Wochenspruch: "Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle." (Offenbarung 1,18)
Psalm: 118,14-24 (EG 747)
Reihe I: Johannes 20,11-18
Reihe II: 1. Korinther 15,(12-18)19-28
Reihe III: 2. Mose 14,8-14.19-23.28-30a;15,20-21
Reihe IV: Markus 16,1-8
Reihe V: 1. Korinther 15,1-11
Reihe VI: 1. Samuel 2,1-8a
Eingangslied: EG 99 Christ ist erstanden
Wochenlied: EG 117 Der schöne Ostertag
Predigtlied: EG 112 Auf, auf mein Herz
Schlusslied: EG 116 Er ist erstanden
1 Ich erinnere euch aber, Brüder und Schwestern, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, 2 durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr’s so festhaltet, wie ich es euch verkündigt habe; es sei denn, dass ihr’s umsonst geglaubt hättet. 3 Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; 4 und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift; 5 und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen. 6 Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. 7 Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. 8 Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden. 9 Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. 10 Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist. 11 Ob nun ich oder jene: So predigen wir, und so habt ihr geglaubt.
Der Predigttext ist die Einleitung des großen Auferstehungskapitels des 1. Korintherbriefs. Paulus, der einige Jahre zuvor die Gemeinde in der belebten griechischen Hafenstadt gegründet hatte, war mehrere Jahre nicht mehr dort gewesen. Die Beliebtheit anderer Prediger in Korinth ließ einige Gemeindeglieder an der Bedeutung von Paulus zweifeln. Paulus entfaltet daher in diesem Brief Grundzüge seiner Theologie, bezogen auf konkrete Fragen, die in der korinthischen Gemeinde laut wurden und ihm zugetragen wurden.
Die Frage, auf die das Kapitel 15 antwortet, wird in V.12 zitiert. Etliche Gemeindeglieder in Korinth leugnen die leibliche Auferstehung. Paulus schreibt:
Wie können da einige von euch behaupten: »Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht!«?
In Folge wird die Frage der Auferstehung, nicht nur als spirituelle, sondern als leibliche Auferstehung dargestellt. Doch in den ersten 11 Versen, unserem Predigttext, legt Paulus die Grundlage.
Zwei Dinge sind dabei entscheidend:
Aber ist die Ostergeschichte derart zeitlich ausdehnbar und darf sie quasi mit Fortsetzungskapitel als persönliche Geschichte erzählt werden? Ist dann nicht alles nur subjektiv? Im letzten Vers 11 erwidert Paulus eine Antwort auf diese nicht gestellte Zwischenfrage und legt Wert darauf, dass seine Botschaft identisch ist mit der Botschaft aller: „ob nun ich oder die anderen Apostel.“
Dass Paulus dabei nur männliche Apostel und nicht die in der Lesung des Evangeliums (Mk 16,1-8) erwähnten Zeuginnen der Auferstehung erwähnt, gehört zu den unglückseligen Dellen seiner Gemeindeethik, in der er just in diesem Brief den Frauen in der Gemeinde rät, zu schweigen (1. Kor 14,34). Hier muss Paulus widersprochen werden in der Anwendung seiner eigenen Denkweise.
Das Ostergeschehen ist neu zu erzählen in persönlicher, kirchlicher und politischer Relevanz und greift dabei zurück auf das überlieferte Zeugnis. Und dieses nennt die Frauen als erste Zeuginnen der Auferstehung.
Für den Vortrag der Predigtperikope innerhalb der Predigt wird ein*e Lektor*in benötigt.
Liebe Gemeinde am Ostersonntag,
es macht mich verrückt, wenn ich so lange warten muss! Das gibt es heute noch bei manchen neuen Staffeln von Serien im Internet, dass die nächste Folge erst in einer Woche kommt! Das Rezept ist uralt und heißt „Cliffhanger“: Da stürzt einer über die Klippe und fängt sich gerade noch mit den Händen und muss sich bis zur nächsten Folge eine Woche am Abgrund festhalten.
Einige der Ostergeschichten haben das Zeug zum Cliffhanger, weil wir sehnlichst die nächste Folge brauchen, um zu wissen, wie es weitergeht:
Das Neue Testament erzählt dann die Folgegeschichten und man muss, wie in alten Fernsehzeiten eine Woche darauf warten. Bei Thomas waren es genau 8 Tage und dann erschien Jesus auch ihm. Bei den Frauen wird es unterschiedlich berichtet, dass Jesus ihnen begegnete, ganz besonders Maria von Magdala. Jesus gibt sich ihr zu erkennen.
Lesen Sie mal die Ostergeschichten! Die haben von ihrem speziellen Inhalt her das Zeug zur Fortsetzungsgeschichte. Sie erzählen, dass der Tod, der allem Leben ein Ende setzt, selbst am Ende ist. Und dass Jesus aus dem Tod zum Leben gekommen ist, und die ins Leben mitnimmt, die auf ihn vertrauen. Und deswegen kann am Ende der Ostergeschichte niemals stehen: „Das Ende. The End“, sondern immer nur „Fortsetzung folgt“.
Heute geht es, liebe Gemeinde, um eine Fortsetzungsgeschichte, die nicht einige Tage und nicht eine Woche später ausgestrahlt wird, sondern einige Jahre später! Und die Person, um die es sich dreht, hatte Jesus ganz und gar nicht vertraut, sondern ihn und seine Jünger und Jüngerinnen der ersten Stunde bis aufs Blut verfolgt! In Damaskus – und nun wissen Sie, um wen es geht – hatte er eine kleine christliche Gemeinde vermutet und wollte sie aufspüren. Doch dann geschah sein persönliches Ostern.
In dem Abschnitt, den wir nun hören aus dem 1. Korintherbrief schreibt Paulus an die Gemeinde in der griechischen Hafenstadt. Er berichtet dabei von der ursprünglichen Ostergeschichte und seiner ganz persönlichen Folgegeschichte.
Wir hören auf den 1. Korintherbrief im 15. Kapitel:
Prediger*in
1 Geschwister, ich möchte euch an das Evangelium erinnern, das ich euch verkündet habe. Ihr habt diese Botschaft angenommen, sie ist die Grundlage eures Lebens geworden,
2 und durch sie werdet ihr gerettet – vorausgesetzt, ihr lasst euch in keinem Punkt von dem abbringen, was ich euch verkündet habe. Andernfalls wärt ihr vergeblich zum Glauben gekommen!
3 Zu dieser Botschaft, die ich so an euch weitergegeben habe, wie ich selbst sie empfing, gehören folgende entscheidenden Punkte:
Lektor*in
Christus ist – in Übereinstimmung mit den Aussagen der Schrift – für unsere Sünden gestorben.
4 Er wurde begraben, und drei Tage danach hat Gott ihn von den Toten auferweckt – auch das in Übereinstimmung mit der Schrift.
5 Als der Auferstandene hat er sich zunächst Petrus gezeigt und dann dem ganzen Kreis der Zwölf.
Prediger*in
6 Später zeigte er sich mehr als fünfhundert von seinen Nachfolgern auf einmal; einige sind inzwischen gestorben, aber die meisten leben noch.
7 Danach zeigte er sich Jakobus und dann allen Aposteln.
8 Als Letztem von allen hat er sich auch mir gezeigt; ich war wie einer, für den es keine Hoffnung mehr gibt, so wenig wie für eine Fehlgeburt.
9 Ja, ich bin der unwürdigste von allen Aposteln. Eigentlich verdiene ich es überhaupt nicht, ein Apostel zu sein, denn ich habe die Gemeinde Gottes verfolgt.
10 Dass ich trotzdem ein Apostel geworden bin, verdanke ich ausschließlich der Gnade Gottes. Und dass Gott mir seine Gnade erwiesen hat, ist nicht vergeblich gewesen. Keiner von allen anderen Aposteln hat so viel gearbeitet wie ich. Aber wie ich schon sagte: Nicht mir verdanke ich das Erreichte, sondern der Gnade Gottes, die mit mir war.
11 Im Übrigen ist die Botschaft, die wir verkünden – ob nun ich oder die anderen Apostel –, immer dieselbe, und diese Botschaft ist es auch, die ihr im Glauben angenommen habt.
Das, was unser*e Lektor*in eben in der Lesung des Predigttextes gelesen hat, ist eines der ältesten Stücke im Neuen Testament. Paulus gibt wieder, was er selbst übernommen hat. Die Botschaft, die er zuvor bekämpft hatte und die für ihn nun die Grundlage von allem geworden ist. Sie beschreibt, was mit Christus an Karfreitag und Ostern geschehen ist in 4 entscheidenden Stationen: Jesus ist gestorben, er wurde begraben, doch Gott hat ihn auferweckt und so hat er sich den Jüngern und Jüngerinnen gezeigt.
Und nun kommt das wirklich Entscheidende, denn Paulus erzählt die alte Geschichte und kommt direkt auf das Folgekapitel in seinem Leben zu sprechen. Es ist wie bei Netflix, wenn in einer Serie eine neue Staffel beginnt: Innerhalb von wenigen Sekunden überspringe ich einige Jahren und bin in der neuen Reihe angekommen.
„Was bisher geschah.“ Jesus ist gestorben, er wurde begraben, doch Gott hat ihn auferweckt und so hat er sich den Jüngern und Jüngerinnen gezeigt. Und nun erzählt Paulus einfach weiter, macht frech die alte Geschichte zu seiner Geschichte. Er ergänzt noch die Reihe der Jünger, denen Jesus noch erschienen ist, um dann nach 2 Versen bei sich selbst zu landen. Und hier fängt die Folgegeschichte an:
„Als Letztem von allen hat er sich auch mir gezeigt; ich war wie einer, für den es keine Hoffnung mehr gibt.“ (V.7)
Paulus macht klar: Ich habe diese Ostererfahrung, dieses Glück, diese Freude gar nicht verdient, denn ich habe doch die Gemeinde verfolgt. Dass es mir trotzdem widerfährt, das ist Gnade, unverdiente, große Liebe! In dieser Liebe hat sich Christus mir als lebendig erwiesen.
Und so stellt sich Paulus erneut seiner Gemeinde vor. Als einer, der mutig und frech die Ostergeschichte in sein Leben hinein verlängert hat. Der sich selbst als Apostel sieht – und mit Staunen registriert, wie sagenhaft das auch für ihn ist.
In Korinth gibt es viele, die an eine leibliche Auferstehung nicht glauben. Das wird im weiteren Verlauf besprochen. Hier holt Paulus seine Ausweispapiere heraus und zeigt der Gemeinde, wer da zu ihnen spricht. Einer, der Jahre später dazu gekommen ist, aus großer Schuld und Not: Einer, der es überhaupt nicht verdient hat, und dennoch gerade so, von dem Leben erzählt, das ihm nun gilt. Unverdient, aus Liebe und Gnade.
Was für uns heute wichtig ist: Ostergeschichten haben immerzu Folgegeschichten. Sie werden niemals fertig erzählt werden!
Paulus hat seine Folgegeschichte in eine ganz bestimmte Situation hinein erzählt: Ich bin einer, dem dieser auferstandene Christus auch erschienen ist. Als solcher rede ich heute zu euch und erzähle euch davon, dass – bei all dem, was wir erleben, der Tod seine Kraft verloren hat: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?«“ Der Spottgesang auf den kraftlos gewordenen Tod ergibt sich nicht automatisch, sondern ist Folgegeschichte der Ostergeschichte im Leben der Menschen.
Die Art und Weise, wie Paulus hier erzählt, weckt in mir eine doppelte Hoffnung:
Die erste Hoffnung bezieht sich auf diese Welt, hofft auf dieses Leben jetzt und hier. Gott hat in dieser Welt den allmächtigen Tod gebrochen. Und deshalb sind wir mutig gegen alle Schwätzerei, die keine Hoffnung hat und kämpfen für den Frieden, für Gerechtigkeit und dass wir Menschen auch die Natur schützen für die Generationen, die uns folgen werden.
(PARKPLATZ: Hier kann das Beispiel eines Menschen erzählt werden, der oder die sich im Glauben einsetzt gegen Hoffnungslosigkeit im Leben anderer Menschen).
Und die andere Hoffnung, die wir als Christinnen und Christen auch haben dürfen ist eine Hoffnung für das Leben in der kommenden Welt. Wir dürfen solchen Menschen, die am Ende des Lebens angekommen sind, im hohen Alter oder durch eine Krankheit, sagen dass dieser Christus das Leben ist und dass die Folgegeschichte noch kommt. Es gibt Schicksale im Leben von Menschen, da richtet es sich nicht mehr in diesem Leben zurecht, da bleiben Fragen und Wunden offen, die einmal in einem neuen Leben, in Gottes Licht beantwortet und geheilt werden.
Wir singen gleich ein Osterlied von Paul Gerhardt (EG 112) und es drückt einzigartig aus, was es mit der Folgegeschichte auf sich hat:
Ich hang und bleib auch hangen
an Christus als ein Glied;
wo mein Haupt durch ist gangen,
da nimmt er mich auch mit.
Er nimmt mich auch mit! Mich auch! Das war das große Staunen in der Geschichte des Paulus. Dieser Christus ist auch für mich. da nimmt er mich auch mit. Mich auch! Die Ostergeschichte schreibt eine Folgegeschichte in meinem, in deinem Leben. Vielleicht ist sie noch gar nicht erzählt? Vielleicht ist sie noch gar nicht geschehen?
Amen
Verfasser: Andreas Klein
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