Die Einladung
von Hans-Ulrich Deußen (55270 Schwabenheim)
Predigtdatum
:
24.06.2001
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
1. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Jesaja 55,1-3b.(3c-5)
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Wochenspruch:
Christus spricht: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. (Matthäus 11,28)
Psalm: 36,6-11 (EG 719)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 55,1-3b.(3c-5)
Epistel:
Epheser 2,17-22
Evangelium:
Lukas 14,(15).16-24
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 168
Du hast uns, Herr, gerufen
Wochenlied:
EG 250
oder EG 363
Ich lobe dich von ganzer Seelen
Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn
Predigtlied:
EG 225
Komm, sag es allen weiter
Schlusslied:
EG 170
Komm, Herr, segne uns
1 Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch! 2 Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben. 3 Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben!
[Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben. 4 Siehe, ich habe ihn den Völkern zum Zeugen bestellt, zum Fürsten für sie und zum Gebieter. 5 Siehe, du wirst Heiden rufen, die du nicht kennst, und Heiden, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des HERRN willen, deines Gottes, und des Heiligen Israels, der dich herrlich gemacht hat.]
Liebe Gemeinde,
Ein Flugzeug ist in der Wüste notgelandet. Die Insassen sind nicht sonderlich beunruhigt. Es werden ja bald Suchflugzeuge auftauchen. Auf zwei, drei Tage Wartezeit macht man sich gefasst. Das Flugzeug muss ja zunächst einmal vermisst werden.
Aber die Tage vergehen ohne ein Zeichen der Rettung. Langsam wird das Wasser knapp. Es muss eingeteilt und zugeteilt werden. Auch das wird zunächst ertragen. Aber dann...
Einer nach dem anderen gibt die Hoffnung auf. Der Durst wird unerträglich. Unter den Verunglückten spielen sich unschöne Szenen um das letzte Wasser ab.
Das ist ein Teil der Handlung eines Films, der vor einiger Zeit im Fernsehen lief. Er zeigte in eindrücklicher Weise das Raubtier Mensch, wenn es ums Überleben geht. Und Überleben ohne Wasser ist unmöglich. Ein Mensch kann vierzig Tage hungern, aber ohne Flüssigkeit ist er nach vier Tagen verdurstet.
In unserem Land verdurstet niemand. Natürlich gehen wir mit dem Wasser verantwortungsbewusst um. Wir fangen den Regen auf, um den Garten zu tränken. Vielleicht gehört der Eine oder Andere sogar zu denen, die das Regenwasser in einem großen Tank sammeln, um es als Brauchwasser zu verwerten. Aber in der Regel drehen wir den Wasserhahn auf, und das köstliche Nass fließt. Einmal im Jahr kommt dann die Rechnung. Vielleicht ärgern wir uns über die Höhe und nehmen uns vor, demnächst sparsamer zu sein. Aber wie schnell ist das wieder vergessen.
Ganz anders im Nahen Osten. Wasser ist dort eine so wertvolle Flüssigkeit, dass sie becherweise gegen bares Geld verkauft wird. Die Wasserverkäufer fahren mit Eselskarren durch die Straßen und bieten marktschreierisch ihre Ware an.
Genau so, wie ein Marktschreier, ruft der Prophet das Angebot Gottes aus: Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt, kommt her zum Wasser, auch wenn ihr kein Geld habt! Ihr wollt leben? Dann rennt nicht herum von Verkaufsstand zu Verkaufsstand, von Angebot zu Angebot! Dann zählt nicht euer Geld und feilscht! Ihr wollt leben? Dann hört auf das, was unser Gott anbietet, dann werdet ihr leben! Denn: Hättet ihr noch so viel Geld, das Leben lässt sich nicht kaufen!
Moment mal! Ist unsere Erfahrung nicht eine ganz andere? Erfahren wir es nicht täglich, dass nur der zu etwas kommen kann, der dafür bezahlen kann? Geschenkt wird einem selten etwas.
Geschenke passen so wenig in unser Denken in Wert und Gegenwert. Überlegen wir nicht sofort, wenn uns etwas geschenkt wird, was wir denn dafür wieder schenken müssen. Und was das wieder kostet!
Und jetzt kommt da einer, der uns im Namen Gottes das Leben, sein Geschenk, umsonst anbietet: Eine Einladung, angeboten wie auf dem Jahrmarkt von einem Ausrufer. Aber es ist kein billiger Jakob. Gott bedient sich dieses Mittels, um von uns gehört zu werden, uns aus unserer Lethargie aufzuwecken. Aber nicht nur wir, Hungernde, Dürstende, Verarmte, Mühselige und Beladene, Traurige, Menschen mit scheinbar unüberwindbaren Sorgen, Lebensüberdrüssige, Vereinsamte, Verbitterte, an Gott und aller Welt Verzweifelnde werden eingeladen. Gerade die meint Gott.
Wir persönlich haben ja lieber die anderen in unserer Gesellschaft: Menschen, die uns keine Not machen, die nichts von uns verlangen, die aus genau diesen Beweggründen auch unsere Gesellschaft suchen.
Aber Gott meint im Grunde die anderen. Gewiss, er meint auch die, die wir gern um uns haben, aber die anderen sind ihm genau so wichtig wie wir selbst.
Mit einem Mal sind wir nicht mehr nur die Empfänger, sondern wir werden aufgefordert, auch zu geben.
Das ist bei Gott immer so: Er will unser Leben bereichern, umsonst, geschenkt. Aber dann, bitte schön, gib auch weiter!
Unter diesen beiden Aspekten sollten wir unseren Text hören.
Aber wollen wir das überhaupt hören? Jagen wir in unserem Leben nicht ganz anderen „Erfüllungen“ nach?
Wem jagen wir nicht alles nach! Oft halten wir das, dem wir nachjagen, wirklich für die Erfüllung unserer Sehnsucht und wundern uns vielleicht, dass wir von diesem Getränk noch mehr Durst bekommen. Erfahrungen, die wir immer wieder machen. Es ist spannend zu sehen, was Menschen manchmal für Opfer bringen, um ihre Sehnsucht zu befriedigen. Sie können sich dafür arm machen. Sie rackern sich ab. Alles aus unbefriedigter Sehnsucht. Wenn uns wenigstens dafür etwas würde, was den Aufwand lohnt. Aber es ist alles nur, was das Wort schon sagt: eine Sucht.
„Arbeit, davon ihr nicht satt werden könnt.“
Wir wissen: Die Bibel hat von der Arbeit eine sehr hohe Meinung. Aber Arbeit kann auch als Heilsweg missverstanden werden und gehört dann in einen biblischen Zusammenhang hinein: sich durch eigene Anstrengung und Leistung zu erlösen. Es nützt auch nichts, in der Arbeit Vergessen suchen zu wollen. Die Arbeit ist dann nur Narkotikum.
Oder wir arbeiten, um zu leben. Das heißt doch, unsere Arbeit bedeutet Geld verdienen, damit wir unser Leben nach unserem Gustus gestalten können. Dabei soll das Vergnügen nicht zu kurz kommen.
Aber sehen wir nur einmal manchen Leuten zu, wie sie sich ihr Vergnügen vorstellen. Sie möchten gerne fröhlich sein und wissen nicht, wie es anfangen. Die Fröhlichkeit wird krampfig und unecht. Dabei geben sie doch viel Geld dafür aus. Aber Befriedigung bringt es nicht. Was letztendlich zurückbleibt, ist ein schaler Geschmack und – vielleicht – ein Gefühl von Schuld.
Allen diesen Menschen – und gehören wir nicht auf die eine oder andere Weise dazu? – ruft der Prophet im Auftrag Gottes zu: „Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser!“ oder neutestamentlich: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid...“ oder „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke.“
Blicken wir noch einmal auf die Verunglückten in der Wüste zurück. Stellen Sie sich den Augenblick vor, in dem sich die Notgelandeten in der Wüste nach ihrer Rettung nun endlich wieder trinken dürfen. Was für ein Augenblick! Zuerst nur ein paar ganz kleine Schlucke. Aber schon diese winzige Menge strömt durch den ganzen Körper. Dann ein wenig mehr: Erfrischung, die Lebenskraft kommt zurück. Ein unbeschreibliches Wohlgefühl durchrieselt den eben noch Verdurstenden. Das zurückgegebene Leben ist für ihn ein Augenblick größten Glücks.
Zurückgegebenes Leben. Genau das ist es, wenn Gott uns zurufen lässt: „Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben! Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen...“
In Jesus Christus wird wahr, was in unserem Text gesagt wird. Sein Kommen in die Welt, das ist der neue Bund, den Gott mit den Menschen macht. Dieser Bund hat zwei ungleiche Partner: Gott und wir. Das ist auch häufig in unserem Leben so, dass zwei ungleiche Partner sich zu einem vertrauensvollen Bündnis zusammenschließen: Der eine hat das Geld, das unbedingt erforderlich ist, der andere das Wissen. Zusammen sind sie unschlagbar. Auf dieser Grundlage lässt sich ein Bund schließen, der den Einsatz vermehrt.
Bilder haben immer einen Haken. So auch dieses Bild.
Im Bund Gottes mit uns bietet er seine unermessliche Liebe zu uns als seinen Einsatz. Wir haben wenig dagegen zu setzen: da ist nur unser Glaube, unser Vertrauen zu ihm. Solange wir in dieser Weise vor ihm und mit ihm leben, besteht dieser ungleiche Gottesbund mit uns.
Alles ganz schön und gut, aber wie wird denn da das eingebrachte „Kapital“ vermehrt?
Paul Humburg, ein Pfarrer der Bekennenden Kirche im Dritten Reich hat das einmal auf folgenden Nenner gebracht: „Gerettetsein gibt Rettersinn.“
Wir feiern hier miteinander Gottesdienst: Gottes Dienst an uns, aber auch unser Dienst für Gott.
Die wichtigste Aufgabe, die aus unserer Bindung an Gott folgt, ist der Dienst für Gott. Er will uns zu lebendigen Zeugen seiner Taten machen. Zeugen bei einer Gerichtsverhandlung sollen die Wahrheit ans Licht bringen. Sie werden darauf verpflichtet. Wo Behauptung gegen Behauptung steht, ist ihr Wort entscheidend.
Ich sagte es schon einmal: Jedes Bild, jeder Vergleich hinkt. Aber auch wir werden als Zeugen verpflichtet. Zeugen für die Wahrheit Gottes, für seine Liebe zu uns Menschen. Dieses Zeugnis den anderen weitergeben: eine wahrhaft lohnende Aufgabe. Amen.
Verfasser: Prädikant Hans-Ulrich Deußen, Raiffeisenstr. 5, 55270 Schwabenheim
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Missionarisch-Ökumenischer Dienst
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