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Die geistliche Waffenrüstung

von Christian-Erdmann Schott (55124 Mainz)

Predigtdatum : 01.11.1998
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 20. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Epheser 6,10-17
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Wochenspruch:

Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.
(Röm. 12,21)

Psalm: 19,10-15 (EG 708)

Lesungen:

Altes Testament:
Jeremia 29,1.4-7.10-14
Epistel:
Epheser 6,10-17
Evangelium:
Matthäus 5,38-48

Liedvorschläge:

Eingangslied:
EG 259
Kommt her, des Königs Aufgebot
Wochenlied:
EG 273
oder EG 377
Ach Gott, vom Himmel sieh darein
Zieh an die Macht, du Arm des Herrn
Predigtlied:
EG 241
Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Schlußlied:
EG 590
Herr, wir bitten, komm und segne uns

Hinführung:
Die Predigt verfolgt drei Ziele:
1. Die erkennbare Abständigkeit der im Predigttext verwendeten Bilder (Ritterrüstung, Teufel) in ihrer Aktualität verständlich machen.
2. Das hinter diesen und anderen Bildern des Neuen Testamentes stehende Gefühl des Bedrohtseins in dieser Welt als Lebensgefühl der Christen deutlich machen.
3. Den Glauben und die Zuversicht stärken, daß die Christen bei aller Bedrohung trotzdem nicht nur über die richtige Ausrüstung verfügen, sondern auch auf der Seite stehen, der die Zukunft und der Sieg gehört.
10 Zuletzt: Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. 11 Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen könnt gegen die listigen Anschläge des Teufels. 12 Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel. 13 Deshalb ergreift die Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag Widerstand leisten und alles überwinden und das Feld behalten könnt. 14 So steht nun fest, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit, 15 und an den Beinen gestiefelt, bereit, einzutreten für das Evangelium des Friedens. 16 Vor allen Dingen aber ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösen, 17 und nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes.

Liebe Gemeinde!
Auf den ersten Blick wirkt dieser Abschnitt abständig, nicht mehr zeitgemäß. Das Bild von der“Geistlichen Waffenrüstung versetzt uns in eine Zeit, die es schon lange nicht mehr gibt: Griechische Hopliten, römische Legionäre oder christliche Ritter. Heute sind solche Gestalten nur noch in Museen oder auf alten Burgen zu sehen. Aber da ist auch vom Teufel die Rede, der die Glaubenden mit seinen feinen Methoden und “listigen Anläufen“ zum Abfall vom Glauben bringen will.
Da fragen wir uns auch: Gibt es denn den Teufel überhaupt noch? Seit der Aufklärung glaubt doch kaum ein Mensch mehr ernsthaft an ihn.
So unzeitgemäß das alles auch daherkommt, es drückt ein christliches Grundgefühl aus, das es zu allen Zeiten gegeben hat, das wir auch heute gut kennen: Das Gefühl, in einer glaubensfeindlichen Welt zu leben. Für alles Mögliche und Unmögliche interessieren sich die Menschen, haben sie Zeit, setzen sie Geld und Gesundheit ein, aber das, was wirklich wichtig ist, der Glaube an Gott, interessiert sie nicht, langweilt sie. Wenn man davon anfängt, winken sie ab, wenn sie höflich sind; werden sie aggressiv, wenn sie unhöflicher sind.
Dabei sind es in der Regel ehrenwerte Dinge, für die sie sich einsetzen; Dinge, gegen die wir auch als Christen im Grunde garnichts sagen können und wollen.
Aber diese Gleichgültigkeit gegen Gott und den Glauben hat es den Christen stets schwer gemacht, sich in diese Welt einzuzeichnen. Wer sind wir eigentlich in dieser Welt? Als was sollen wir uns begreifen und verstehen? Und so haben sie Bilder entwickelt, mit denen sie ihr Selbstverständnis ausgedrückt haben.
So haben sie sich zum Beispiel “Fremde“ genannt oder “Fremdlinge“ (1. Petr.1,1; 2,11). Sie sagten: Wir werden von unserer gleichgültigen Umwelt als Fremdkörper empfunden, als Störfaktor. Und wir selbst haben auch das Gefühl, daß wir hier nicht so ganz zu Hause sind. Was die Kinder der Welt bewegt, bewegt uns erst in zweiter und dritter Linie. Wichtig ist für uns vor allem unsere Ausrichtung auf Gott. Und damit stehen wir doch manchmal sehr allein.
Ein wesentlich härteres Bild findet sich im Matthäus-Evangelium. Dort sagt Jesus Christus: „Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe“ (Matth. 10,16). Hier sind die Kinder der Welt als reißende Wölfe beschrieben, das Leben als mörderischer Kampf um Macht, Einfluß, Karriere, Geld u. a. nach dem Motto ‘homo homini lupus’ = der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.
In diese Wolfswelt schickt Jesus Christus seine Jünger. Aber er sagt uns zugleich: Fürchtet euch nicht! Ihr seid nicht allein! In allen Situationen „bin ich bei euch bis an der Welt Ende“ (Matth. 28,20). Es scheint, daß wir verloren und verlassen sind, wie Schafe, aber es scheint nur so. In Wahrheit ist Gott, ist Christus, ist der Heilige Geist mit uns. Dasdürfen wir glauben, und das kann uns Kraft, Ausdauer und Zuversicht geben.
Wieder ein anderes Bild für dieselbe Sache findet sich in unserem heutigen Predigttext. Die Feinde sind hier nicht als Gleichgültigkeit oder als Wölfe beschrieben, sondern als Teufel. Im griechischen Urtext steht dabei das Wort „Diabolos“. Das meint „Der Durcheinanderwerfer“; der, der die Menschen verwirrt und verunsichert. Vorzustellen ist das am besten als gegen Gott gerichtete, als Gott feindliche Kraft, die die Menschen vom Glauben fernhalten will.
Heute kann man sich diese Kraft sehr schön an der sogenannten Wertediskussion vergegenwärtigen. In dieser Diskussion zeigt sich ja doch, daß viele Menschen ein Unbehagen verspüren im Blick auf die Zunahme von Kriminalität, auch schon unter Kindern und Jugendlichen, Rechts- und Linksextremismus, Intoleranz gegen Behinderte, Ausländer, zurückgehendes Unrechtsbewußtsein, Sittenverfall, Verrohung u. a. Und nun werden viele Analysen und Untersuchungen angestellt. Alle Leute sind sich einig, die Werte müssen wieder zu Ehren kommen. Aber der entscheidende Punkt wird stets umgangen und ausgeklammert: Daß wir uns alle zu Gott wenden müssen, uns ihm unterstellen und gehorsam werden müssen. Das heißt, daß wir Gott als unseren, als meinen Herrn anerkennen und „über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen“ (Martin Luther).
Wenn Herz, Gewissen und Verstand Gott die Ehre geben, ergibt sich das Halten der Gebote von selbst. Solange die sogenannte Wertediskussion nicht zu diesem Punkt durchdringt und so etwas wie eine Bußbewegung wird, bleibt sie folgenloses Gerede, das die Situation verschleiert und vernebelt. Ja, man hat das Gefühl, die Probleme werden erkannt, aber es geschieht nichts wirklich Grundlegendes.
Das ist das Wirken des „Durcheinanderwerfers“. Er verwirrt die Menschen mit ununterbrochenem ziellosem Gerede, das sie im Vorläufigen festhält und nicht zum Eigentlichen, zum Kern, zu Gott durchstoßen läßt. Das kann allerdings nur der Glaube so klar sagen. Wir können die Situation durchschauen, wenn wir uns an die geistlichen Kräfte halten, die in unserem Abschnitt geschildert werden.
Aber da stehen wir bereits vor einer neuen Frage: Ich sagte ja, dieses Bild von der „Geistlichen Waffenrüstung“ paßt nicht in unsere Zeit. Dieser Vorwurf wird uns ja überhaupt immer wieder gemacht. Euer Glaube, eure Bibel, eure Kirche - im Grunde paßt das alles nicht mehr in die Zeit.
Hier beginnt die erste Stufe des Kampfes. Sie besteht darin, daß wir uns so in das Wort Gottes vertiefen, auch in seine alten, aber tiefsinnigen Bilder aus längst vergangenen Zeiten, und uns bewußt machen, was wir daran haben; daß wir die Wahrheit lieben lernen; daßwir das Recht Gottes, das heißt seinen Rechtsanspruch als Herr und Schöpfer dieser Welt anerkannt zu werden, gelten lassen, - zunächst und vor allem für uns selbst, für mich selbst.
Wenn wir so im Wort, in der Wahrheit, im Recht Gottes eingewurzelt sind, wenn wir so „stark in dem Herrn“ sind (V. 10),werden wir auch den zweiten Schritt tun können und ein geistliches Urteil über unsere Welt wagen. Wir werden uns darüber klar werden, welche Entwicklungen wir fördern, welche wir hindern wollen. Maßstab ist der Glaube.
Schließlich werden wir uns aber auch bewahren können vor Rechthaberei, vor Weltverachtung, vor Weltflucht, vor Angst oder Resignation. Wir werden sogar umgekehrt die Kraft gewinnen, dieser Welt „das Evangelium des Friedens“ vorzuleben und vorzusagen.
Hier zeigt sich, daß das Bild von der „Geistlichen Waffenrüstung“ doppeldeutig ist. Es zeigt einerseits den Christen in der Defensive. Sein Ziel ist, sich zu verteidigen gegen den Sog des Bösen, sich nicht anstecken zu lassen von den listigen Anläufen des Zeitgeistes oder des Teufels. Es zeigt andererseits, daß der Christ dieser Welt der Gleichgültigkeit gegen Gott, der Wölfe und der gegen Gott gerichteten Kräfte eine Hoffnung zu bringen hat, eben das „Evangelium des Friedens“.
Es ist die einzige wirkliche Hoffnung für diese Welt, weil sie nicht von dieser Welt und ihren Möglichkeiten ist. Sie setzt nicht auf Personen, Institutionen, Ideen oder irgendwelche anderen Kräfte dieser Welt. Sie setzt einzig auf Gott, den Herrn der Welt.
Dieses „Evangelium des Friedens“ meint, daß Gott, daß sein Reich, seine Herrschaft sein wird alles in allem, - so wie es hier, unter den noch vorhandenen Bedingungen der alten Welt verborgen schon jetzt da ist. Dieses Evangelium gibt den Christen das Gefühl, nicht für eine verlorene Sache zu kämpfen oder Rückzugsgefechte auszuführen.
Nein, dieses Evangelium weist über die Gegenwart hinaus auch in die Zukunft, wo der Friede Gottes allen sichtbar aufleuchten wird. Dann wird es die Gleichgültigkeit nicht mehr geben. Dann werden die Wölfe nicht mehr das Sagen haben. Dann wird die Kraft des Teufels endgültig besiegt sein.
Dann brauchen wir auch keine „Geistliche Waffenrüstung“ mehr, weil wir sehen und haben, was wir glauben. So lange aber dieses Endreich Gottes noch nicht erschienen ist, müssen wir kämpfen, - nicht auf aussichtslosem Platz, nicht als Wehrlose mit bloßen Händen, auf uns gestellt, sondern ausgerüstet mit den guten Waffen Gottes. Amen.

Verfasser: Pfr. Dr. Christian-Erdmann Schott, Elsa-Brandström-Str. 21, 55124 Mainz

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