Wochenspruch: "Aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es." (Epheser 2,8)
Psalm: 73,1-3.8-10.23-26
Reihe I: Matthäus 9,35-10,1(2-4)5-10
Reihe II: Lukas 5,1-11
Reihe III: 1. Korinther 1,18-25
Reihe IV: 1. Mose 12,1-4a
Reihe V: Johannes 1,35-51
Reihe VI: 2. Korinther (11,18.23b-30);12,1-10
Eingangslied: EG 155,1-4 Herr Jesus Christ, dich zu uns wend
Wochenlied: EG 241,1-3.6 Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Predigtlied: EG+ 32 Aus den Dörfern und aus Städten
Schlusslied: EG+ 37 Möge die Straße
35 Am nächsten Tag stand Johannes abermals da und zwei seiner Jünger; 36 und als er Jesus vorübergehen sah, sprach er: Siehe, das ist Gottes Lamm! 37 Und die zwei Jünger hörten ihn reden und folgten Jesus nach. 38 Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen und sprach zu ihnen: Was sucht ihr? Sie aber sprachen zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister –, wo wirst du bleiben? 39 Er sprach zu ihnen: Kommt und seht! Sie kamen und sahen's und blieben diesen Tag bei ihm. Es war aber um die zehnte Stunde. 40 Einer von den zweien, die Johannes gehört hatten und Jesus nachgefolgt waren, war Andreas, der Bruder des Simon Petrus. 41 Der findet zuerst seinen Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden, das heißt übersetzt: der Gesalbte. 42 Und er führte ihn zu Jesus. Als Jesus ihn sah, sprach er: Du bist Simon, der Sohn des Johannes; du sollst Kephas heißen, das heißt übersetzt: Fels. 43 Am nächsten Tag wollte Jesus nach Galiläa ziehen und findet Philippus und spricht zu ihm: Folge mir nach! 44 Philippus aber war aus Betsaida, der Stadt des Andreas und des Petrus. 45 Philippus findet Nathanael und spricht zu ihm: Wir haben den gefunden, von dem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, Jesus, Josefs Sohn, aus Nazareth. 46 Und Nathanael sprach zu ihm: Was kann aus Nazareth Gutes kommen! Philippus spricht zu ihm: Komm und sieh! 47 Jesus sah Nathanael kommen und sagt von ihm: Siehe, ein rechter Israelit, in dem kein Falsch ist. 48 Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Bevor Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, habe ich dich gesehen. 49 Nathanael antwortete ihm: Rabbi, du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel! 50 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Du glaubst, weil ich dir gesagt habe, dass ich dich gesehen habe unter dem Feigenbaum. Du wirst noch Größeres sehen als das. 51 Und er spricht zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf- und herabfahren über dem Menschensohn.
Die Perikope Joh 1,35-51 gehört zu einer der beiden Vorgeschichten im Johannesevangelium. Der Inhalt dieser Perikope – Berufung der ersten Jünger – hat synoptische Parallelen, ist sprachlich jedoch ganz anders gestaltet.
Da die Frage „Was sucht ihr“ von Johannes als erstes direktes Jesus-Wort wiedergegeben wird, habe ich entschieden, diese als wiederkehrendes Motiv in der Predigt zu verwenden. Ich verbinde sie mit der menschlichen Suche nach Sinn, Halt, Glaube; eine Suche, die meines Erachtens gerade auch angesichts der gegenwärtigen Krisen (Corona, Krieg, Klimawandel etc.) viele beschäftigt.
Der Predigt-Einstieg ist persönlich gefärbt. Dies muss natürlich nicht dem/der Predigenden entsprechen, daher lasse ich zu Predigtbeginn sagen: „Eine Pfarrerin hat einmal erzählt …“
Aufgrund der Länge des Predigttextes kann dieser statt in der Predigt auch als Lesung oder vorab wiedergegeben werden.
Wer sich für die Wiedergabe der Perikope in der Predigt entscheidet, dem sei eine Kürzung bzw. Nacherzählung empfohlen!
Die Gnade von Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen
Liebe Gemeinde,
1. „Was suchst du?“ – diese Frage können zerstreutere Menschen nicht selten hören. Eine Pfarrerin hat beispielsweise einmal erzählt: „Was suchst du – das könnte mein Mann mich in schöner Regelmäßigkeit fragen! Als wohl eher schusselige Person bin ich einen nicht unerheblichen Teil meiner Zeit am Suchen. Mal kann ich den Schlüsselbund nirgends finden. Dann ist der Geldbeutel mit Ausweis und Bankkarte einfach weg. Meist hat sich schließlich dann doch alles wiedergefunden. Einmal sogar – dank wohlmeinender Finder! – das in einem Einkaufscenter verloren gegangene Portemonnaie mit den wichtigen Dokumenten.“
„Was suchst du?“ – bei dieser Frage geht es aber nicht nur um das Bemühen, verloren gegangene Dinge aufzuspüren, materielle Dinge zu finden. „Was suchst du?“ – das kann auch, an andere oder mich selbst, die Frage sein: „Was suchst du in deiner Beziehung? Mit deinem beruflichen Wirken? Was suchst du in deiner Kirche, mit deinem Glauben?“ Ja, was suchst du – was suchen Sie – was suche ich, das existentiell ist. Das dem Leben Sinn gibt. Halt verleiht. Erfüllung schenkt, und auch Hoffnung. Es ist, leider, nicht garantiert, dass diese Suche immer erfolgsgekrönt ist. Da mag ich noch so angestrengt nach Sinn suchen, mich nach Hoffnung verzehren, nach Glauben sehnen – in manchen Momenten fühle ich trotzdem Leere, Resignation, Haltlosigkeit. Es braucht also neben unserer Eigeninitiative noch ein Mehr. Lassen Sie mich dazu den Predigttext aus dem 1. Kapitel des Johannesevangeliums wiedergeben (vgl. Tipp in der Einfürung!).
[Lesung Predigttext]
2. „Was suchst du – was sucht ihr.“ Es ist Jesus, der hier diese Frage stellt. An zwei – zunächst namenlose – Jünger von Johannes dem Täufer. Die ihm, zumindest laut der Erzählung, erst einmal gar keine direkte Antwort geben. Die einfach seiner Einladung folgen und zu ihm kommen. Was genau passiert dabei, und an den folgenden Tagen? In der biblischen Erzählung hören wir dazu keine Details. Wohl aber hören wir: Diese Menschen finden, was sie suchen. Denn, indem sie sich auf die Begegnung mit Jesus einlassen, werden sie gewissermaßen von ihm gefunden. Werden erfüllt von dem Vertrauen: Dieser ist „Gottes Sohn“; in ihm finden sie Gott.
3. In der persönlichen Begegnung mit Jesus finde ich Gott. Und damit auch zu dem, was wir im Leben doch alle irgendwie suchen: Sinn, Halt, Erfüllung, und Hoffnung. [Evtl. kann hier zur gegenwärtigen Situation – z.B. Krieg oder Klimawandel – benannt werden, was aktuell Halt zu nehmen droht.] Durch das Versprechen, dass Dein und Ihr und mein Leben eingebettet ist in eine wirklich verheißungsvolle Perspektive. Denn, so sagt Jesus selbst: „Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf- und herabfahren über dem Menschensohn.“ Ein Bild, das sich auch in einer alttestamentlichen Geschichte findet, Jakobs „Traum von der Himmelsleiter.“ Ein Bild, das uns zusagt: Du bist behütet. Dein ganzes Leben ist eingebettet in seiner Macht.
Bis heute ist es der Auftrag der Kirche, diese Macht Gottes weiterzusagen. Menschen zu einer persönlichen Beziehung mit Jesus einzuladen. Ihrem Leben so eine wirklich himmlische Perspektive zu geben. Ein Auftrag, dem wir in vielerlei Weise entsprechen können. Nicht zuletzt, indem wir – ob einzeln, ob als Kirche im Großen – immer wieder die Frage stellen: „Was suchst du – was sucht ihr?“
4. „Was suchst du?“ Vielleicht ist es Mitgefühl wie auch konkrete Hilfe, die der oder die andere sucht. Dazu noch mal das, was zerstreutere Menschen erfahren können: Wenn wieder mal der Schlüssel weg ist, oder wenn der Gedanke stresst, dass mit dem Geldbeutel auch die wichtigen Dokumente weg sein könnten – wie bestärkend ist es, wenn eine andere Person zur Seite steht. Wenn er oder sie also nicht genervt die Brauen hochzieht, sondern konkret hilft. Wie bestärkt, wie erleichtert muss erst recht der Flüchtling sein, der bei der Suche nach einer Bleibe nicht allein gelassen ist. Oder die Kranke, die praktische Unterstützung und Mut machende Worte findet. [Hier könnte man aktuelle Beispiele nennen, wie etwa mit Blick auf Krieg oder mit der Energiekrise zusammenhängenden Sorgen Menschen sich bei der Suche nach Hilfe unterstützen können.]
5. „Was suchst du?“ Ob einzeln oder als Kirche im Großen, für mich heißt das auch: Dass wir nicht über die Köpfe anderer hinwegpredigen, bloß die jeweils eigenen Wünsche und Vorhaben vorantreiben. Sondern dass wir hören auf die Fragen, die andere bewegen. Offen sind für die Bedürfnisse, die sie haben. Und dass wir Hoffnungen wie auch Zweifel ernst nehmen.
Und gleichzeitig, so wichtig und gut all das ist, zugleich finde ich ungemein entlastend zu hören: Es liegt nicht bloß an uns, liegt nicht nur an unseren Fragen und Ideen, an mitfühlenden Worten und handfestem Tun, was sich daraus entwickelt. Weil es letztlich nicht wir sind, weil es die Begegnung mit Jesus ist, durch die Menschen zum Glauben finden, von Gott gefunden werden. Auch Du und Sie und ich – eben mit den Fragen und Zweifeln, die in manchen Momenten bewegen.
Ja, auch das finde ich ermutigend an der Erzählung von den „ersten Jüngern“: Da gibt es nicht nur einen Andreas und einen Simon – die beiden, die scheinbar völlig selbstverständlich zu einer persönlichen Beziehung mit Jesus finden. Da ist ebenso ein Nathanael, der durchaus skeptische Einwände hat. Der nicht gleich „Feuer und Flamme“ ist – und dann doch entflammt wird! Also – auch der Zweifelnde, auch die Hadernde, auch Du und ich mit unserer manchmal ganz schön unsicheren Suche nach Glauben: Auch wir können uns finden lassen. Auch wir können entflammt werden vom Vertrauen auf Gott. Und mögen dann hoffnungsfroh nachsprechen, was der eben noch skeptische Nathanael dann so vertrauensvoll bekundet: Dieser ist Gottes Sohn!
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen
Verfasserin: Pfarrerin Christine Groß
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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