Wochenspruch: Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig. (Jesaja 40,3.10)
Psalm: 85,2-8
Reihe I: Römer 15,4-13
Reihe II: Lukas 3,(1-2)3-14(15-17)18(19-20)
Reihe III: Lukas 1,67-79
Reihe IV: 1. Korinther 4,1-5
Reihe V: Jesaja 40,1-11
Reihe VI: Matthäus 11,2-10
Eingangslied: EG 7,1-4 O Heiland, reiß die Himmel auf
Wochenlied: EG 10,1-4 Mit Ernst, o Menschenkinder
Predigtlied: EG 16,1-5 Die Nacht ist vorgedrungen
Schlusslied: EG 4,1-5 Nun komm, der Heiden Heiland
67 Und sein Vater Zacharias wurde vom Heiligen Geist erfüllt, weissagte und sprach:
68 Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk
69 und hat uns aufgerichtet ein Horn des Heils im Hause seines Dieners David –
70 wie er vorzeiten geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten –,
71 dass er uns errettete von unsern Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen,
72 und Barmherzigkeit erzeigte unsern Vätern und gedächte an seinen heiligen Bund,
73 an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater Abraham, uns zu geben,
74 dass wir, erlöst aus der Hand der Feinde, ihm dienten ohne Furcht
75 unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinen Augen.
76 Und du, Kindlein, wirst Prophet des Höchsten heißen. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest
77 und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der Vergebung ihrer Sünden,
78 durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe,
79 auf dass es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.
Der Lobgesang des Zacharias.
Bisher war der Lobgesang des Zacharias Predigttext für den 1. Advent. Es war so etwas wie ein Eröffnungslied in den Advent hinein. Der Lobgesang wird im Morgengebet der Klöster gesungen. Gott wird gelobt.
Zacharias war im Tempel mit dem Rauchopfer beschäftigt, als der Engel zu ihm trat und ihm verheißen hat, dass er und seine Frau Elisabeth bald einen Sohn bekommen werden. Es erschien ihm unmöglich in seinem Alter. Er konnte es nicht glauben. Deshalb bekommt er ein Zeichen und einen Auftrag: Zacharias wird stumm und er soll dem Sohn den Namen Johannes geben.
Für mich war das Verstummen des Zacharias einer der Gedanken, die mir in der Zeit, als ich das geschrieben habe, besonders vor Augen stand. Stumm werden, zurückgeworfen werden auf sich selbst, nicht mehr aktiv am Leben teilnehmen können. Nur noch warten, hoffen und bangen. Und dabei darauf vertrauen, dass das Verstummen wirklich nur Zeichen war, nicht Strafe. Gleichzeitig hat dieses Verstummen Zacharias auch dazu geführt in der Stille Gottes Geschichte mit dem Volk zu überdenken. Und in dieser Geschichte gerade die Treue Gottes in seinem Handeln zu erfahren.
Im Lob wird nun Gott für dieses Handeln gelobt. Er sieht es in der Befreiung des Volkes und in der Wende zum Heil durch die Geburt des Messias. Das Heil steht dabei für die politische und soziale Befreiung des Volkes aus der Bedrückung hin zu einem heilvollen Lebensvollzug, zu dem Vergebung der Sünden und der Weg des Friedens gehören.
Es ist auffällig, dass es erst um Gott geht. Nicht die Freude über das Kind steht im Vordergrund. Erst in einem zweiten Teil wird das Kind prophetisch angesprochen und sein künftiger Auftrag als Wegbereiter des Messias beschrieben. Es soll von dem Licht künden, das dann allen leuchten wird.
Für uns steht der Lobgesang als Predigttext vom dritten Advent. An ihm wird an diesen Vorhergeher gedacht. Johannes, der Wegbereiter. Für uns kann es, im Blick auf diesen Predigttext, darum gehen, zu fragen wie wir uns auf das Kommen Gottes in unsere Zeit vorbereiten können und wie aus unserer Stille heraus unser Lob treten kann.
Während ich das schreibe und denke, ist das Leben in unserem Land mehr oder weniger still. Gemeinsame Erlebnisse sind nur eingeschränkt möglich. Corona hat es im Griff. Wie werden wir damit fertig werden? Wie werden wir in dieser Zeit Gott begreifen? Haben wir ihn in seiner Treue erlebt? Oder sind vor lauter Sorgen und Angst und Einsamkeit nur Fragen oder gar Zorn auf ihn übriggeblieben?
I. Das Lied des Zacharias.
II. Unser Lied für den Advent
Aus der Stille kommen, Gott loben für das was er getan hat und für uns tut.
I. Das Lied des Zacharias
Liebe Gemeinde,
der alte Priester Zacharias ist im Tempel und bringt das Opfer dar. Plötzlich steht ein Engel bei ihm und kündigt ihm und seiner Frau Elisabeth an, dass sie einen Sohn bekommen werden. Zacharias kann es nicht glauben und verstummt. Es ist ein Zeichen für ihn und er soll dem Sohn den Namen Johannes geben.
Kaum zu glauben, denn lange hatten sie gehofft und gebetet. Aber es geschah nicht. Und jetzt, jetzt im Alter, soll es geschehen. Kaum zu glauben. Und so verstummt Zacharias. In sich muss er sein. Auf sich selbst geworfen. So kehrt er zurück von seinem Dienst im Tempel. Er wartet. Bis dann …
Die Nachbarinnen waren zusammengekommen, um der alten Elisabeth beizustehen. Jetzt wo der lange erwartete Sohn geboren war. Viel war zu tun und zu bereden. Der Junge musste einen Namen bekommen.
Nur Zacharias saß still in einer Ecke, die Augen geschlossen, die Tafel zum Schreiben auf dem Schoß. Stumm war er geworden 9 Monate lang. Jetzt ging es um den Namen, den das Kind bekommen sollte. Es ging hin und her, dann fragten sie Zacharias. Er schrieb einen Namen auf seine Tafel: Johannes.
Zacharias stand auf, hob seine Augen und begann zu sprechen.
„Gelobt sei der Herr, der Gott Israels.“
In Zacharias hatte sich viel geklärt. Er verstand, was jetzt geschehen sollte. Und mit all den Gedanken und Erinnerungen an Gottes Tun und Versprechen beginnt er einen Lobgesang.
(Lesen des Predigttextes, Teil I, Verse 67-75)
Aus Zacharias bricht nicht die Dankbarkeit und Freude über die Geburt des eigenen Sohnes heraus, nicht die Dankbarkeit und das Staunen über das Wunder des Lebens. Aus ihm bricht ein Lob Gottes. Gelobt sei Gott....
Weil Gott uns besucht und erlöst.
Weil er nahekommt.
Zacharias spricht in einer Form, die uns denken lässt, es sei schon alles geschehen, Gott hätte schon alles getan. Gott ist gekommen und hat befreit. Er hat einen Retter gesandt, einen Nachkommen aus dem Haus Davids Haus.
Aber noch ist er nicht da, der verheißene Retter. Nur Zacharias sieht es schon.
Für ihn bekommt das Warten einen Sinn. Und diesen Sinn spricht er lobend auf Gott hin aus.
Was Zacharias spricht, ist Vorausschau und Rückschau. Er spricht von dem, was er jetzt begriffen hat. Jetzt als er endlich sagen kann, was er in der langen Zeit des Schweigens begriffen hat: Gott kommt zu uns. Gott ist sich treu und lässt uns nicht im Stich.
Und so schaut Zacharias zurück auf all die Dinge, die Gott schon getan hat. Er sieht sein Volk, das immer wieder durch Tiefen hindurchgeführt worden ist. Er sieht alle Versprechungen Gottes. Gott hat sich Abraham versprochen: „In dir sollen gesegnet werden alle Völker auf Erden“ (1). Gott hat sich David versprochen. Gott ist treu geblieben, treu bis heute. So sieht es Zacharias. Und jetzt wird Gott in seiner Treue aufrichten, was er versprochen hat. Gott besucht sein Volk. Das beginnt jetzt.
Zacharias sieht in dem, was geschieht, Gott am Handeln. Gerade jetzt, wo sie doch alle unter der Fremdherrschaft der Römer leiden.
Zacharias hofft wie Viele seines Volkes auf die Befreiung. Frei sein von den fremden Mächten wieder ganz Gott dienen können.
Jetzt können wir doch wieder für Gott da sein, ihm dienen in aller Freiheit. Gottesdienst feiern ohne Angst. Weil er zu uns kommt.
Gelobt sei der Herr, der Gott Israels.
Die Freude über Gottes Handeln lässt ihn erkennen, welche Aufgabe Johannes, sein Sohn, haben wird.
Ihm wendet er sich jetzt zu:
(Lesen des Predigttextes, Teil II, Verse 76-79)
Aber auch du, Kind, wirst ein Prophet genannt werden …
Und deine Aufgabe:
Du sollst dem Herrn, der kommen wird, vorangehen. Du sollst ihm den Wege bereiten.
Dieser Weg ist der Weg in die Herzen und Gedanken des Volkes. Erkennen sollen sie, dass durch Gott wirklich die Rettung kommt.
Die Rettung, die geschenkt wird, bringt alles in Ordnung, was zwischen Gott und seinem Volk in Unordnung geraten ist. Es soll in Ordnung kommen, was zwischen Gott und den Menschen steht. Hell soll es werden, hell in den Menschen. Licht wird aufgehen, das Licht aus Gott. Es leuchtet wieder über ihnen, weil Gott ihnen sein Angesicht zuwendet.
Jetzt, da Johannes geboren ist, jetzt beginnt die Zeit der Vorbereitung.
Gott selbst wird also da sein und zum Frieden führen. Gott selbst wird da sein und alles zurechtbringen.
Das Lied des Zacharias ist ein Lobgesang auf Gott. Es ist ein Lobgesang aus der Tiefe, weil Gottes Licht über uns leuchten will.
II. Unser Lied zum Advent
Und für uns? Wird es zu unserem Lobgesang? Zum Lied aus der Tiefe? Wir hören die Worte am dritten Advent. Wir sind im Warten. Ahnen wir schon etwas vom Kommen Gottes zu uns? Erkennen wir etwas davon?
Wie wird es unser Lied für unseren Advent?
Gehört Stillwerden dazu, Zurückziehen, Leisewerden? So haben wir Zeit zum Nachdenken, damit etwas in uns reifen kann.
Dann kann unser Lied voll Freude laut werden, weil wir begreifen, um was es geht.
Gott kommt uns nahe. Gott kommt zu uns.
Gott hält uns bei sich und lässt nicht locker. Er geht uns nach, kommt auf uns zu.
Er kommt gerade da auf uns zu, wo es nicht gut geht.
Er kommt in die Unruhe unserer Herzen,
in die Stürme unseres Lebens, in unsere ungesicherten Existenzen.
Im Frühjahr dieses Jahres musste auf einmal vieles abgesagt werden. Veranstaltungen, Fußballspiele, Konzerte, Begegnungen, Gottesdienste.
Vieles aber kann nicht abgesagt werden, weil es schon da ist. Es ist schon geschehen und ist fertig. In unserem Warten machen wir es uns noch einmal bewusst. Gott ist da. Was er für uns gemacht hat, das kann nicht abgesagt werden. Es ist und bleibt.
Jetzt warten wir auf die Ankunft Gottes in der Welt. Wir warten darauf, dass Hoffnungen erfüllt werden.
Gott will in unsere Welt kommen, die so friedlos geworden ist. Diese umkämpfte, zerstrittene Welt braucht, dass in ihr Frieden geschaffen wird. Frieden, den nur Gott selbst schaffen kann.
Zacharias lobt Gott, weil er sich jetzt selbst aufmacht, um in diese Welt einzutreten und seine Verheißungen, seine Versprechen zu erfüllen.
Im Advent können wir still werden, uns bewusst werden, was wir brauchen. Wir können in der Ruhe entdecken, was uns fehlt, wohin wir uns ausstrecken wollen. Das Lied des Zacharias kann zu unserem Lied werden, zu unserem Lobgesang aus der Stille heraus.
Amen
Anmerkung:
(1) 1. Mose 12,3.
Komm uns nahe, guter Gott.
Komm mit deinem Frieden
in unsere unheile Welt.
Komm in unsere Herzen,
uns zu erlösen und zu heilen.
Wecke uns auf
und führe uns aus unserer Trägheit
und unserer Lieblosigkeit.
Mache es hell,
dass wir von deinem Licht ergriffen werden,
dass wir es heraustragen können zu unseren Nächsten
und einander gerecht werden.
Nach Stephan Goldschmidt, Denn du bist unser Gott. Gebete, Texte und Impulse für die Gottesdienste des Kirchenjahres, S. 25
Vater im Himmel,
komm uns nahe in dieser Zeit des Advents.
Wenn wir nur Dunkel sehen,
dann lass uns dein Licht aufgehen.
Wenn wir in Angst und Sorge sind,
dann lass uns nicht verzweifeln.
Wenn wir müde geworden sind
und nicht mehr die Kraft haben zu glauben,
dann wecke du uns wieder auf.
Wenn wir uns nur noch um uns selbst drehen,
dann mache unsere Sinne wieder wach,
dass wir die Not des Nächsten erkennen,
dass wir uns von ihr anrühren lassen.
Komm zu uns, wo wir uns mit Irrtümern
und Missverständnissen gegenseitig plagen,
wo wir uns mit bösen Worten verletzen,
wo wir lieblos miteinander umgehen
und aneinander schuldig werden.
Wir bitten dich für die Menschen
in unserer Gemeinde, in unserer Stadt,
Gib uns offene Augen und einen wachen Verstand,
wo und wie wir einander begegnen können.
Lass dein Licht aufgehen in diesen Tagen des Advent,
damit es die Dunkelheit in uns und um uns vertreibt,
und damit wir unsere inwendige Müdigkeit überwinden
und zu dem finden, was wirklich wichtig ist.
Amen.
Nach Stephan Goldschmidt, Denn du bist unser Gott. Gebete, Texte und Impulse für die Gottesdienste des Kirchenjahres, S. 26
Verfasser: Pfarrer i. R. Arnold Moskaliuk, Gartenstr. 20/1, 72660 Beuren
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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