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Die geistliche Waffenrüstung

von Stefan Klaffehn (36341 Lauterbach)

Predigtdatum : 28.10.2007
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 20. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Johannes 15,9-12.(13-17)
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Wochenspruch:

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.
(Römer 12,21)
Psalm: 19,10-15 EG 708)

Lesungen

Altes Testament:
Jeremia 29,1.4-7.10-14
Epistel:
Epheser 6,10-17
Evangelium:
Matthäus 6,38-48

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 445
Gott des Himmels und der Erden
Wochenlied:
EG 273 oder
EG 377
Ach Gott, vom Himmel sieh darein
Zieh an die Macht, du Arm des Herrn
Predigtlied:
EG 401
Liebe, die du mich zum Bilde
Schlusslied:
EG 268 oder EG 620
Strahlen brechen viele Gottes Liebe ist wie die Sonne

Vorbemerkungen und Anregungen:
Joh 15,1-17 ist mit vielen inneren Bezügen durchkomponiert. Als Klammer und Hauptthema erscheint das „Fruchtbringen“ im Bild vom Weinstock (V. 1-8), und in V. 16. In V. 9 beginnt das Thema „Liebe“. Es bestimmt die folgende Versgruppe bis V. 17 und hält sie thematisch zusammen. Innerhalb dieses Abschnitts heben sich noch einmal die V. 9-11 und 12-17 voneinander ab. Die V. 9-11 sprechen von der Liebe Jesus zu den Seinen und der Notwendigkeit, in dieser Liebe zu verbleiben. Dem Liebesmotiv hier entspricht spiegelbildlich in Joh 15,18–16,4d der „Hass“ der Welt, dem sich die Jünger ausgesetzt sehen werden.
Als Weg zum Verbleiben in der Liebe Jesu wird das Halten der Gebote aufgezeigt. Am Schluss steht (in V. 11) die Verheißung der vollendeten Freude, eingeführt durch die oft in solchen Texten begegnende Wendung: „Dies habe ich zu euch gesagt“, der das „Das gebiete ich euch“ von V. 17 entspricht. Die V. 12-17 werden durch die Worte: „Dies ist mein Gebot, dass ihr einander liebt“ in V. 12 und „Das gebiete ich euch, dass ihr einander liebt“ in V. 17 zusammengehalten.
Literarisch und inhaltlich fokussiert der Text sehr pointiert eine Liebe, die uns geboten ist. Damit stellt sich der Predigt die Frage, wie ein Leben in der christlichen Liebe gelingen kann. Mit diesem Fokus wird deutlich, dass V. 10 nicht in einem gesetzlichen Sinne gelesen werden kann. Joh kennt keine „Weisungen“, wie etwa die Bergpredigt oder paulinische Texte sie formulieren. Ich versuche diesem Umstand ethisch mit dem Anschluss an Augustin gerecht zu werden.
Ihre motivierende Kraft gewinnen die Worte Jesu allerdings aus dem Finalis in V. 11. Hier sei der Predigerin, dem Prediger empfohlen, während der Vorbereitung auf die eigene Hoffnung zu hören. Die Verheißung dieses Lebens gilt. Und allein im Vertrauen auf diese Verheißung kann ich von der Liebe und dem daraus folgenden Handeln reden.
Für den Gottesdienst erscheint es mir sinnvoll, das Evangelium des Tages zu lesen, das mit den Stichworten des Predigttextes in einer reizvollen Spannung steht.

Jesus Christus spricht: 9 Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner Liebe! 10 Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe. 11 Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde. 12 Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe. 13 Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde. 14 Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete. 15 Ich sage hinfort nicht, dass ihr Knechte seid; denn ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich gesagt, dass ihr Freunde seid; denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch kundgetan. 16 Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt, damit, wenn ihr den Vater bittet in meinem Namen, er's euch gebe. 17 Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebt.

Liebe Gemeinde,
kann man Liebe befehlen? Kann man sich selbst oder anderen befehlen: „Liebt euch!“? Ist das realistisch? Wir wissen ja, wie das ist mit dem, was man sich vornimmt, mit der Liebe besonders. Das gelingt nicht immer. Wahrscheinlich gelingt es eher selten. Unsere Kräfte, unsere Fähigkeiten sind eben doch begrenzt.
Doch gibt es Zeiten, in denen man bereit ist, sich viel vorzunehmen. Regelmäßig treten junge Paare vor Gottes Altar und nehmen sich manchmal recht viel vor:„Ich werde dich immer lieben – in guten und in bösen Tagen – bis der Tod uns scheidet.“
Wir wissen, wie das ist mit solchen Versprechen. Wir kennen auch das Leiden, wenn Beziehungen trotzdem scheitern.
Kann man Liebe befehlen, kann man sich Liebe vornehmen? Nun, „befehlen“ kann man es schon, sich und anderen. Aber man kann es nicht wirklich machen, und einen solchen Befehl auch nicht wirklich durchsetzen. Und selbst wenn die Liebe da ist, kann man sie nicht mit Gewalt festhalten. Und wenn keine Liebe da ist, wenn jemand uns unsympathisch ist, scheint die Aufforderung „Liebt euch!“ ganz unrealistisch. Jesus verlangt, was eigentlich nicht geht. Deswegen lautet die Frage genauer: Wie soll das gehen, was Jesus gebietet, „dass ihr euch untereinander liebt“?
Hören wir ein wenig genauer hin, was Jesus sagt. Es ist ja kein isoliert dastehender Befehl, von ganz oben. Vielleicht ist es gar kein Befehl, sondern eher ein guter Rat. Wie haben Sie es gehört, als ich die Worte eben vorgelesen habe? Haben die Worte Jesu für Sie einen hartherzigen oder einen warmherzigen Klang? Wie immer im Leben – und beim Auffordern wohl ganz besonders – macht der Ton die Musik. Und ich höre hier einen warmherzigen, einen wohlmeinenden, einen liebevollen Ton.
Die Aufforderung Jesu zur gegenseitigen Liebe ist die Zusammenfassung eines längeren Gedankenganges. Der beginnt schon vor unserem Predigttext mit dem bekannten Bild, in dem Jesus von sich sagt: Ich bin der Weinstock, ihr seid dir Reben. Die Reben müssen am Weinstock bleiben, um Frucht zu bringen.
Man muss verbunden bleiben mit dem, was Lebenskraft bringt. Das ist hier das Thema. Da geht es Jesus nicht anders als uns auch. So wie er mit seinem Vater verbunden bleiben muss, so wir mit ihm. Eine einfache Logik: Würde Jesus sich vom Vater abschneiden, sich von ihm abkehren, so würde er sein Leben verfehlen. Wenn wir uns von Jesus abkehren, so verfehlen wir unser Leben.
Dabei kommt es auf den Ton an, das ist hier wichtig. Zu oft wurde und wird das als Drohung missbraucht: Der liebe Gott sieht alles. Halte die Gebote! – Als wenn das ein lieber Gott wäre. Aber Jesus redet hier keiner Gottesvergiftung, die uns drohen könnte, das Wort. Auf den Ton kommt es an: Jesus will es nicht als Drohung verstanden wissen. Es ist hier ein Versprechen. Wir sind ja nicht gewohnt, das so zu hören, Drohungen sind wir eher gewohnt als Versprechen. Aber es ist hier ganz deutlich. Jesus formuliert ein Versprechen. Er gibt einen liebevollen Ratschlag, weil er für unser Leben ein Ziel kennt: „Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.“ Da nimmt Jesus den Mund voll: Er verspricht Leben in vollkommener Freude. Verbunden mit dem Lebensquell – ein Leben in vollkommener Freude. Wenn das nicht der Himmel auf Erden ist. Eine Lebensverheißung, wie sie größer nicht sein kann. Dieses Gebieten Jesu ist keine Drohung, es bringt keine Pflichten mit sich, sondern es ist eine Verheißung. Damit das gelingt, damit wir den Himmel auf Erden erleben: „Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe.“
In diesem einen Gedanken wird zusammengefasst, was an christlicher Lebensweisung da ist. Es ist auf seine Weise das einzige und höchste Gebot des Christentums. Es ist die Verheißung gelingenden Lebens für uns. Lassen wir unsere Hoffnung leben. Lasst uns einander lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. Eine große Vision des Lebens ist das.
Fragt sich, wie wir diese Vision leben können.
Manchmal wird das im Rückgriff auf Worte von Augustin etwa so formuliert: „Liebe, und dann tu´, was dein Herz dir sagt!“ Und in der Tat kann ich mir darunter etwas vorstellen für mein Leben. „Liebe, und dann tu´, was dein Herz dir sagt!“ Wer so leben kann, könnte glücklich sein. Vielleicht steht da wirklich der Himmel offen.
Aber ich bin vorsichtig.
Denn meist – im alltäglichen Gebrauch – begegnet das als guter Rat verkürzt so: „Tu´, was dein Herz dir sagt!“ Und wahrscheinlich reicht es so manches Mal, einer Freundin in Not so einen Rat zu geben. „Hör´ auf dein Herz!“ Oft wird es gut sein, dass zu tun.
Aber es ist gefährlich, wenn das Herz nicht gehalten wird von außen, wenn das Herz zur Mördergrube wird.
Wenn das Herz voller Hass ist, manch großer und kleiner Amoklauf hat hier seinen Anfang. Tu´, was dein Herz dir sagt! Das kann reinigend sein, man kann es verstehen. Aber es ist nicht einfach gut – nicht im Hass zwischen zwei Menschen, oder bei anderen Gefühlen, die unser Herz besetzen.
Nein, was das Herz uns sagt, ist trügerisch. Darauf kann man nicht die Verheißung des Himmels auf Erden gründen. Das scheint nur manchmal so, wenn man verliebt ist.
Die Verheißung des gelingenden Lebens steht und fällt mit einen bleibenden Verbundenheit mit Jesus, und das wird konkret in der beleibenden Verbundenheit untereinander.
Dass Liebe nur im Plural richtig funktioniert, erscheint uns selbstverständlich. Zur Liebe braucht es mindestens zwei.
Doch ist es hier noch einen Gedanken wert. Zum einen wird hier eine narzisstische Selbstverliebtheit – jeder pure Egoismus – als unchristlich, als misslingendes Leben demaskiert. Wer nur an sich denkt, bleibt nicht in der Liebe.
Und auch eine radikale Privatisierung des Glaubens wird unmöglich: „Zum Glauben brauch ich keine Kirche.“ Dieser Satz geht nicht zusammen mit dem Gebot Jesu, „dass ihr euch untereinander liebt.“ Allein im Wald kann man vielleicht ein diffuses Gefühl haben, dass es da eine höhere Kraft gibt. Vielleicht nennt man sie sogar „Schöpfer“. Aber das allein ist kein christlicher Glaube. Wer allein glaubt, bleibt nicht in der Liebe.
Die Verheißung gelingenden Lebens steht und fällt mit der Gemeinschaft mit Jesus und untereinander. Eine Gemeinschaft, die von Liebe geprägt ist. Liebe, dem inneren Kern jeder Freundschaft. Liebe, die die Knechtschaft überwindet. Und darin wird dann auch das eigene Herz gehalten. Dann ist das eigene Herz gut aufgehoben und kann wirklich lieben. Erst dann ist der Rat des Augustin wirklich gut: „Liebe, und dann tu´, was dein Herz dir sagt.“
Die Gemeinschaft untereinander und mit Jesus. So sollen wird leben, denn diesem Leben gibt Jesus die Verheißung vollkommener Freude.
Was kann uns dabei helfen, wenn wir wirklich so leben wollen? Ein Leben in Gemeinschaft untereinander und mit Jesus. So ein Leben geschieht nicht von allein. So ein Leben braucht eine Form, in der es gelebt wird.
Jugendliche sind an diesem Punkt besonders sensibel. Hier können wir von ihnen lernen. Sie wissen, wie wichtig und schwierig es ist, für Liebe die passenden Worte, Gesten und Formen zu finden. Wenn man es dem anderen sagen will. Wie geht das? Das muss man lernen, üben. Und es ist immer auch ein Stück Wagnis: Ob meine Liebe mit dieser Geste ankommt? Wo es aber gelingt, da öffnet sich der Himmel auf der Erde. Und dann – das wissen nun eher die Älteren – muss man ein Leben lang gute Formen pflegen und neue suchen, damit die Liebe bleibt.
Ganz genau so ist es mit dem Glauben. Bleiben in Jesus und in der Liebe untereinander. Das braucht Form, um es erleben zu können. Die muss man lernen, einüben, wagen und praktizieren. Es gilt auch im 21. Jahrhundert, die Formen des Glaubens zu leben: Barmherzigkeit, dem Nächsten Gutes tun. Das Gebet. Der Gottesdienst, die Bibellese. Die Meditation. Die Formen sind vielfältig, es gilt sie zu entdecken. Denn sie geben der Verheißung Raum, sie lassen unsere Hoffnung leben: Ein gelingendes Leben. Christus spricht: „Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.“
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

Verfasser: Pfr. Steffan Klaffehn, Brückenstr. 21, 36341 Lauterbach

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