Die Einladung
von Bettina Plötner Walter (06648 Eckartsberga)
Predigtdatum
:
13.06.2010
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
1. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Epheser 2,17-22
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Wochenspruch:
„Christus spricht: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ (Matthäus 11, 28)
Psalm: 36, 6 – 11 (EG 719)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 55, 1 – 3 b (3 c – 5)
Epistel:
Epheser 2, 17 – 22
Evangelium:
Lukas 14, (15) 16 – 24
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 449
Die güldne Sonne
Wochenlied:
EG 250
Ich lobe dich von ganzer Seelen
Predigtlied:
EG 268
Strahlen brechen viele
Schlusslied:
EG 170
Komm, Herr, segne uns
Der Predigttext wird während der Predigt verlesen
Liebe Gemeinde,
in einer Studie wurden Kinder zwischen 6 und 12 Jahren irgendwo in der ostdeutschen Provinz über die Zufriedenheit mit ihrem Leben und über ihre Wünsche für ihre Heimat befragt. Die Kinder wünschten sich sauberere Spielplätze, mehr Grün, weniger Hausaufgaben und dergleichen. So weit, so schön. Doch ein Viertel der Kinder wünschte sich auch weniger Ausländer in der Stadt – obwohl der Ausländeranteil im dortigen Landstrich bei etwa 2% liegt.
Man kann das den Kindern vielleicht gar nicht mal allzu übel nehmen. Sie schnappen eben auf, was sie von der Großen so hören und vor allem: Sie wissen es nicht besser. Sie haben keine Erfahrung mit Fremden und keine Erfahrung mit dem Fremdsein. Die meisten von diesen Kindern werden noch nicht nennenswert im Ausland gewesen sein. Überdies haben sie vermutlich gar keine ausländischen Mitschülerinnen und Mitschüler. So lehnen sie also ab, was sie gar nicht kennen.
Wir Menschen sind eben merkwürdig gebaut: Wir empfinden uns je-weils selbst als die Norm. Mit allen, die uns nicht hinreichend ähnlich sind, wollen wir nichts zu tun haben. Das geht den Kindern nicht anders als den Erwachsenen. Sie lehnen ab, was sie nicht kennen. Vielleicht wäre es anders, wenn ihre Spielkameraden von klein auf verschiedene Hautfarben hätten.
Wer weiß allerdings, ob es etwas nützen würde, allen Menschen dieser Welt eine Weltreise in jungen Jahren zur Pflicht zu machen? Oder jede deutsche Familie zu verpflichten, einen Fremden in der Wohnung aufzunehmen? Vermutlich nicht, denn beides geschähe unter Zwang und würde die Vorbehalte gegen Fremde nur steigern.
Der heutige Predigttext aus dem Epheserbrief setzt sich mit solchen menschlich-allzu menschlichen Problemen auseinander:
Lesung des Predigttextes
Zu der Zeit, als dieser Brief geschrieben wurde, war das Zusammenleben unter den Christinnen und Christen nicht einfach. Da gab es einige, die zuerst gläubige Juden gewesen waren. Sie glaubten nun an Jesus Christus als den versprochenen Messias und Retter ihres Volkes. Und es gab andere, die aus verschiedenen Völkern stammten. Diese glaubten nun auch an Jesus Christus als den Retter aller Menschen.
Diese beiden christlichen Gruppen waren einander fremd. Die aus dem jüdischen Volk stammenden hielten sich für etwas Besseres. Sie fühlten sich Gott näher. In Jerusalem war es eben nur gläubigen Juden erlaubt in den Tempel einzutreten. Alle Nichtjuden aber durften nur bis in den Vorhof kommen. So, dachten sie, müsse es auch in den christlichen Gemeinden weiterhin bleiben: Alle aus dem Volk der Juden seien Gott näher als die anderen, die aus anderen Völkern zum christlichen Glauben gekommen waren.
Gegen diese Situation spricht sich der Brief aus, dem der heutige Predigttext entstammt. Der Epheserbrief macht seinen Leserinnen und Lesern ganz klar, dass es keine Rangordnung zwischen Christenmenschen geben darf: Ihr alle habt das Evangelium von Jesus Christus empfangen. Es gilt den Fremden und den Juden gleichermaßen. Es ist derselbe Geist, der euch Christinnen und Christen sein lässt. Jesus Christus hat euch beiden den Zugang zu Gott eröffnet. Ihr dürft beide, egal woher ihr stammt, in Gottes Tempel eintreten, ihr müsst nicht im Vorraum stehen bleiben.
Es gibt in christlichen Gemeinden keine Bürgerrechte erster und zweiter Klasse. Es gibt keine Ausländer mehr, keine Unterschiede im Ansehen, kein unterschiedliches Recht. Im Gegenteil: Nur alle zusammen können den Tempel Gottes vollständig machen. Dann wird Friede sein. Dann werdet ihr so leben, wie es dem Evangelium entspricht.
Das Evangelium, das alle verschiedenen Menschen zusammenführt, ist der Friede. Dieses Wort besagt mehr, als wir uns normalerweise vorstellen, wenn wir es hören. Wir hören »Frieden« und denken an die Abwesenheit von Krieg bei uns. Das ist Gott zu wenig.
Der Friede, der im Predigttext angesprochen ist, ist Gottes Friede, der allen Menschen gilt – nah und fern, jung und alt, schwarz und weiß und rot und gelb. Gottes Friede ist die alte Vision: Unter seinem Feigenbaum und Weinstock soll jeder ohne Furcht leben können. Alle Menschen sollen mit dem Lebensnotwendigen versorgt sein: Essen und Trinken und einem Zuhause. Dann können sie allen anderen auf der Welt ihr Essen und Trinken und ihr Zuhause neidlos gönnen. Und alle gemeinsam können einträchtig Gott anbeten. Um dies zu verstehen, muss man keine Weltreise gemacht haben. Das Leben in Haus und Hof und unter Nachbarn kann diese Einsicht manchmal besser schenken.
Friede mit Gott heißt, mit Gott, mit sich selbst, mit den Menschen und mit der Welt im Einklang zu leben. Es bedeutet auch, dass dieser Friede nicht selbst erworben werden kann. Er ist ein Geschenk Gottes. Ich kann mich aber in ihm erhalten. Ich kann dafür sorgen, dass der Friede bei und in mir bleibt. Ich habe den Frieden ja selbst als Gottes gute Botschaft empfangen. Ebenso wie ich haben ihn alle geschenkt bekommen. Er gilt allen im gleichen Maße, sonst wäre es nicht mehr Gottes Friede. „Wir sind Fremdlinge und Gäste. Du bist überall zu Haus,“ heißt es in einem Lied. Jeder Mensch ist fast überall auf der Welt Fremdling und Gast. Nur für Gott gilt das nicht. Ihm werden weltweit Häuser gebaut.
Gottes Friede ist für alle da, nah oder fern, fremd oder verwandt. Nehme ich also Gottes Frieden an, dann kann ich die Welt nicht mehr unterteilen in Leute, die Gott nah sind, und Leute, die Gott fern sind. Nehme ich Gottes Frieden an, dann sehe ich die Welt und die Menschen sozusagen mit Gottes Augen, aus Gottes Perspektive: Alle Menschen sind diejenigen, für die Gott seinen Sohn in die Welt und in den Tod geschickt hat.
In der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es zu Beginn: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Aus Gottes Perspektive heißt es: „Alle Menschen sind in gleicher Weise von Jesus Christus freigemacht und leben mit gleicher Würde und gleichen Rechten vor mir.“
Gottes Friede macht mich zu einer Mitbürgerin unter den Heiligen. Ich trete ein in die lange Reihe derer, die vor mir Gottes Geschenk des Friedens angenommen haben.
So entsteht das Bild vor dem inneren Auge, das auch der Brief beschreibt: Der Tempel ist das Haus, in dem Gottes Geist wohnt. Und dieser Tempel ist erbaut aus allen denen, die an Gott geglaubt haben: Die Propheten und Apostel bilden das Fundament des Hauses, dessen Grundstein Jesus Christus ist. Die Propheten weisen darauf hin, dass die Reihe derer, die an Gott geglaubt haben, noch weiter in die Geschichte und in die Welt zurückreicht:
Alle die Generationen von Juden, die ebenso an Gott glauben, gehören mit zum Bau des riesigen Tempels Gottes. Die Apostel stehen für diejenigen, die über den Glauben an Jesus Christus den Zugang zu Gott gefunden haben. Stellen Sie sich die vielen Generationen von Menschen überall auf der Welt vor, die zum Bau des Tempels Gottes dazugehören. Machen Sie sich ein Bild vor ihrem inneren Auge, wie groß der Tempel Gottes ist - die Erde reicht nicht aus, um ihn zu erfassen.
Stellen Sie sich vor, wie lange oft an Kirchen gebaut worden ist - am Kölner Dom zum Beispiel wurde vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert hinein gebaut. Welche gewaltige Leistung ist so ein Kirchenbau. Wie unermesslich viel größer ist aber der Tempel Gottes, in den Sie mit eingebaut sind.
Stellen wir uns vor, wie unterschiedlich die Steine dieses Tempels sind, so wie wir uns alle voneinander unterscheiden. Denken wir an die Säulen und Kapitelle, an die Figuren und Ornamente, an die Bögen und Gewölbe, die so einen Bau schmücken. Stellen wir uns vor, dass wir in dieses großartige Bauwerk mit eingebaut sind. Vielleicht sind wir ein Schmuck am Kapitell, vielleicht die Basis einer Säule, vielleicht ein Stein im Mauerwerk, mit dem Teil eines Bildes verziert…
Gehen wir spazieren in diesem virtuellen Bau des Tempels. Bestaunen wir seine Schönheit und Vielfalt, seine liebevollen Details und seine unermessliche Weite. Denken wir daran, dass wir ein Teil dieses Tempels sind. Geraten wir ins Staunen darüber, dass wir dazugehören dürfen: So wertvoll sind wir Gott. So wertvoll ist jeder einzelne Mensch. Und wenn wir so richtig ins Staunen geraten sind, sehen wir die Welt aus der Perspektive Gottes. Dann sehen wir: „Alle Menschen sind in gleicher Weise von Jesus Christus freigemacht und leben mit gleicher Würde und gleichen Rechten vor Gott.“ Dann haben wir das Geschenk Gottes, seinen Frieden, aufpoliert und können uns an seiner Schönheit freuen.
Wollen wir hoffen, dass wir uns unser Leben lang nur vergangener Kriege erinnern müssen. Diese Erinnerung bleibt uns aber aufgetragen, denn es sind unsere Angehörigen, deren Leben im letzten Krieg ein Ende fand. Es sind unsere Heimatorte, denen die jungen Männer geraubt wurden. Es ist unsere Geschichte, die uns lehren soll, es selbst besser zu machen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.
Verfasser: Pfarrerin Bettina Plötner Walter, Kirchberg 176, 06648 Eckartsberga
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Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
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