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Der Weg zum Kreuz

von Bernd Wangerin (65931 Frankfurt)

Predigtdatum : 10.02.2002
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Estomihi
Textstelle : Jesaja 58,1-9a
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Wochenspruch:

Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn. (Lukas 18,31)

Psalm: 31,2-6 (EG 716)

Lesungen

Altes Testament:
Amos 5,21-24
Epistel:
1. Korinther 13,1-13
Evangelium:
Markus 8,31-38

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 449
Die güldne Sonne voll Freud und Wonne
Wochenlied:
EG 413
oder EG 384
Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt
Lasset uns mit Jesus ziehen
Predigtlied:
EG 418
Brich dem Hungrigen dein Brot
Schlusslied:
EG 245
Preis, Lob und Dank sei Gott, dem Herren

Anmerkungen zum Predigtentwurf Jes. 58,1-9a
Mir lag der Text in der Übersetzung von Claus Westermann (ATD) vor. Die „Gute Nachricht“ in Auswahl enthält den Text auch. Dort wird allerdings in der Überschrift der Gottesdienst allgemein problematisiert.
Eine gründliche Auslegung des Textes habe ich unterlassen zu Gunsten einer Hinführung zum Fasten heute am Beispiel Sieben-Wochen-ohne u.a.
Besonders gefallen hat mir in der exegetischen Arbeit von C. Westermann „Das rechte Fasten hat Bausteine zur Befreiung bereit!“ (V.6) Dazu ließen sich noch Lebensbeispiele hinzufügen.
Nicht verwendet habe ich den Gedanken, dass wir in Beziehungen uns häufig auf Sparflamme begegnen, sozusagen „falsch fasten“ mit Worten und Taten der Ermutigung, Zuneigung, Anerkennung, dass wir so „karg“ miteinander sind.
Diese Aspekte könnten im Kyrie anklingen.
Anmerkung zu Kirchenmusik und Gemeindegesang: Es wäre schön, wenn der Tisch „reich gedeckt“ wäre mit Lob und Dank. Freiheitslieder statt Bußgesänge!

Liebe Gemeinde!
An diesem Wochenende treibt der Karneval auf seinen Höhepunkt zu, doch das Kirchenjahr und die vorgegebenen Schriftworte zur Predigt sind schon auf die Zeit danach ausgerichtet, die Passions- oder Fastenzeit. „Ein Fasten, das Gott gefällt“ ist der Abschnitt beim Propheten Jesaja überschrieben, im Kapitel 58, die Verse 1-9a :
1 So spricht Gott zum Propheten: Rufe getrost, halte nicht an dich! Erhebe deine Stimme wie eine Posaune und verkündige meinem Volk seine Abtrünnigkeit und dem Hause Jakob seine Sünden!
2 Sie suchen mich täglich und begehren meine Wege zu wissen, als wären sie ein Volk, das die Gerechtigkeit schon getan und das Recht seines Gottes nicht verlassen hätte. Sie fordern von mir Recht, sie begehren, dass Gott sich nahe. 3 »Warum fasten wir und du siehst es nicht an? Warum kasteien wir unseren Leib und du willst's nicht wissen?«
Siehe, an dem Tag, da ihr fastet, geht ihr doch euren Geschäften nach und bedrückt alle eure Arbeiter. 4 Siehe, wenn ihr fastet, hadert und zankt ihr und schlagt mit gottloser Faust drein. Ihr sollt nicht so fasten, wie ihr jetzt tut, wenn eure Stimme in der Höhe gehört werden soll.
5 Soll das ein Fasten sein, an dem ich Gefallen habe, ein Tag, an dem man sich kasteit, wenn ein Mensch seinen Kopf hängen lässt wie Schilf und in Sack und Asche sich bettet? Wollt ihr das ein Fasten nennen und einen Tag, an dem der HERR Wohlgefallen hat?
6 Das aber ist ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast, lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg! 7 Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! 8 Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen. 9 Dann wirst du rufen und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich.
Nun steht dieser Text vor uns, das Buch ist aufgeschlagen, die Worte sind gelesen und gehört. So wie damals etwa, als dieser Bote Gottes sich hören ließ.
Soweit wir wissen, war er der Letzte in Israel, der mit Gewissheit von sich sagte: „Gott, der Herr, hat mich zu euch gesandt“. Halten wir einen Moment inne und betrachten diese tiefe Gewissheit. - Sie ist ein großes Geschenk aber auch eine schwere Last. Ein wenig davon spürt jede(r) im Zeugendienst noch heute.
Jetzt aber zuerst einige Informationen zum Fasten überhaupt, liebe Gemeinde: Im Alten Testament hieß das „ vom Morgen bis zum Abend keine Nahrung zu sich zu nehmen“ – so wie wir es heute bei unseren islamischen Miteinwohnern für die Zeit des Ramadan kennen.
Nach der Zerstörung Jerusalems 587 vor Christus kannte man in Israel vier Fastentage. Sie sollten dazu dienen, dass die Kinder Israels in Demut und Andacht Gottes Größe und ihre Erwählung feierlich bedachten. Aber im Laufe der Zeit ging dieser tiefe Sinn verloren und das Fasten wurde immer mehr zur Äußerlichkeit ohne entsprechende innere Haltung oder zur „ frommen Leistung“ – denken wir an den Pharisäer, der sich gegenüber dem Zöllner damit brüstet „Ich faste zweimal in der Woche...“(Luk.18,12)
Unser Prophetenwort legt genau auf diese Wunde den Finger, liebe Gemeinde. Von der inneren Einkehr ist nichts mehr übrig geblieben. Es wird zwar nicht gegessen, aber die Geschäfte müssen laufen, Streitereien um Schulden werden ausgetragen, oder man ist damit beschäftigt, sich als Fastender zur Schau zu stellen. „Warum fasten wir und du siehst es nicht, wir kasteien (peitschen) uns, und du bemerkst es nicht“, klagt das Volk, weil es die Nähe Gottes nicht spürt. Nein, bei dieser Art Fasten wendet ER sich ab. So nicht. Wie aber dann?
Bevor wir uns damit vertraut machen, was Jesaja empfiehlt, schauen wir uns um in der Fastenlandschaft unserer Tage; denn außer Verzicht auf Speise, seltener auch auf Trank, kann sich das Fasten auf vieles beziehen. Die Aktion „Sieben Wochen ohne“, seit vielen Jahren tätig, ruft dazu auf, von Gewohnheiten zu lassen, die sich im Alltag einen festen Platz erobert haben.
In ökumenischer Gemeinschaft fasten Christen bis zum Osterfest. Ein Kalender mit allerlei geistlicher Speise und praktischen Tipps begleitet sie dabei, und die Zentrale der Aktion hält Verbindung zu jedem/jeder Einzelnen, der/die sich angemeldet hat. In solcher Gemeinschaft findet man Kraft, sich Abhängigkeiten einzugestehen: Was man/frau eben so braucht und tut, ohne lange zu überlegen. Was eben gut schmeckt, gegessen und getrunken, wo man sich gerne aufhält, was man liest oder fernsieht, wie man miteinander umgeht. (evtl. kurze Beispiele)
Liebe Gemeinde, gewiss fällt Ihnen dazu etwas ein aus Ihrem eigenen Leben. Auf etwas verzichten, eine Zeit lang. Danach muss man es nicht mehr haben, oder man lernt, es wieder neu zu schätzen. Mit Gott hat das alles erst mal nichts zu tun. Es kann aber trotzdem hilfreich und gesund sein.
In einer Klinik für leib-seelische Beschwerden wird auch das Fasten eingesetzt. Allerdings auf besondere Weise z.B. als „Redefasten“ für Patienten, die einfach nicht den Mund halten können und damit nicht zur Ruhe finden, um Neues zu hören. Auch lernen sie den Wert ihres eigenen Wortes wieder zu schätzen. - Sogar das Klavierspielen kann ein Hindernis sein, um sich selbst und anderen Menschen neu zu begegnen. „Wir fasten auch vom Klavierspielen!“ ist dann ein Weg, um gesund zu werden.
Kommen wir zurück zu Jesaja, liebe Gemeinde, und fragen nach, was er uns Neues zu sagen hat. Gewiss hat er zuerst zu Israel gesprochen, und wir, die Gemeinde Jesu Christi, müssen bei Texten aus dem Alten Testament besonders aufmerksam sein, dass wir sie von Christus her lesen und verstehen.
(Auf die Frage, was die Christen das Alte Testament angeht, sagte Martin Luther: „...soweit es Christum treibet“ ist es wichtig. So ist kein Wort des Alten Testamentes wichtiger als die Verkündigung Jesu und seine Erlösung für uns.) Aber die Rede des Jesaja weist schon über seine Zeit hinaus auf das hin, was sich in Christus erfüllt hat.
Zu einem Fasten, das Gott gefällt, hat Jesaja hier grundlegend Neues zu sagen: Fasten ist keine Angelegenheit zwischen euch und Gott, sondern zwischen euch und euch, von Mensch zu Mensch also. Das rechte Fasten hat Bausteine zur Befreiung bereit.
Wo gefastet wird, da muss von Mensch zu Mensch etwas neu werden, muss etwas gelöst werden, was zuvor gebunden war. Das Helfen zur Freiheit ist jetzt Gott wohlgefälliger als die Selbstkasteiung. Alles, was der Mensch unmittelbar für Gott tun möchte, dass soll er auf den Mitmenschen richten um Gottes willen.
(evtl. mit eigenen Beispielen auflockern, konkretisieren)
Das ist religiöse Revolution, das ist die Konsequenz der Gottesebenbildlichkeit des Menschen. Und Jesus hat durch sein Leben und Sterben diesen Weg bestätigt.
Fasten ist im Neuen Testament einerseits überwunden – Jesus sagt einmal „Wie können die Hochzeitsleute fasten, wenn der Bräutigam bei ihnen ist?“ (Mk. 2, 19) – und darf auch keine fromme Leistung mehr sein, denn „es ist alles vollbracht“; aber es taugt noch als besondere Konzentration des Leibes und der Seele für Einzelne oder in Gruppen, um die Gemeinschaft mit Gott in Jesus Christus zu suchen und zu finden.
Liebe Gemeinde, neben der Aktion „Sieben Wochen Ohne“ gibt es in der Passionszeit und im Advent Angebote in kirchlichen Häusern zum gemeinsamen Fasten. Der Erfolg ist beinahe garantiert, weil die Gemeinschaft leibliche und geistliche Schwierigkeiten aller trägt. Fragen Sie nach, ihr Pfarramt kann Ihnen die Anschriften besorgen. Machen Sie neue Erfahrungen, frischen Sie alte Erfahrungen auf. Es wird Ihnen gut tun. Sie werden Befreiung erfahren und Freiheit schenken, „die herrliche Freiheit der Kinder Gottes“!
Kanzelgebet: Herr, Jesus Christus, heute hast du durch das Prophetenwort zu uns gesprochen. Bewege es in unseren Herzen, lass uns erkennen, ob auch wir uns durch das Fasten Dir nahen sollen und damit Leib und Seele bereiten sollen zu Deiner Ehre und für unseren Nächsten. Dein Name sei gelobt! Amen.

Verfasser: Pfarrer i.R. Bernd Wangerin, Hugo-Kallenbach-Str. 59 65931 Frankfurt

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