Die Gaben der Schöpfung
von Wilhelm Bischoff (39108 Magdeburg)
Predigtdatum
:
03.10.2010
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
17. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
2. Korinther 9,6-15
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Wochenspruch:
„Aller Augen warten auf dich, Herr und du gibst ihnen ihre Speisen zur rechten Zeit" (Psalm 145, 15)
Psalm: 25, 8 – 15 (EG 713)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 49, 1 – 6
Epistel:
2. Korinther 9, 6 – 15
Evangelium:
Lukas 12 (13 – 14) 15 – 21
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 322
Nun danket all und bringet Ehr
Wochenlied:
EG 324
Ich singe dir mit Herz
Predigtlied:
EG 428
Komm in unsre stolze Welt
Schlusslied:
EG 512
Herr, die Erde ist gesegnet
Vorbemerkung:
Aus Gründen der Vereinfachung und der thematischen Verdichtung schlage ich vor für die Predigt nur den Eingangssatz Vers 6 („Ich meine aber dies: Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen.“) zugrunde zu legen. Ich gehe dabei davon aus, dass der ganze Abschnitt als Epistellesung zum Vortrag gekommen ist. Falls aus bestimmten Gründen die Epistellesung entfällt, ist es keine Schwierigkeit, den Wortlaut der Einführung des Verses 6 als Predigttext entsprechend umzuformulieren.
Liebe Gemeinde,
heute am Erntedankfest haben wir unsere Felder und Gärten vor Augen. Da säen und pflanzen wir Menschen und da ernten wir. Und weil das Ernten mit Freude geschieht, schmücken wir unsere Kirchenräume zum heutigen Sonntag mit Erntefrüchten. Ist es nicht eine Lust, einen saftigen Apfel vom Baum zu pflücken oder einen farbenprächtigen Blumenstrauß aus dem Garten zusammenzustellen?
Ob nun jemand von uns in einem Dorf groß geworden ist oder in einer Stadt, ob wir einen eigenen Garten haben oder nicht – jeder von uns weiß im Grunde, was „säen“ und was „ernten“ bedeuten und was es für ein Wunder ist mit dem Wachstum zwischen Aussaat und Ernte. Sogar ein Blumentopf auf der Fensterbank kann das anschaulich machen.
Unser Blick dafür wird aber jetzt noch erweitert und vertieft. Unser ganzes eigenes Menschenleben ist wie ein Feld oder ein Garten, wo es um Aussaat und Ernte geht, um Wachstum und Frucht. Wir haben ja vorhin im Evangelium die Geschichte gehört, die Jesus vom „reichen Kornbauern“ erzählt. Dieser Mann hatte draußen Felder und die trugen eine reiche Ernte. Und da wirft Jesus die Frage auf, ob auch bei diesem Kornbauern auf dem Feld seines persönlichen Lebens eine gute Ernte herangewachsen ist? So – sagt Jesus – sieht Gott unser Leben!
„Säen“ und „ernten“! Dabei geht es auch um unser menschliches Leben im Ganzen, um das, was wir täglich tun und lassen.
Der Apostel Paulus hat sich darüber Gedanken gemacht und die wollen wir heute am Erntedankfest hören und bedenken. Paulus hat diese Gedanken damals den Christen in der Stadt Korinth in einem Brief geschrieben. Wir haben diese Briefstelle vorhin schon gehört. Jetzt lese ich noch einmal die markanten Anfangssätze davon: „Ich meine aber dies: Wer kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen.“
Unser Leben ist ein Saatfeld. Was wir Menschen füreinander tun, kann wie eine Aussaat sein, die dann auch eine Ernte bringt, eine gute oder eine kümmerliche oder eine schlechte.
Zur Aussaat gehört dabei ein gutes, fruchtbares Samenkorn. So ein Samenkorn in unserem menschlichen Miteinander kann manchmal ein Wort sein, das ausgesprochen wird. Ein Wort von mir zu dir kann in einer besonderen Situation Vertrauen säen – oder auch Misstrauen bewirken. Ein gutes Wort zur rechten Zeit kann wie ein kostbarer Samen in das Innere eines andren Menschen eingehen und wachsen; dadurch, dass es ermutigt, tröstet, wärmt, erfreut oder Vertrauen aufbaut. Manchmal braucht ein solches Wort als Samenkorn lange Zeit zum Wachsen.
Unser Leben ist ein Saatfeld. Es lohnt sich in einer ruhigen Stunde einmal ganz persönlich zu fragen, wer wohl in meinem eigenen Leben einen guten Samen ausgesät hat, der in mir fruchtbar geworden ist und wofür ich dankbar sein kann.
Paulus hat nun aber in seinem Brief an die Korinther gar nicht so sehr die Frage im Auge, was wir an guten Samenkörnern zum Ausstreuen haben im mitmenschlichen Leben, sondern es geht ihm sehr entscheidend darum, wie wir aussäen! Ob wir das reichlich tun, freigiebig, in „Segensfülle“ oder „kärglich“, geizig, engherzig. Es gibt Augenblicke, da hängt ganz Entscheidendes davon ab! Wir müssen hier nachdenken:
In äußeren Dingen des Lebens können wir ohne Schaden sparsam sein und manchmal müssen wir das sogar. Mit Elektroenergie oder Gas sparsam umzugehen oder mit dem kostbaren Trinkwasser, das ist eine Sache vernünftiger, verantwortlicher Sparsamkeit. Wenn wir uns hier einschränken, ist das kein Lebensverlust, sondern eher ein Lebensgewinn.
Aber ganz anders ist das mit Ausgaben, mit Verausgabungen, die zwischen uns von Mensch zu Mensch mit unseren inneren Kräften geschehen. Können wir z. B. mit der Liebe sparen? Also mit dieser inneren Kraft der Zuwendung zu einem anderen Menschen, der das in einer Notlage braucht? Halbe Liebe ist keine Liebe! Halbherzigkeit hat nichts Überzeugendes, sondern etwas Enttäuschendes. Und genau hier liegt das Problem, das Paulus aufwirft.
Manchmal kriegen wir es so schwer fertig, uns einem anderen Menschen, wenn er es braucht, ganz zur Verfügung zu stellen. Freilich: wir leben in so vielen Bezügen und Pflichten, dass wir unsere Kräfte einteilen müssen. Und dann merke ich plötzlich: Da bin ich doch einem anderen Menschen etwas Entscheidendes schuldig geblieben – weil ich nur halb hingehört habe, weil ich in Eile mich auf ein paar nette Worte beschränkt haben, weil ich zu sehr mit mir selbst beschäftigt war. Ich habe doch auch meine Probleme!
Das nennt Paulus „spärlich säen“, halbherzig, ohne mitmenschliche Kraft. Sicherlich ist das oft unser Problem. Aber wir können hier lernen. Vielleicht ganz einfach diese zwei Dinge:
1. Wenn wir das merken, dass wir einem anderen Menschen Wichtiges schuldig geblieben sind, sollten wir uns nicht herausreden, sondern die eigene Schwäche eingestehen, ehrlich bleiben und dies auch zum Ausdruck bringen. Zu solcher Offenheit gehört Mut. Der christliche Glaube macht dazu Mut. Mut zur Ehrlichkeit. Vielleicht auch einmal bei Eltern gegenüber ihren Kindern!
2. Und dies Andere können wir lernen: Wir sollten immer wieder an uns selbst arbeiten, dass wir Wichtiges und Unwichtiges richtig unterscheiden. Und dazu gehört es in unseren menschlichen Beziehungen, dass wir den anderen Menschen in seiner Lebenssituation richtig wahrnehmen, offen für ihn bleiben. Es gibt keine wirkliche Lebenserfüllung nur für mich allein, sondern nur im menschlichen Miteinander und Füreinander. So gilt es, Wichtiges und Unwichtiges zu unterscheiden.
Paulus hat dafür diese klaren Worte gefunden: „Wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen.“
In diesen Dingen der Aufmerksamkeit für einander haben wir bestimmt nie ausgelernt. Wir bleiben unfertig, weil es hier um etwas ganz Großes geht. Wenn es menschlich darauf ankommt, gilt es immer noch einmal neu, dass wir aus unseren Halbherzigkeiten und Engherzigkeiten hinausgelangen und so ungeteilt wie möglich für den anderen Menschen, für den „Nächsten“, wie Jesus sagt, da zu sein, ihm beizustehen.
Darum geht es bei unserem Zusammenleben im engeren Kreis von Familie, Freundschaft und Nachbarschaft, - darum geht es aber auch bei allen drängenden Fragen des Zusammenlebens in unserer globalen Menschengemeinschaft. Das macht uns Paulus hier geradezu vor. Er wirbt nämlich mit seinen Worten für eine Geldsammlung, die notleidenden Christen zu Gute kommen soll, die weit weg von Korinth wohnen, - in Jerusalem.
Der Blick über die eigenen Dinge und Interessen in Korinth hinaus, offene Augen, Gedanken und Herzen für die Not der Gemeinde im entfernten Jerusalem – das sollte, so möchte es Paulus, die Maßstäbe mitbestimmen für wichtig und weniger wichtig. „Im Segen säen“, nicht halbherzig handeln, sondern mit offenen Händen – das ist immer ein mutiger Schritt über die eigenen Interessen und Grenzen hinaus, zu anderen Menschen hin, die es schwer haben und auf Hilfe angewiesen sind. Paulus ist davon überzeugt, dass solche Freigebigkeit und Großherzigkeit auch dem Spender selbst Segen bringt und ihn menschlich beschenkt. Geiz macht uns einsam und innerlich arm. Freigebigkeit macht uns reich an menschlicher Gemeinschaft. So hat es Gott mit uns Menschen gefügt. Es gibt ein Jesus-Wort, in dem das mit sprichwörtlicher Klarheit gesagt ist: „Geben ist seliger als nehmen.“
Unser Erntedankfest heute ist ein Anlass und auch ein Anstoß dazu, dass wir unsere eigenen Lebensverhältnisse hier bei uns in Deutschland verbinden und verknüpfen mit den Lebensverhältnissen in anderen Ländern und Regionen unserer Erde. Wir haben satt zu essen und zu trinken und bestimmt heute morgen ohne einen Mangel gut gefrühstückt. Und zugleich gibt es heute Notgebiete, besonders in Afrika, wo Menschen verhungern und verdursten.
Und doch leben wir alle in der einen Menschenwelt und sind füreinander verantwortlich. Ohne dass wir ernsthaft ringen um eine gerechtere Welternährung können wir eigentlich nicht glaubwürdig Erntedankfest feiern. Auch unter diesem Blickwinkel und Aufgabenhorizont müssen wir heute die Worte des Paulus hören und beherzigen:
„Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten;
und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen.“
Gott lockt uns und ermutigt uns mit den biblischen Worten heute am Erntedankfest zu mehr Freigebigkeit und Weitherzigkeit und Mitmenschlichkeit, damit wir die Güter unserer Erde gerechter miteinander teilen. Nicht um „mein täglich Brot“ und um „dein täglich Brot“ geht es im Vater-Unser-Gebet Jesu, sondern um „unser gemeinsames täglich Brot.“ Das ist eine ganz große, kostbare und menschenwürdige Sache, die in diesen Worten Jesu steckt: „Unser täglich Brot.“
Der italienische Dichter Giovanni Rodari hat ein Kindergedicht geschrieben, in dem diese sehnsuchtsvollen Worte stehen:
Das Brot
Wenn ich ein Bäcker wäre,
dann gäb es keine Not;
dann büke ich für alle Welt
ein riesengroßes Brot.
Das Brot wär wie die Sonne,
so golden, so voll Duft.
Es kitzelte die Nase
wie süße Frühlingsluft.
Und es ernährte viele,
ob jung, ob alt, ob arm,
von Indien bis Chile,
auch manchen Vogelschwarm.
Das wär ein großes Datum,
das man im Kopf behält;
Der Tag-ohne-den Hunger,
der schönste Tag der Welt.
Für das Kommen dieses „schönsten Tages der Welt“ gelten die biblischen Worte des Paulus:
Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten:
Und wer da sät im Segen, der wird auch ernte im Segen.“
Amen
Verfasser: Oberkonsistorialrat i. R. Wilhelm Bischoff, Herderstraße 17, 39108 Magdeburg
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