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Die Jesus nachfolgen, legen ab, was Gottes Willen nicht entspricht

von Eberhard Feucht (Herrenberg)

Predigtdatum : 08.03.2015
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Reminiszere
Textstelle : Lukas 9,57-62
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Wochenspruch:
"Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes." (Lukas 9, 62)

Psalm: 34, 16 - 23

Lesungen
Altes Testament: 1. Könige 19, 1 - 8 (9 - 13 a)

Epistel: Epheser 5, 1 - 8 a

Evangelium: Lukas 9, 57 - 62

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 452, 1 - 4 Er weckt mich alle Morgen
Wochenlied: EG 96, 1 – 6 oder EG 385, 1 - 4 Du schöner Lebensbaum des Paradieses oder Mir nach spricht Christus
Predigtlied: EG 182, 1 – 4 Suchet zuerst Gottes Reich
Schlusslied: EG 394, 1 – 5 oder EG 395,1 - 3 Nun aufwärts froh den Blick gewandt oder Vertraut den neuen Wegen

Hinführung
Mit dem Predigttext für den Sonntag Okuli werden die Predigthörer mit auf den Weg Jesu nach Jerusalem mitgenommen. Nur wenige Verse zuvor hat Lukas damit begonnen, zu erzählen wie Jesus und seine Jünger sich Richtung Jerusalem aufmachen. Ein „Reisebericht“ entsteht, der wohl keine wirkliche Beschreibung des Reiseverlaufs ist, sondern eher den Rahmen für den Weg Jesu nach Jerusalem bildet.
Eine kurze Erzählung schließt sich über die Ablehnung einer Jüngergruppe in einem samaritanischen Dorf (9, 52 - 56) an. Danach folgt unser Predigttext.
Die Überschrift der Luther-Bibel ist angemessen, wenn: „Vom Ernst der Nachfolge“ die Rede ist.
Drei Begegnungen mit drei nachdenklichen Aussprüchen Jesu präzisieren die Nachfolgeworte.

Gliederung
1. Jesu Nachfolgeworte – Bittere Medizin
2. Die drei Begegnungen
3. Auswirkungen der Nachfolge
4. Nachfolge stellt Vergangenheit und Zukunft in ein neues Licht

Predigt
Liebe Gemeinde,

(Jesu Nachfolgeworte – Bittere Medizin)
„Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie …“ Sie wissen, wie der Ratschlag weitergeht: „ …fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“

Der Evangelist Lukas, der von Beruf Arzt war, erzählt uns eine Geschichte, die voller Risiken und Nebenwirkungen steckt. Es scheint eine bittere Medizin, die uns heute Morgen verschrieben wird. Nicht leicht verdaulich. Bei manchem könnte sie auch Magenschmerzen auslösen oder wie es mit Beipackzetteln oft geschieht: die Nebenwirkungen sind zu dubios (bedenklich), als dass ich mich auf das Medikament einlasse. Da frage ich doch lieber nochmals meinen Arzt oder Apotheker.

Hören wir also erst einmal auf die Geschichte, die uns der Arzt Lukas im 9. Kapitel, die Verse 57 bis 62, erzählt.

Lesen des Predigttexts

Auf diesen Jesus von Nazareth wollen sich die drei Männer, von denen wir eben gehört haben, einlassen. Nicht viel wird über sie und ihre Lebensgeschichte gesagt. Nur so viel:
Der eine mag begütert sein. Vielleicht bewohnt er ein schickes Haus und hat einen respektablen Lebensstandard.
Vom zweiten wissen wir mehr: Sein Vater ist vermutlich erst vor wenigen Stunden gestorben.
Beim dritten scheinen die Familienbindungen prägend zu sein.
Über die Motive, weshalb sie ihr Leben an der Seite Jesu neu ausrichten wollen, schweigt die Geschichte. Aber alle drei scheinen im tiefsten Inneren bereit, das Gewohnte verlassen zu wollen, um Neues zu erfahren.

Ganz so ungewöhnlich wie dieser Schritt uns Heutigen erscheint, war er zurzeit Jesu dann aber auch nicht. Von einem Meister zu lernen, das war für viele junge Männer, die die Gelegenheiten hatten, erstrebenswert. Vor allem, wenn er etwas zu sagen hatte und es etwas zu erlernen gab. Sei es, dass er fesselnd predigte oder einfach rhetorisch beschlagen war. Da machten sich die jungen Männer gerne auf die „Walz“.

Wie aber lernt man von einem, dessen Lebensmotto lautet: „Heute hier, morgen dort, bin kaum da, muss ich fort …“? - Doch nur indem man sich mit ihm auf den Weg macht. „Darf ich dir nachfolgen?“, fragt man den Meister. Damit war die Bereitschaft ausgesprochen. Alles andere lag nun in des Meisters Hand. Das gemeinsame Leben galt als die wirksamste Schule, besser als graue Theorie im trockenen Schulbetrieb.
(Die drei Begegnungen)
So kommt es, dass sich die Wege der Männer kreuzen. Jesus selbst ist mit seinen Jüngern auf dem Weg nach Jerusalem. Nein, dieser Weg unterscheidet sich von allen anderen Wegen. Es ist ein Weg in die Passion, ins Leiden, ans Kreuz.
Auf diesen Kreuz-Weg trifft nun der Erste mit der selbstbewussten Behauptung: „Ich will dir folgen, wohin du auch gehst.“ Das klingt vollmundig. Aber weiß er wirklich, auf was er sich bei Jesus einlassen würde? Jesus breitet die Arme nicht aus und sagt: „Endlich einer der mitmacht. Auf komm mit!“ Die Reaktion Jesu ist verhalten. Vermutlich will er auch den Vertrauensvorschuss, den er erhält, nicht enttäuschen.

Doch wer sich auf Jesus einlässt soll vorher wissen, was ihn erwartet. Nüchtern und klar stellt Jesus fest: Die Tiere haben ein Zuhause. Doch der Menschensohn ist heimatlos. „So einem willst du hinterherlaufen? Einem Habenichts?“ Wie wird der Mann reagieren?

Lässt sich die erste Begegnung noch irgendwie nachvollziehen, fällt es bei der zweiten schwer, Jesus zu verstehen. Dieses Mal ist Jesus der Aktive. Er ruft in die Nachfolge. Und der mit ihm auf dem Kreuzweg nach Jerusalem gehen soll, leidet gerade selbst.

Auch der zweite Mann ist grundsätzlich bereit mit Jesus zu gehen. Aber er hat Wichtiges zu tun. Die Beerdigung, der endgültige Abschied, von seinem Vater steht noch an. Ist Jesus denn noch bei Trost? Es klingt brutal, wenn er fordert: „Lass die Toten ihre Tote begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes.“

Diese Worte waren in der Antike genauso wie heute eine Provokation (Herausforderung). Tote zu bestatten ist eine Pflicht der Pietät, ein Zug der Menschlichkeit. Gerade die Beerdigung kann einem, der zurück geblieben ist, helfen zu verstehen, was geschehen ist. Der Mann will also nur seinen Vater begraben. In Israel ist das noch am selben Abend, spätestens am folgenden Tag möglich.

Jesus stellt die Pflicht zur Bestattung nicht in Frage. Die Toten werden begraben werden. Aber die Nachfolge duldet keinen Aufschub, weil der vorausgeht, der das wahre Leben ist. Der Kreuzweg Jesu selbst endet im Tod vor den Toren Jerusalems. Doch Jesus kam auch, um den Tod zu überwinden, um unsere Blicke in die Zukunft zu richten.

So kommt es zur dritten Begegnung. Kann man es dem dritten Mann denn verübeln, was er vorhat? Er will nur noch schnell von seiner Familie Abschied nehmen. Das gehört sich doch wohl. Das ist Knigge-korrekt „Auf Wiedersehen“ zu sagen. Man stelle sich vor, eine oder einer bricht zu einer großen Reise auf „und ist dann einfach mal weg.“ Abschiede müssen bewusst vollzogen werden und oft liegt beim Ab-schiednehmen auch der tiefe Wunsch begraben, dass der Weg gutgeheißen werde möge.

Der sehnliche Wunsch des Mannes wird von Jesus nicht unterstützt: „Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“

Seine Antwort ist jedem, der sich auch nur ein wenig in der Landwirtschaft auskennt, bestens bekannt. Wenn ein Bauer hinter dem Pflug eine gerade Furche ziehen will, muss er nach vorne aufs Ende des Ackers sehen. Auf einen bestimmten Punkt im Gelände konzentriert, treibt er den Pflug nach vorne. Wer zurückschaut und kontrollieren möchte, ob die Ackerspur gerade gezogen ist, kann den Acker nicht wirklich bebauen.

(Auswirkungen der Nachfolge)
Wie die drei Männer auf die jeweiligen Antworten von Jesus reagiert haben, darüber schweigt der Arzt und Evangelist Lukas in seiner Erzählung. Auch geben seine Nachfolge-Worte keine Regeln an die Hand, die unabhängig von der konkreten Situation wortwörtlich gelten sollen. Vielmehr zeigen sie wie ein Kompass die Richtung an, in die konkrete Schritte der Nachfolge gehen können. Sie stoßen an, wie konsequente Nachfolge ausschauen könnte, ohne diese eine Form verbindlich zu machen. Denn, was für den einen gilt, muss so nicht für einen anderen Menschen gelten.

Doch eines scheint sicher: Die Neben- und Auswirkungen der Nachfolge werden beachtlich sein. Sich auf Jesus einzulassen, das ist risikoreich, weil plötzlich nichts mehr so sein wird, wie es ursprünglich war.

Diese Erfahrung machten schon die zwölf Jünger, die mit Jesus auf dem Weg nach Jerusalem waren und die das Gespräch mit den drei Nachfolgeinteressierten vermutlich aufmerksam verfolgten. Ob sie nun Petrus, Johannes oder Jakobus hießen. Als Jesus sie damals von ihrer Arbeit weg in seine Nachfolge rief, hatten sie alles zur Seite gelegt. Sie gaben alles auf, ihre Familie, ihren Beruf. Sie traten heraus aus einem gesicherten Leben hinein in ein ungewisses Abenteuer. Im Zusammenleben mit Jesus erfuhren sie es fast täglich: Ohne Konflikte und Veränderungen geht das nicht. Die Medizin, die Jesus zum Heil verschreibt, ist bitter aber verhilft zum Leben.

Warum ist das so? Weil es bei Jesus immer ums Ganze geht. Es geht bei ihm um nichts weniger als das „Reich Gottes“. Und das Reich Gottes, das Jesus schon mit seiner ersten öffentlichen Predigt angekündigt hat, ist mit ihm selbst definitiv angebrochen. Es ist mit ihm schlicht und einfach da, und damit kommt Gott selbst in diese Welt: in der Fülle seiner Güte wie in der Klarheit seines Gebotes.

Da kann man die drei Männer gut verstehen. Dann doch eher im Nest bleiben, das beschützt; bei den Toten verharren oder der eigenen Herkunft nachhängen. Die Zukunft macht häufig Angst. Deshalb liegt oft eine gefährliche Süße darin, die Vergangenheit zu verklären und nötige Veränderungen zu ignorieren.

(Nachfolge stellt Vergangenheit und Zukunft in ein neues Licht)
So notwendig es ist, der Vergangenheit ihren gebührenden Platz im Leben und der Geschichte einzuräumen. Aber sie kann auch lähmen. Menschen verharren in mancherlei Traurigkeit – und erstarren, sodass der Blick in die Zukunft sich im Nebel verliert. Erinnerungen an die Vergangenheit dürfen nicht dazu führen, dass ich sie kultiviere aus Angst vor der Gegenwart. „Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück …“ Jesus weiß warum er den Rat gibt, sich nicht umzudrehen. Er weiß um die tötende Wirkung der Sicherheit des Gewohnten und Bekannten – und er weiß um die Angst loszulassen.

Unsere Vergangenheit bedeutet uns häufig Sicherheit und Halt. Sie gleicht einem Anker, der uns hält. Wohin gelangt mein Lebensschiff, wenn ich den Anker löse? Aber genau dieser Aufbruch, dieser Mut, das Lösen der Ankerkette ist gefragt, wenn wir uns für die Nachfolge öffnen wollen.

Nachfolge hat immer mit Veränderungen zu tun, die uns nicht so bleiben lassen, wie wir sind. Veränderung ist oft nur ein anderer Name für Lernen. Wo gelernt wird, dort ändert sich viel: unser Wissen, aber auch unser Verhalten.

Das zieht dann etwas ganz Eigenartiges nach sich. Am Bild des Pfluges, mag es deutlich werden. Nicht endlos wird der Bauer mit seinem Pflug die Bahn ziehen. Auf der andern Seite des Ackers muss er wenden. Dann findet er das zuvor hinter ihm liegende Feld vor sich. Eine Umkehr, die anhält, bis er das Feld auf der ganzen Fläche beackert hat.

Auf dem Feld des Lebens, auf dem wir Jahr für Jahr unsere Furchen ziehen, hat die Medizin, die Jesus schenkt „Risiken und Nebenwirkungen…“ Aber es ist Lebensmedizin, damit wir uns weder in Trauer über Vergangenes noch in den Sorgen vor der Zukunft verlieren, sondern dorthin sehen, wo das Leben ist. Bei Ihm.
Amen
Gebet zum Eingang
Gott,
wir danken Dir für den Sonntag.
Du suchst uns mit Deinem Wort.
Finde uns auch.
Gib uns gute Gedanken
und offene Sinne.
Dir sagen wir in der Stille, was uns bewegt

Fürbittengebet
Jesus, Sohn Gottes,
du hast deine Heimat im Himmel verlassen,
unbehaust hast du auf der Erde gelebt,
um Menschen zu neuem Leben zu erwecken.
Aber wer kann dir folgen,
ohne Rücksicht auf alte Bindungen und Sicherheiten?
Wer ist bereit, alles zu riskieren
um der Zukunft willen, die du versprichst?
Nur wenige sind dazu fähig.
Wir hängen zu sehr an dem Vertrauten,
wir suchen lieber den Kompromiss,
uns mangelt das Feuer in unserem Glauben.
Lass uns trotzdem nicht zurück!
Erbarm dich unser und unserer Welt.
Und bau auch mit uns an deinem Reich.
Aus: Sylvia Bukowski, Gebete für Gottesdienst und Alltag



Verfasser: Dekan Eberhard Feucht
Schlossberg 1, 71083 Herrenberg

Herausgegeben vom

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