 Karsdorf)

Predigtdatum : 09.12.2012
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 2. Advent
Textstelle : Jesaja 35,3-10
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Wochenspruch: Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht. Lukas 21,28

Psalm: Psalm 80, 2 - 7; 15 - 20 oder wie 1. Advent

Lesungen

Altes Testament: Jesaja 63, 15 - 16.(17 – 19 a).19 b; 64, 1 - 3

Epistel: Jakobus 5, 7 - 8

Evangelium: Lukas 21, 25 - 33

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 13 Tochter Zion, freue dich

Wochenlied: EG 6 Ihr lieben Christen, freut euch nun

Predigtlied: EG 7, 1 + 4 - 7 O Heiland, reiß die Himmel auf

Schlusslied: EG 16 Die Nacht ist vorgedrungen

Kurze Hinführung:

Das Leitbild des 2.Advents weist auf ERLÖSUNG, wovon, wofür? – sind m. E. die zu stellenden Fragen. Die Epistel ermuntert/ermutigt bei all dem zu Geduld (vgl. Schlusslied), die Ev.-Lesung zu offenen/aufmerksamen Augen. Der PT ergeht wohl an die Israeliten in der Babylonischen Gefangenschaft, hat er doch eher dieselbe „Schreibweise“/dieselben Vokabeln wie der sog. 2. Jesaja. Von welchem Übel (vgl. Vaterunser), aus welcher Gefangenschaft müssen wir heute erlöst werden? Auf die Frage nach dem Erlöser antwortet die Christenheit: Jesus Christus und sie liest die alttestamentarischen Verheißungen mit dieser „Brille“. Seit mindestens 100 Jahren zerbrechen sich Theologen, Kommentatoren und Prediger den Kopf, wie man alttestamentliche Texte im Blick auf Jesus Christus predigen soll. Es ist m. E. zu einfach, sie sofort christologisch zu verstehen, denn das hieße ihren Kontext zu ignorieren.

Der Predigttext wird während der Predigt verlesen

Liebe Gemeinde,

Adventszeit: Hoffnungszeit, Zeit der Sehnsucht, Zeit der inneren und äußeren Vorbereitung, die alle Jahre wieder zu kurz kommt. Vielleicht nicht bei allen. Vielleicht gehören ja gerade Sie zu denen, die sich aufs Nötigste konzentrieren. Vielleicht gehören Sie aber auch zu denen, die in diesem Jahr ganz anders Advent und Weihnachten begehen, weil ein Ereignis des zu Ende gehenden Jahres Ihr Leben ganz besonders veränderte. Wie dem auch sei: In 15 Tagen ist Heiliger Abend. Morgen ist „Tag der Menschenrechte“ und der Verleihung des Friedensnobelpreises an .... Es waren immer Menschen mit Visionen und Träumen, die diesen Preis bekamen. Ohne sie, sähe es auf unserer Welt sehr viel schlimmer aus.

Advent, Ankunft – jemand kommt. Haben wir ihn eingeladen oder erwarten wir ihn? Jemand kommt uns entgegen oder auf uns zu. Wie bereiten wir uns auf dieses Kommen vor? Was müssen wir noch vorbereiten, um ihm einen entsprechenden Empfang zu bereiten? Jemand nähert sich uns mit einer besonderen Nachricht, einer guten Nachricht, dem Evangelium. Das heißt ja „Gute Nachricht“, „Frohe Botschaft“, „Frohmachende Botschaft“. Unsere Ohren, so oft mit viel zu Vielem überfordert, können sie diese Worte aufnehmen?

Gerade wir Evangelischen sollten da ja hellhörig werden und uns auf diese Botschaft einstellen. Einmal aufgenommen, können wir sie weiter tragen. Es gibt ja genügend Menschen, die endlich mal eine gute Nachricht hören wollen. Stellen Sie sich vor, dass heute Morgen beim Anstellen des Radios nur gute Nachrichten ausgestrahlt wurden oder morgen auf der Titelseite Ihrer Tageszeitung nur von wunderbaren Dingen die Rede ist. Endlich einmal keine Katastrophen, keine Skandale – nein, Friedensverhandlungen überall, Befreiung von Unterdrückten, Erleichterung der Lebensbedingungen vieler, Randgruppen werden mit Respekt behandelt.

Zu schön, um wahr zu sein?! Nein, das ist die Botschaft in der Adventszeit. Gott kommt, um uns zu befreien, um uns zu erlösen, um uns alle Jahre wieder zu zeigen, was er mit uns vorhat, wie er sich unser Leben und unser Miteinander vorstellt. Advent, Ankunft Gottes in der Welt ein für alle Mal. Jeder Advent ist ein Vorgeschmack auf diesen ewigen Advent Gottes.

Vielleicht gehören Sie auch zu den Menschen, die ganz bewusst auf Zeitung, Radio und Fernseher verzichten, um die schlechten Nachrichten nicht hören oder lesen zu müssen. So ganz kann man sich zwar nicht schützen, aber wenigstens ein bisschen, wenigstens für eine bestimmte Zeit. Warum nicht, die Adventszeit dazu nutzen?

Lesen des Predigttextes

Ja, zu schön, um wahr zu sein. Das haben vielleicht auch die Israeliten zur Zeit Jesajas gedacht. Es muss selbst dem Propheten komisch vorgekommen sein, Frieden und Heil zu verkünden. Das durfte er nicht allzu oft. Er stand auch nicht in der Gefahr, den Friedensnobelpreis zu erhalten. Seine Aufgabe war vielmehr, den Finger in die Wunde zu legen.

Ungerechtigkeit musste er beim Namen nennen. Auf Missstände sollte er aufmerksam machen. Innerhalb seiner Botschaft, wie eine Insel oder wie ein Lichtblick, diese ganz anderen Worte. Immer, wenn ein Prophet Heil ankündigte, war es bitter nötig. Dem Volk Gottes halfen keine weiteren Ermahnungen, die machten alles nur noch schlimmer und aussichtsloser als es ohnehin schon war. Es musste an den Heilsplan Gottes erinnert werden, ausgehend von der Schöpfung, die er selbst als „sehr gut“ charakterisierte. Das ermutigt, das beruhigt, das rüttelt auf und zwar ganz anders als die sonst von ihm zu hörenden Unheilsankündigungen.

Zu schön, um wahr zu sein? Die Frage bleibt: wann kommt diese Zeit? Ist das nur billige Vertröstung? Im Blick auf die Vergangenheit und das heilsame Handeln Gottes durfte man neues Vertrauen entwickeln. Seine bedingungslose Liebe begleitet Träumer und Visionäre, genauso wie einfache Leute. Das gilt es zu erinnern, lebendig zu halten und weiter zu sagen.

Genau wie damals brauchen wir solche Ermutigungen, solche Visionen, die uns sagen, dass es ein anderes Leben gibt. Wir brauchen solche Visionen, um (wieder) zu träumen. Uns ist eine Zukunft zugesagt, die menschlicher, sicherer, wünschenswerter ist als alles, was wir derzeit erleben oder bisher erlebt haben. Eine Zukunft, an der wir aktiv teilhaben sollen. Viele der Menschenrechte sind von solch prophetischen Texten inspiriert. Um ehrlich zu sein, müssen wir zugeben, dass es uns gut geht. Uns geht es jedenfalls sehr viel besser als vielen Menschen auf dieser Welt. Klar, und dennoch sehen wir viel Verbesserungswürdiges.

Was machen wir daraus? Wie gehen wir mit unseren Schätzen um? Der Wochenspruch ist wie ein Rezept oder eine Wegweisung: „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil ich eure Erlösung naht.“ Erlösung ist wie eine sich öffnende Tür, wie ein Neuanfang, eine Befreiung, sie ist nicht einfach nur Erleichterung. Es steckt mehr dahinter. Sie führt weiter und macht Unmögliches möglich. Sie setzt Kräfte frei, mit denen wir nicht gerechnet haben. Sie lässt uns Dinge anpacken, wo wir sonst die Finger von gelassen hätten.

Wo können wir heute schon Zeichen der Erlösung sehen? Wo müssen wir über unseren Tellerrand hinausschauen? Wo müssen wir erkennen, dass wir nicht der Nabel der Welt sind, um den sich alles dreht? Der Predigttext redet von Erlösung auf allen Gebieten. Sie beginnt sehr konkret bei uns und unseren Möglichkeiten. Sie betrifft nicht nur die Müden und Verzagten, denen aufzuhelfen ist.

Gerade in der Adventszeit fallen uns dazu viele Beispiele ein: All diejenigen, die es wieder nicht schaffen, Dinge rechtzeitig zu besorgen oder zu erledigen. All diejenigen, die dem Trubel entfliehen und über die Feiertage wegfahren. All diejenigen, die die adventliche Stimmung nicht ertragen können aus unterschiedlichen Gründen. Selbst in der Natur und der Gesellschaft wird es Veränderungen geben. Friedliches Nebeneinander – das sollte doch zu machen sein, oder? Wenn es sogar die Tiere schaffen, wie schon in Jesaja 11 angesagt wurde. Da wird doch auch für uns etwas dabei sein, oder?

Diese Botschaft ist einfach zu schön, sie muss wahr sein bzw. es liegt an uns, sie wahr zu machen. Sie gilt allen, sie betrifft alle. Jeden auf seine Weise, jeden mit seinen Fähigkeiten. Machen wir uns gemeinsam auf die Suche, erhobenen Hauptes, geweiteten Blicks. Da ist jemand, der für andere da ist. Ganz einfach ohne viele Worte kommt er, hat ein offenes Ohr und hört zu. Ein anderer geht bei Behördengängen mit und eröffnet Wege für einen Neuanfang. Wieder ein anderer teilt das Leid – sowohl sein eigenes als auch das der anderen. Er hat es am eigenen Leib erfahren, wie wichtig es ist da nicht allein gelassen zu werden.

Die Aktion „Brot für die Welt“ ist seit vielen Jahren Teil der Advents- und Weihnachtszeit. Natürlich ist es einfacher, Freude zu teilen. Sofort melden sich die Skeptiker: Will man das? Werden die anderen da nicht neidisch? Wir sind vorsichtig geworden. Es verändert sich so viel. Manche empfinden sogar die Ausländer, die in unser Land kommen, als Bedrohung. Aber da ist jemand, der räumt Hindernisse aus dem Weg. Einer reicht die Hand zur Versöhnung, oder auch nur einfach zum Kennenlernen.

Da kümmert sich einer um einen Kranken oder Alten, der nicht mehr allein das Haus verlassen kann. Er macht den Einkauf oder erledigt die Hausarbeit. Wir können alle solche und ähnliche Beispiele aufzählen. Sie sind uns Ansporn, das unsere zu tun. Gott verlangt nichts Unmögliches. Er traut uns vielmehr zu, das unsere in seinem Sinne zu tun.

Der Predigtext weitet unseren Blick auf den endgültigen Advent Gottes, auf sein endgültiges Kommen am Ende der Zeit. Gottes Reich beginnt nicht mit großen Ereignissen oder mit machtvollen Demonstrationen, sondern mit den kleinen Schritten, die ein jeder von uns tun kann. Von ewiger Freude ist die Rede nach einer Zeit, die man vielleicht mit Schwangerschaft und Geburt vergleichen kann. Man bereitet sich entsprechend darauf vor, hat dazu die nötige Muße und Geduld, muss sie haben. Anders geht’s nicht. Man muss warten können und sich auf das freuen, was da kommt. Schmerzen, Bedrückendes und Leid sind angesichts der Freude vergessen. (V. 10)

Da kommt etwas zur Welt, das Ewigkeit hat. Vielleicht kann man dem schon etwas vorausspüren, immer dann wenn pure Festfreude empfunden wird, die von nichts und niemandem getrübt werden kann. Keine Schatten liegen über diesem Fest. Alle feiern friedlich miteinander. Alle haben satt zu feiern und zu essen. Niemand befürchtet zusätzliche Pfunde. Die Atmosphäre ist entspannt.

Zu schön, um wahr zu sein? Niemand hindert uns, es auszuprobieren. Im Gegenteil: Lassen wir uns von dieser wegweisenden Botschaft des 2. Advents 2012 einladen, scheinbar Unmögliches möglich zu machen. Ein Licht anzünden für den, der im Dunkeln sitzt. Ein Licht zu sein für den, der keinen Ausweg sieht. Ein Licht zu haben für den Müden, den Verzagten, den Wankenden.

Advent: Gott kommt, um seine Ordnung herzustellen: lebensermöglichend. Gott kommt, um uns Wege des Miteinanders und Aufeinander-zu zu zeigen. Gott kommt und stärkt uns, an seinem Reich mitzuarbeiten. Gott kommt, um uns auf die Beine zu helfen und uns zur Besserung zu führen.

Amen.

Verfasserin: Christine Urban

67 rue Bergson, F-42000 St. Étienne

Liturgievorschläge:

Wenn z. B. Kyrie und Gloria nicht gesungen werden :

Komm, Herr Jesu! – bitten wir bei Tisch in unseren Häusern, bitten wir hier in der Kirche (Gemeinderaum) besonders im Advent. Findet der Herr offene Türen und Herzen? Bleiben wir unter uns oder in uns verschlossen? Herr, erbarme dich unseres Kleinglaubens.

Komm, Herr Jesu! – bitten wir allzu schnell ohne zu wissen, was wir da bitten. Vertrauen wir wirklich auf sein Kommen, auf seine Gegenwart in unserem Leben? Herr, erbarme dich unser.

Komm, Herr Jesu! – bitten wir verzagt, entmutigt, verstört und hilflos. Hoffen wir noch, dass sich mit seinem Kommen etwas ändern kann in uns, um uns, in der Kirche, für unser Land? Herr, erbarme dich!

Der Herr erbarmt sich unser, unseres Kleinglaubens wie unserer Hoffnungslosigkeit. Er umfängt uns mit seiner Güte, die alle Morgen neu ist. Das beruhigt trotz Mutlosigkeit und Zweifel. Das lässt uns ihm entgegengehen.

Ja, Herr, du kommst. Wir bitten dich, komm mit deiner Gerechtigkeit und deiner Offenheit, komm mit deinem Licht und deiner Wärme, komm mit deinem befreienden Wort. Das bitten wir dich, der du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und Leben schaffst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Fürbitten:

Herr, unser Gott, an diesem 2. Advent bitten wir dich für alle, denen nicht nur die Hände müde sind. Lass sie ermuntert und gestärkt an die Arbeit gehen.

Wir bitten dich für alle, denen nicht nur die Knie wanken. Lass sie festen Tritt finden in ihrem Leben und Glauben.

Wir bitten dich für alle, denen nicht nur das Herz verzagt. Schenke ihnen Mut und Hoffnung, damit sie neue Aufgaben finden.

Wir bitten dich für alle, denen nicht nur das Warten schwer fällt. Gib ihnen langen Atem.

Wir bitten dich für alle Träumenden, dass ihr Mut und ihre Zuversicht Raum schafft für Verwirklichungen der unterschiedlichsten Art.

Wir bitten dich für uns alle. Lass uns deine Nähe spüren und uns vertrauensvoll dir entgegen gehen. Amen.

Segen: Gelobt sei Gott. Er gibt uns sein Wort, damit wir es hören. Er verspricht uns sein Reich, damit wir hoffen. Geht, mit euren Brüdern und Schwestern, kühn und ehrfürchtig: die Freude auf das Kommen Gottes sei eure Kraft. Amen.


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