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Der Weg zum Kreuz

von Martin Bender (55128 Mainz-Bretzenheim)

Predigtdatum : 05.03.2000
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Estomihi
Textstelle : Amos 5,21-24
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Wochenspruch:

Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn. (Lukas 18,31)

Psalm: 31,2-6 (EG 716)

Lesungen

Altes Testament:
Amos 5,21-24
Epistel:
1. Korinther 13,1-13
Evangelium:
Markus 8,31-38

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 445
Gott des Himmels und der Erden
Wochenlied:
EG 413
oder EG 384
Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt
Lasset uns mit Jesus ziehen
Predigtlied:
EG 295
Wohl denen, die da wandeln
Schlußlied:
EG 245
Preis, Lob und Dank sei Gott, dem Herren

21 Ich bin euren Feiertagen gram und verachte sie und mag eure Versammlungen nicht riechen. 22 Und wenn ihr mir auch Brandopfer und Speisopfer opfert, so habe ich kein Gefallen daran und mag auch eure fetten Dankopfer nicht ansehen. 23 Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören! 24 Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.

Liebe Gemeinde!
Morgen ist - wie man in Mainz und andernorts sagt - mit dem Rosenmontag der höchste “Feiertag” des Jahres.
Und heute hören wir einen solchen Text, in dem der Prophet über Feiertage und Versammlungen harte Worte findet. So mancher, dem das Narrentreiben schon längst ein Dorn im Auge ist, kann jetzt sagen: Da seht ihr’s - schon der Prophet Amos war dagegen! -
Nun beschränken sich ja manche der närrischen Korporationen und anderen Vereine nicht auf die allgemein bekannten Veranstaltungen, sondern sie gehen auch in die Altersheime und dorthin zu den Menschen, wo ein wenig Freude und Vergnügen sonst selten hinkommen. Und da gibt es Menschen, die sagen, das alles diene nur zur Gewissens-Beruhigung oder als Ablenkungs-Manöver, um nach außen einen guten Eindruck zu machen. Damit unterstellen sie den Verantwortlichen unlautere Absichten, Unredlichkeit. Ganz abgesehen davon, daß dies in der Sache nicht richtig ist, ist es ein Unrecht gegen die, denen man unrechte Absichten nachsagt und unterstellt, ohne sie beweisen zu können.
Doch was hat dies alles mit unserem heutigen Text zu tun? - Was ist der Hintergrund und der Zusammenhang, auf dem dieser Abschnitt zu sehen ist ?
Soweit wir heute wissen, war Amos vermutlich kein Angehöriger des Volkes Israel. Aber er war mit dem jüdischen Glauben und den Glaubens-Inhalten wohl vertraut. Und eines Tages erhält dieser Mann von Gott den Auftrag, dem Volk etwas zu sagen, eine, Botschaft Gottes zu überbringen. Das tut Amos denn auch auf recht spektakuläre Weise. Offenbar ist er mitten im Gottesdienst aufgetreten.
Das war an sich damals nichts Ungewöhnliches, denn jeder, der die Schrift kannte und. etwas zum Gottesdienst beizutragen wußte, durfte das Wort ergreifen. Aber Amos tut das in äußerst scharfer Form. Er läuft Sturm gegen die Zustände seiner Zeit. Er prophezeit Schreckliches, ein göttliches Strafgericht. Er sagt auch voraus, daß das Land verwüstet und das Volk weggeführt werden wird - was denn auch etwa 100 Jahre später tatsächlich geschah.
In dieser Strafpredigt, die er mitten in einem Gottesdienst oder einer Festversammlung hält, sagt er auch diese Worte, die wir heute etwas näher betrachten.
Eben weil sie nicht nach dem Gesetz handeln, weil sie Gottes Gebote mißachten, sollen die Menschen bestraft werden. Da helfen auch keine Opfer und keine Gebets-Versammlungen, denn sie gelten vor Gott nicht als ehrlich. -
Und was hören auch wir heute immer wieder über unseren Glauben und unsere Gottesdienste?
“Die gehen ja nur zur Kirche, um gesehen zu werden” - “Wenn man die am Werktag erlebt, dann sind sie ganz anders als am Sonntag vormittag.” usw.
Die, die so reden, sind durchweg Kirchenfremde, Menschen, die in der Regel gar nicht wissen, was hier gesprochen und gebetet wird. Sie halten die Kirche, die Gemeinde, den Gottesdienst für moralische Institutionen. “Gut sein, anderen Menschen helfen, das kann ich auch ohne Kirche.” - sagen sie. Nur, daß es hier in erster Linie nicht um Moral geht, sondern darum, daß Gott uns annimmt, und daß daraus unser Handeln bestimmt wird, das wird weitgehend verkannt.
Damals zur Zeit des Propheten Amos war es nicht anders. Er wußte, worauf es ankommt. Nicht das Feiern als solches ist es, nicht die Lieder, die wir singen, nicht das Geld, das wir in die Kollekte geben, sondern unsere innere Einstellung die dahinter steht. Es geht um die Diskrepanz zwischen Glauben und Handeln, an der sich zeigt, daß da die Verbindung von den Menschen zu Gott nicht mehr in Ordnung ist. Es ist die Ungerechtigkeit, die Mißachtung des Rechts, die der Prophet hier angreift, weil die Orientierung des täglichen Lebens am Wort Gottes abgerissen ist. Die Gottesdienste sind zur Routine verkommen.
Dabei meint er nicht die einfachen Gemeindeglieder, sondern die Verantwortlichen, die geistigen Führer des Volkes, Priester, Richter, leitende Verwaltungs-Beamte. Wenn wir hier im Gottesdienst beieinander sitzen und gemeinsam auf einen solchen Text hören, dann stellt sich uns die Frage, ob denn da die richtigen Adressaten zuhören, ob das Wort die richtigen Ohren erreicht.
Vielleicht sitzt aber doch heute hier unter uns oder in einer anderen Gemeinde der eine oder andere, den das etwas angeht. Es kommt ja überall immer wieder vor, daß bei Verwaltungs-Entscheidungen, bei Urteilen oder bei der Klärung von Schuldfragen Fehler gemacht werden. Und es ist auch nicht auszuschließen, daß - aus welchen Gründen auch immer - dabei wissentlich Unrecht getan wird. Und gibt es nicht auch Kaufleute und Handwerker und andere, die sich mit unlauteren Mitteln Vorteile verschaffen zu Lasten anderer, zu Lasten Schwächerer?
Wer von uns könnte von sich allen Ernstes behaupten, noch nie im Leben einem anderen Menschen Unrecht getan zu haben, ungerecht gewesen zu sein gegen jemand - und das möglicherweise nicht nur versehentlich, sondern durchaus bewußt, auch im Bewußtsein, daß es ein Unrecht ist. - “Aber das ist ja nicht so schlimm, das verkraftet der schon” - Oder: “Der hat so was schon lange verdient”. - Also: Aufs hohe Roß brauchen wir uns da alle miteinander nicht zu setzen.
Nun sind wir hier versammelt im Gottesdienst, um Gott anzubeten, ihn zu loben, ihm zu danken, auf sein Wort zu hören - und um Vergebung zu bitten für das, womit wir gegen sein Wort und seinen Willen gehandelt haben. Und da tönt uns das Prophetenwort entgegen: “Ich kann eure Versammlungen nicht riechen!” - “Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder!” -
Für eine derartige Beschimpfung sind wir doch nicht heute morgen hier zusammengekommen! Aber da steht der letzte Satz, und der ist wohl der wichtigste für uns: Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.
Das heißt: Gerechtigkeit ist auch uns zur Aufgabe gestellt, nicht nur den Mächtigen und Einflußreichen. Gerechtigkeit zu üben ist die Pflicht eines jeden unter uns. Gerechtigkeit aber kommt nicht von uns selbst, aus uns selbst heraus. Sie kommt von Gott, und sie wird durch uns nur wirksam, sie wird von uns ausgeübt, wenn wir seine Werkzeuge sind, wenn wir bereit sind, uns in seinen Dienst zu stellen, uns ihm zur Verfügung zu stellen. Gerechtigkeit kann nur der üben, der selbst gerecht ist. Dabei sind wir als Menschen in unserer menschlichen Natur zunächst gar nicht gerecht. Wir bedürfen der Gerechtigkeit, die von Gott kommt, um erst einmal selbst gerechtfertigt zu werden, zu Gerechten gemacht zu werden.
Unser Handeln, unser ganzes Leben ist Ausdruck dessen, ob wir gerechtfertigt, zu Gerechten gemacht sind durch Gott. Wenn wir durchdrungen sind von seiner Gerechtigkeit, dann wird auch unser Leben und Handeln gerecht. Unser Leben ist immer nur die Konsequenz aus unserer persönlichen Bindung an ihn. Wo die nicht echt ist, da ist auch unser Denken und Tun nicht in Ordnung. Und dann sind auch unsere Gottesdienst nicht echt.
Das ist es, worauf Amos abzielt, und was auch als Frage an uns gerichtet ist. Wenn in wenigen Tagen die Passionszeit, die Fastenzeit beginnt, dann werden auch manche Evangelische ihr Leben darauf umstellen. Sie werden das Fasten, das Sich-Enthalten, den Verzicht nutzen für eine Verinnerlichung ihres Lebens, um sich auf das Wesentliche zu besinnen.
Das gilt nicht nur im Hinblick auf die Passionszeit, in Erinnerung an das Leiden und Sterben Jesu, sondern auch ganz allgemein. Dabei kommt es nicht auf das Fasten als solches an, sondern auf die Verinnerlichung, die Besinnung auf das jeweils Wesentliche. Das Fasten ist kein Selbstzweck, keine eigenständige Handlungsweise. Es kann uns nur dabei helfen. So kann uns die nun vor uns liegende Zeit - mit oder ohne Fasten oder Verzicht - näher zu Gott bringen. Es wäre ein Irrtum zu glauben, daß wir uns mit Fasten etwas erwerben könnten, das uns gerecht machen könnte. Das wären dann die Opfergaben, die der Prophet Amos so scharf verurteilt.
Es gab eine einzige Opfergabe, die Geschichte gemacht hat. Das war der Opfergang Jesu ans Kreuz. Damit hat er uns Gerechtigkeit erworben, die alles andere in den Schatten stellt. Wenn Gerechtigkeit fließen soll wie Wasserströme, dann ist auch das ein prophetisches Wort, mit dem Amos schon auf Jesus hinweist. In den Strömen seines Blutes ist die Gerechtigkeit auf uns gekommen, derer wir bedürfen, um selbst gerecht zu werden vor Gott. Und erst aus dieser Gerechtigkeit heraus können wir selbst Gerechtigkeit üben.
Wenn wir uns dieser Gerechtigkeit freuen und das feiern in unseren Gottesdiensten, dann hätte auch Amos nichts dagegen einzuwenden. Was er geißelt und anprangert, ist der Versuch, Gott mit Opfergaben gnädig stimmen zu wollen. Seine Gnade können wir nur erbitten. Aber wir dürfen Dankopfer bringen für das, was wir empfangen haben. Das sieht dann so aus, daß wir etwas weitergeben von dem, was wir empfangen haben: Gerechtigkeit vor Gott.
Wenn wir uns in diesem Bewußtsein - je nach Geschmack und Laune des einzelnen - auch an dem fröhlichen Treiben dieser Tage erfreuen, dann können wir auch in der richtigen Verfassung in die vor uns liegende Zeit gehen und uns dankbar auf die Gerechtigkeit einstellen, die allein Bestand hat.
Denn Gottes Gerechtigkeit strömt wie ein nie versiegender Bach. Das ist kein Wunsch mehr, sondern Wirklichkeit. Amen.

Verfasser: Prädikant Martin Bender, Südring 98, 55128 Mainz

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