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Die Jesus nachfolgen, legen ab, was Gottes Willen nicht entspricht

von Felizitas Muntanjohl (65549 Limburg)

Predigtdatum : 27.03.2011
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Reminiszere
Textstelle : Markus 12,41-44
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Wochenspruch:„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“ (Lukas 9, 62)
Psalm: 34, 16 – 23

Lesungen
Altes Testament: 1. Könige 19, 1 – 8 (9 – 13 a)
Epistel: Epheser 5, 1 – 8 a
Evangelium: Lukas 9, 57 – 62


Liedvorschläge
Eingangslied: EG 400 Ich will dich lieben, meine Stärke
Wochenlied: EG 96 Du schöner Lebensbaum des Paradieses
Predigtlied: EG 632 Wenn das Brot, das wir teilen
Schlusslied: EG 396 Jesu, meine Freude


Predigttext: Markus 12, 41-44:
Und Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein. Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das macht zusammen einen Pfennig. Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. Denn sie haben alle etwas von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.


Liebe Gemeinde,

was sehen wir, wenn wir andere sehen?
Da geht eine Nachbarin nach dem Gottesdienst an der Kirchentür vorbei, schaut hinein, sieht eine Bekannte und sagt zu ihrer Begleiterin: „Schauen Sie doch nur, wie die wieder angezogen ist!“ Man hört die Befriedigung in der Stimme, dass sie sich wieder empören kann über eine Kleidung, die schon längst ihrem Geschmack zuwider ist.

Was sehen wir, wenn wir andere sehen?
Wir sehen das Äußere: die Kleidung, die Haare, einen Teil der körperlichen Gestalt. Wir sehen – und sind ganz schnell mit dem Urteil. Wir meinen, wir erkennen sofort den Typ, der jemand ist.

In Amerika wurden einer Gruppe von weißen Kindern Fotos von zwei verschiedenen Männern vorgelegt. Sie sollten raten, wer wohl von beiden netter, erfolgreicher und klüger sein würde. Alle Kinder waren überzeugt, dass der weiße Mann freundlicher und klüger wäre und bestimmt sehr erfolgreich. Tatsächlich war der weiße Mann ein Verbrecher, der einen Bombenanschlag verübt hatte, der dunkelhäutige aber war ein Professor an der Harvard- Universität.

So sehr waren schon die Kinder bestimmt von den Vorurteilen der Gesellschaft und ihr Sehen geprägt von den Deutungen, die sie gewohnt waren.

Was sehen wir, wenn wir andere sehen?
Was schließen wir aus unserem Eindruck, den wir sofort bekommen? Und sind wir bereit, tiefer zu sehen?

Als Jesus im Tempelhof sitzt und den Leuten zuschaut, sieht er die verschiedenartigsten Menschen kommen und gehen. Dort stehen Opferkästen, die geformt sind wie Posaunen. Dahinein konnte man frei-willige Gaben für Arme und Bedürftige einwerfen. Wenn jemand besonders viel einwarf, wurde dafür im Tempel die Posaune geblasen. Dann konnten alle hören und sehen, wer da so großzügig gewesen war. (Beleg: Gottfried Voigt, Die große Ernte, Homiletische Auslegungen zu den Evangelientexten, 1976)

Er sieht gut gekleidete Menschen und Leute in Arbeitskleidung, er sieht wohlhabende Damen und arme Witwen. Witwen hatten keine Rente und durften auch nicht arbeiten, sie waren notgedrungen arm.
Eine solche Witwe geht zum Gotteskasten, und er sieht sie eine kleine Münze einwerfen, grad so viel wert wie ein Pfennig. Objektiv gesehen ein lächerlicher Betrag. Dafür kann man gar nichts kaufen. Was werden die Kollektenzähler denken, die später den Kasten leeren? Vielleicht werden sie sich über den Geiz des Gebers ärgern, der nur so ein Kleingeld einlegt. Sie wissen nichts von der Geberin.

Jesus aber sieht mehr.
Jesus sieht die Frau, die so gut wie nichts hat; die jedes Geldstück mehrfach herumdrehen muss bevor sie es ausgibt. Die kaum weiß, wie sie diesen oder gar den morgigen Tag auskommen soll. Und diese Frau gibt das letzte bisschen Geld, das sie hat, für den Tempel und für die Armen. Für sie bläst keine Posaune. Hinter ihrem Rücken wird höchstens getuschelt.

Jesus aber sieht sie. Und er sieht sie wirklich. Er ruft seine Jünger und sagt: Seht euch diese Frau an! Sie hat mehr gegeben als alle anderen. Die anderen geben etwas ab von ihrem Überfluss. Aber sie hat alles gegeben, was sie zum Leben hatte.

Jesus sieht sie wirklich. Er urteilt nicht nach dem äußeren Schein. Er wertet den Menschen nicht nach seinem Reichtum. Sondern nach dem Maß der Herzensgüte. Es kommt nicht auf die Menge an, sondern auf das Maß an Liebe und Hingabe, mit dem es geschieht.

Und darin ist diese Frau schier unübertrefflich. Zu der Zeit damals war es Regel und Normalität, 10% des Einkommens an den Tempel abzugeben. Und es gab zusätzlich noch, so heißt es nebenbei in dem kleinen Text „viele Reiche, die viel einlegten“. Heute gibt es häufig Protest, wenn man 9 % nur des Betrags der Steuer auf das Einkommen an die Kirche geben soll. Viel zu viel, meinen immer mehr Leute, damit könne man ja stattdessen direkter Gutes tun. Mir ist kaum jemand begegnet, der das tatsächlich dann tut, man spart es vielmehr ein, um damit selber mehr zu haben.

Diese Frau hat kein Einkommen. Diese Frau ist arm und weiß nicht, wovon sie morgen leben wird. Und sie gibt: Alles! Alles, was sie hat. Denn es könnte doch sein, dass andere noch viel bedürftiger sind als sie; die nicht nur verwitwet sind, sondern auch krank oder kleine Kinder haben. Sie gibt alles, aus Liebe und Güte gegenüber denen, die vielleicht noch schlechter dran sind als sie. Und aus Glaube an den Gott, der niemanden Armen vergessen sehen will.

Niemand wird es ihr danken. Niemand wird es ihr zurückgeben. Nie-mand scheint es zu bemerken. Sie gibt rein aus Glauben und aus Liebe.

Was ist das für ein Glaube, der diese Frau bewegt? Woher nimmt sie den Mut für diese Überzeugung, auch das Letzte herzugeben?

Vielleicht hatte sie die Hoffnung, dass auch sie einen gütigen Menschen finden wird. Vielleicht war sie so ergeben in ihr Elend, dass sie sowieso nichts mehr erwartete. Das wissen wir nicht. Aber wir sehen eine Frau, die ihr ganzes Leben auf die eine Überzeugung stützt: Gott ist ein Erbarmer auch und gerade für die Armen und Rechtlosen. Gott will von uns Erbarmen und Güte für die, denen es schlechter geht.

Wir schauen normalerweise lieber auf die, denen es besser geht und verlangen von ihnen eine Änderung ihres Verhaltens. Der Chefredakteur einer christlichen Zeitschrift (Arnd Brummer, chrismon, in einem Vortrag in Rüsselsheim am 16.6.2010) sagte einmal prägnant: „Die Besserverdienenden, die etwas abgeben sollen, sind immer die, die 200 € mehr verdienen als wir.“ Tatsächlich denken wir doch so: Erstmal sollen die was geben, die sowieso schon zuviel verdienen. Erst soll die Ungerechtigkeit aufgelöst werden, bei der andere viel mehr verdienen als wir. Dass wir viel mehr verdienen als wieder andere, blenden wir lieber aus.

Diese Frau schaut nach unten zu denen, die es noch schlechter haben und hört Gottes Gnadenzusage als einen Ruf an sich selbst. Jeder kann noch irgendetwas für andere tun und sei es noch so klein. Ihr Glaube ist ein offenes, gütiges Ohr für Gottes Ruf an sie.

Und er ist zugleich ein großes Vertrauen. Mit dem letzten Pfennig hat sie ihr ganzes Leben in Gottes Hand gelegt. (Im Griechischen Wortlaut steht in Vers 44 tatsächlich „Sie hat ihr ganzes Leben hineingeworfen“.) Das ist der Grund, warum Jesus seine Jünger bei diesem Anblick zu sich ruft und sie darauf hinweist mit den Worten „Wahrlich, ich sage euch…“. Diese Einleitung bringt er nur bei sehr grundsätzlichen und wesentlichen Lehren für seine Jünger.

Er will nicht nur das Geben für andere würdigen. Er erkennt in dieser Frau einen Menschen, der den Glauben bis ins Tiefste hinein lebt. Eine Frau, die so sehr glaubt, dass sie ihr Leben vollkommen hingibt an diesen Gott. Keine andere Sicherheit hat sie mehr. Keine Hilfe von Menschen kann sie erwarten oder beanspruchen, einsam und rechtlos ist sie vor den Menschen.

Nur das Vertrauen in Gottes Hilfe lässt sie diesen Tag leben und den nächsten Tag erwarten. Und das letzte Aktive, was ihr möglich ist, ist das Schenken für noch Ärmere. Was könnte größeres Vertrauen in Gott, größeren Glauben ausdrücken als dies?

Wir wissen nicht, was aus dieser Frau geworden ist. Aber wir erkennen, wie grenzenlos groß ihr Vertrauen und ihre Hingabe an Gott und die Menschen war.
Und wir wissen, dass sie in Jesu Augen hochgeschätzt und beispielhaft war für einen Glauben, wie er ihn nahe bringen wollte – und wie er ihn selbst gelebt hat. Ein Glaube, der sich ganz und gar hingibt in der Liebe zu den Menschen und im Vertrauen auf Gott.

Gott gebe uns auch den Mut zu etwas mehr von solchem Glauben!

Verfasserin: Pfarrerin Felizitas Muntanjohl,Gartenstraße 23, 65549 Limburg

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