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Der kommende Herr

von Helmut Klein (64753 Brombachtal-Kirchbrombach)

Predigtdatum : 27.11.2005
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Advent
Textstelle : Offenbarung 5,1-5.(6-14)
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Wochenspruch:

Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer. (Sacharja 9,9)
Psalm:
24 (EG 712)

Lesungen

Altes Testament:
Jeremia 23,5-8
Epistel:
Römer 13,8-12 (13-14)
Evangelium:
Matthäus 21,1-9

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 1,1-3
Macht hoch die Tür
Wochenlied:
EG 4
oder EG 16
Nun komm, der Heiden Heiland
Die Nacht ist vorgedrungen
Predigtlied:
EG 12
Gott sei Dank durch alle Welt
Schlusslied:
EG 1,5
Komm, o mein Heiland Jesu Christ

Vorbemerkung: Der Predigttext kann dazu verleiten, sich in einem exegetischen Kurs über den Hintergrund der Offenbarung im Allgemeinen und über die Bildersprache und visionären Bilder des Sehers Johannes im Speziellen zu verlieren. Am 1. Sonntag im Advent ist das meiner Meinung nach fehl am Platz. Zu Beginn der Adventszeit kommen Gemeindeglieder voller freudiger Erwartungen aus ihren geschmückten Wohnungen in unsere Kirchen, voller Sehnsucht nach einer heilen Welt inmitten von Ängsten, Not und Gewalt. Das Bild des Predigttextes kann diese Sehnsucht aufnehmen und auf den konkret gewordenen Gottessohn verweisen: Jesus von Nazareth, der Christus, geboren in Bethlehem.
Ein Vorschlag: Ein feierlicher Abendmahlsgottesdienst bietet ebenfalls genügend Symbole und Bilder, um Sehnsüchte aufzunehmen und Trost zuzusprechen.
Wenn es die Fähigkeiten des Organisten ermöglichen, so bietet sich an, mehrere Adventslieder nach spontanem Wunsch der Gemeinde zu singen. Auch so wird für die Gottesdienstteilnehmer deutlich, dass sie im Gottesdienst mit ihren Sehnsüchten ernst und angenommen sind.
Liebe Schwestern und Brüder!
„Du bist mir ein Buch mit sieben Siegeln!“ So sagte manchmal meine Mutter zu mir, damals in meiner jugendlichen Sturm-und-Drang-Periode. „Die ist für mich wie ein Buch mit sieben Siegeln!“ habe ich so manchen Mann stöhnen hören über seine Frau.
„Ein Buch mit sieben Siegeln“ – das heißt, dass mir etwas verborgen bleibt, dass ich etwas nicht verstehe, was ich gerne verstehen möchte.
Versiegelt, verschlossen, und gleich sieben Mal.
Wer kommt denn endlich und erklärt mir das Wesen meiner Frau, die Gedankenwelt meines Sohnes! Ich hätte sie, ihn doch so gerne verstanden!
Das Wort von dem „Buch mit den sieben Siegeln“ kommt aus dem letzten Buch der Bibel, aus der Offenbarung des Johannes.
Wir hören den heutigen Predigttext aus Offenbarung 5:
1 Ich sah in der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß, ein Buch, beschrieben innen und außen, versiegelt mit sieben Siegeln. 2 Und ich sah einen starken Engel, der rief mit großer Stimme: Wer ist würdig, das Buch aufzutun und seine Siegel zu brechen? 3 Und niemand, weder im Himmel noch auf Erden noch unter der Erde, konnte das Buch auftun und hineinsehen. 4 Und ich weinte sehr, weil niemand für würdig befunden wurde, das Buch aufzutun und hineinzusehen. 5 Und einer von den Ältesten spricht zu mir: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids, aufzutun das Buch und seine sieben Siegel.
[6 Und ich sah mitten zwischen dem Thron und den vier Gestalten und mitten unter den Ältesten ein Lamm stehen, wie geschlachtet; es hatte sieben Hörner und sieben Augen, das sind die sieben Geister Gottes, gesandt in alle Lande.
7 Und es kam und nahm das Buch aus der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß. 8 Und als es das Buch nahm, da fielen die vier Gestalten und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm, und ein jeder hatte eine Harfe und goldene Schalen voll Räucherwerk, das sind die Gebete der Heiligen, 9 und sie sangen ein neues Lied: Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel; denn du bist geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen 10 und hast sie unserm Gott zu Königen und Priestern gemacht, und sie werden herrschen auf Erden.
11 Und ich sah, und ich hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron und um die Gestalten und um die Ältesten her, und ihre Zahl war vieltausendmal tausend; 12 die sprachen mit großer Stimme: Das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob.
13 Und jedes Geschöpf, das im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und auf dem Meer und alles, was darin ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sei Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit!
14 Und die vier Gestalten sprachen: Amen! Und die Ältesten fielen nieder und beteten an.]
Sehen Sie auch dieses Bild vor sich?
Da sitzt einer auf einem Thron, und in seiner rechten Hand hat er eine Buchrolle, innen und außen beschrieben. Und versiegelt, mit sieben Siegeln. Eine wichtige Botschaft muss es sein. Umfangreich und wertvoll, bestätigt und versiegelt mit sieben amtlichen Hoheitszeichen.
Da geht es sicherlich nicht um ein Werbeblättchen oder einen Unterhaltungsroman, das ist eine wichtige amtliche Nachricht, bedeutungsvoll und vollmächtig. Aber wer macht sie auf? Wer traut sich und öffnet den Brief? Wer verkündet die Nachricht und die Konsequenzen?
Ein Engel ruft mit „großer Stimme: Wer ist würdig, das Buch zu öffnen?“ Und da ist keiner, weder im Himmel noch auf der Erde noch sonstwo.
„Und ich weinte sehr.“ (V. 4)
Ja, es ist zum Weinen! Keiner ist da, der mir die Welt erklärt. Keiner, der mir endlich einen Weg zeigt, wie alle ein vernünftiges Maß an sinnvoller Arbeit bekommen können. Keiner, der dafür sorgt, dass die Reichen nicht immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Keiner, der mir erklärt, wie es im Heiligen Land endlich wieder kleine Schritte zum Frieden gibt zwischen Israelis und Palästinensern. Keiner, der den Terror stoppt und für Verständnis zwischen den Nationen und Religionen sorgt. Keiner, der mir erklärt, warum gerade ich krebskrank werde, warum ich jetzt arbeitslos werde oder warum ausgerechnet mein Kind behindert ist.
Keiner ist da! Es ist zum Weinen!
Die Welt geht vor die Hunde, und da gibt es eine mächtige, eine vollmächtige Nachricht, - und keiner kann sie öffnen. Keiner???
Da höre ich eine Stimme, wohltuend, tröstend: „Weine nicht! Und sieh! Mach die Augen auf! Da ist einer, der kann es! Der hat alle Vollmachten, - der kann Dir die Welt erklären!“
Ein tolles Bild! Hören Sie auch die Stimme, die tröstende Stimme? Diese wohltuende Stimme, diese tröstende Botschaft: „Weine nicht!“ Nach diesem Trost sehnen wir uns doch alle. Gerade jetzt, am Beginn der Adventszeit.
Wir haben unsere Wohnungen wunderschön geschmückt. Adventskränze, Tannenzweige, Kerzen, Lichter, überall. Wir haben es uns heimelig gemacht, kuschelig, wohltuend gemütlich. Draußen ist es unfreundlich, trüb, nass und kalt. Aber drinnen, bei uns zuhause, da ist die Welt irgendwie noch in Ordnung, wenn die Kerzen flackern und die Lichter zwischen dem Tannengrün leuchten. Doch gleichzeitig wissen wir: die Welt ist eben nicht in Ordnung. Gerade haben es uns noch der Fernseher und die Tageszeitung berichtet: … (aktuelle Nachrichten einfügen)
Gewalt und Terror, Leid und Not haben unsere Welt immer wieder fest im Griff. Es ist zum Weinen! Und keiner kommt und erklärt es uns!
„Weine nicht! Und sieh! Mach die Augen auf! Da ist einer, der kann es!“
Aber: Wer ist das denn? Der Älteste aus dem Bild der Offenbarung wusste es: „Siehe, es hat überwunden der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids, aufzutun das Buch und seine sieben Siegel.“
(Vers 5)
Und wir Christen wissen es auch, eigentlich: Er ist es, auf den wir warten im Advent. Für den wir unsere Vorbereitungen getroffen haben: Jesus Christus, der Sohn Gottes, in Bethlehem geboren, in der Stadt Davids, im Land Juda. Dort, in dieser kleinen Stadt, ist es geschehen, Gott schickte uns seinen Sohn, damit er uns die Welt erklärt. Er hat die Macht und das Recht, die Siegel aufzubrechen und die Botschaft zu verkünden: „Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende.“ (Offenbarung 21,6a) Und „siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt.“ (Matthäus 28,20)
Nein, dieser Jesus lässt nicht einfach Mord und Totschlag verschwinden, aber er erklärt es uns. Ja, er lässt sich selbst ermorden, wird selbst ein Opfer der Gewalt, am Kreuz, um uns den Blick zu öffnen. Den Blick über Gewalt und Tod hinaus.
Als Jesus Christus von den Toten auferstand, da öffnete sich die Welt des Todes, da trat Gewalt und Tod in den Hintergrund: „Weine nicht!“
Wer ihm glaubt und ihm nachfolgt, wer ihn ankommen lässt im Advent (Machet die Tore weit - Psalm 24, Macht hoch die Tür - EG 1), der kann freudig Advent feiern mitten in einer zerrissenen und unerklärlichen Welt. Denn „der Löwe aus dem Stamm Juda“, dieser Jesus, geboren in Bethlehem, „hat überwunden“.
Deshalb ist das Leid der Welt, und auch meine ganz persönliche Not, bei ihm gut aufgehoben. Weil er die Welt tragen kann, weil er Not und Tod ertragen und erklären kann, auch wenn alles für mich ein „Buch mit sieben Siegeln“ bleibt. Dann kann er auch mich tragen mit meiner Not und Zerrissenheit, auch wenn ich nicht verstehe, warum das alles gerade so geschieht. Deshalb bin ich getrost. „Weine nicht!“
So kann ich mich freuen, getrost freuen, trotz allem. Und ich freue mich dankbar auf jeden einzelnen Tag im Advent. „Siehe, dein König kommt zu Dir, ein Gerechter und ein Helfer“ (Wochenspruch, Sacharja 9,9). Amen.

Pfarrer Helmut Klein, Kirchbrombach, Hauptstr. 13, 64753 Brombachtal

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