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Die betende Kirche

von Hans-Ulrich Deußen (55270 Schwabenheim)

Predigtdatum : 05.05.2002
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Kantate
Textstelle : 2. Mose 32,7-14
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Wochenspruch:

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet. (Psalm 66,20)

Psalm: 95,1-7b

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 32,7-14
Epistel:
1. Timotheus 2,1-6a
Evangelium:
Johannes 16,23b-28.(29-32).33

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 449,1-3+10
Die güldne Sonne voll Freud und Wonne
Wochenlied:
EG 133
oder EG 344
Zieh ein zu deinen Toren
Vater unser im Himmelreich
Predigtlied:
EG 587,1-3+7-8
Gott ruft dich, priesterliche Schar
Schlusslied:
EG 344,9
Amen, das ist: es werde wahr

Liebe Gemeinde,
Während Gott auf dem Berg Sinai Mose die Gesetzestafeln übergibt, auf denen unter anderem steht: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Abbild machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, Jahwe, bin dein Gott...“ tanzte unten am Berg das auserwählte Volk vor einem selbstgemachten goldenen Göttersymbol.
Ein schrecklicher Gedanke, nicht wahr?
Und doch... Ist das so abwegig?
Die Evangelikalen versuchen Nebensächlichkeiten zur Hauptsache zu machen, z. B. was Paulus über Frauen in der Gemeinde sagt (Anmerkung des Verfassers: Ich habe bisher gemeint, zu ihnen zu gehören); die Evangelische Akademie Arnoldshain versucht sich in einer Bibelübersetzung in „gerechter“ Sprache, das heißt in einer Sprache „die Frauen nicht ausgrenzt oder diskriminiert“. Aber überall, wo wir versuchen, Gott in menschliche Formen zu gießen, da entstehen Goldene Kälber. Das war schon zu Zeiten Jesu so, wo immer wieder Gruppierungen über das unorthodoxe Handeln Jesu entsetzt sind.
Unser Text lädt uns ein, einen anderen, anschaulichen Weg mitzugehen, den Weg vom Goldenen Kalb zum bittenden Mose, den Weg von einem statischen Gottesbild zu einer lebendigen Gotteserfahrung:
Wir hören auf 2. Mose 32,7-14:
7 Der HERR sprach zu Mose: Geh, steig hinab; denn dein Volk, das du aus Ägyptenland geführt hast, hat schändlich gehandelt. 8 Sie sind schnell von dem Wege gewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und haben's angebetet und ihm geopfert und gesagt: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat.
9 Und der HERR sprach zu Mose: Ich sehe, dass es ein halsstarriges Volk ist. 10 Und nun lass mich, dass mein Zorn über sie entbrenne und sie vertilge; dafür will ich dich zum großen Volk machen. 11 Mose aber flehte vor dem HERRN, seinem Gott, und sprach: Ach HERR, warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du mit großer Kraft und starker Hand aus Ägyptenland geführt hast? 12 Warum sollen die Ägypter sagen: Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt, dass er sie umbrächte im Gebirge und vertilgte sie von dem Erdboden? Kehre dich ab von deinem grimmigen Zorn und lass dich des Unheils gereuen, das du über dein Volk bringen willst. 13 Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Israel, denen du bei dir selbst geschworen und verheißen hast: Ich will eure Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel, und dies ganze Land, das ich verheißen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es besitzen für ewig.
14 Da gereute den HERRN das Unheil, das er seinem Volk zugedacht hatte.
Liebe Gemeinde,
in einem Dorf heulen nachts um zwei Uhr die Sirenen: Einer der Bauernhöfe steht in hellen Flammen. Das Wohnhaus kann von der Feuerwehr gerettet werden, aber Stall und Scheune sind verloren. Am anderen Morgen der Verdacht: Brandstiftung! Einer der Helfer schildert drastisch, was er mit „diesem Lumpen“ machen würde, wenn er ihn denn fassen könne. Die dabeistehende Bäuerin aber sagt ganz schlicht: „Ich habe schon für ihn gebetet.“
Fürbitte! Das Verhältnis des Volkes Gottes zu seinem Gott ist durch eigene Schuld zerbrochen. Es ist ja nicht wahr, dass es sich einen eigenen Gott machen wollte. Es wollte nur, wie die anderen Völker, seinen Gott Jahwe vorweisen können. Es war ja stolz auf ihn. Darum machte sich ein Bild. Darum presste es Gott in seine eigenen Vorstellungen. Genau das hat sich Gott in seinem Gebot verbeten. Er ist nicht in einem Bild zu fassen. Das Volk Israel ist an seinem Gott schuldig geworden, darum braucht es jetzt Fürbitte.
Fürbitte für schuldig Gewordene. Dazu ermutigt uns unser Text. Daran werden wir erinnert. Fürbitte für Mitchristen, für Familie und Freunde, vielleicht auch für die Gemeinde und ihren Pfarrer, die hat schon Platz in unserem persönlichen Gebet. Aber Fürbitte für Menschen, die sich ganz offenkundig und vielleicht sogar ganz bewusst gegen Gott und sein Gebot stellen? Fehlanzeige! Aber vielleicht haben sie die gleichen oder ähnliche Gründe wie Israel?
Aber was soll’s! Solche Leute kritisiere ich, schimpfe über sie und stimme nur zu gern in den Chor derer ein, die das Klagelied über die Gottlosigkeit unserer Zeit singen. Das tut ja so gut. Aber für sie beten? Das tue ich so gut wie nie.
Mose hat das anders gemacht. Übrigens: Jesus hat das auch anders gemacht!
Wo wird in unseren Gebeten um die gerungen, die vor den Goldenen Kälbern unserer Zeit anbeten? Wir sind schnell dabei, mit den Fingern auf sie zu zeigen und sind schwer oder gar nicht dazu zu bewegen, die Hände für sie zu falten.
Warum sind sie so wenig in unserem Blickfeld? Haben wir sie als hoffnungslose Fälle abgeschrieben? Dann sind wir lieblos!
Oder trauen wir Gott nicht mehr zu, dass er auch sie liebt und verändern kann? Dann sind wir kleingläubig!
Sie gehören, wie wir, zu denen, für die Jesus sein Blut vergossen hat! Und Gott, der sich nicht in Formen pressen lässt, der lässt sich beim Wort nehmen. Er hört und erhört Gebete. Gott erschließt sich den Betern, die ihn beim Wort nehmen.
Wir sind nicht Mose, mit dem Gott redet „von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit einem Freund redet“. Aber wir dürfen und sollen für andere beten wie er, weil wir durch Jesus mit Gott wie mit einem Vater reden dürfen.
Zwischen Mose und uns gibt es einen gravierenden Unterschied: Mose hatte nicht teil an der Sünde Israels, er war ja im direkten Gespräch mit Gott. Wir stehen nicht wie Mose zwischen Gott und dem Volk, unser Platz ist mitten im Volk. Unser Mittler ist Jesus Christus, deshalb ist auch uns der priesterliche Dienst der Fürbitte möglich. Haben Sie es schon einmal überlegt, was das für eine Aufgabe ist: Menschen vor Gott zu bringen!?
Fürbitte bewahrt uns vor Gleichgültigkeit, vor dem Urteil: „Bei dem ist ja doch Hopfen und Malz verloren.“ Sie bewahrt uns aber auch davor, unsere Augen vor dem Unheil und der Gottlosigkeit der Welt zu verschließen.
In der Fürbitte bringen wir Menschen dorthin, wo sie hingehören:
Vor Gott, nicht in die Zeitung;
Vor Gott, nicht ins Gerede;
Vor Gott, nicht unter unser Urteil.
Lassen Sie mich schließen mit einem Gedicht von Reinhold Schneider:
Allein den Betern kann es noch gelingen
das Schwert ob unsern Häuptern abzuhalten
und diese Welt den richtenden Gewalten
durch ein geheiligt Leben abzuringen.
Denn Täter werden nie den Himmel zwingen:
Was sie vereinen, wird sich wieder spalten,
was sie erneuern über Nacht veralten
und was sie stiften Not und Unheil bringen.
Jetzt ist die Zeit, da sich das Heil verbirgt
Und Menschen Hochmut auf dem Markte feiert
Indes im Dom die Beter sich verhüllen.
Bis Gott aus unsern Bitten Segen wirkt.
Und in den Tiefen, die kein Aug entschleiert,
die trocknen Brunnen sich mit Leben füllen.
Amen.

Verfasser: Prädikant Hans-Ulrich Deußen, Raiffeisenstr. 5, 55270 Schwabenheim

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