Menü

Der rettende Ruf

von Kurt Rainer Klein (55288 Schornsheim)

Predigtdatum : 16.07.2006
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 4. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Mose 12,1-4
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:

Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.
(Epheser 2,8)
Psalm: 73,14.23-26.28 (EG 733)

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 12,1-4a
Epistel:
1. Korinther 1,18-25
Evangelium:
Lukas 5,1-11

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 166
Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied:
EG 245
oder EG 241
Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herren
Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Predigtlied:
EG 343
Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ
Schlusslied:
EG 398
In dir ist Freude

1 Der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. 2 Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. 3 Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden. 4 Da zog Abram aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte, und Lot zog mit ihm. Abram aber war fünfundsiebzig Jahre alt, als er aus Haran zog.

Kurze Hinführung
„Abrams Berufung“ lautet die Überschrift des kurzen Abschnittes. In Gen 12,1 wird benannt, was Abram durch seinen Auszug aus seinem Vaterland aufgeben muss. In Gen 12,2+3 wird aufgeführt, was er an Überfülle dafür bekommen soll. Gen 12,4a stellt fest, dass Abram Gottes Stimme gefolgt ist.
Diese Thematik in ihrer Fülle eignet sich eher für ein Bibelseminar als für eine Gottesdienstpredigt. Darum enge ich in den Blick in meiner Predigt stark ein und thematisiere das Wagnis eines Aufbruchs aus Altgestammtem. Bekannte Metaphern helfen den Predigt-Hörern, in die Tiefe ihrer eigenen Seele zu schauen. Es braucht Gottvertrauen, die Hindernisse und Widerstände zu überwinden. Die innere Auseinandersetzung zwischen Zweifel und Mut, die jeder auf dem Weg in die Fremde bzw. beim Betreten von Neuland kennt, bringt das Gespräch mit dem Weisen auf den Punkt, das uns zum Wegweiser werden kann. Es ist ein Ringen mit uns selbst nötig, um „durchzudringen“. Aber es ist der Segen Gottes, der uns trägt!
Thema / Titel: Hinter dem Horizont wartet Gott auf uns

Liebe Gemeinde!
Einen alten Baum...!
Sie kennen alle den wohlmeinenden Schlager von Udo Jürgens: „Mit 66 Jahren, da fängtdas Leben an, mit 66 Jahren, da hat man Spaß daran...!“ Nun werden die wenigsten unter uns heute morgen in diesem Alter sein. Die einen liegen noch weit darunter, die anderen haben die 66-er Marke längst überschritten. Aber wer wollte schon behaupten, dass das Leben erst mit 66 Jahren Freude bereitet?! Schön ist, wenn es dann noch immer Spaß macht und man all das tut und tun kann, wonach einem der Sinn steht und was das Herz erfreut!
Es sei jedem vergönnt, sein Alter zu genießen, wo der Schwerpunkt weit weniger auf dem Arbeiten, denn auf dem Besinnlichen und Beschaulichen liegt. Gut, wenn sich einer mit der Frage, wie auch das Leben im Alter noch sinnvoll gestaltet werden kann, auseinandersetzt und dabei nicht vergisst, wie kostbar unsere Tage auf dieser Erde wirklich sind! Des Morgens aufwachen mit einem Dankgebet auf den Lippen für die Bewahrung der Nacht und das Erblicken des neuen Tages gibt Jung und Alt die rechte Einstellung zum Leben.
Sie kennen alle das gängige Sprichwort: „Einen alten Baum verpflanzt man nicht mehr!“ Die Wurzeln, die er im Laufe der Jahrzehnte geschlafen hat, reichen tief und weit, sind fein verästelt und geben dem alten Baum festen Halt an seinem Standort. Ihn zu verpflanzen würde bedeuten, einen Großteil seines fein verzweigten Wurzelwerkes durchzutrennen, um ihn zu verfrachten, was unweigerlich zur Folge hätte, dass er kümmerlich an seinem neuen Platz eingehen würde. Alle äußerlichen Einflüsse trügen dazu auf ihre Weise bei.
Die neue Erde könnte dem alten Baum nicht schmecken, die neue Umgebung könnte seine Blätter welken lassen vor Traurigkeit, es wäre sein Ende nahe gerückt. Also lassen wir alte Bäume da stehen, wo sie seit Jahrzehnten ihren Standort haben.
Und wie ist das mit dem Menschen, der sein Leben von Jugend an bis hinauf ins hohe Alter in seinem ihm wohl vertrauten Dorf/Stadtteil verbracht hat? Wie ist das mit dem Verpflanzen in eine neue Umgebung hinein? Krank werden könnte er darüber, weil er mit dem Unbekannten und Fremden, dem Neuen und Andersartigen nicht mehr so richtig zurecht kommt. Nichts wäre mehr wie es gewesen ist und des Vertrauten beraubt zu sein, könnte haltlos machen und entwurzeln.
2. Abraham
Wir kennen alle Abraham als einen Mann Gottes, einen Mann des Glaubens. Wir wissen nicht, ob er das immer war. Wir wissen auch nicht, welche prägende Erfahrungen ihn dazu werden ließen. Wir wissen auch nicht, warum Gott gerade Abraham herausgerufen hat. Das und vieles andere bleibt im Dunkeln. Doch das Wenige, was wir von diesem Erzvater erfahren, gibt uns zu denken. Ich staune zu lesen, dass für Abraham das Leben mit 75 Jahren noch eine Zukunft hat.
Offenbar verfügt er über ein feines Gehör. Er hört auf den Ruf Gottes: „Geh, Abraham...!“ Scharfe Augen zeichnen ihn aus, die noch die Fähigkeit haben, in die Weite zu sehen: „Ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein!“ Und stramme Beine hat Abraham und Füße, die ihn noch tragen: „Da zog Abraham aus, wie der Herr ihm gesagt hatte!“
Das alles mit 75 Jahren. Manch junger Mensch hat da seine Schwierigkeiten mitzukommen, Haus, Familie und Dorf/Stadtteil zu verlassen, um irgendwo in der Fremde neu zu beginnen. Solch eine - vielleicht auch schmerzliche - Trennung vollziehen die Wenigsten. Und im hohen Alter... wer mag diesen Schritt wagen, einen alten Baum zu verpflanzen?!
Wir staunen über Abrahams Mut, über seinen Gehorsam, dem Ruf Gottes ins Unbekannte hinein zu folgen, der ihn in einem Alter trifft, wo man eigentlich mehr oder weniger auf des Lebens Mühe und das Erreichte zurückschaut. Doch staunend müssen wir sagen, es gilt für Abraham: „Mit 75 Jahren, da fängt das Leben an, mit 75 Jahren, da hat man Spaß daran...“ und er widerlegt die Redensart von dem alten Baum, den man nicht mehr verpflanzt.
„Geh, Abraham, geh!“ sagt die Stimme. Verlassen soll er das Gewohnte, sein ihm vertrautes Land - verlassen das schützende, seine ihn bergende Sippe - verlassen das Geliebte, sein ihn liebendes Vaterhaus und seine ihm umgebende Familie. Wie es in Abrahams Herzen ausgesehen hat, erfahren wir nicht. Ob seine Frau Sara sogleich einverstanden war oder ob es heftige und lange Diskussionen zwischen den beiden gegeben hat, wer mag das erahnen?! Einen Aufbruch wagen, ist immer mit Abschied und einem großen Schmerz der Trennung verbunden. Je nach dem, wie sehr einer an dem hängt, was sein Leben ausmacht. Bindungen und Beziehungen, lassen diesen Schmerz empfinden.
Am Besten kann sich vielleicht derjenige in Abrahams und Saras Situation hineinversetzen, der sein Leben lang im gleichen Dorf / im gleichen Stadtteil gelebt hat, dem man jetzt sagen würde: „Brich deine Zelte ab hier, verlass all das Vertraute und such dir eine neue Heimat!“ Das hieße nichts anderes, als einen neuen Anfang finden... und das im fortgeschrittenen Alter oder mit 75 wie Abraham! Geht das wirklich?
Ob das geht, ist für uns die Frage. Für Abraham und Sara findet sie die Antwort: „Gehen wir! Wenn Gott doch mit uns ist, dann ist es egal, wo wir zuhause sind.“
3. Ein gangbarer Weg
Nun, sie gehen, die beiden, Abraham und Sara mit der Verheißung Gottes: „Ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.“ Mit diesen drei Zusagen geht Abraham ins Ungewisse und doch nicht ins Leere. Vielleicht wären uns diese Zusagen viel zu wage, als dass sie uns locken könnten, in die Ferne zu ziehen. Ein sicherer Arbeitsplatz, ein schönes Haus und ein paar gute Freunde müssten es schon sein, die unseren Aufbruch motivierten und erleichterten. Wem genügt es schon zu wissen, Gott - den man nicht sehen kann – zieht mit? - Oder gibt es auch eine andere Sichtweise?
Ein junger Mann kam zu einem Weisen: „Was ist das Wichtigste im Leben? Kannst du mir weiterhelfen? Der Weise forderte ihn auf: „Frage nach dir selbst.“ Verblüfft antwortete der Junge: „Ich kann nach einer Straße fragen oder nach einer Auskunft. Wie aber kann ich nach mir selber fragen?“ „Du kennst doch eine Zwiebel, der man ihre vielen Häute nacheinander abschälen muss. Genau so ist es mit den Fragen der Menschen. Lerne, eine Frage nach der anderen zu stellen. Du fängst außen mit unserer Welt an und fragst nach dem, was man messen und berechnen, sehen und anfassen kann. Dann gehe weiter und frage tiefer: Löse die Schalen der Äußerlichkeiten und komme zu den tieferen Schichten. Frage nach der Mitte, nach dem, was dich wirklich bewegt.“
Der junge Mann dachte nach: „Ich ahne, was du meinst. Das Wesentliche im Leben liegt tiefer als die Außenseite der Dinge. Das, was mir wichtig ist, liegt tief in mir selbst.“
Der Weise fuhr fort: „Wenn du so fragen lernst, dann wird vieles Äußerliche für dich unwichtig. Du gewinnst aber etwas anderes, etwas, was dir weiterhilft. Du gewinnst den Zugang zur Tiefe, den Zugang zu dir selbst. In der tiefsten Tiefe aber gewinnst du den Zugang zu Gott, dem Geheimnis deiner Lebens.“
Der Junge stutzte: „Nach Gott fragen, was bringt mir das? Den kann ich doch nicht sehen. Und hören auch nicht.“ Der Weise schüttelte den Kopf: „Gib nicht zu schnell das Suchen und Fragen auf. Vergleiche es doch mit einer Seefahrt. Der Mensch gleicht einem Seemann auf einem Schiff, das eine weite Reise unternimmt. Er will sein Ziel erreichen, aber er kann es nicht sehen. Er kann immer nur bis zum Horizont blicken; doch sein Ziel liegt viel weiter. So fährt er weiter auf seiner Reise, denn er weiß: Was hinter dem erkennbaren Horizont liegt, ist noch viel größer als alles Sichtbare.“
Der junge Mann war nicht zufrieden: „Aber wenn ich nach Gott frage, was kommt dabei heraus? Jede Religion, jede Gruppe, jede Kirche sagt etwas anderes. Was von all dem ist denn wahr?“
Der Weise antwortete: „Du musst anders fragen: Was ist denn für dich wahr, was für dich wichtig? Du kannst nicht den ganzen Reichtum der Gotteserfahrungen, die Menschen machen, in dich aufnehmen. Du kannst nur aus den vielen Gottesbildern die auswählen, die dich ansprechen, die dir etwas sagen. Stelle also dein eigenes, ganz persönliches Gottesmosaik zusammen. Lasse die vielen Bilder von Gott sich gegenseitig ergänzen, korrigieren und verändern. Erarbeite dir ein größeres Gottesbild als das, was man dir als Kind beigebracht hat.“
Der junge Mann zögerte: „Und was ist der Lohn für meine Mühe?“
Der Weise lächelte: „Du gewinnst dabei, weil du Gott tiefer und reicher sehen lernst. Das aber gibt dir eine neue Ausrichtung deines Lebens. Das ist ein Wegweiser für dich, für deinen Weg.“
Am Ende dieses Gottesdienstes steht der Segen Gottes, der einen jeden von uns auch in der kommenden Woche begleiten will. Er erinnert uns an Abrahams Aufbruch und sagt auch uns: „Geh, ja geh deinen Weg! Und sei gewiss, Gott geht mit!“ Dieser Segen mag uns versichern, dass wir nicht allein bleiben, wohin wir unsere Schritte auch lenken. Er mag uns Mut machen zu gehen und unser Leben zu gestalten. Er mag uns tragen, wenn unsere Füße träge, unsere Ohren dumpf und unsere Augen trübe werden. Amen.

Verfasser: Pfr. Kurt Rainer Klein, Pfaffenwaldstraße 21, 55288 Schornsheim

Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de
Die „Predigtvorschläge“ sind auch auf CD-ROM (Text- und MS WORD-Datei) erhältlich (Bestellformular).