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Der Ruf zur Umkehr

von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)

Predigtdatum : 17.12.2006
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 3. Advent
Textstelle : Jesaja 40,1-8.(9-11)
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Wochenspruch:

Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig.
(Jesaja 40, 3.10 )
Psalm:
85, 2 – 8

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 40, 1 – 8 ( 9 – 11 )
Epistel:
1. Korinther 4, 1 – 5
Evangelium:
Matthäus 11, 2 – 6 ( 7 – 10 )

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 18
Seht, die gute Zeit ist nah
Wochenlied:
EG 10
Mit Ernst o Menschenkinder
Predigtlied:
EG 15
„Tröstet, tröstet“ spricht der Herr
Schlusslied:
EG 2
Er ist die rechte Freudensonn

Jesaja 40, 1 – 8
1 Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. 2 Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist; denn sie hat doppelte Strafe empfangen von der Hand des HERRN für alle ihre Sünden. 3 Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott! 4 Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; 5 denn die Herrlichkeit des HERRN soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des HERRN Mund hat's geredet. 6 Es spricht eine Stimme: Predige!, und ich sprach: Was soll ich predigen? Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. 7 Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des HERRN Odem bläst darein. Ja, Gras ist das Volk! 8 Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.

Liebe Schwestern und Brüder,
Immer, wenn ich einmal in die Stadt komme, nehme ich mir auch die Zeit, Werbeplakate anzuschauen. Ich beobachte, dass Werbeplakate ganz oft Sehnsüchte von Menschen ins Bild setzen. Da gibt es Plakate, die zeigen Wege – Wege durch den Schnee, wo einer hinter dem anderen herstapft, Wege über weit gespannte Meeresbrücken, Wege durch die Wüste auf einen wundervollen Sonnenuntergang zu. Hinter all diesen Plakaten höre ich eine Botschaft: „Wo ein Wille ist, das ist auch ein Weg.“ Und neben den Bildern steht: „Wir helfen Ihnen nach unseren Möglichkeiten.“

Es ist sonnenklar: Hier wird Werbung getrieben, Werbung um Vertrauen für das Abenteuer Leben. Das hat mich gepackt und es hat mir einen Blick für unser Predigtwort eröffnet: Gott will heute Werbung treiben bei uns – Werbung für das Abenteuer Leben.
Und Gottes Zielgruppe: das sind Leute, die es mit dem Leben schwer haben. Das sind Leute, die etwas wissen vom Leid und von der Schuld, die etwas wissen von bohrenden Fragen und vom anhaltenden Klagen. Es sind Leute, die zutiefst bedroht sind von der Angst. Ist denn nicht alles nur eine große Sackgasse?

Das Wort, das wir hörten, hat einen festen Ort in der Geschichte. Es ist an das Volk Israel gerichtet, als es im Exil ist. 586 war Jerusalem zerstört worden, die Königskinder wurden vor den Augen des Vaters umgebracht, der König selbst geblendet nach Babylon geführt. Mit ihm zog die ganze Führungsschicht – sie wurde versklavt, gedemütigt – alles wurde ihr genommen: Der Tempel, der Sabbat, die Gemeinschaft des Opfers. Israel war ein Volk am Boden und es kam sich vor wie Gras: „JA, das Volk ist wie Gras.“

Was sollen solche Leute von dem Abenteuer Leben noch erwarten? Was sollen sich solche Leute noch von ihrem Gott erwarten, wenn sie in Babylon die riesigen Tempel des Marduk sehen, wenn sie dort die überwältigenden Prozessionen zu Ehren dieses Gottes der Babylonier sehen. Liegt es da nicht nahe zu sagen: Lasst uns unseren Frieden machen mit dem Gott der Stärkeren. Lasst uns unsere Träume vergessen von Jerusalem, von Jahwe, die alten Geschichten von dem Gott Israels, der sich seiner Kinder erbarmt.
Genau diesen Leuten sagt Gott sein werbendes Wort! Zu diesen Leuten sendet er seinen Boten, seinen Propheten, um neues Vertrauen zu gewinnen, denn ohne Vertrauen kann keiner das Abenteuer Leben bestehen.

„Tröstet, tröstet mein Volk“, so spricht Gott: und legt damit den Finger auf die Wunde! „Sind wir denn noch Gottes Volk?“ So mag Israel gefragt haben. „Sind wir denn noch sein Augapfel, sind wir noch die, deren Namen er kennt?“ Wie Treibsand müssen sich die Israeliten vorgekommen sein. Jeder babylonische Vogt konnte sie in ihrem Lebensraum beschneiden, jede Verordnung des Königs ihnen den Boden unter den Füßen wegziehen. Wir sind doch nichts anderes mehr als der Spielball der Mächtigen und wir haben uns selbst dazu gemacht. Wir haben Großmachtpolitik betrieben und sind gescheitert. Wir haben unseren Gott vergessen, weil wir auf Bündnisse, auf Waffengewalt, auf Reichtum gesetzt haben und jetzt schneidet uns die Schuld den Rückweg ab. Das hatten sie ja auch oft genug gehört: dass sich in den Ereignissen der Geschichte das Gericht Gottes vollzieht.

Muss ein Mensch, muss ein Volk nicht zutiefst daran zerbrechen, wenn es das glaubt: Unsere Schuld schneidet uns den Weg zum Leben ab! Das kennen wir doch aus unserem ganz persönlichen Lebensweg: wie Schuld gefangen nimmt, wie sie zumauert, wie sie Wege verschließt. Da helfen alle gut gemeinten Aufrufe nicht, da helfen alle ermunternden Worte nichts. Da muss Trost geschehen, der Wirklichkeit verändert, der die Vergangenheit verwandelt: „Tröstet mein Volk“ - das ist viel mehr als "Redet ihm gut zu, Kopf hoch"

Das ist zugespitzt das Wort von der Vergebung. "Sagt ihr, dass ihre Schuld vergeben ist". Das ist der Trost, den Gott seinem verlorenen Volk sagt: „Deine Schuld ist vergeben. Deine Vergangenheit ist nun wieder klar.“ Sie darf dich nicht mehr festhalten. Es ist Gottes souveräner Wille, der dies sagt, die Schuld wird nicht abgebüßt und nun ist das Maß halt voll geworden. Gott sagt: „Es ist genug.“ Das ist die erste Tür, die sich wieder auftut: Deine Schuld ist vergeben. Wo wir dies hören, „deine Schuld ist vergeben“, da gehen Türen auf auch für uns, da wird der Weg neu frei.
„In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg." Was soll da geschehen? Berge sollen abgetragen und Täler sollen aufgefüllt werden, eine Straße mitten durch wegloses Land wird gezogen.

Ein Weg durch die Wüste – das erinnert an den Auszug aus Ägypten. Da lernt das Volk Israel seinen Gott auf dem langen Weg durch die Wüste in besonderer Weise kennen. Es lernt ihn kennen als den fürsorglichen Gott: Er gibt, was zum Leben nötig ist, Wasser und Manna, Fleisch und Brot. Er gibt den Schutz vor den Feinden und er gibt Wegweisung. Gott macht sich in der Wüste auf vielen Stationen seinem Volk vertraut. Und wenn hier nun wieder von einem Weg durch die Wüste die Rede ist, dann sagt dies eben: Gott setzt einen neuen Anfang. Gott will seine Geschichte der Liebe noch einmal neu beginnen lassen. Berge und Täler sollen dabei überwunden werden.

Darf ich dies einmal bildhaft deuten: Es gibt Menschen, bei denen spielen die materiellen Dinge eine große Rolle: Geld und Haus, die komplette Wohnung, was man sich leisten kann. Das ragt hervor wie ein Gebirge und oft genug hindert es Gottes Weg. Solche Götzenberge müssen geschliffen werden! Und daneben gibt es andere, die sitzen fest in den Tälern der Sorge, der Angst, der Grübeleien. Sie haben die seltsame Fähigkeit, immer nur das negative zu sehen, immer nur fest zu hängen an dem, was problematisch ist. Ihr Leitsatz heißt: Was schief gehen kann, wird auch schief gehen. Sie können sich nie von Herzen freuen. Ihr Leben wirkt immer traurig und schwer. Solche Wüstenberge und Wüstentäler sollen eingeebnet werden. Gottes Weg nimmt sie in Anspruch: Er will uns herausholen aus den Löchern der Sorge und der Angst und er will uns herunterholen von den Gipfeln der Geltungssucht und des Ehrgeizes. Wo wir uns von ihm leiten lassen auf dem Weg durch die Wüste, wo wir vertrauen lernen „Weg hast du allerwegen…“, da geht die Tür auf und wird der Weg frei. Da werden auch uns Wüstenzeiten zu Segenszeiten.

Aber da bleibt die große Frage: Ist denn nicht alles vergeblich? Steht nicht doch die Vergänglichkeit über uns allen als das große Verhängnis? Diese Frage ist nicht nur die Frage von außen. Der Prophet Gottes stellt sie und kein Christ kommt um diese Frage herum. Keiner von uns kann ihr davon laufen.

Ja, es ist wahr: Wir haben Völker kommen sehen und gehen. Wir erleben es mit, wie Menschenleben dahinwelkt, in unserer Nähe und in der Ferne. Es rührt uns doch an, dass Menschen in diesem Jahr bei Flugzeugabstürzen gestorben sind. Es rührt uns doch an, dass gerade die geschundenen Völker, die Armen der Erde, dann auch noch massenhaft Opfer von Naturkatastrophen werden. Es rührt uns doch an, dass Kriege, offene und unerklärte, Tag um Tag Opfer fordern. „Alles Fleisch ist wie Gras“ – wie schmerzlich erfahren wir diese Wahrheit. Zieht sie nicht allem Vertrauen in das Leben den Boden unter den Füßen weg?

„Aber das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit.“ Das ist der feste Grund mitten in einer vergänglichen Welt. Das ist der feste Grund mitten in all dem Weh unserer Weltzeit und auch unserer Tage. Wir haben von uns her nichts Festes zu sagen und aufzuweisen. Wir haben von uns her keine Chance, unserem Leben Ewigkeit zuzueignen.

Aber da ist ein Wort, nichts als ein Wort - in diese Welt hinein ergangen - und dieses Wort bleibt. Es hat sich seine Menschen gesucht zu allen Zeiten. Es hat ihnen Schuld von den Schultern genommen. Es hat ihnen Tränen von den Augen genommen. Es hat ihnen Kraft geschenkt in ihre Schwäche hinein. Es hat ihnen Hoffnung gegeben, die die Grenzen des Lebens wie auf Adlersflügeln überwunden hat. Es hat ihnen mitten im Leid Freude geschenkt. Es hat ihnen in der Zeit die Ewigkeit ins Herz gepflanzt.

Es ist kein Menschenwort, sondern das Wort unseres Gottes. Dies Wort hat das Gesicht eines Menschen angenommen, ist zur Gestalt geworden: In Jesus von Nazareth. Und wo wir diesem Wort Vertrauen schenken, da wird unser Leben hineinverankert in sein Leben. Da will er ankommen bei uns und da wird wirklich Advent, abenteuer1iches Leben.


Pfarrer Paul-Ulrich Lenz Leonhardstr.20 61169 Friedberg

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