Die Einladung
von
Predigtdatum
:
17.06.2007
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
1. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Jesaja 55,1-3b.(3c-5)
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Wochenspruch:
Christus spricht: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. (Matthäus 11,28)
Psalm: 36,6-11 (EG 719)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 55,1-3b.(3c-5)
Epistel:
Epheser 2,17-22
Evangelium:
Lukas 14,(15).16-24
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 168,1-3
Du hast uns, Herr, gerufen
Wochenlied:
EG 250
oder EG 363
Ich lobe dich von ganzer Seelen
„Kommt her zu mir“, spricht Gottes Sohn
Predigtlied:
EG 66,1+7+8
Jesus ist kommen
Schlusslied:
EG 65,7
Von guten Mächten
1 Auf, ihr Durstigen, kommt alle zum Wasser! Auch wer kein Geld hat, soll kommen. Kauft Getreide und esst, kommt und kauft ohne Geld, kauft Wein und Milch ohne Bezahlung! 2 Warum bezahlt ihr mit Geld, was euch nicht nährt, und mit dem Lohn eurer Mühen, was euch nicht satt macht? Hört auf mich, dann bekommt ihr das Beste zu essen und könnt euch laben an fetten Speisen. 3 Neigt euer Ohr mir zu und kommt zu mir, hört, dann werdet ihr leben. Ich will einen ewigen Bund mit euch schließen [gemäß der beständigen Huld, die ich David erwies]. 4 Seht her: Ich habe ihn zum Zeugen für die Völker gemacht, zum Fürsten und Gebieter der Nationen. 5 Völker, die du nicht kennst, wirst du rufen; Völker, die dich nicht kennen, eilen zu dir, um des Herrn, deines Gottes willen, weil er dich herrlich gemacht hat.
Vorbemerkung
Der Predigttext, der Einheitsübersetzung entnommen, erscheint auf den ersten Blick gut verständlich, klar, nahezu zu eingängig.
Um der Gefahr zu vorschneller Übertragung und Aktualisierung der Schlüsselbegriffe zu entgehen, ist es gut, zunächst noch einmal Abstand zu nehmen, um eine tiefer reichende Berührung erfahrbar werden zu lassen, was vor allem in der Ausarbeitung des Schlussteils der Predigt spürbar werden kann.
Der Text selbst entstammt dem Buch des Profeten Deuterojesaja, (ca. 550-539 v. Chr.), der zur Zeit des babylonischen Exils wirkte und hier die Exulanten ansprach, die im Prozess der Assimilierung begriffen waren, die die Hoffnung auf Rückkehr in die Heimat nicht mehr so intensiv wie früherer Generationen pflegten und sich den Alltag im Exil zur Gewohnheit werden ließen. Sie zogen sogar den traditionellen Glauben an Jahwe in Zweifel, handelte es sich doch politisch gesehen um einen Gott, der auf Seiten der Verlierer stand.
Exegetisch sind Kapitel 54 und 55 als Einheit zu verstehen. Das Thema ist der neue Heilszustand, der zukünftig zu sehen ist. Der Schalom Gottes, der bestätigte Bund das Heil in neuer Gemeinschaft. Jedoch ist nicht das Heilsereignis nach der Katastrophe die Perspektive, sondern der Heilszustand (Stichworte hier sind das neue Jerusalem und die Segenszusagen [54,13b-17]). Kapitel 55 setzt mit den Imperativen die Heilszusage fort. Gott greift persönlich ein, so die Grundtendenz der Gedanken. Die Bildworte im Predigttext sind der Sprache des Segens entnommen, um den Heilszustand zu beschreiben. Rettung und Segen erinnern an frühe Verheißungen, die nun aktualisiert werden. Eingeleitet wird der Text durch eine Nachahmung der Rufe der Verkäufer auf dem Markt. So soll Aufmerksamkeit und Zuhören bewirkt werden. Versprochen wird die Fülle des Lebens, die mehr als die Rettung aus Babylon umfasst. Dies wird im Begriff des bleibenden Bundes ausgedrückt.
In der Predigt selbst wurde die Marktsituation, die viele auch aus Urlauben oder Marktruferwettbewerben kennen aufgegriffen, teils um eines lebendigen Einstiegs Willen, teils um der Textsprache (Markt) zu folgen. Doch wird schon hier versucht einen Bezug zur Gegenwart und der Lebenswirklichkeit der HörerInnen herzustellen. Die historische Grundlage des Textes (Exil) wurde als Geschichte, die der Rufer erzählt, gestaltet, um sie den HörerInnen nicht zu theoretisch trocken nahe zu bringen und doch den Hintergrund der Textsituation zu verdeutlichen. Diese Situation wird nun mit der Lebensrealität der Menschen, aktuellen Bezügen und der Gefühlslage, die für uns in den Begriffen Dürre, Mangel etc. anklingen verknüpft. Sie soll diese spürbar werden lassen und Wege zum Verstehen und Hören aufzeigen, hin zum Begriff des Vertrauens auf Gott und den Begriff Lebensfülle abseits des Materiellen aufzeigen. Dies kann geschehen in einem sich Einlassen und Fallenlassen in Bezug auf die einladende Textbotschaft.
Liebe Gemeinde,
ich möchte Sie jetzt herzlich zu einem Bummel über einen Markt einladen. Versetzen wir uns in unseren Gedanken an einem warmen, sonnigen Tag in eine südliche Stadt.
Wir nähern uns dem Marktgeschehen und sehen schon von weitem buntes Treiben, vielerlei Stände, der Duft von allerlei Leckereien erfüllt unsere Sinne. Wir hören das Stimmengewirr vieler Menschen, die sich über dies und jenes austauschen, den Wert einer Ware, über die Frische der Früchte, die Notwendigkeit dieses oder jenes Produktes. Kinder plärren, genervte Mütter und Väter stöhnen und schimpfen, Marktschreier preisen ihre Waren lautstark an, versuchen einander zu übertrumpfen mit kessen Sprüchen und Superangeboten. An den Ständen entdecken wir billigen Ramsch für Kleingeldbeträge bis hin zu auch sinnvollen und wertvollen Stücken.
Da, nahezu am Rande dieses Treibens, vernehmen wir eine Stimme:
„Auf ihren Durstigen, kommt alle zum Wasser! Auch wer kein Geld hat, soll kommen. Kauft Getreide, und esst, kommt und kauft ohne Geld, kauft Wein und Milch ohne Bezahlung! Warum bezahlt ihr mit Geld, was euch nicht nährt, und mit dem Lohn eurer Mühen, was euch nicht satt macht? Hört auf mich, dann bekommt Ihr das Beste zu essen und könnt euch laben an fetten Speisen. Neigt euer Ohr zu mir, und kommt zu mir, hört, dann werdet ihr leben. Ich will einen ewigen Bund mit Euch schließen.“
Der, welcher hier so auffordernd und einladend ruft, muss ein merkwürdiger Händler oder gar Prediger außerhalb jeglicher Verkaufsstrategie und ohne Gedanken an Gewinn sein. Folgt er etwa der Devise „geiz ist geil“? Oder dem Motto „ich bin doch nicht blöd, sondern kaufe bei…“?
Geschäftstüchtig in unserem Sinne ist er scheinbar nicht. Schauen wir uns seine Angebotspalette genauer an. Auf den ersten Blick wirkt sie nicht sehr originell. Wasser, das ist nötig, aber muss er deswegen so ein Aufhebens machen? Brot, das sättigt, schön, viele wären froh darum, aber ist deswegen hier so lautes Rufen nötig? Er bietet auch noch Wein, Milch und bestes Essen an, vielleicht ist damit mehr anzufangen oder gar mit dem versprochenen Leben. Doch was soll die Sache mit dem Bund?
Der Clou aber ist, alles ist umsonst, kostenlos. Doch halt, da bin ich als moderner kritischer Verbraucher eher misstrauisch. Das hört sich nach Mogelpackung an. Sollen wir verführt, gar manipuliert werden? Stammt er etwa von einer obskuren Firma, Partei oder religiösen Gruppe? Nähern wir uns ihm an und schauen einmal genauer hin. An seinem Stand ist nicht einmal etwas Handfestes zu entdecken, nur ein schlichtes hölzernes Rednerpodest. Doch da fängt er an zu erzählen und es klingt einem orientalischen Märchen gleich:
Vor vielen Jahren begab es sich, dass ein großes mächtiges Volk ein anderes weniger zahlreiches Volk überfiel. Es zerstörte nicht nur Häuser, raubte nicht nur Schätze, sondern auch seinen Tempel, das zentrale Heiligtum, den Lebensnerv. Das Siegervolk verschleppte Menschen zu Tausenden und führte sie weg aus ihrer Heimat, entwurzelte sie und brachte sie in sein Land. Gänzlich schlecht wurden die Besiegten nicht behandelt, ihr Können, ihr Wissen waren willkommen. Viele ließ man in den erlernten Berufen arbeiten, so dass ein gutes Auskommen gesichert war. Die ins Exil Verschleppten arrangierten sich mit der Zeit. Kinder wurden geboren und wuchsen heran und die zweite Generation erinnerte sich nur noch über Erzählungen an die alte Heimat. Die Sehnsucht ging nach und nach verloren, ebenso der Glaube an den einen eigenen Gott, der so uns so der Verlierergott war. Man glich sich den Siegern an und die großen Visionen von Heimkehr schwanden, das Heil war doch besser hier und jetzt zu suchen und nicht in Versprechungen und vagen Hoffnungen der Alten, der Weisen, der Priester und Profeten. Doch rief wie heute jene ominöse Stimme. „Auf ihr Durstigen ... hört …“
Liebe Gemeinde: Die Worte unseres Predigtextes unterbrachen und unterbrechen dieses eben geschilderte Denken, das Arrangieren mit dem Gegebenen, den zur Gewohnheit gewordenen Alltagstrott. Einst waren sie an das Volk Israel im babylonischen Exil gerichtet, in das es, wie unsere kleine Geschichte zeigt, verschleppt worden war. Heute sind sie an uns gerichtet.
Wasser, Brot, Wein und Milch sind uns meist selbstverständliche Gegebenheiten. Körperlichen Mangel leiden wir selten, wenn auch bei uns die Armut wieder verstärkt um sich greift und in vielen Städten wirkliche so genannte Tafeln für Speise und Trank sorgen. Selbst hier ist, um Wertschätzung zu erzielen, z.B. ein Obolus von einem Euro fällig. Wir wissen auch, dass es in der Tat Weltgegenden gibt, wo Menschen nach dem wirklichen Brot hungern, wo Wasser Mangelware ist. Das ist uns mehr oder weniger bewusst und steht uns vor Augen, macht uns betroffen oder manche sind auch der Bilder und moralischen Anmerkungen überdrüssig. Doch ermahnt uns das Wissen darum in jedem Fall.
Sind Durst und Hunger für uns im Wohlstand überhaupt noch Begriffe, die uns berühren? Wonach dürste ich, welches Wasser kann meinen Durst stillen, welches Brot macht mich heute satt. Mir fällt dazu das Psalmwort ein „Meine Seele dürstet nach Gott“ (Ps 42,3) oder Worte Jesu wie „Ich bin das Brot des Lebens“ (Joh 6,35) und „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“, Joh. 15,5. Das sind Worte und Gedanken, die nichts kosten und doch so schwer zu empfangen sind. Und dabei spüre ich tief in mir eine tiefe Sehnsucht nach Heimat in einem Frieden und in einer Ruhe, Ausgeglichenheit, Sicherheit, angesichts all dessen, was mich an Katastrophen umgibt in der Natur, in der Politik, im sozialen Bereich, auch in der Kirche, wie auch im Persönlichen. Können mir diese einladenden Worte aus dem Predigttext, aus Psalmen und den Evangelien weiter helfen, verschaffen sie mir die nötige Sicherheit und Bewahrung? Scheinbar gehen sie, genau wie die Worte im Predigttext angesichts der alltäglichen Erfahrung an der Realität vorbei, da ist nichts ganz und heil, eher werden gerade sie oft missbraucht, im Munde geführt von politischen Verführern oder Kriegsherren, in den Sturm der Orkane gerufen und sie toben trotzdem weiter. Verschaffen sie irgendeinem Menschen einen Arbeitsplatz? Wohl eher kaum. Ist das Angepriesene also billige Ware, die nichts taugt?
Ich versuche noch einmal auf sie zu hören, nicht zu schnell und oberflächlich wie im Supermarkt an einem Regal vorbeizugehen und zu schauen, ob etwas Brauchbares darin liegt und entdecke ich es nicht, ins Auge stechend präsentiert, gehe ich weiter. Es heißt hier: kommt und hört. Zum wahren Hören ist das Hinzukommen nötig, damit ich verstehen kann, dann ein Innehalten, die Haltung der Stille. So versuche ich ruhig zu werden und über die marktschreierischen Töne hinweg zu lauschen.
Allein die Stille kann schon Labsal für die Seele, zum Genuss, Raum zum Nachdenken und Nachspüren werden, was das Wesentliche ist. Mir wird gewiss, dass ich durch dieses Angebot angesprochen werde, kostenlos, dass ich gemeint bin und nicht irgendwer. So kann ich mich in diesem Angerufensein spüren, meiner selbst, meines Wertes, meiner Person gewahr werden, es kann mich umhüllen und ich vermag im Schweigen den Zuspruch zu vernehmen, `ihr werdet leben´, `ich will mit euch einen ewigen Bund´ schließen.
Hier ist von Zukunft die Rede, von einer Aussicht, die über den Moment und die gegenwärtige Zeit hinausgeht, aber von jeher kommt, gemeint ist ein Zustand seelischen und körperlichen Heilseins über die alltäglich vorfindbare und oft schreckliche Wirklichkeit hinaus. Verheißen wird, dass dieses Wasser und Brot des Lebens, diese Worte stärken, Wegzehrung für Leib, Geist und Seele. Dass wir von Zuwendung verwöhnt werden mit dem köstlichen Wein und genährt von guter Milch der Gewissheit nicht allein zu stehen, behütet zu sein. `Kommt her zu mir alle` und `wer von diesem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten´ (Joh 4,14).
Der versprochene Bund ist eine feste Zusage verlässlicher und beständiger Gemeinschaft, eine Zusicherung und Segnung bei unserem Weg durch die Zeit. Sie zielt auf ein Leben außerhalb der bloßen, unerfüllten Sehnsucht, der Gefangenschaften des Lebens in der Welt der Waren, des Handelns, die nur scheinbar Befriedigung und Erfüllung bedeuten, schnell gekauft und schnell verbraucht, reparaturanfällig und von überschaubarer Lebensdauer. Die Worte unseres profetischen Marktrufers sind in lebensvollen und in traurigen Momenten, in Situationen, in den wir uns verloren fühlen, verzweifelt, enttäuscht oder verbittert sind, von notwendender Bedeutung. Gegenüber der Unersättlichkeit Mancher, der Abgestumpftheit der Anderen oder der Gewöhnung an Heimatlosigkeit und den Alltagstrott laden sie ein zu einem Neuanfang, zum Bruch mit dem, was scheinbar satt macht. Sie wollen die innere Dürre wässern, den Verlust der Lebensmitte aufheben. Voller Genuss ist aus diesen Worten herauszuhören. Gott sucht hörende und nachdenkliche Menschen, Gott ist zu hören ganz umsonst.
Liebe Gemeinde,
„Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar … von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost was kommen mag, Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag“ (Auszüge EG 65).
Diese Versauszüge aus einem Lied von Dietrich Bonhoeffer drücken die Gewissheit aus, dass der Beter sich aufgehoben fühlt, getragen, umhüllt, auch die Zuversicht, dass in schweren Zeiten Bewahrung, Schutz und Hilfe möglich sind. Gute Aussichten werden verheißen, fester Glaube auf einen guten Ausgang in einer noch ungewissen Zukunft. Sanfte Töne und doch starke Worte, die wohl tun dem, der sie hört und sich darauf einlassen kann, sie in sich einlassen kann. So können wir ruhig und gelassen werden, in uns ruhen, im Vertrauen auf Gott. Amen!
Verfasser: Pfarrer Michael Schröck-Lichtenstern, Meier-Spier-Str. 34 64846 Groß-Zimmern
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