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Die betende Kirche

von Team Projekte Bitmotion

Predigtdatum : 01.05.2005
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Kantate
Textstelle : Lukas 11,5-13
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Wochenspruch:

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet. (Psalm 66,20)
Psalm: 95,1-7b

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 32,7-14
Epistel:
1. Timotheus 2,1-6a
Evangelium:
Johannes 16,23b-28.(29-32).33

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 134
Komm, o komm, du Geist des Lebens
Wochenlied:
EG 133
oder EG 344
Zieh ein zu deinen Toren
Vater unser im Himmelreich
Predigtlied:
EG 382
oder EG 128
Ich steh vor dir mit leeren Händen
Heilger Geist, du Tröster mein
Schlusslied:
EG 328
Dir, dir, o Höchster, will ich singen

5 Jesus sprach zu seinen Jüngern: Wenn jemand unter euch einen Freund hat und ginge zu ihm um Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber Freund, leih mir drei Brote; 6 denn mein Freund ist zu mir gekommen auf der Reise, und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann, 7 und der drinnen würde antworten und sprechen: Mach mir keine Unruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen und meine Kinder und ich liegen schon zu Bett; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben. 8 Ich sage euch: Und wenn er schon nicht aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, dann wird er doch wegen seines unverschämten Drängens aufstehen und ihm geben, soviel er bedarf.
9 Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. 10 Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan. 11 Wo ist unter euch ein Vater, der seinem Sohn, wenn der ihnB um einen Fisch bittet, eine Schlange für den Fisch biete? 12 Oder der ihm, wenn er um ein Ei bittet, einen Skorpion dafür biete? 13 Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!

Einleitung
Liebe Gemeinde,
unser Text steht im Zusammenhang mit der Unterweisung im Gebet: „Herr, lehre uns beten“. Mit dieser Bitte hatten sich die Jünger an Jesus gewandt. Es ist schon wichtig, dass wir beten lernen. Wir alle brauchen Anleitung zum Gebet, denn „Allein den Betern kann es noch gelingen“, so hat es der christliche Märtyrer Pfr. Reinhold Schneider 1944 gesagt. Auf der einen Seite kann jeder beten, er darf das, was er gerade auf dem Herzen hat, vor Gott aussprechen.
Aber es ist auch wichtig, dass wir uns im Beten üben. Es gibt das Gebet als Stoßseufzer, aber es gibt auch das anhaltende Gebet. Die Bibel kennt verschiedene Arten des Betens: das Loben und Danken, die Anbetung und das meditative Betrachten der Dinge im Umgang mit Gottes Wort und vor allen Dingen das Bittgebet. Bei unserem Predigttext handelt es sich in erster Linie um das Bitten. Im heutigen Evangelium haben wir gehört: „Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird es euch gegeben werden.“
Das Thema ergibt sich somit von selbst: Um Jesu Christi willen bringen wir unsere Bitten vor Gott:
1. Wir sollen es wagen, Gott zu bitten
2. Gott will uns geben, was wir bitten
3. Gott gibt uns mehr, als wir bitten
1. Wir sollen es wagen, Gott zu bitten
Auf ihre Bitte zur Unterweisung im Gebet erhalten die Jünger die Antwort, dass sie sich an Gott wenden dürfen. Jesus ermutigt und ermuntert uns sogar, uns mit unseren Bitten an Gott zu wenden. Wenn Menschen keinen Mut mehr haben, vor Gott ihre Bitten auszusprechen, dann ist das ein Zeichen für ein gestörtes Verhältnis zu Gott. Und das erstorbene Gebetsleben ist nicht nur ein Schaden so am Rande, sondern es ist eine zentrale Störung überhaupt: „Sie reden nicht mehr miteinander.“ Jeder von uns weiß, wenn man das von zwei Menschen feststellen muss. Wenn Gott für uns lebendige Wirklichkeit ist, dann ist das Gespräch gerade die Probe darauf, ob wir wirklich an ihn glauben. Das Gebet sollte zu einer Grundhaltung im Leben eines Christen gehören.
Wir dürfen zu Gott rufen, unsere Anliegen ihm vortragen, die kleinen und die großen und zu jeder Tages- und Nachtzeit. Viele Menschen kennen das Gebet als eine Äußerung in einer Notsituation, als Aufschrei in einer ausweglosen Lage, als Notruf in Bedrängnis, als Alarm in höchster Gefahr. Und das ist auch gar nicht so falsch, denn die Bibel ruft uns auf, in allen Situationen, besonders aber wenn wir uns in Not befinden, zu beten und zu bitten.
Daran lässt das Gleichnis keinen Zweifel. Es will uns sagen: Das Bitten ist vor Gott nicht nur erlaubt, sondern wir werden von Jesus geradezu aufgefordert. Es braucht sich niemand zu schämen, wenn er seine Anliegen und Bedürfnisse vor Gott immer und immer wieder ausspricht.
Wenn es schon unter Menschen so ist, dass der Bittende letztendlich mit seinem Begehren durchdringt, um wie viel mehr ist dies bei Gott der Fall! Wenn ein Mensch, wie der in der Nacht gestörte Nachbar, zuletzt sich doch herumkriegen lässt: wie viel mehr hat Bitten bei dem Gott Sinn, der auf unser Bitten wartet! Die Antwort kann nur lauten: Es ist unmöglich! Gott wird euch ganz bestimmt nicht abweisen, wagt es, ihn zu bitten! Allerdings ist ganz wichtig, dass unsere Bitten und Wünsche unter dem obersten Grundsatz stehen: „Dein Wille geschehe“! So hat Jesus gelebt und gelehrt und als Vermächtnis uns hinterlassen.
2. Gott will uns geben, was wir bitten
In V. 9 wird uns die Erfüllung der Bitten zugesagt. Gott will uns geben, worum wir bitten. Aber stimmt das, wenn wir sehen, was trotz aller Bitten alles in der Welt geschieht an Gewalt, an Terror, Krieg, Mord, Hass, Feindschaft, Lieblosigkeit, Gleichgültigkeit und Egoismus? Stimmt das, wenn wir daran denken, wie viele persönliche Wünsche in unserem Leben unerfüllt geblieben sind? Können wir uns darauf verlassen oder kommen uns da nicht Zweifel? Zweifel hat wohl jeder, aber schlimm ist es, wenn er zur Grundhaltung wird, wenn Unglaube und Zweifel sogar kultiviert werden!
Zunächst müssen wir also ehrlicherweise zugeben, dass sich nicht alle Bitten und Wünsche erfüllen. Nicht zuletzt hat Jesus Christus selbst diese Erfahrung in der Nacht vor seinem Tod im Garten Gethsemane durchlebt. Und dennoch macht er diese Erfahrung nicht zum Maßstab des Betens. Er ermuntert und ermutigt seine Jünger anhaltend und eindringlich zu bitten, zu suchen und anzuklopfen.
Gott ist für uns unbegreiflich, dennoch will er mit uns ins Gespräch kommen. Er will für uns wie ein guter Freund sein, der uns auch in schwierigen Situationen beisteht und hilft. Allerdings kann es sein, dass es uns so ergeht, wie dem Mann in unserem Text, der seinen Freund in einer schwierigen Situation aufsucht, aber der ihn zunächst abweist, zappeln lässt, ja abwimmeln möchte. Aber das Festhalten am Vertrauen zu seinem Freund, der ihn doch jetzt nicht im Stich lassen werde, bringt die ersehnte Hilfe.
Auch wenn es viel Leid, Unrecht, Gewalt, Armut, Not und vieles mehr trotz unserer Gebete gibt, so wäre es falsch eine vorschnelle Schlussfolgerung zu ziehen, dass Gott die Gebete nicht erhört. Jesus hat gebetet bis zum letzten Atemzug. Die Christen während des Römischen Kaiserreiches haben trotz grausamster Verfolgung durch Jahrhunderte hindurch weiterhin gebetet. Der große Theologe und Märtyrer Dietrich Bonhoeffer hat kurz vor seiner Hinrichtung am Galgen ein letztes Gebet gesprochen. Diese und viele andere Menschen haben geglaubt, dass es sich trotz aller scheinbaren Sinnlosigkeit lohnt zu beten. Von Dietrich Bonhoeffer stammt die Aussage: „Nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen erfüllt Gott.“ Wichtig ist, dass wir an Gott festhalten, dass wir unser Vertrauen auf ihn nicht aufgeben.
Wer bittet, der empfängt. Dafür hat sich Jesus für uns verbürgt und tritt für uns ein. Es ist Gott ernst mit seinen Angeboten. Das Bitten ist eigentlich nichts anderes als ein Zugreifen, denn Gott hält alle guten Gaben für uns längst bereit. Wir können mit unseren Bitten Gott nicht zwingen, denn Gott ist kein Lieferant alles dessen, was wir nötig haben; sondern er ist der Gott, dem es um den persönlichen Kontakt mit uns geht und für den alle Gaben, die er gibt, Beigaben seiner persönlichen Liebe sind.
Das Gleichnis vom Freund wird so erzählt, dass wir es uns eigentlich nicht vorstellen können, dass der Mann von seinem Freund abgewiesen werden kann. Es gibt Schwierigkeiten, es gibt unwirsches Verhalten. Aber man kann es sich einfach nicht vorstellen, dass der Bittende nicht erreicht, was er möchte, weil er nicht locker lässt. In unserer Geschichte steht der Mann schließlich doch auf und erfüllt den Wunsch seines Freundes. Er gibt ihm die drei Brote – und wäre es auch nur, damit er endlich wieder seine Ruhe hat. Er geht nicht mit leeren Händen davon.
So will Jesus in diesem Beispiel zum Ausdruck bringen, eure Bitten laufen nicht ins Leere. Im Bilde gesprochen, er lässt uns nicht im Stich wenn es brennt, wenn uns das Wasser bis zum Halse steht, wenn wir von anderen keine Hilfe mehr erwarten und uns selber auch nicht mehr helfen können, keinen Ausweg mehr wissen. Und wenn wir nun einmal innehalten und ganz ehrlich sind, dann werden viele unter uns es bekennen können, dass sie ähnliche Erfahrung, wie dieser Mann in unserem Gleichnis in ihrem Leben schon gemacht haben.
Wer unter uns könnte nicht davon sprechen, dass er gesucht und dann gefunden hat, dass ihm eine Tür aufgetan wurde, als alle Türen verschlossen schienen? Ist die Wiedervereinigung Deutschlands nicht auch eine Erhörung von vielen Millionen von Betern durch viele Jahrzehnte hindurch?! Es ist ganz, ganz wichtig, dass wir solche Erfahrungen nicht beiseite schieben, sondern sie einreihen in die Reihe der Gebetserhörungen. Die Erinnerung daran soll und will uns Mut machen zum Beten, Mut zum Leben in der Lebensgemeinschaft mit Gott und Jesus Christus.
3. Er gibt uns mehr als wir bitten
Gott gibt uns mehr als wir bitten. Das wird uns in den Versen 11-13 gesagt. Zwar kommen viele Einwände, aber hier müssen wir vom Wort her leiten lassen. Bei der Erfüllung der Bitten ist es oft so, dass Gott anders oder zu anderer Zeit erhört als wir das wünschen. Die Verse 5-8 wollen uns ad Absurdum zeigen: Ein Kind bittet um ein Stück Brot – der Vater gibt ihm einen Stein. Ein Kind bittet um einen Fisch – der Vater gibt ihm eine Schlange. Ein Kind bittet um ein Ei – aber das zusammengerollte Ding, das der Vater dem Kind in die Hand gibt, erweist sich im nächsten Augenblick als eine Giftspinne, als gefährlicher Skorpion.
Gibt es so etwas, kann man sich so etwas denken? Geht ein Vater so mit seinem Kinde um? Undenkbar. Gott liebt seine Kinder doch nicht weniger als ein Vater seine Kinder: Im Gegenteil - Gott liebt uns viel mehr! Deshalb können wir als Gotteskinder von Gott auch mehr erwarten als ein Kind von seinem Vater. Gott gibt uns nicht Schlechteres als was wir gebeten haben, wohl aber Anderes und vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt.
Jesus hat nicht gesagt, dass Gott alle unsere Wünsche erfüllen wird, aber er wird uns wie ein verantwortungsvoller und liebevoller Vater das Beste geben, seinen Heiligen Geist. Es mag sein, dass einige oder viele dieses „mehr“, das Gott den Seinen geben will, nämlich den Heiligen Geist, enttäuschend finden. „Nur“ den Heiligen Geist – wo es uns vielleicht doch um eine Kreuzfahrt, um einen Sieg einer bestimmten Sportart, um das Eheglück, um einen Volltreffer im Lotto, um eine gute Note in der Klassenarbeit oder um die eigene oder die Genesung eines lieben nahe stehenden Menschen ging?!
Was heißt das, dass er uns den Heiligen Geist geben will? Nun, es ist Gottes lebendiges Wirken in unserem Geist. Es ist die Erinnerung daran, dass Gott unser Gebet nicht verwirft und wir ihn deshalb loben und preisen dürfen, bevor die Bitten erfüllt werden! Es ist die Erinnerung daran, dass er bei uns sein will alle Tage bis an das Ende der Welt. Es ist die Zusage des himmlischen Vaters an sein Kind: Ich bin bei dir, ich helfe dir, auch wenn es nicht sofort ist, wie du es dir wünscht, aber sei getrost, du kommst schon zu deinem Anteil.
Der Heilige Geist gibt uns die Kraft, die wir für unser alltägliches Leben brauchen. Er gibt uns die die Einsicht, dass wir mit dem Apostel Paulus sprechen können: „Wir wissen, dass denen die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“ Er stärkt in uns die Hoffnung und das Gottvertrauen, er gibt uns das Bewusstsein, dass die Probleme uns nicht über den Kopf wachsen und dass wir auch in dunkelster Nacht irgendwo in weiter Ferne am Ende eines Tunnels den Schimmer eines hell aufleuchtenden Lichtleins sehen. Der Heilige Geist zeigt uns oft Mittel und Wege, wo und wie die Hilfe zu erreichen ist.
Auch wenn wir etwas anderes bekommen, als wir erbeten haben, Gott mit seiner Liebe ist am Werke. Es mag sein, dass uns das Ja schwer fällt. Die indische Schriftstellerin Dorothy C. Wilson hat in einem Buch das Schicksal der Ärztin Mary Vergehse, beschrieben, die von einem Busunfall eine Querschnittslähmung von der Hüfte abwärts davongetragen hat. Sie hat nach langem Hadern ein Ja zu diesem Beschluss Gottes gefunden und führte fortan Spezialoperationen an vielen Menschen durch und fand ein gesegnetes erfülltes Leben.1 Der Titel dieses Buches drückt aus, worauf es hier ankommt: „Um Füße bat ich – und er gab mir Flügel“.
Unser Vertrauen zu Gott sollte unter dem Aspekt stehen, dass er unser Bestes will. Es lohnt sich bei Gott zu bleiben und auf seine Hilfe zu warten. Als die Jünger von Jesus gefragt wurden, ob sie je Mangel gehabt hätten, antworteten sie: „Niemals“.
Und wenn wir einmal angesichts unserer letzten Stunde unter dem Eindruck stehen sollten: Jetzt versagt er mir meine letzte Bitte, dann meint er in Wirklichkeit das „Gute“, das er für uns bereit hält, nämlich dass wir an der Auferstehung Jesu teilhaben dürfen. Das „Beste“ das er zu vergeben hat, ist die unzerstörbare Gemeinschaft mit ihm. Der Heilige Geist ist das Siegel dafür. Amen.

Verfasser: Prädikant Friedrich Gäntzle, Egerländer Str. 33, 64354 Reinheim

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