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Der kommende Herr

von Eveline Clotz (56340 Dachsenhausen)

Predigtdatum : 01.12.2002
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Advent
Textstelle : Matthäus 21,1-9
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Wochenspruch:

Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer. (Sacharja 9,9)

Psalm: 24 (EG 712)

Lesungen

Altes Testament:
Jeremia 23,5-8
Epistel:
Römer 13,8-12 (13-14)
Evangelium:
Mt. 21,1-9

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 19
O komm, o komm, du Morgenstern
Wochenlied:
EG 4
oder EG 16
Nun komm, der Heiden Heiland
Die Nacht ist vorgedrungen
Predigtlied:
EG 11
Wie soll ich dich empfangen
Schlusslied:
EG 1,5
Komm, o mein Heiland Jesu Christ

1 Als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage an den Ölberg, sandte Jesus zwei Jünger voraus 2 und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt, und gleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr; bindet sie los und führt sie zu mir! 3 Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht: Der Herr bedarf ihrer. Sogleich wird er sie euch überlassen.
4 Das geschah aber, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht (Sacharja 9,9): 5 »Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.«
6 Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte,
7 und brachten die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider darauf und er setzte sich darauf. 8 Aber eine sehr große Menge abreitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. 9 Die Menge aber, die ihm voranging und nachfolgte, schrie:
Hosianna dem Sohn Davids!
Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn!
Hosianna in der Höhe!

Liebe Gemeinde,
welchen König braucht das Land?
Einen größeren Gegensatz gibt es wohl nicht! „König“ ist der Inbegriff von Macht und Gewalt!
Ein sanftmütiger Mensch, der auf einem Esel reitet, ist das Bild eines Armen, eines Schwächlings, vielleicht gar eines harmlosen Narren!
Menschen aller Zeiten und Jahrhunderte hatten immer Sehnsucht nach einem guten starken König, aber die Erfahrung war anders. Schon Samuel – der letzte „Richter“ im Volk Israel und erste große Prophet – warnte die Menschen vor einem König. Aber sie hörten nicht auf ihn. Sie wollten einen König als Symbol ihrer Macht und Stärke als Volk – wie die anderen Völker auch. „Unser König siegt!“ wollten sie rufen.
Samuel warnte (1. Sam. 8):
„Das wird des Königs Recht sein:
Er wird über euch herrschen.
Er wird eure Söhne nehmen als Knechte und Soldaten.
Er wird eure Töchter nehmen als Mägde.
Eure besten Äcker und Weinberge und Ölgarten wird er nehmen und seine Großen geben.
Er wird den Zehnten nehmen von all eurem Besitz, auch Eure Knechte und Mägde, eure besten Rinder und Esel wird er euch wegnehmen und in seinen Dienst stellen.
Und ihr alle – die ihr jetzt freie Bürger seid – müsst seine Knechte sein.“
Genauso traf es sein!
In unseren Geschichtsbüchern haben wir viele „große“ Könige kennen gelernt. Aber sie alle wurden nur „groß“ oder blieben groß, wenn sie ohne Mitleid waren und durch Blut wateten.
Alexander der Große war so, der große Cäsar, auch Karl der Große, Friedrich der Große, selbst der hochverehrte König David!
Frieden erkauften sie alle auf den Schlachtfeldern mit dem Blut der Eroberten, mit dem Blut ihrer Knechte.
„So soll es nicht unter euch zugehen!“ sagt Jesus zu seinen Jüngern. „Wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener; und wer unter euch der erste sein will, der sei euer Knecht.“
Und genau so lebte Jesus. Er zog von Dorf zu Dorf, um Menschen zu „dienen“: zu trösten, zu heilen, Gottes Friedensreich anzusagen und zu verkörpern. Er bracht Frieden und Heilung in zerrissene Herzen. Und genau so zog er in Jerusalem ein: Nicht als Herrscher, auf einem Esel! Und sie jubeln ihm zu: Hosianna dem Sohn Davids! Warum dieser Titel?
Dreimal wird Jesus in drei aufeinanderfolgenden Geschichten „Sohn Davids“ genannt. Das ist Absicht des Matthäus:
Bevor Jesus nach Jerusalem kommt, zieht er durch Jericho und zwei Blinde schreien ihm zu: „Erbarme dich unser, du Sohn Davids! Und obwohl man sie mit Gewalt zum Schweigen bringen will, schreien sie immer weiter: „Du Sohn Davids, erbarme dich unser.“ Und Jesus erbarmt sich ihrer.
Jesu Einzug in Jerusalem führt direkt zum Tempel – er jagt dort alle Händler und Geldwechsler, alle, die mit „Religion“ ihre Geschäfte machen, aus dem Tempel heraus. Da ist auf einmal Raum für die „Unreinen“: die Blinden und Lahmen strömen hinein, und er heilt sie. Und zahllose Kinder kommen und jubeln ihm zu: Hosianna dem Sohne Davids!
Warum nennen sie Jesus den „Sohn Davids“?
Es ist ihre Sehnsucht nach dem guten König, die so spricht. Sie haben die Könige satt, die herrschen, töten, unterdrücken, ausbeuten. „Sohn Davids“: das ist der Traum von dem „Messias“, von dem König, den Gott selbst salbt, der allen Menschen und Völkern den Frieden bringt, der Davids Großreich wieder aufrichtet. „Sohn Davids“: das ist darum auch eine königlich majestätische Gestalt, die einherschreitet in Hoheit, Würde, Herrlichkeit. Ein König mit einem von Gott gesegneten Heer, der alle Feinde Israels – besonders die Römer – vertreiben wird.
Immer wieder ist es für uns Menschen undenkbar, dass ein König König ist ohne Macht, Gewalt, ohne Abschreckung für die Feinde, ohne Mord und Totschlag.
Sie nennen Jesus den „Sohn Davids“ und hoffen, dass er nach seinem Einzug in Jerusalem sein göttliches Königtum errichtet. Mit Gottes Hilfe wird er alle Feinde besiegen. Jesus aber inszeniert seinen Einzug selbst, und er macht deutlich, dass er kein König ist, der irdische Macht und Gewalt erstrebt, er macht keine Intrigen und keine Werbung, er sammelt keine Unzufriedenen um sich, um sie als „Mittel zum Zweck“, als Helfer zur Erreichung von Staatsgewalt zu benutzen.
Er will überhaupt keine Menschen „benutzen“. Er lässt sich Esel holen, um zu zeigen, welche Art „König“ er sein will:
ein König der Armen,
ein wehrloser König ohne Armee,
ein sanftmütiger König.
Sein Herrschaftsmittel ist Erbarmen.
Er verschenkt sein Erbarmen und seine Sanftmut. Er zieht in Jerusalem ein als der große Gegenkönig. Der Sohn Davids ist der ganz andere „König“.
Aber er weiß, dass seine Sanftmut und sein Wille, Frieden zu bringen und zu halten, ihm Verfolgung und Tod einbringen wird. Ein Sanftmütiger ist gefährlich! Und trotzdem geht er diesen Weg. Nur er allein hilft ihnen, ohne nach Bezahlung und Nutzen zu fragen. Nur er fragt sie danach, was sie wünschen und brauchen, nur er kümmert sich um ihre Sorgen und Ängste, ihre Probleme und Nöte – und er hilft.
Hier wird glasklar deutlich, worin wahre Macht besteht:
Wahre Macht über Menschen wird einzig derjenige haben, der den Menschen ohne Eigennutz gut will. Zu ihm werden sie kommen. Der braucht keine Propaganda und Selbstdarstellung. Sein Leben überzeugt. „Selig sind die Sanftmütigen“, sagt Jesus, „denn sie werden das Erdreich besitzen“. Und Dostojewski lässt einen seiner Romanhelfen formulieren: „Die Sanftmut ist eine furchtbare Gewalt“. Warum? Sie duldet nicht, dass man Menschen einschüchtert, abhängig macht, erniedrigt und ausbeutet.
Ich habe einen Traum:
Ich wünschte, dass in unseren Gemeinden diese Gesinnung Jesu leben würde: Erbarmen, Sanftmut, Geduld in allen Herzen. Aber auch der Mut, den Mund aufzumachen und dafür einzutreten, dass kein Mensch eingeschüchtert und abhängig gemacht wird! Niemand wird erniedrigt und ausgebeutet. Wie könnte unsere Welt ihr Gesicht verändern!
Wir bejammern unsere Welt und Zeit, wo immer mehr Egoismus herrscht, immer mehr den Kleinen weggenommen wird und den Großen gegeben wird (erinnern Sie sich noch an die Warnung Samuels vor dem „Recht der Könige“?)
Aus Angst, ärmer zu werden, werden Menschen härter, werden zu Raubtieren.
Ich habe einen Traum:
Christen machen da nicht mit. Sie wehren sich gegen einen Krieg aller gegen alle. Sie wehren sich im Namen des sanftmütigen Königs.
Ich weiß, wie schwer es ist, einen friedlichen Menschen ohne Macht und Gewalt auszuhalten. Selbst Jesus wurde in der Geschichte der Christenheit zu einem Macht-König, in dessen Namen man nicht nur predigte, sondern Menschen tötete, Völker ausrottete.
„So soll es unter euch nicht sein!“
Jesus möchte auch heute sanft einziehen in unsere Herzen, Gemeinden, Dörfer, Städte - als ein König, der Erbarmen ist und sie bringt - der tröstet und Mut macht - der fragt nach dem, was wir brauchen - und der uns sanft schickt zu den anderen und ihren Nöten. Amen.

Verfasserin: Pfrn. Eveline Clotz, Rosberg 3, 56340 Dachsenhausen

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