Wochenspruch: Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig. (Jesaja 40, 3.10)
Psalm: Psalm 85, 2 - 8 oder wie 1. Advent
Lesungen
Altes Testament: Jesaja 40,1 - 8.(9 - 11) oder Jesaja 11, 1 - 10 (s. Predigt)
Epistel: 1. Korinther 4, 1-5
Evangelium: Matthäus 11, 2 - 6.(7 - 10)
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 19 O komm, o komm, du Morgenstern
Wochenlied: EG 10 Mit Ernst, o Menschenkinder
Predigtlied: EG 506 Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht
Schlusslied: EG 1 Macht hoch die Tür
Kurze Hinführung:
Der Römerbrief ist eine Zusammenfassung von Paulus‘ Theologie, zugleich ist er eine „Visitenkarte“, die seine Romreise vorbereitet. Der Predigtabschnitt gehört zu der etwas längeren Auseinandersetzung zum Thema „Starke und Schwache in der Gemeinde“ – wie geht man mit ihnen um? Konkret geht es um das Essen oder Nicht-Essen von Götzenofperfleisch, was für uns heute keine Rolle mehr spielt, damals aber „Stein des Anstoßes“ war. Schon in 14,1 ermahnt Paulus zur Annahme, was er in 15,7 wiederholt. Annahme im weitesten Sinne als Thema der Predigt im Zusammenhang des 3. Adventes. Annahme, deren Ziel das gemeinsame Gotteslob ist. Die Aktion „Der andere Advent“ beschäftigt sich in diesem Jahr mit Türen. Wie wäre es (s. Vorschlag), seine Tür für den Fremden, das Fremde, den Atheisten oder… zu öffnen, in Anlehnung an eine andere Initiative, die es zunehmend in verschiedenen Gemeinden gibt: Lebendiger Adventskalender.
Als Lesung schlage ich Jes 11, 1-10 vor und, falls es zwei Lesungen gibt, Matthäus 11, 2-6.
Das Predigtlied nimmt das universale Gotteslob auf.
Liebe Gemeinde,
am dritten Advent wird’s langsam höchste Zeit, sich um Geschenke, um den Festtagsbraten, um den Tannenbaum und ähnliches Zubehör zu kümmern. Welchen Wert messen wir diesem Zubehör, diesem Beiwerk, zu? Überdecken sie das Wesentliche des Festes? Hindern sie uns, zum Grund vorzudringen oder ermöglichen sie es? Vieles, zu vieles (?), gilt es zu bedenken und vorzubereiten, so dass sich langsam in die Vorfreude die eine oder andere Spannung mischt. „Ach, wenn’s doch endlich vorbei wäre!“ stöhnt vielleicht mancher im Stillen. Dabei hat es doch noch gar nicht angefangen. Ein Glück, dass Sonntag ist und wir hier im Gottesdienst zu Ruhe kommen können. Am dritten Advent geht es um die rechte Vorbereitung und Wegbereitung, um das rechte Gotteslob, das andere mit einstimmen lässt oder das wir in das Lob anderer einstimmen.
Die Adventszeit ist eine Vorbereitungszeit, ähnlich der Passionszeit, deshalb sind die Paramente violett. Das macht uns darauf aufmerksam, dass es zunächst und vor allem um eine innere Vorbereitung geht. Wie sieht sie aus?
Sind wir bereit, das Kind aufzunehmen? Haben wir unsere Herzen auf Empfang gestellt? Was ist dazu bis Weihnachten noch nötig? Die Kinder müssen die Texte des Krippenspieles noch lernen. Das ist ihre Art, sich auf die Ankunft des Kindes vorzubereiten. Neben der sonstigen Vorfreude auf das Fest und die Geschenke. Und das wird ihre Art des Lobes sein, wenn auch eher unbewusst. Und wir Erwachsenen?
Der Predigttext ist auf den ersten Blick so gar nicht adventlich. Doch wie der Wochenspruch und die Evangeliumslesung weist er uns darauf hin, dass wir uns vorbereiten sollen. Indem wir das tun, bereiten wir dem Kommen Gottes in unsere Welt den Weg. Das geschieht auf ganz unterschiedliche Weise. Paulus stellt uns eine grundlegende Sache vor Augen: das Verhältnis zu unseren Mitmenschen. Wie steht es damit? Was müssen wir ansprechen und vielleicht auch klären, um eine wirkliche Gemeinschaft zu bilden – oder heute: um unbeschwert Weihnachten feiern zu können. In Rom war es das Verhältnis der Starken zu den Schwachen bzw. der verschiedenen Gruppen innerhalb der Gemeinde. Dabei ist es egal, wer nun gerade schwach oder stark ist. Die Grenzen sind fließend. Wie oft hat sich manche Schwäche als Stärke herausgestellt und umgekehrt. Wie oft hat Gott gerade das Schwache benutzt, um seine Stärke zu zeigen. Ihm geht es immer darum, unseren Blick zu weiten. In Rom ging es um die Insider und die Outsider, die die dazugehören und die anderen. Die anderen, das sind die Völker, manchmal auch als Heiden bezeichnet. Die anderen, das andere verunsichert, stellt infrage, macht Angst. Da hat sich also seit dem ersten christlichen Jahrhundert bis heute nicht so sehr viel geändert. Solch eine Vielfalt ist gottgewollt. Das muss man sich immer wieder sagen oder sagen lassen. Es fühle sich also niemand herausgehoben, weil er zu einer bestimmten Gruppe gehört. Paulus hat zu seiner Zeit immer wieder mit Streit der unterschiedlichsten Art zu tun. Streit, der sicher gut und wichtig ist, wenn er das Ziel nicht aus dem Auge verliert: den anderen in seiner Andersartigkeit so zu nehmen und gelten zu lassen, wie er ist. Ihn weder verbiegen noch klein machen, ihn weder mundtot machen noch links liegen lassen. Das erinnert uns an das höchste Gebot: Liebe deinen Nächsten, er ist wie du. Auch wir sind die anderen in den Augen der anderen. Das Schöne, das Bereichernde an dieser Tatsache lässt sich beim gegenseitigen Kennenlernen entdecken.
Gerade in der Vorweihnachtszeit merken wir diese Verschiedenheit ganz besonders: das fängt schon damit an, wie das Fest vorbereite und gefeiert wird, ob man am Heiligen Abend in den Gottesdienst geht und warum. Ist es lediglich ein Accessoire damit die weihnachtliche Stimmung hervorgelockt wird? „Wie soll ich dich empfangen und wie begegne ich dir…?“ die Frage aus dem Paul-Gerhardt-Lied erinnert uns daran, dass das nicht einfach ist. Doch dieses Kind kommt zu uns und lässt uns zu Kindern Gottes werden und damit zu Geschwistern untereinander. Was ist stark, was ist schwach? Manchmal belächeln wir die Art, wie unsere Mitmenschen ihre Häuser dekorieren und in eine Art Wettkampf eintreten.
Wäre es nicht eine Idee zu einer Adventsfeier der ganz anderen Art einzuladen (im kleinen, privaten Stil oder als Kirchengemeinde (s. Hinführung): ohne große Dekoration, nur ein paar Kerzen, ein paar selbstgebastelte Sterne, selbstgebackene Plätzchen zum Verkosten. Zeigen, dass weniger mehr ist, zeugen von der Hoffnung, die in uns ist. Auch hier Annahme. Gott nimmt Menschengestalt an. Gott nimmt uns so an, wie wir sind. Gott will, dass auch wir ihn, uns und die anderen annehmen. Gottes Ja zu uns braucht unser Amen. Das ist also eine adventliche Sicht auf das, was uns täglich umgibt als fremd, andersartig, heidnisch – wir würden vielleicht sagen atheistisch: zu wissen, der da kommt ist für alle da und will, dass alle miteinander auskommen. Er ist unser Friede und macht aus uns Friedensstifter. Es geht darum, auf sanfte Art und Weise Streit zu schlichten oder auch einfach zu lernen, mit den Unterschieden zu leben? Für Paulus und die Situation in Rom war dabei vor allem die Frage nach dem Gemeinsamen, dem Verbindenden entscheidend. Klar, Unterschiede gibt es und wird es immer geben, doch daneben eben auch Gemeinsamkeiten. Welche sind das? Können wir sie aufzählen? Haben wir uns schon einmal die Mühe gemacht, sie zu entdecken? Manchmal sind sie so offensichtlich, dass keiner mehr davon redet. Paulus erinnert die Christen in Rom daran, dass alle Grund zum Lob haben. Paulus zählt diverse Gründe auf: Geduld und Trost stehen ganz oben auf der Liste. Erinnert euch an die Geduld, die Gott mit der gesamten Menschheit ohne Unterschied hatte und mit der er euch bis heute bedingungslos liebt! War es nicht letztendlich Gott, der euch getröstet hat, als es euch so richtig mies ging, als ihr nicht mehr ein noch aus wusstet, als der Schmerz über den Tod eines lieben Menschen übermächtig wurde!? Erzählt euch davon und ermuntert so das gemeinsame Erkunden von dem was euch eint. Beides gibt uns Hoffnung. Hoffnung, dass es Gott gut mit uns allem meint, gerade und angesichts aller Unterschiedlichkeit. Hoffnung auf das einmütige Gotteslob. Einmütig, nicht damit man dem anderen „nach dem Munde rede“. Sondern, weil man den anderen angenommen hat und sich von ihm angenommen weiß. Diese gegenseitige Annahme ist keineswegs Duldung, sondern sie ist wie das Entgegenkommen des Vaters den verlorenen Söhnen gegenüber. (vgl. Lk 15) Es ist wie die Aufnahme der 276 Schiffbrüchigen auf der Insel Malta von der uns die Apostelgeschichte berichtet (Apg 28). Da wurde nicht lange gefragt, wer sie seien, ob sie es verdienten oder etwa was sie glaubten. Sie brauchten Hilfe. Also wurde ihnen geholfen.
Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Tatsache, dass man zum Glauben und zum Gottesdienst den anderen, den Nächsten braucht und in ihm Gott dient. Das meint Paulus, wenn er von christusgemäßem Leben redet. Er zitiert aus der Fülle der Tradition, wie es dem Volk Israel gelang in der Fremde Gott zu loben und wie die Heiden es taten. Was damals ging, sollte doch in Rom und heute auch gehen. Was damals und wohl auch in Rom noch nicht möglich war, aber immer gehofft wurde: gemeinsam Gott zu loben. Fehlt dazu eine einheitliche Art des Lobens oder gar ein gemeinsames Liedgut? Gibt es eine Melodie, auf die sich alle einstimmen können? Was unterschied damals das Gotteslob des Volkes Israel von dem der Heiden? War es lediglich der Inhalt oder betraf es auch die Form? Sicher beides, d. h. es müssen neue Inhalte und neue gemeinsame Formen gesucht werden. Natürlich kann man mit dem Schatz der Psalmen anfangen und sie als Grundlage für neue Lieder nehmen. Im Gespräch mit den Anderen, den Fremden sollte das möglich sein. Solche Gespräche machen uns untereinander bekannt und weniger fremd, ja vielleicht sogar zu Freunden. Schließlich zitiert Paulus aus der wunderbaren Weissagung Jesajas, die von einem Herrscher spricht, der alle durch sein Wesen anspricht – Israeliten wie Völker (Insider und Outsider, Bekannte und Fremde). Seine Herrschaft wird eine friedliche Koexistenz sondergleichen verursachen. Es ist ein Herrschen im edlen Sinne, das sehr viel mehr mit Ermöglichen zu tun hat als mit Machtspielen. Es ist ein Hervorkitzeln von den Möglichkeiten aller. Es ist wie das Entdecken von all unseren Talenten, die dazu diesen, diese Erde bewohnbar zu machen und als Wohnort für alle zu erhalten. Es ist wie eine Ideenkonferenz, die Türen öffnet, (nicht nur in der Adventszeit). Es lädt zum Bewahren ein und ist darauf aus, ein Gleichgewicht (wieder) herzustellen. Ein Gleichgewicht, das der Vielfalt Raum gibt. Auf diesen Herrscher hoffte Israel. Diese Hoffnung hat sich für uns Christen in Jesus dem Christus erfüllt. Lasst uns davon bei offenen Türen reden und so mit dem Lob beginnen. Amen.
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