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Die betende Gemeinde

von Ralf Euker (39576 Stendal)

Predigtdatum : 13.05.2012
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Kantate
Textstelle : Kolosser 4,2-4.(5-6)
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Wochenspruch:

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet. (Psalm 66, 20)

Psalm: Psalm 95,1 - 7b oder wie Ostern

Lesungen

Altes Testament: 2. Mose 32, 7 - 14

Epistel: 1. Timotheus 2, 1 - 6a

Evangelium: Johannes 16, 23b - 28.(29 - 32).33

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 161 Liebster Jesu, wir sind hier

Wochenlied: EG 133 oder

EG 344 Zieh ein zu deinen Toren oder Vater unser im Himmelreich

Predigtlied: EG 347 Ach, bleib mit deiner Gnade

Schlusslied: EG 171 Bewahre uns Gott

Liebe Gemeinde,

hat von ihnen schon einmal jemand im „Rampenlicht“ gestanden, im Scheinwerferlicht eines Theaters, der Stadthalle oder einer Schul-aula, um dort ein paar Worte zu sagen oder etwas vorzutragen?

Das ist schon eine sehr merkwürdige Situation da vorn auf der Bühne: Alle im Saal sehen auf den Vortragenden da im Licht. Wo aber Licht ist – so sieht es die Physik vor – da ist auch Gegenlicht.

Wir kennen das ja auch vom Autofahren in der Nacht, wenn wir manchmal, geblendet vom Gegenverkehr, sekundenlang nichts mehr sehen bei voller Fahrt. Und so sieht auch der Mensch dort oben im Rampenlicht in aller Regel nichts und niemanden in dem großen Saal.

Das Gegenlicht der Theaterbeleuchtung verschluckt alle und alles, insbesondere aber die Zuhörerinnen und Zuhörer und mit den Men-schen auch ihre Gesichtsausdrücke und ihre Körpersprache, ihre Zustimmung auf das Gehörte hin ebenso wie ihre Nachdenklichkeit oder gar Ablehnung.

Da steht man dann vor so vielen Menschen und ist doch ganz allein. Da trägt man stundenlang vorbereitete Formulierungen vor und er-fährt vom vielleicht hundertfachen Gegenüber einfach nur: Nichts. Eine überaus befremdliche Erfahrung ist dieses im Rampenlicht-Stehen, eine Mangel-, vielleicht sogar eine Fastenerfahrung.

Denn etwas, das sonst immer da ist, fehlt plötzlich. In diesem Fall die Reaktion des Gegenübers, sein Geschichtsausdruck, seine Körperhaltung, sein zustimmendes Nicken oder aber sein Kopf-schütteln. Das alles, Mimik und Gestik der Zuhörenden, fehlen dem Menschen im Rampenlicht. Sie fehlen ihm, weil er sie nicht sieht, und sie fehlen ihm wirklich – gerade so wie dem Hungrigen etwas zu essen fehlt.

Wer spricht, hat sozusagen „Hunger“. Er hat „Hunger“ auf die Reak-tionen seines Gesprächspartners oder der Zuhörer. Er will wissen, wie ankommt, was er spricht. Stößt es auf Zustimmung oder auf Ablehnung? Schwankt der Gesprächspartner noch zwischen dieser oder jener Position, oder ist er prinzipiell offen für das Gesagte und hat es nur noch nicht gut genug verstanden? In diesem Fall wird der Sprecher sich noch einmal wiederholen oder nach einem eingäng-licheren Beispiel Ausschau halten. Spürt der Sprecher dahingegen die Ablehnung seines Gegenübers, so wird er nach weiteren Argu-menten suchen und sie nun um so eindringlicher vortragen. Spürt der Sprecher, dass die Zuhörer dem Gesagten längst zustimmen, wird er bald das nächste Thema aufgreifen oder zum Schluss kommen.

Wer spricht, ob nun im Vieraugengespräch oder vor großem Publi-kum, ist also in besonderer Weise offen und „wach“ für sein Gegen-über. Er will mitbekommen, was in seinem Gegenüber vor sich geht oder aber was sein Gegenüber wirklich will. Er will wissen, ob das Gegenüber zustimmt oder aber aus welcher Übereinkunft ein Kom-promiss werden kann.

Und so macht, wer verständig ist, beim Sprechen nicht nur den Mund auf, sondern fährt in aller Regel auch eine Vielzahl von Antennen aus, die wach und offen machen für die Empfindungen und Gedan-ken des Anderen. Auch im Rampenlicht auf der Bühne stehen die Antennen des Redners in aller Regel auf Empfang. Doch empfangen sie hier oben, gestört durch das Rampenlicht, fast nichts außer am Ende der Rede hoffentlich den Applaus.

An dieser Stelle nun heißt es im Brief an die urchristliche Gemeinde von Kolossä, den vermutlich nicht wirklich Paulus, sondern ein Schüler des Paulus aus der Gefangenschaft schreibt, sinngemäß: „Macht es genau so: Redet und öffnet den Mund! Redet mit Gott: Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung! Dann nämlich“, so der Apostel weiter, „bewegt sich auch bei Euch nicht nur der Mund, sondern auch eure Antenne, eure Antenne für Gott.“ - Und diese Antenne, dieses hochsensible Empfangsgerät, will es wissen: Es will wissen, was wohl Gott sich so denkt. Treffe ich überhaupt den Punkt? Was empfindet Gott, wenn ich ihm im Gebet meinen Kummer vortrage oder meine Sorge oder meine Angst? Versteht er mich? Kann er mir meine Sorge nehmen? Wo sieht Gott mich, wenn ich ihm von den Konflikten, in denen ich stecke, er-zähle? Was würde er in meiner Situation sagen – was tun? Ja, was überhaupt ist ihm wichtig? Sieht er vielleicht noch ganz andere Aspekte und Nöte als ich?

Beten weitet den Blick. Wer hörend betet, wird sich von seinem Ge-genüber, von Gott, auch immer und immer wieder bewegen lassen, den Nächsten mit in den Blick zu nehmen, so dass sein Gebet zu einer Fürbitte wird. So macht Beten nicht nur offen und wach für Gott, sondern auch für den Menschen neben mir. Diese Weitung des Blicks zu den Menschen in meiner Umgebung oder auch ganz wo-anders auf der Welt, klingt auch im Brief an die die Kolosser an, wenn es dort heißt: „Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind und kauft die Zeit aus. Eure Rede sei allezeit freundlich und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr jenen antworten sollt.“

Wer betet, hat Antennen für Gott – und nur wer Antennen hat, kann hoffen, auch zu empfangen. Deswegen rät der Apostel den Kolossern und mit ihnen auch uns, unsere Antennen für Gott auszufahren. Das sollen wir tun, indem wir nicht müde werden im Gebet. Nur so kann Gott auch heute noch empfangen werden: Seid also wache Beter – und Gottes Empfangsstation! Seid es morgens, mittags, und abends, regelmäßig oder immer wieder. Seid es, wo ihr steht oder geht, alleine wie in Gemeinschaft, mitten im Familientrubel oder auf der Arbeit, zu Fuß oder auf der Fahrt mit Auto, Bus oder Bahn.

Dann trifft vielleicht auch für Euch zu, was der Journalist und Theologe Peter Hahne so treffend formuliert: „Das Gebet ist nicht nur Notruf, sondern Dauerkontakt. Es ist die tägliche Entscheidung, sein ganzes Leben Gott anzuvertrauen.“ Amen

Verfasser: Pfarrer Ralf Euker

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