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Die Jesus nachfolgen, legen ab, was Gottes Willen nicht entspricht

von Inghild Klodt (55128 Mainz)

Predigtdatum : 07.03.2010
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Reminiszere
Textstelle : Epheser 5,1-8a
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Wochenspruch:

„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes.“ (Lukas 9, 62)

Psalm:34, 16 – 23

Lesungen

Altes Testament:
1. Könige 19, 1 – 8 (9 – 13 a)
Epistel:
Epheser 5, 1 – 8
Evangelium:
Lukas 9, 57 – 62

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 440
All Morgen ist ganz frisch und neu
Wochenlied:
EG 82
Wenn meine Sünd mich kränken
Predigtlied:
EG 390
Erneure mich, o ewigs Licht
Schlusslied:
EG 588
Tragt in die Welt nun ein Licht

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

Liebe Gemeinde,

haben Sie schon mal einen Brief an jemanden geschrieben, der schon lange tot ist? Ich habe es mal probiert. Ich hatte das Bedürfnis es zu tun, und ich möchte Sie Anteil nehmen lassen an meinen Gedanken. Der Brief lautet folgendermaßen:

Lieber unbekannter Verfasser des Epheserbriefes,

darf ich dich mit „Paulus“ anreden? Du hast dich zwar mit diesem Namen vorgestellt am Anfang deines Briefes, aber ich weiß, dass das nur ein Pseudonym ist. Wie du tatsächlich heißt, weiß niemand von uns. Du hast – aus Hochachtung vor deinem berühmten Lehrer, dem du sicherlich viele deiner Einsichten verdankst, und weil du deinem Brief so größeres Gewicht verleihen wolltest – mit seinem Namen überschrieben. Das kann ich verstehen; ich weiß, das machte man damals so. Und, wenn du nichts dagegen hast, rede ich dich nun auch so an.

Also lieber Paulus: Nach längerer Zeit habe ich wieder mal deine Zeilen zur Hand genommen und darin gelesen. Und jetzt stecke ich mitten im fünften Kapitel und komme nicht recht weiter. Einige deiner Formulierungen finde ich sehr schwierig. Bei manchen Sätzen weiß ich gar nicht genau, was du gemeint hast. Liegt das daran, dass zwischen dir und mir, zwischen deiner Zeit und meiner Zeit, fast 2000 Jahre liegen? Ich habe mir überlegt, dass ich dir heute schreiben will. Ob ich jemals eine Antwort bekomme? Ich bezweifle das, aber ich denke, es wird mir gut tun, meine Gedanken auf diese Weise zu ordnen.

Du schreibst deinen Brief an die Christen in Ephesus, und ich fühle mich angesprochen, weil auch ich ja Christin bin, getauft wie die anderen. Sollte dann das, was du anmahnst, was du von der jungen Gemeinde in Ephesus forderst, nicht auch für mich gelten? Ja, du hast ganz schön heftige Wünsche an die Gemeindeglieder, und du drohst Ihnen auch mit herben Konsequenzen, wenn sie nicht danach leben.

Ich lese dir noch mal vor, um welche Stelle deines Briefes es sich handelt, die mir so Probleme macht: Kapitel 4, 32 – 5, 8 a: .....

So, lieber Paulus, zunächst mal will ich zu dem Teil deines Briefes kommen, der mir klar und logisch erscheint: Am Anfang schreibst du: „Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus. So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder.“ Was du hier willst, scheint mir erst mal einleuchtend: Wir Christen sollen uns, weil wir durch die Taufe Gottes Kinder sind, ein Beispiel an unserem himmlischen Vater nehmen. So wie Gott uns allen Vergebung geschenkt hat in Christus, der für unsere Sünden am Kreuz starb, so sollen auch wir einander vergeben und barmherzig mit einander umgehen. Und so selbstlos, wie Christus sein Leben für uns gab, sollen auch wir für andere eintreten. So wie Christus sollen auch wir „in der Liebe leben“.

Aber, lieber Paulus, Vorbild gut und schön: Wie weit muss diese Hingabe bei mir gehen? Muss ich mich total opfern, mich selbst aufgeben, so, wie Christus sich selbst geopfert hat? Du merkst, hier fangen meine Fragen an. Ich bin Mensch und nicht Gott: Wie kann ich als Mensch, begrenzt und schwach wie ich nun mal bin, überhaupt in Gottes oder Christi Fußstapfen treten? Sich Gott zum Beispiel nehmen – ist das nicht etwas zu hoch gegriffen? Kennst du den Ausdruck „Herrgötter in Weiß“? So nennen einige Leute die Ärzte, wenn sie, was immer mal wieder bei einigen vorkommt, stolz und eitel auftreten und sich – ihres großen Wissens und ihrer vermeintlichen Macht über Krankheit und Gesundheit, über Leben und Tod be-
wusst – sehr wichtig nehmen. So will ich nicht sein. Ich weiß um den himmelweiten Unterschied zwischen Gott und mir.

Also: Wie weit muss ich als geliebtes Kind dem Vatervorbild Gottes nacheifern, damit er mit mir zufrieden ist? Du schreibst, dass wir Christen uns vor Unzucht und Habgier in Acht nehmen müssen, ja nicht einmal davon reden dürfen. Habgier, so meinst du, ist wie Götzendienst. Vielleicht denkst du dabei an das Jesuswort „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!“ Beides geht nicht. Wer habgierig ist, betet nicht Gott an, sondern nur noch den Besitz, das Geld. Und dann ist man in Wahrheit kein Christ mehr, sondern eigentlich ein Heide. Und du sagst, das hätte dann knallharte Konsequenzen: Er oder sie verliert sein Erbe im Reich Gottes. Ich wäre dann also wie ein Kind, das vom Vater enterbt wird. Das ist wirklich hart! Meinst du nicht auch? Und ich frage mich: Wie wichtig darf mir mein Besitz, das Geld, das ich verdiene, mit dem ich meine Familie ernähre, sein, um vor Gott noch zu bestehen? Darf ich mir den schicken Pulli von „Esprit“ dann noch kaufen, auch wenn ich einen – zugegeben weniger modischen, aber deutlich billigeren – bei „Woolworth“ ergattern könnte? Darf ich mir, ohne rot zu werden, einen Wagen mit Sitzheizung gönnen, wo meine Nachbarin bei minus 10 Grad auf der Fahrt ins Büro eine Wärmflasche mit ins Auto nimmt? Darf ich Freu-dentänze im Wohnzimmer vollführen, wenn meine Steuerrückzahlung mir am Jahresende mehr Geld beschert als erwartet? Oder habe ich dann den Zugang zum Gottesreich verloren? Bin ich dann nicht mehr Gottes Kind?

Und wie meinst du das, wenn du uns vor „närrischen Reden“ warnst? Darf ich keine Witze mehr erzählen? Meine Tante Luise pflegte zu sagen: „Es gibt Witze, über die lacht man nicht!“ Damals war ich ein Kind, und meine Tante Luise war eine Frau mit großer Lebenserfahrung. Heute weiß ich, dass sie Recht hat. Es gibt Witze, die erzählt man besser nicht und über die sollte man auch nicht lachen. Denn sie tun weh. Blondinenwitze z. B. oder Ostfriesenwitze. Tante Luise meinte: „Witze sind dann gut, wenn jeder darüber lachen kann.“ Auch solche Witze gibt es, Gott sei Dank. Also, ich merke, irgendwie hast du Recht mit den närrischen Reden. Wenn du es so gemeint hast wie Tante Luise.

Eigentlich stelle ich mir dich auch gar nicht als humorlosen Menschen vor, der sich selbst und anderen keinen Spaß gönnt. Und es geht dir auch gar nicht um ein asketisches, freudloses Leben, das wir zu führen hätten, sondern es geht dir um das Miteinander, um die Frage: Wie gehe ich mit meinen Mitmenschen um? Habe ich Spaß auf Kosten anderer, oder haben wir gemeinsam Spaß? Gönne ich nur mir den Spießbraten, oder lade ich andere, die Hunger haben, zum Essen ein? Ziehe ich mich beleidigt in mein Schneckenhaus zurück, wenn mich einer kränkt, oder bleibe ich gesprächs- und vergebungsbereit?

Ich weiß, lieber Paulus, ein wenig über das Leben der Christen in Ephesus, an die du damals geschrieben hast. Du hattest Angst um die kleine Christengemeinde, weil sie in einem heidnischen Umfeld lebten, in der – nach deiner Erfahrung – Unzucht, Habgier und lästerliches Reden über andere an der Tagesordnung waren. Du hattest Angst, dass die junge Gemeinde dem schlechten Einfluss der Heiden nicht gewachsen sein könnte, und ihnen darum ans Herz gelegt, jeglichen Kontakt zu meiden. Und du versuchst, sie aufzurütteln mit Er-mahnungen, du versuchst sie daran zu erinnern, dass sie als Christen anders sind. „Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht im Herrn.“ Früher: Das ist für dich die Zeit vor der Taufe. Denn durch die Taufe wird der Mensch ein anderer: Er wird zum Licht.

Ich weiß nicht, lieber Paulus, irgendwie hört sich das an wie Zauberei. Vorher war ich finster, jetzt bin ich Licht. Bin ich als Christ tatsächlich anders als vor meiner Taufe? Bin ich anders als Menschen, die nicht an Gott und Christus glauben? Mal ehrlich: Manchmal ist es auch bei mir ganz schön finster tief drinnen. Obwohl ich Christin bin. Da spüre ich vom Licht nur sehr wenig. Aber selbst Licht sein für andere: Das ist eine tolle Vorstellung, die mir gut gefällt. Das wäre ich gern, ja. Und wenn ich es recht überlege, fällt mir sogar die eine oder andere Begebenheit ein, wo jemand mein Leben heller gemacht hat oder – auch das – wo ich Licht sein konnte.

Als ich zwölf war, lag ich nach einer Blinddarmoperation im Krankenhaus. Eigentlich eine Routinesache, nichts Schlimmes, aber für mich als Kind schrecklich. Damals war es auch noch nicht üblich, dass Eltern rund um die Uhr mit am Krankenbett sein durften. Ich war viele Stunden allein im Zimmer mit einer alten, schwerhörigen Frau, mit der ich mich nicht unterhalten konnte. Eines Morgens betrat eine fremde Dame mein Zimmer, sie strahlte mich an mit einem freundlichen, warmen Lächeln, setzte sich zu mir und hatte etwas Zeit für mich und meine Sorgen. Eine Krankenhausseelsorgerin, wie ich später erfuhr. Wenn du mich heute fragst, was ich damals gefühlt habe, so sage ich dir: Als die Frau eintrat, ist das Krankenzimmer ein bisschen heller geworden. So war das.

„Nun aber seid ihr Licht in dem Herrn!“ Vielleicht meinst du das mit dem Licht ja so: dass wir als Christen durch die Taufe Gottes Liebe und seine Vergebung so sehr und nachhaltig zugesprochen bekommen wie ein großes, warmes, helles Licht, das uns anstrahlt. Und wir können es aufnehmen und in uns tragen, und es macht uns so stark, dass wir auch wieder davon abgeben können an die, die selbst Licht brauchen. Und dass wir so durch unsere Liebe die Finsternis hell machen.

Lieber Paulus, ich will dir zum Schluss meiner Überlegungen eine Geschichte erzählen, die ich in einem schlauen Buch gelesen habe. Ich glaube, Sie beschreibt ganz gut, was du mit dem Lichtsein sagen wolltest:

Ein alter Rabbi fragte einst seine Schüler, wie man die Stunde bestimmt, in der die Nacht endet und der Tag beginnt. „Ist es, wenn man von weitem einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann?“, fragte einer der Schüler. „Nein“, sagte der Rabbi. „Ist es, wenn man von weitem einen Dattel- von einem Feigenbaum unterscheiden kann?“, fragte ein anderer. „Nein“, sagte der Rabbi. „Aber wann ist es dann?“, fragten die Schüler. Der Rabbi antwortete: „Es wird Tag, wenn der eine im Gesicht des anderen den Bruder und die Schwester erkennt. Solange das nicht der Fall ist, ist die Nacht noch in uns.“

Lieber Paulus, ich grüße dich im Herrn. Und der Friede Gottes, der größer ist als alles, was wir zu denken vermögen, bewahre unser Denken, Fühlen und Handeln in Christus Jesus. Amen.

Verfasserin: Inghild Klodt, Zur Laubenheimer Höhe 12, 55129 Mainz

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