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Die Auferstehung Jesu Christi von den Toten

von Christof Enders (Jerichow)

Predigtdatum : 12.04.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : Ostersonntag
Textstelle : 1. Korinther 15,(12-18)19-28
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Wochenspruch: Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. (Offenbarung 1,18)

Psalm: 118,14-24 (EG 747)

Predigtreihen

Reihe I: Johannes 20,11-18
Reihe II: 1. Korinther 15,(12-18)19-28
Reihe III: 2. Mose 14,8-14.19-23.28-30a;15,20-21
Reihe IV: Markus 16,1-8
Reihe V: 1. Korinther 15,1-11
Reihe VI: 1. Samuel 2,1-8a

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 100 Wir wollen alle fröhlich sein
Wochenlied: EG+ 19 Wir stehen im Morgen
Predigtlied: EG 112 Auf, auf, mein Herz, mit Freuden
Schlusslied: EG 116, 1.4 Er ist erstanden, Halleluja

Predigttext 1. Korinther 15,(12-18)19–28

Gegen die Leugnung der Auferstehung der Toten

(12 Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferweckt ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten?
13 Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferweckt worden.

14 Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.
15 Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen.
16 Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden.
17 Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden;
18 dann sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren.)
19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.

Christus ist auferweckt

20 Nun aber ist Christus auferweckt von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.
21 Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten.

22 Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden.
23 Ein jeder aber in der für ihn bestimmten Ordnung: als Erstling Christus; danach die Christus angehören, wenn er kommen wird;
24 danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er vernichtet hat alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt.
25 Denn er muss herrschen, bis Gott »alle Feinde unter seine Füße gelegt hat« (Psalm 110, 1).
26 Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod.
27 Denn »alles hat er unter seine Füße getan« (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, alles sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat.
28 Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, auf dass Gott sei alles in allem.

Gnade sei mit euch und Frieden, von Gott, unserem Vater und unserem Herrn, Jesus Christus.

„Der Herr ist auferstanden“ – So haben wir es eben gesagte, am Beginn des Gottesdienstes. Manchmal verwenden wir diese Worte auch als Gruß am frühen Ostermorgen: „Der Herr ist auferstanden“, sagte der Eine – „Er ist wahrhaftig aufer-standen“, antwortet der Andere.

Viele singen auch gern diese Worte. Oft etwas schüchtern. Aber der Nachbar singt mit. Und der nächste auch. So sind wir eingebunden in die große Gemeinde. Wir singen in der Kirche und sehen nach vorn. Und alles singt mit. Die Sonne, die durch das Ostfenster der Kirche in den Raum fällt, die Blumen, die auf dem Altar stehen in ihren kräftigen und knalligen Farben und die Kerzen auf dem weißen Altartuch, feierlich und klar. Manche Gemeinde hat gestern Nacht oder heute Morgen die Osternacht gefeiert: In der Stille der Nacht gehen die Menschen in die dunkle Kirche. Und nach etlichen alten Lesungen, nach dem Einzug der Osterkerze, nachdem sich die ganze Kirche mit dem Licht vieler Kerzen erhellt hat und nachdem dann endlich das Evangelium von der Auferstehung gelesen wurde, dann wird dieser Ostergruß ange-stimmte. „Der Herr ist auferstanden!“ Dreimal erfolgt der Ruf. Jedes Mal einen Ton höher, sodass es am Ende wie ein Jubel klingt: „Der Herr ist auferstanden!“

Und ich? Ich kann mich einfügen in den Gesang. Diese alten Worte einfach mitsingen. Obwohl es nicht meine eigenen sind. Ich kann mich hineingeben in die Feier und hinhören auf das Geheimnis des Glaubens. Und meine Stimme wird getragen. Vom Gesang der anderen. Und vom Raum. Der Schall wird nicht von den dicken Teppichen meines Wohnzimmers geschluckt, sondern die klare und kühle Luft trägt meinen Gesang. Oft gibt es ein kleines Echo. Der Klang kommt zurück. Im Hall des Raumes scheint es fast so, als dass nicht nur die singen, die jetzt mit mir in den Bänken sitzen, sondern auch die, die vorher darauf gesessen haben, die in diesem Raum gelebt und gebetet haben, die längst schon verstoben sind, aber deren Klang ihrer Stimmen sich irgendwie mit den dicken Mauern der Kirche verbunden hat. Und jetzt schwingt ihr Gesang mit. Die Verstorbenen singen mit und machen mein eigenes Singen leichter.

Liebe Gemeinden, die Generationen vor uns helfen unserem Glauben jetzt. Sie tragen uns und unseren Glauben und unseren Gesang. Als Paulus sein wichtiges Kapitel über die Auferstehung im Brief an die Gemeinde in Korinth verfasst, da meint er nicht viel anderes. Wir haben es gerade in der Epistel gehört. Paulus sagt: Ich gebe euch doch nur weiter, was ich selbst übernommen haben und was mich selbst trägt. Nämlich das Christus gestorben ist und dass er auferweckt wurde. Das ist für Paulus entscheidend: dass diese Information nicht von ihm selbst stammt, sondern von vielen anderen, die vor ihm waren. Er gibt nur weiter, was er selbst gehört hat: Der Herr ist auferstanden.

Für die Menschen seiner Zeit ist das was ganz Normales und ganz Wichtiges. Nur was sich über Generationen hinweg bewährt hat, kann gut sein. „Weil unsere Väter geglaubt haben, deshalb haben auch wir einen Zugang zum Glauben gefun-den.“ Ganz oft finden wir solche Sätze im Alten Testament.

So typisch das für die Menschen damals ist, so untypisch erscheint uns das heute. Denn eine ungebrochene Abfolge von Generationen und die Weitergabe von Traditionen gibt es ja bei uns scheinbar schon lange nicht mehr. Heute muss alles neu und originell sein und wehe es hat schon jemand anders vor uns etwas Ähnliches auf den Markt gebracht. Manch einer nimmt sich sogar selbst nicht mehr ernst und sagt: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!“

Aber ganz so kurzlebig ist das Denken und Fühlen von uns Menschen nicht. Und das beginnen wir langsam zu begreifen. Wir stehen nämlich sehr wohl in einer Linie der Generationen und manche Dinge und Entwicklungen erkennen wir erst, wenn wir sie über Generationen hin verfolgen. Oft haben zum Beispiel Väter nicht über ihre Erlebnisse im Krieg erzählt. Sie blieben merkwürdig stumm und abweisend. Und so meinte dann manches Kind, es liegt an ihm, wenn der Vater so komisch ist. In der Bibel heißt es sehr bildhaft: Die Väter haben saure Trauben gegessen und den Söhnen sind die Zähne davon stumpf geworden.

Das Wissen der Generationen beeinflusst uns. Und hoffentlich treten die negativen Erfahrungen zugunsten der positiven zurück. Wie schön ist es, wenn wir bei der Erziehung der Kinder nicht allein dastehen. Die eigenen Eltern helfen als Oma und Opa. Laden die Kinder in den Ferien zu sich ein, helfen bei Krankheit und können sogar manchmal zugeben, dass die Kindererziehung früher auch nicht immer leicht und erfolgreich war.

Für Viele war es ein Schock, als rauskam, dass die beliebte Fernsehserie „Die Lindenstraße“ eingestellt werden sollte. Vor zwei Wochen ist sie zum letzten Mal ausgestrahlt worden. Über dreißig Jahre hat es diese Serie gegeben. Also eigentlich über Generationen hinweg. Für Viele war der Termin am Sonntag fest verankert. Das war ein Ritual. Und dass fällt jetzt einfach weg? Wir dürfen die Prägekraft von solchen Sendungen nicht unterschätzen. Viele haben zugeschaut mitgefiebert, mitgelitten, mitgeweint. Egal ob alt oder jung. Sie boten unendlichen Gesprächsstoff und nicht selten ist die aktuelle Serie noch an den Arbeitsplätzen oder Esstischen ausgewertet worden. Fan der „Lindenstraße“ zu sein, hat viele Menschen auch einander nähergebracht und ein Zusammengehörigkeitsgefühl ermöglicht. Natürlich hoffen viele auf die Auferstehung der Sendung. Aber auch wenn die nicht kommt, wird die Erinnerung daran noch viele Gespräche ermöglichen und Menschen miteinander verbinden. Das Generations-Wissen prägt uns und liefert Material für den Kitt der Gemeinschaften zusammenhält.

Paulus behauptet, es gibt auch ein Generations-Wissen für den Glauben. Wir sind als einzelne Christen vielleicht nicht in der Lage, die Fülle des Glaubens zu erkennen. Aber wenn man die ganz großen Linien zeichnet, wird etwas erkennbar. Paulus spannt im Auferstehungskapitel des Korintherbriefes einen sehr weiten Bogen. Er beginnt sprichwörtlich mit Adam und Eva. Wir kennen die beiden ja als leichtbekleidete Gestalten. Mit üppigen Körpern streifen sie durch die ebenso üppige Natur des Garten Eden. Ungezählte Gemälde alter und neuer Meister gibt es von dieser Szene. Vollkommene Harmonie. Wenn da nicht die Sache mit dem Apfel gewesen wäre.

Und hier setzt Paulus an. Ziel der Erzählung, so will er den Korinthern deutlich machen, sind nicht die reichen Früchte und die prächtige Fauna. Sondern: dass wir diesen Garten nicht mehr haben. Der Mensch lebt nicht mehr im Paradies. Das ist des Apfels Kern. Der notwendige Schritt über die Schwelle des Gartens nach draußen ist gleichzeitig auch die Geburt des Menschen, so wie wir ihn kennen. Durch ihn wird der Mensch zum Menschen. Mit all der Klugheit und der Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden. Aber auch mit der ganz unparadiesischen Erfahrung von Wahrheit und Betrug, von Heimat und Vertreibung, von Liebe und Schmerzen, von Fürsorge und Hass, von Leben und von Tod. Das Leben vor der Tür des Paradieses ist an Gefühlen reicher geworden, aber auch hart. Und es ist überschattet von Frage, ob das Ganze überhaupt irgendeinen Sinn macht.

Wenn wir die ganz große Linie zeichnen, so meint Paulus zu den Korinthern, dann dürfen wir nicht nur an den Anfang der Geschichte gehen, sondern wir müssen auf das Jetzt und Hier sehen. Ihr Korinther kennt selbst noch Leute, die Jesus gesehen haben. Die bei ihm waren, als er Menschen geheilt und gepredigt hat. Diese engsten Freunde von Jesus haben von ihren Erfahrungen erzählt. Von ihrem eigenen, harten und unvollkommenen Leben. Aber auch davon, dass in diesem bruchstückhaften Leben plötzlich etwas heil gewor-den ist. Natürlich standen sie, die Freunde Jesu, auch unter seinem Kreuz. Aber – und das ist vielleicht ihre wichtigste Erfahrung - mit seinem Tod ist sein Vermächtnis nicht an ein Ende gekommen. Eigentlich hat sein Tod erst ermöglicht, dass seine Gleichnisse und Geschichten über den engen Jün-gerkreis und die Landesgrenzen Israels hinausgetragen wurden. Und vor allem dadurch ist am Ende bekannt geworden, dass etwas heil werden kann. So ist der Glaube für Viele zur Hoffnung geworden. Jesus ist nicht tot. Er ist sehr lebendig.

Durch Adam, so schreibt Paulus etwas sehr theologisch zu-gespitzt, ist der Tod in die Welt gekommen, durch Jesus Christus aber das Leben. Nicht jeder kann tatsächlich unter dem Kreuz Jesu stehen. Schon die Korinther nicht. Aber es gibt die Berichte von Menschen, die vor uns gewesen sind. Und diese Zeugnisse können auf guten Boden fallen. Und jeder kann sich einfügen in einen breiten Strom an Zeugen des Evangeliums. Und jeder Einzelne kann sich rufen lassen und für sich entschieden: Ich will mein Herz an ihn, an Christus, an Gott selbst hängen, dann habe ich einen Ausweg aus mancher Angst, Heilung vom Egoismus, der mich gefan-gen nimmt und Hoffnung, das heimliche Gefühl der Sinnlosigkeit zu überwinden.

Und wie funktioniert das nun mit der Auferstehung genau? Diese Frage setzt ein Fragezeichen hinter die alte Überlieferung. Denn damals schien ja alles völlig klar zu sein. Paulus liefert eine lange Liste von Menschen, die Jesus definitiv als Auferstandenen gesehen haben. Und schließlich habe auch er, Paulus, Jesus gesehen. Aber was meint eigentlich „gesehen“? Ist das so eindeutig? Bei Paulus war das damals bei Damaskus so: Er hat Jesus sehr real gesehen, aber seine Begleiter, die bei ihm standen, konnten davon nur etwas ahnen. „Sehen“ ist für Paulus ein „Schauen“ und „für wahr nehmen“. Die Frage, wie genau Auferstehung stattfindet, treibt Paulus nicht sonderlich um. Sie war damals schon nicht klar. Das gibt er auch freimütig zu: „Nicht, dass ich‘s schon ergriffen habe“, schreibt Paulus später an die Philipper „aber ich jage nach dem vorgestreckten Ziel, dem Siegespreis, der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus“. (Phil 3,12.14). Vor die Liste der Augenzeugen setzt Paulus die Überlieferung. Entscheidend ist nicht das Sehen, sondern, ob sich der Glaube an die Auferstehung im realen Leben vieler Menschen und über Generationen hinweg als eine gestaltende Kraft erwiesen hat.

Denn: „Der Herr ist auferstanden.“ Und diese Kraft ist real. Sie ist Mut zum Singen der alten Weisen. Sie ist der Mut, sich Wort zu leihen, die schon Menschen gesprochen haben, die lange vor uns gelebt haben. Sie stiftet Gemeinschaft der Gleichgesinnten, wie bei den Fans der „Lindenstraße“. Sie ist eine gute Orientierung im unwegsamen Gelände, in einer Gesellschaft, wo Viele sich nur um sich selbst drehen. Sie schenkt Erfahrungen von Heilung und gibt damit Ausdauer für den langen Lauf im Glauben. Und sie ist lohnendes Ziel in der Hoffnung auf Auferstehung.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne, in Christus Jesus. Amen.

Verfasser: Superintendent Christof Enders, Markt 23, 04924 Bad Liebenwerda


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