Der kommende Herr
von Ruth-Elisabeth Schlemmer (99084 Erfurt)
Predigtdatum
:
30.11.2003
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
1. Advent
Textstelle
:
Römer 13,8-12.(13-14)
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Wochenspruch:
Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer. (Sacharja 9,9)
Psalm: 24 (EG 712)
Lesungen
Altes Testament:
Jeremia 23,5-8
Epistel:
Römer 13,8-12 (13-14)
Evangelium:
Mt. 21,1-9
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 1
Macht hoch die Tür
Wochenlied:
EG 4
oder EG 16
Nun komm, der Heiden Heiland
Die Nacht ist vorgedrungen
Predigtlied:
EG 10
Mit Ernst, o Menschenkinder
Schlusslied:
EG 11
Wie soll ich dich empfangen
8 Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt. 9 Denn was da gesagt ist: »Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht begehren«, und was da sonst an Geboten ist, das wird in diesem Wort zusammengefasst: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.« 10 Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.
11 Und das tut, weil ihr die Zeit erkennt, nämlich dass die Stunde da ist, baufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden. 12 Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.
[13 Lasst uns ehrbar leben wie am Tage, anicht in Fressen und Saufen, nicht in Unzucht und Ausschweifung, nicht in Hader und Eifersucht;
14 sondern zieht an den Herrn Jesus Christus und sorgt für den Leib nicht so, dass ihr den Begierden verfallt.]
Vorüberlegungen zum Sonntag
Der 1. Advent ist ein besonderer Sonntag. Eine Schwelle wird überschritten. In der Kirche beginnt eine neues Jahr. Vielen ist das nicht mehr so geläufig wie früher. Der 1.1. oder vielleicht noch ein neues Schuljahr gilt als Schwelle zum Neuen.
Da fällt es manchmal schwer, in der Kirche gegen den Strich zu bürsten. Und doch ist es sinnvoll, nach dem Ewigkeitssonntag nicht gleich Weihnachten zu feiern.
Die Adventszeit (Advent = Ankunft) ist Vorbereitung auf Gottes Kommen. Darum auch die „Bußfarbe“ Lila an den Antependien an Kanzel und Altar.
In der Zeichensprache der Lieder und Texte werden diese Gedanken aufgenommen im Gegensatzpaar Dunkelheit und Licht. Aus der dunklen Novemberzeit mit dem Gang auf die Friedhöfe geht es dem Licht von Weihnachten entgegen. Aber nur Schritt um Schritt wie am Adventskranz, denn Vorbereitungen brauchen Zeit. So wie wir für Gäste das Haus putzen, reinigen wir unsere Herzen für das Ankommen Christi.
Liebe Gemeinde.
Heute ist 1. Advent. Heute beginnt eine neue Zeit.
Man merkt es eigentlich gar nicht so richtig. Im Alltag geht alles weiter. Und mit der Weihnachtsplanung haben die meisten von uns schon begonnen. In den Städten laden Weihnachtsmärkte seit mindestens einer Woche kräftig zum Kaufen ein.
Da sitzen wir hier als kleine Gemeinde und hören Texte, die so gar nicht zu der Lichterstimmung passen. Sie sind ernst, manche der Lieder auch.
Und trotzdem sagt uns der Sonntag: Heute beginnt etwas Neues. Ab heute fangen wir neu an. Mit einem neuen Kirchenjahr, neuen Predigttexten und vielleicht auch ein bisschen in uns selbst.
Denn eigentlich wissen wir, wie heilsam es ist, nicht von einem Ereignis ins andere zu fallen. Dazu gehört das Abschiednehmen und Zurücklassen.
Unsere Friedhöfe sind noch geschmückt von den letzten Sonntagen. Und in manchen Herzen ist es auch noch dunkel, und sie sind voller Erinnerungen. So schnell geht das alles nicht.
Wie gut, dass wir heute nicht schon Weihnachten feiern müssen. Gut, dass wir uns im Advent vorbereiten können, Schritt für Schritt. Nicht nur auf das Festessen. Auch innerlich, im Herzen.
Wenn es ganz dunkel ist, tut es weh, plötzlich in voller Beleuchtung zu sitzen. Man muss manchmal erst eine Weile in sich hineinsehen. Bilanz ziehen. Und dann Licht machen. Eins nach dem anderen. Darum brennt auf dem Adventskranz heute auch erst eine Kerze. Und die Kinder können nur jeden Tag ein Kalendertürchen öffnen.
So wie wir vor großen Besuchen das Haus oder die Wohnung kehren und bis in den letzen Winkel putzen, so gilt die Adventszeit in der Kirche als Fastenzeit, als Vorbereitungszeit zum Nachdenken. (Die Farbe lila an den Antependien an Kanzel und Altar zeigt uns das.)
Damit ich ein Glas Wasser füllen kann, muss es erst leer sein, sagt Meister Eckart. Wenn man neu anfangen will, muss man altes zurücklassen. Wenn Christus einziehen soll, muss ich Platz schaffen.
Wie sieht es also aus in mir? Wenn Gott in mir einziehen will, habe ich Platz? Bin ich bereit?
Der Predigttext für heute will uns helfen, Bilanz zu ziehen. Klar und deutlich und drastisch zeigt der Apostel Paulus, worauf es ankommt, auch heute, 2000 Jahre später!
Seid niemandem etwas schuldig, außer, dass ihr euch untereinander liebt; denn alles, was Gott von uns will ist, die anderen zu lieben.
Denn was in den Geboten geschrieben ist: Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht von Dingen träumen, die dir nicht zustehen; und was sonst noch gefordert wird, das alles ist zusammengefasst in dem einen Wort: „Du sollst deinen Nächsten, du sollst deine Nächste liebe, wie dich selbst.“
Wer liebt, kann anderen nichts Böses antun. So ist die Liebe der Weg, auf dem wir die einzelnen Weisungen Gottes erfüllen.
Denn das tut, weil ihr wisst, dass die Zeit reif ist. Die Stunde ist da. Macht euch bereit, aufzustehen vom Schlaf. Denn unser Heil ist nah.
Die Nacht ist vorgerückt, und der Tag nahe herbei gekommen.
Lasst uns alle Werkzeuge ablegen, die man in der Dunkelheit, im Geheimen, unter Dieben, Heuchlern und Lügnern verwendet.
Lasst uns dafür die Werkzeuge des Lichts in die Hand nehmen. Wir haben das Licht nicht zu scheuen. Wir brauchen uns nicht zu verstecken.
Fressereien und Saufgelage sind nicht unsere Sache. Ebensowenig heimliche Liebesabenteuer und Ausschweifungen, von denen niemand etwas wissen darf. Dasselbe gilt von allem fanatischen Herumstreiten und von allem unguten Ehrgeiz.
Macht euch bereit, innen und außen. Lasst Christus einziehen in euch oder mit anderen Worten: zieht Christus an.
Ist doch alles selbstverständlich. Mögen Sie denken. Ja schon. Aber es sind doch immer wieder diese Dinge, weswegen Familien auseinander gehen.
Es sind die kleinen Dinge, die Leben unerträglich machen. Wenn die Zahnarztrechnung einfach nicht bezahlt wird oder das Knöllchen. „Wieso, machen doch alle so, und das können die schon verkraften.“ Aber wie schnell ist ein Handwerksbetrieb pleite, wenn die Zahlungsmoral bei den Kunden nicht mehr stimmt!
Es sind die kleinen Dinge, an die wir uns fast alle schon mehr oder weniger gewöhnt haben. Mit Geld und Steuern ist es so, aber mit der Liebe zueinander oder Achtung voreinander ist es genauso. Da müssen wir nicht auf die schlechte Moral der Jugendlichen schimpfen. Oder der Großen oben an der Spitze einer Firma. Nichts wird besser, wenn wir mitmachen.
Sollten diese weltlichen Dinge für Gott wichtig sein? Hat das etwas mit Advent und Gottes Geboten zu tun? Ja, zeigt Paulus. Der Zusammenhang ist so einfach: Wenn ihr euch untereinander liebt, nicht gleich wie die Ehefrau oder den Freund, sondern in Achtung voreinander als Mensch gegenüber und Gottes Geschöpf, dann geht ihr gleich anders miteinander um. Und es wird sich von selbst etwas ändern in euren Beziehungen, in euren Familien. Auch in Geschäftsbeziehungen und im wirtschaftlichen Miteinander.
So will Paulus die großen Gedanken von einer Gotteswelt in unsere Alltagswelt hinein holen. In der Adventszeit könnten wir einen Halt einlegen, die Bremse ziehen. Wir haben mal wieder die Chance, neu anzufangen.
Vielleicht gelingt es, in diesen Tagen eine Kerze anzuzünden und miteinander mal wieder ein klärendes Gespräch zu führen. Oder mal wieder ein besonderes Auge auf die Tochter, den Sohn zu werfen: Wo ist unser Kind gerade in Gedanken? Müsste ich mehr Zeit finden für sie oder ihn? Wie steht es eigentlich um die Nachbarschaft? Ob man mal wieder klingeln sollte?
Ja, auch: Habe ich meine Geldangelegenheiten in Ordnung? Schulde ich jemandem etwas, und was kann ich anders machen? Müssen die Weihnachtsgeschenke so groß sein? Will ich den Enkeln die Scheine rüber reichen, die sie erwarten? Was ist mir wichtig am Fest und wie kann ich das den anderen zeigen?
Alle diese ganz weltlichen, alltäglichen Dinge gehören dazu, wenn man Bilanz ziehen will in Vorbereitung auf Gottes Kommen.
Dann, wenn alles bereit ist, wenn nichts mehr bedrückt, die Gedanken nicht ständig beschäftigt sind, wenn Wünsche zur Ruhe kommen, wenn Beziehungen geklärt sind, dann kann ich sagen: „Ich bin bereit, komm zieh bei mir ein.“ Dann kann Weihnachten werden.
Viel Zeit bleibt nicht für die Vorbereitungen. Wir werden vielleicht auch nicht alles schaffen. Aber beginnen könnten wir. Gleich heute. Am 1. Advent. Amen.
Verfasserin: Pfrin. Ruth-Elisabeth Schlemmer, Andreasstraße 14, 99084 Erfurt
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