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Die Einladung

von Dietlind Steinhöfel (Weimar)

Predigtdatum : 09.06.2013
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Jesaja 55,1-3b.(3c-5)
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Leitbild:
Die Einladung
Wochenspruch:
Christus spricht: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. (Matthäus 11, 28)
Psalm: Psalm 36, 6 - 11

Lesungen
Altes Testament: Jesaja 55, 1 - 3b. (3c - 5)
Epistel: Epheser 2, 17 - 22
Evangelium: Lukas 14, (15). 16 - 24


Liedvorschläge
Eingangslied: EG 168, 1 - 3 Du hast uns, Herr, gerufen
Wochenlied: EG 363 Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn
Predigtlied: EG 250 Ich lobe dich von ganzer Seele
Schlusslied: EG 168, 4 - 6 Wenn wir jetzt weitergehen



Kurze Hinführung:

Im Buch des Propheten Jesaja sind die Worte mehrere Propheten zusammengetragen. Bis Kapitel 39 stammen die Worte von Jesaja, der dem Buch den Namen gegeben hat. Die Kapitel 40 bis 55 werden dem „zweiten Jesaja“ (Deuterojesaja), die Kaptitel 56 bis 66 dem „dritten Jesaja“ (Tritojesaja) zugeschrieben. Der heutige Bibeltext zur Predigt gehört zum Abschnitt des Deuterojesaja. Er lebte und wirkte in der Zeit, da sich das Volk Israel in babylonischem Exil befand (im 6. Jh. v. Chr.).

Das Ende der babylonischen Vorherrschaft zeichnete sich ab. Kyros, der später Babylon einnahm und den Israeliten erlaubte, in die Heimat zurückzukehren, wird von Deuterojesaja erwähnt: „der zu Kyros sagt: Mein Hirte“ (44,28); „So spricht der Herr zu seinem Gesalbten, zu Kyros“ (45,1). Beide Titel (Hirte, Gesalbter) deuten darauf hin, dass Gott selbst den Perserkönig auserwählt und zu seinem Werkzeug gemacht hat.

Die Worte des Propheten Deuterojesaja sind geprägt von Hoffnung, sie sprechen von Heil und Verheißung der Gnadenzeit, so auch Kapitel 55. Diese Gnaden- und Heilszeit begrenzt sich jedoch nicht auf die Heimkehr, sondern Gottes Zusage reicht darüber hinaus.


Predigt:
Gnade sei mit uns und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen

Alles geschenkt? Alles umsonst? Das klingt wie die Slogans auf den Werbeblättern: null Prozent Zinsen, 70 Prozent Rabatt … Uns wird ja so viel vorgegaukelt, doch wenn man genauer hinschaut, ist alles Betrug. Eine Millionen gewonnen! Sie sind auserwählt … mitzuspielen und einen Vertrag abzuschließen (und viel Geld auszugeben). Oder aus einer Reise für 99 Euro werden, wenn man das Kleingedruckte nicht liest, schnell 500 Euro und mehr.
Geschenkt? Mitnichten.

Liebe Gemeinde,

„Im Leben wird dir nichts geschenkt“, ist so ein Satz, den wir von Jugend an hören. Und doch fallen immer wieder Menschen auf fragwürdige Sonderangebote herein.

Warum? Weil sie habsüchtig sind? Oder weil sie Sehnsucht haben nach etwas, das sie sich eigentlich nicht leisten können? Weil sie nicht abseits stehen wollen?

Oder weil sie sich einfach nur freuen, ein „Schnäppchen“ gemacht zu haben.

Die große Einladung
Sogar die Bibel scheint mit in diese Werbekampagne einzustimmen: „Kommt, die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst. Kommt her und kauft ohne Geld“ (Vers 1), wird versprochen. Was ist das für eine merkwürdige Einladung? Will uns der Prophet Jesaja weismachen, dass es doch etwas umsonst gibt im Leben?

Werden nicht alle Versprechen zunichte, wenn wir das Kleingedruckte lesen? Und nicht nur im Buch des Propheten Jesaja stehen solche merkwürdigen Sätze. Auch Jesus sagt: „Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch“ (Matthäus 6,26).

Wir hören solche eine Einladung zum großen Fest und hören diese Versprechen. Wir hören ¬– und hören es doch nicht, weil wir es nicht verinnerlichen oder nicht glauben, dass uns etwas wirklich Wertvolles geschenkt werden soll.

Wir sind Kinder unserer Zeit und setzen auf unsere eigenen Fähigkeiten. Auch in unseren Kirchengemeinden. Wie wird da gebaut und gesammelt und geschuftet ¬– alles soll schön werden. Doch eine fein herausgeputzte Kirche, eine neue Orgel allein bewirken noch nichts.



Wer soll eingeladen werden?
Da ist eine kleine Kirchengemeinde, vielleicht 30 oder 40 Gemeindeglieder. Sie wollen unbedingt ihre Kirche restaurieren und ihre Orgel – obwohl es im nächsten Ort eine große Kirche gibt, eine Gemeinde, einen Pfarrer/eine Pfarrerin. Sie wollen selbst etwas haben. Sie sammeln Geld, beantragen Fördermittel – und schaffen es schließlich.

Da wird viel Kraft investiert. Und das ist ja erst einmal nicht verwerflich. Die Frage steht jedoch im Raum: Wer soll hier Raum finden, und wer wird einladen? Soll überhaupt eingeladen werden?
Wozu tun also wir dies oder das? Kirche ist kein Selbstzweck. Auch Bauarbeiten sind es nicht? Mit einem schönen Haus ist noch nicht alles getan, wenn sich in uns drin nichts ändert.

Bauen wir, weil wir die Einladung Gottes ernst nehmen oder weil wir so eine tolle Truppe sind? Weil wir etwas vorzeigen wollen?
Unbenommen – wenn eine Kirchengemeinde Häuser saniert, dann wächst in der Regel auch Gemeinschaft. Wenn diese tragfähig wird, dann ist es gut so. Wenn sie aber unter sich bleibt, dann läuft etwas nicht gerade. Dann haben wir nicht verstanden und nicht zugehört, was der Prophet sagt: „Neigt eure Ohren her und kommt herzu mir. Höret, so werdet ihr leben.“

Was zählt
Der Prophet spricht zu den Israeliten, die im 6. Jahrhundert vor Christus in Babylon im Exil leben. Die meisten haben sich eingerichtet unter den Andersgläubigen, viele haben ihren Gott vergessen. Und der Prophet sagt ihnen klar: Opfert nicht fremden Göttern. Nicht die babylonischen Götter bringen euch, was ihr braucht. Besinnt euch auf den lebendigen Gott, der euch die richtige Nahrung gibt. Zu uns gesprochen: Jagd nicht den Schnäppchen hinterher, rackert nicht für noch mehr und noch größer und höher und weiter. Es geht nicht ums Haben, sondern ums Sein. Es geht nicht um äußeren Reichtum, sondern um den Frieden Gottes, den Reichtum der Seele.

Es gibt tatsächlich vieles, das kein Geld kostet. Etwas, das wirklich satt macht in unserer so satten Zeit, in der Überfluss neben seelischer Armut das größte Problem ist: Alte fühlen sich vergessen, Kinder werden allein gelassen, Familien fühlen sich unverstanden, Gewalt wächst … Es gibt viel Einsamkeit in unserer Welt. Und auf der anderen Seite hat die Freizeitindustrie unüberschaubare Angebote. Aber wovon werden wir glücklich, wo finden wir Frieden, Zufriedenheit …

Auch Tausende Freunde bei Facebook helfen nicht wirklich gegen Einsamkeit, wenn uns nicht jemand im realen Leben besucht.

Nicht auf einen Macher warten
Doch wer spricht die Einladung aus, wenn das Haus bestellt ist? Bei den Israeliten gab es jene, die sich den Gepflogenheiten und den Göttern der Babylonier zuwandten. Andere warteten voll Sehnsucht auf einen neuen König David, auf einen, der Israel wieder stark machte. Doch was entgegnet Gott? „Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.“

Hoppla! Da wird mir was geschenkt! Aber – es ist mit Verantwortung verbunden! Nicht der starke Mann, die starke Frau wird es richten. Wir selbst sind angesprochen. Zunächst soll uns der Hunger und der Durst gestillt werden, aber dann sollen wir den Hunger und Durst der anderen spüren und Auswege suchen.

Dazu brauchen wir ein Umdenken in unseren Gemeinden.
Die Israeliten sollen nicht dem alten Königreich Davids nachtrauern. Und wir sollen nicht den alten Strukturen und den volkskirchlichen Verhältnissen nachtrauern. Nicht warten, bis der Pfarrer etwas tut. Nicht warten, bis die Pfarrerin einlädt, sondern mittun und vielleicht sogar selbst die Initiative ergreifen – jeder nach seinen Gaben.

Zum Beispiel
In einer Dorfgemeinde in Hessen geschieht, was überall passiert: Die Jungen ziehen weg, die Alten bleiben zurück. Verlassene Häuser und eine kleiner werdende Kommune und in der Folge auch eine kleiner
werdende Kirchengemeinde. Und wenn die Alten Haus und Hof nicht mehr bestellen können, gehen sie auch weg – ins betreute Wohnen, in ein Heim.

Doch in diesem Dorf war es anders: Von der Kirchengemeinde ging die Initiative aus: Man wollte die Alten nicht abschieben in die Stadt. Sie wollten ja doch auch zu Hause bleiben – in ihrer vertrauten Umgebung. So wurden mithilfe vieler Menschen und einiger Vereine leerstehende Bauernhäuser zu einer Wohnanlage ausgebaut für die älteren Dorfbewohner. Betreutes Wohnen im Dorf sozusagen. Und jeder im Dorf fühlt sich nun mitverantwortlich: Es gibt Besuche, es gibt kleine Hilfen … Es gibt wieder eine Dorfgemeinschaft.

Oder: In einem Thüringer Dorf steht eine kleine Kirche, geteilt in einen Gottesdienstraum und einen Gemeinderaum. Nichts Besonderes, doch praktisch. Aber sie wird ganz besonders genutzt: Eine katholische Christin sammelt jede Woche die Kinder in dieser Kirche, um ihnen biblische Geschichten zu erzählen, um mit ihnen zu reden über dies und das und mitunter ihre Sorgen anzuhören. Sie organisiert Ausflüge und kleine Feiern. Einer ihrer Gründe, weshalb sie hier ihre Freizeit investiert, beschreibt sie so: „Die Kinder sollen sich kennenlernen und voneinander wissen. Sie gehen doch alle in unterschiedliche Schulen und sehen sich kaum.“ Sie weiß, dass eine funktionierende Dorfgemeinschaft viel bewirken kann.

Das sind zwei Einladungen. Und nicht nur die Empfangenden bekommen etwas geschenkt, sondern auch die Gebenden.
Das Leben ist mehr als Nahrung und Kleidung, mehr als Essen und Trinken.

Zunächst dürfen wir Gottes Große Einladung annehmen und sehen: Sie ist kein Werbetrick, keine leere Versprechung, sondern eine feste Zusage. Er schenkt uns das, was wirklich zählt.

Und es wird auf andere ausstrahlen, wenn wir Gottes Einladung glauben. Wenn wir sie annehmen. Dann schauen andere und staunen und kommen, weil der Hunger nach Leben und der Durst nach Frie-
den gestillt werden. Niemand wird überfordert werden und muss in Aktionismus verfallen. Denn es sind die kleinen Schritte im Leben, die zueinander führen – zu Gott und zu unserem Nächsten.
Amen

Verfasserin: Dietlind Steinhöfel
William-Shakespeare-Str. 23, 99425, Weimar

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