Der starke Trost
von Manfred Günther (35325 Mücke)
Predigtdatum
:
01.09.2002
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
12. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
1. Thessalonicher 5,14-24
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Wochenspruch:
Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium. (2. Timotheus 1,10b)
Psalm: 68,4-7a.20-21 oder 146 (EG 757)
Lesungen
Altes Testament:
Klagelieder 3,22-26.31-32
Epistel:
2. Timotheus 1,7-10
Evangelium:
Johannes 11,1 [2] 3.17.27 [41-45]
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 449
Die güldne Sonne voll Freud und Wonne
Wochenlied:
EG 113
oder EG 364
O Tod, wo ist dein Stachel nun
Was mein Gott will, gescheh allzeit
Predigtlied:
EG 359
In dem Herren freuet euch
Schlusslied:
EG 170
Komm, Herr, segne uns
Der Apostel schreibt: 14 Wir ermahnen euch, liebe Brüder: Weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig gegen jedermann. 15 Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach untereinander und gegen jedermann.
16 Seid allezeit fröhlich, 17 betet ohne Unterlass, 18 seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch.
19 Den Geist dämpft nicht. 20 Prophetische Rede verachtet nicht. 21 Prüft aber alles und das Gute behaltet. 22 Meidet das Böse in jeder Gestalt.
23 Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. 24 Treu ist er, der euch ruft; er wird’s auch tun.
Liebe Gemeinde,
das war ein sogenannter Tugendkatalog! Paulus hat ihn aufgestellt und gemeint, wer sich daran hält, der wird mit Jesus in Gottes Reich eingehen, wenn er wiederkommt. Und dass er bald wiederkommt, haben die Christen damals ganz sicher erwartet. Wir merken das ja, wenn wir den Segenswunsch hören, den der Apostel ans Ende dieser Anleitung für rechtes christliches Leben gesetzt hat: „Der Gott des Friedens... bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.“
Ich muss ihnen nun gestehen, mir ist dieser ganze Katalog ein bisschen viel für eine Predigt! Das alles kann man nicht in einer Viertelstunde besprechen! Und länger darf ich auch nicht werden, sonst kann keiner so lange aufpassen. Darum habe ich mir nur drei kleine Wörtchen herausgegriffen, sozusagen die Anweisung für eine Tugend. Es sind ohnehin die drei Wörtchen, die mir besonders ins Auge gesprungen sind und zu denen mir sofort einiges einfiel: „Seid allezeit fröhlich!“
Ich musste denken: Was das doch für eine Zumutung ist - damals genau so wie heute! Wer kann denn das? Immer fröhlich? Immer lachen oder doch wenigstens lächeln? Da müsste man ja dumm sein, eingeschränkt in der Wahrnehmung oder doch wenigstens bei vielem wegschauen, was nun wirklich nicht zum Freuen ist und was uns nur Angst und Zweifel einjagen kann! Nein, ich will es aussprechen: Das ist unmöglich, immer fröhlich zu sein!
Dann kamen mir aber wieder selbst Zweifel, warum Paulus es dann empfiehlt? Ob es vielleicht doch geht? Ob es wohl anders gemeint ist mit der Fröhlichkeit? -
Dann fiel mir ein Gespräch mit einer jungen Frau ein, das ich vor längerer Zeit hatte. Sie meinte, man dürfe doch nie die Hoffnung aufgeben, auch wenn es in der Geschichte der Menschheit, im Umweltschutz oder beim Weltfrieden einmal nicht so gut aussieht, wenn die Menschen scheinbar immer schlechter werden, wenn saubere Luft und reines Wasser immer seltener und die Gewalt und die Kriege in der Welt immer mehr überhand nehmen. Man müsse einfach - gerade als Christ - immer noch Hoffnung haben, dass wir diese Dinge in den Griff kriegen.
Ich habe damals geantwortet, dass ich absolut keine Hoffnung habe, dass wir irgend etwas in den Griff bekommen! Dass ich allerdings unbeirrt hoffe und meine ganze Zuversicht darein setze, dass Gott diese Dinge in seiner Hand hat und behält! Die junge Frau hat sich von mir nicht überzeugen lassen. Sie wollte weiter auf Menschen bauen, auf die Vernunft und die Einsicht, mit der wir alles schon richten und irgendwann gut machen werden... - Wer da recht hat? Nun, lassen wir es stehen.
Mir hat die Erinnerung an dieses Gespräch jedenfalls einen Schlüssel geschenkt, wie wir uns auch das Verständnis dieser Zumutung aufschließen können: Seid allezeit fröhlich! Vielleicht geht es ja gar nicht um unsere Fröhlichkeit über Menschen und über das, was sie uns geben und was wir von ihnen erwarten können. Vielleicht mutet uns Paulus ja etwas anderes zu: Dass wir allein auf Gott hoffen. Dass wir von ihm alles erwarten. Dass wir ihm zutrauen, dass er es richtig macht. Dass wir glauben, dass er uns nie fallen lässt, nie im Stich lässt, nie vergisst und niemals in Leid, Krankheit, Not oder Tod bleiben lässt. - Eine solche „Tugend“ könnte er wohl von uns verlangen! Denn dazu, fröhlich über Gott zu sein, haben wir wohl allen Grund!
Aber ich merke, ich muss da viel deutlicher werden und viel praktischer:
- Denken wir uns, ein Mann in den mittleren Jahren verliert seine Arbeit. Eine Katastrophe! Neben den finanziellen Schwierigkeiten, die sich bald einstellen und die ja im Laufe der Zeit immer schlimmer werden, leidet auch bald seine Seele: Er fühlt sich übrig, kriegt Selbstzweifel und Minderwertigkeitsgefühle. Wir können uns das vorstellen. Wenn dieser Mann jetzt hörte: Seid allezeit fröhlich!, dann wäre gewiss nicht das gemeint: Die werden dir mit deinen 45 Jahren beim Arbeitsamt schon wieder eine schöne Stelle besorgen! Verlass dich drauf! Und auch das ist nicht gemeint: Wenn du erst die 50 Bewerbungsschreiben losgelassen hast, dann wirst du schon ein paar günstige Antworten kriegen.
Nein! Denn auf Menschen ist kein Verlass! Sie sind fehlbar. Ihr Urteil unterliegt Launen und Willkür. Da kann einer ja noch so qualifiziert sein und gewiss der beste Mann für einen bestimmten Arbeitsplatz, eingestellt wird vielleicht der, der am lautesten geschrieen oder der die besten Beziehungen hat.
Seid allezeit fröhlich!, das heißt vielmehr ganz konkret für diesen Mann: Du hast einen Gott, einen Vater im Himmel, der weiß ganz genau, wie es dir jetzt geht, wie du empfindest und wie unsicher und verletzlich du jetzt bist. Und dieser Gott bleibt jetzt an deiner Seite. Er ist ganz nah und trägt an allem mit, was du jetzt an Lasten und Ängsten tragen musst. Und selbst wenn du die ersehnte Rückkehr ins Arbeitsleben nicht schaffst, selbst wenn sich alle deine Wünsche zerschlagen... Du bist keinen Augenblick allein! Und du hast für deinen Gott deshalb nicht geringeren Wert, weil du keine Arbeit hast, bist für ihn nicht weniger interessant, vielmehr liebt er dich genau so wie vorher.
Nein, noch mehr: Wir wissen ja aus vielen Geschichten der Bibel und aus Jesu Worten, dass Gott gerade die Schwachen, die Zerschlagenen, die Geängsteten und alle, die ganz unten sind, besonders lieb hat. Wir können es so sagen: Gott hat eine Schwäche für die Schwachen! - Das ist der Grund, auch jetzt den Mut nicht zu verlieren und trotzdem ein heiteres Gesicht zu bewahren. Das und sonst nichts. Seid allezeit fröhlich!
- Denken wir uns noch etwas anderes aus, was auch jeden Tag vorkommen kann und vorkommt: Eine alte Frau muss ins Krankenhaus. Sie hat eine schwere Operation vor sich. Es geht um Leben und Tod. Sie weiß das und fragt sich, ob sie das schaffen wird, und sie hat große Furcht! Wenn diese alte Frau nun hört: Seid allezeit fröhlich!, dann soll sie das nicht voller Zuversicht auf die Ärzte blicken und sich sagen lassen: Die werden das schon machen! Die sind ja so geschickt und werden auch einen guten Tag haben, wenn sie den Eingriff machen.
Und sie soll auch nicht so zu sich sprechen und bei sich denken: Es sind so nette Schwestern hier im Krankenhaus und so gute Pfleger! Die werden sicher alles tun, was richtig ist, und mir wird schon nichts geschehen. Und schon gar nicht soll die alte Frau sich einreden: Die Medizin ist doch schon so weit! Ist es auch eine schwere Operation, so ist sie doch heute schon Routine und es kann gar nichts schief gehen. –
Gewiss ist es gut, wenn sie auch Vertrauen zu den Ärzten und dem Pflegepersonal hat. Auch der modernen medizinischen Technik darf sie etwas zutrauen. Aber darauf beruht nicht die Hoffnung, die sie haben darf! Die hat einen anderen Grund! Ihr fröhliches Gesicht wird von daher kommen, dass sie weiß: Mein Gott ist bei mir! Ich glaube: Es kann nur daher kommen! Denn Menschen machen Fehler. Sie können falsche Entscheidungen treffen. Und auch die Technik ist immer nur so gut wie die, die sie anwenden.
Gott dagegen unterliegt keiner Tagesform. Er macht nichts falsch. Und sein Plan mit uns ist immer gut und richtig. Also müssten wir der alten Frau wünschen, dass sie weiß, dass Gott sie in seiner guten Hand hält. Dass sie weiß, er entscheidet zuletzt, wie es ausgeht, was menschliches Können und Geschick an ihr tun. Aus diesem Wissen heraus könnte sie sogar ihr Vertrauen behalten, wenn die Operation nicht so ausgeht, wie sie sicher hofft.
Wir wissen ja aus vielen Worten Jesu, dass Gottes Liebe selbst am Tod keine Grenze hat und niemand ins Leere fällt, wenn er sterben muss. Auch da wird Gott sein. Und wir - und eben auch die alte Frau - wird bei Gott sein und alle Schmerzen, alles Leid und alle Krankheit ablegen dürfen. Von dieser letzten guten Aussicht her kann auch für sie die gelöste Miene und das Gefühl einer großen Geborgenheit kommen. Seid allezeit fröhlich!
Liebe Gemeinde, unsere frohen Gesichter kommen nicht von unserem Zutrauen auf Menschen. In Gott allein liegt unsere Freude, unser Vertrauen, unser Glaube und unsere Hoffnung. Wenn wir von daher heute wenigstens diese eine Tugend aus dem langen Katalog des Paulus beherzigen und üben würden, ich denke, es wäre nicht zu wenig! - Seid allezeit fröhlich! Amen.
Verfasser: Pfr. Manfred Günther, Lohgasse 11, 35235 Mücke
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