Wochenspruch: "Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen." (Jesaja 42,3)
Psalm: 147,3-6.11
Reihe I: Apostelgeschichte 3,1-10
Reihe II: 1. Korinther 3,9-17
Reihe III: Markus 7,31-37
Reihe IV: Apostelgeschichte 9,1-20
Reihe V: Jesaja 29,17-24
Reihe VI: Lukas 13,10-17
Eingangslied: EG 452 Er weckt mich alle Morgen
Wochenlied: EG 289 Nun lob, mein Seel, den Herren
Predigtlied: EG 395 Vertraut den neuen Wegen
Schlusslied: EG 347 Ach bleib mit deiner Gnade
17 Wohlan, es ist noch eine kleine Weile, so soll der Libanon fruchtbares Land werden, und was jetzt fruchtbares Land ist, soll wie ein Wald werden. 18 Zu der Zeit werden die Tauben hören die Worte des Buches, und die Augen der Blinden werden aus Dunkel und Finsternis sehen; 19 und die Elenden werden wieder Freude haben am HERRN, und die Ärmsten unter den Menschen werden fröhlich sein in dem Heiligen Israels. 20 Denn es wird ein Ende haben mit den Tyrannen und mit den Spöttern aus sein, und es werden vertilgt werden alle, die darauf aus sind, Unheil anzurichten, 21 welche die Leute schuldig sprechen vor Gericht und stellen dem nach, der sie zurechtweist im Tor, und beugen durch Lügen das Recht des Unschuldigen. 22 Darum spricht der HERR, der Abraham erlöst hat, zum Hause Jakob: Jakob soll nicht mehr beschämt dastehen, und sein Antlitz soll nicht mehr erblassen. 23 Denn wenn sie sehen werden die Werke meiner Hände – ihre Kinder – in ihrer Mitte, werden sie meinen Namen heiligen; sie werden den Heiligen Jakobs heiligen und den Gott Israels fürchten. 24 Und die, welche irren in ihrem Geist, werden Verstand annehmen, und die, welche murren, werden sich belehren lassen.
Liebe Gemeinde!
Nur noch eine kleine Weile, dann soll sich alles verwandeln:
Taube hören und Blinde sehen,
fruchtbares Land und Wälder entstehen
und die Elenden und Armen werden sich freuen,
denn es wird ein Ende haben mit den Tyrannen
und denen, die Unheil anrichten.
Die, die sich irren, werden Einsicht haben
und die, die murren, nehmen Belehrung an.
Als wäre die Welt auf den Kopf gestellt.
Es wäre schön, wenn das so wäre, wenn das wirklich wahr werden könnte.
Der Prophet Jesaja malt Bilder – so wie Jesus auch das Reich Gottes beschrieb – er malt Bilder von dem, was er in einer Vision sieht: eine wunderbare Landschaft und eine gerechte Gesellschaft, wie ein Tagtraum, Sehnsucht aller Menschen. Als würden wir Menschen einfach nach einem heftigen Sturm auf hoher See eines Morgens an Land gehen. Und schauen uns staunend und ehrfurchtsvoll um. Alles ist anders - voller Schönheit und Wunder. Die auf den Kopf gestellte Welt. Wenn das doch so sein könnte.
Die Bibel erzählt immer wieder davon, dass Menschen durch dunkle Zeiten gehen, auch das Volk Israel zurzeit von Jesaja. Ungerechtigkeit, Hunger, Missernten und Dürre, Tyrannei und Unfrieden beherrschten ihre Welt. Und dabei hatten sie keinen klaren Blick mehr für ihre Situation und wussten kaum noch, wie das alles angefangen hatte. Waren sie vielleicht selbst in die Irre gegangen, als sie sich nur noch um sich selbst drehten oder meinten, sie wären unantastbar? Wie konnte es nur soweit kommen? Und dann waren sie an dem Punkt, an dem ihnen nur noch die Hoffnung auf Gott blieb, denn sie selbst wussten nicht mehr weiter und fingen an, einmal klar und illusionslos ihre Lage zu betrachteten.
Diese Vision von Jesaja: Nur noch eine kleine Weile, dann wird sich alles wenden, nimmt auch unsere heutigen Sorgen und Nöte ernst:
Unsere vermeintlichen Sicherheiten sind angesichts der Veränderungen der letzten Jahre stellenweise in Frage gestellt worden: Wir sind die bestausgebildete, medizinisch versorgte, ernährte, bequemste Generation von Menschen, die jemals auf dieser Erde gelebt hat. Und doch kann uns das alles nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Leben nicht völlig sicher ist. Viele Menschen haben Angst, das alles zu verlieren. Die Sorgen sind verständlich. Für Viele ging es wirklich um die Existenz. Aber Andere haben auch sehr viel und sind es gewohnt, immer mehr zu bekommen. Wir haben uns in der Bequemlichkeit eingerichtet und jeder Blick darüber hinaus ruft Stürme von Entrüstung hervor. Oder aber große Sorgen um die Zukunft und die Geschöpfe dieser Erde. Weil niemand weiß, was kommen wird. Die Erschütterung unserer Welt, wie wir sie kannten, ist für jeden greifbar.
Und das macht die Menschen ängstlich oder aggressiv. Die Seele kommt nicht hinterher - all das ist ganz real und wirklich, selbst wenn man das manchmal nicht mehr hören kann.
Und auch wir hoffen auf Verwandlung, wenn wir einmal uns und unsere Welt klar betrachten.
Nur noch eine kleine Weile, dann wird sich alles wenden.
Da erscheint so eine Zukunftsvision, das Bild eines anderen Lebens in einer Welt voller gedeihender Landschaften und Gerechtigkeit und Freude für alle Menschen nicht mehr wie eine zwar wunderbare, aber unrealistische Illusion aus einer Traumwelt, oder wie eine übertriebene Heile-Welt-Phantasie, sondern wie eine notwendige Erlösung, eine Hilfe, die wir brauchen, um neue Wege zu sehen und zu gehen, eine Hoffnung und Aussicht, die uns und unsere Welt vielleicht ein wenig heilen kann:
Der Prophet Jesaja sieht in die Zukunft und vor seinen Augen entsteht eine neue Welt, als hätte jemand das, was in unserer Welt gilt, auf den Kopf gestellt. So wirken die Kräfte des Reiches Gottes.
Wo diese Kräfte wirken, ist es so, dass die Dinge des Lebens, die sich sonst so lose im Raum gegeneinander bewegen, dass sie sich plötzlich zu einem Bild fügen, wo alles seinen Platz hat, wo Wunden sich schließen, Beziehungen heilen, wo Menschen in einem tiefen Sinne einander gerecht werden, wo wir in Frieden mit den Anderen, der Welt und mit Gott leben und so in Frieden mit uns selbst.
Manchmal ahnen wir solche Momente: Es müsste doch möglich sein, dass alles heil sein könnte, dass alle bekommen, was sie brauchen und was ihnen gerecht wird. Und irgendwie ist es dann ganz anders, als würden wir eine andere Welt berühren. Als würde sich für einen Augenblick eine Tür auftun und wir schauen, erkennen, sehen in das Reich der Himmel, wie in ein unbekanntes neues Land.
Nur noch eine kleine Weile, dann wird es so sein. Das finde ich tröstlich. Dieses neue Leben wie in einem anderen Land, es kommt. Notwendig, verlässlich. Es wird kommen. Aber wie soll das alles geschehen? Wie kann die Verwandlung beginnen?
Viele Menschen warten darauf, dass etwas besser wird in ihrem Leben.
Sie beten und schreien nach Gerechtigkeit. Und allzu oft hat man das Gefühl: Es tut sich nichts.
Trotzdem oder gerade darum: In diesen Zeiten brauchen wir etwas, was uns Zuversicht und Hoffnung gibt, was nicht nur von Machthabern und dem aktuellen Geschehen abhängig ist, sondern uns weist auf das Leben. Und das suchen die meisten Menschen. Wie nach einer neuen Welt, in der das Leben ungehindert gedeihen kann.
Aber: suchen wir da immer an der richtigen Stelle? Ist denn das alles, was wir gewohnt sind zu haben und zu bekommen, wirklich ein Garant für Glück und gelingendes Leben?
Machen uns mehr Reichtum und Wohlstand wirklich barmherziger gegenüber denen, die nichts oder wenig haben? Sind wir uns eigentlich dessen bewusst, dass wir es immer noch gut haben und Menschen in anderen Teilen der Welt in Krisen untergehen, wenn sie keine Hilfe bekommen? Kommt in Zeiten vermeintlicher Sicherheit mehr Liebe unter die Menschen? Mehr Mitgefühl und Zusammenhalt? Sind wir mitfühlender mit der Natur und Gottes Geschöpfen geworden? Das heißt nicht, alles ist nicht so schlimm …. oder früher waren die Zeiten besser. Oder dass wir immer ein schlechtes Gewissen haben müssen.
Gottes Reich geht nur einfach in eine andere Richtung als sich nur um die Zufriedenheit und Sicherheit für bestimmte Menschen zu drehen. Unsere Hoffnung allein darauf zu gründen, ist brüchig. Und das ist nicht immer der Bequemlichkeit förderlich oder räumt auch nicht alle Sorgen aus dem Weg.
Das Reich Gottes, das Versprechen und die Vision der Verwandlung des Lebens gehen weit darüber hinaus.
Das Reich Gottes soll und kann uns ergreifen, verändern, verwandeln, denn es geht nicht an uns vorbei, sondern nur mit uns. Ein Stück des Traums von einer gerechten Welt wirklich werden zu lassen, braucht jeden von uns.
Zuerst einmal geht es um klares Sehen unseres Seins und Tuns. Wo wir stehen. Blinde werden sehen. Und Taube hören. Gott gebe es, dass wir sehen und hören auf das, was von dieser Welt Gottes zu uns herüberweht. Die auf den Kopf gestellte Welt, wo Gottes Gesetze gelten und alles verwandeln können: das lässt die Menschen zusammenrücken. Es macht aus Egoismus Liebe und aus Kälte Wärme.
Angst und Furcht und Unfrieden sollen sich verwandeln und die Landschaften um uns herum sollen fruchtbar sein und die, die schon schön sind, sollen sich in Wälder verwandeln.
Und es wird aus sein mit den Tyrannen und denen, die Unheil anrichten.
Das ist unserer Welt verheißen und versprochen. Wenn das doch so sein könnte.
Es ist gar nicht so einfach, darauf zu vertrauen, dass Gott für uns da ist und uns alles gibt, damit wir leben können und die Welt und uns in eine gute Zukunft führen will, die sich anhört wie ein Traum. Und ihm all die Situationen und Menschen anzuvertrauen, die für uns zu groß sind, um eine Lösung zu finden und wo wir hoffen, dass Gott wirken kann, wo wir nicht mehr weiterwissen.
Dass Gott am Ende alles wenden wird, damit wir leben können. Das ist der Glaube, der unzählige Generationen vor uns aufrecht erhalten hat, wenn sie durch dunkle Zeiten gingen.
Diese Vision Jesajas, das Versprechen soll auch uns ergreifen: Eine neue Welt fängt bei jedem von uns selbst an. Sehen und hören, was von Gott kommt, dem Leben eine Chance geben, Liebe und Gerechtigkeit in unser Herz einziehen lassen.
Dann können wir vielleicht wieder Hoffnung haben und Gott danken dafür, dass er für uns sorgen wird. Nicht in jeder Beziehung vielleicht, wie wir es gewohnt sind, aber so, dass wir leben und dem Leben dienen. Nicht nur mit Gütern, sondern auch mit Barmherzigkeit, Mitgefühl, Gemeinschaft und Frieden und Gerechtigkeit für alle Geschöpfe. Und mit Wäldern und Landschaften, die gedeihen können, wie Gott es wollte. Weil wir seine Kinder sind. An uns soll man sehen, wie wunderbar sich Gott sich das alles gedacht hat und was unserer Welt versprochen ist. Dann ist es so, als hätte die Zukunft schon begonnen.
Damit dieser Traum einer anderen Welt, eines verwandelten Lebens auch auf andere Menschen strahlen kann. Das brauchen wir in diesen Zeiten, wir und die Anderen. Etwas, was die Hoffnung wachhält und uns die Augen öffnet für neue Wege, auf die Gott uns weist. Die Möglichkeiten des Himmels sind noch da. Hört und seht:
Wohlan, es ist noch eine kleine Weile, dann soll es so sein:
Taube hören und Blinde sehen,
fruchtbares Land und Wälder entstehen
und die Elenden und Armen werden sich freuen,
denn es wird ein Ende haben mit den Tyrannen
und denen, die Unheil anrichten.
Die, die sich irren, werden Einsicht haben
und die, die murren, nehmen Belehrung an.
Das wäre schön, wenn das so wäre.
Stellen Sie sich vor, es würde mit uns beginnen. Amen.
Verfasserin: Pfarrerin i. R. Cornelia Bickelhaupt, Sondershausen
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