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Die Kirche des Geistes

von Felizitas Muntanjohl (65549 Limburg)

Predigtdatum : 05.06.2006
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Pfingstsonntag
Textstelle : Epheser 4,11-15.(16)
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Wochenspruch:

Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth. (Sacharja 4,6)
Psalm: 100 (EG 740)

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 11,1-9
Epistel:
1. Korinther 12,4-11
Evangelium:
Matthäus 16,13-19

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 136,1-4
O komm, du Geist der Wahrheit
Wochenlied:
EG 125
oder EG 129
Komm, Heiliger Geist, Herre Gott
Freut euch, ihr Christen alle
Predigtlied:
EG 268
Strahlen brechen viele
Schlusslied:
EG 130,1-3 oder EG 557
O Heilger Geist, kehr bei uns ein
Ein Licht geht uns auf

11 Christus hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer, 12 damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes. Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden, 13 bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Mann, zum vollen Maß der Fülle Christi, 14 damit wir nicht mehr unmündig seien und uns von jedem Wind einer Lehre bewegen und umhertreiben lassen durch trügerisches Spiel der Menschen, mit dem sie uns arglistig verführen. 15 Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus, [16 von dem aus der ganze Leib zusammengefügt ist und ein Glied am andern hängt durch alle Gelenke, wodurch jedes Glied das andere unterstützt nach dem Maß seiner Kraft und macht, dass der Leib wächst und sich selbst aufbaut in der Liebe.]

Liebe Gemeinde!
Die Kirche ist schon eine sonderbare Menschenansammlung! Da gibt es Leute, die plustern sich auf wie ein Pfau, sie halten sich für die besten und wichtigsten; andere sind so still, dass man sie fast nie hört, aber sie sind immer zuverlässig da, wenn Hilfe gebraucht wird; manche reden gern und viel und meinen immer, das richtige Rezept zu haben; andere sitzen von ferne und schauen nur zu und geben immer mal gegenüber ihren Nachbarn ihre Kommentare ab; manche sind begeistert dabei, möchten liebend gern andere anstecken und verstehen nicht, warum so viele gleichgültig den Kopf schütteln; andere sind kluge Denker, bringen wertvolle Überlegungen ein, aber praktisch bewirken sie nicht viel.
Ein sonderbarer Haufen, diese Kirchenmenschen! Und jeder meint, es wäre doch gut, wenn die andern einem ähnlicher wären. Dann bilden sich Gruppen: Gruppen von Begeisterten, die singen und klatschen; Gruppen von Denkern und Rednern in Konferenzen; Gruppen von sozial Engagierten, die Benachteiligten helfen wollen; Gruppen von SängerInnen, die von ihrem Glauben in Musik erzählen, usf.
Und jeder findet die einen wichtiger und die anderen befremdlicher. Bei den einen fühlt er sich wohl und angesprochen, bei anderen eher gelangweilt oder verschreckt. Die einen findet er nötig und die andern überflüssig bis lästig.
Genau genommen aber gehören sie alle dazu…
So wie auch jeder Teil des Körpers bei uns dazu gehört. Auch wenn wir das oft gar nicht recht bemerken und schätzen. Und manchmal sogar unsern Körper als ein komisches Objekt betrachten können.
Haben Sie sich nicht auch schon gefragt, warum eigentlich so ein lächerlicher kleiner, gekrümmter Fußzeh noch am Fuß dran sein muss? Eigentlich ist er doch ziemlich überflüssig. Wir merken ihn erst, wenn der Schuh ihm eine Blase gedrückt hat, dann tut er weh und stört.
Brauchen wir wirklich diese sonderbaren Lappen und Wülste am Ohr? Müssen die Fingerknöchel so herausstehen? Diese ungleich geformten Knie?
Die meisten Jugendlichen kommen irgendwann in so eine Phase, wo sie sich plötzlich neu anschauen und scheinbar objektiv betrachten und sich ganz ungelenk und hässlich vorkommen. Der Körper ist ihnen fremd, und sie fühlen sich nicht mehr zuhause in ihm. Bis irgendjemand ihnen wieder liebevoll zuspricht: So bist du gut, so bist du schön.
Auch die Veränderungen des Alterns lassen uns wieder neu und kritisch unsern Körper betrachten und uns fragen, ob das noch wir sind.
*
Paulus sagt, die Gemeinde ist wie ein Körper, wie der Leib Christi. Da gibt es jemand, der vorrangig denkt, jemand, der anpackt, jemand, der zuhört, jemand, der mitfühlt, jemand, der singt, jemand, der tröstet, jemand, der mitträgt, jemand, der hingeht... Jeder kann etwas besonders gut und anderes weniger. Und jeder ist wichtig.
Es muss Leute geben, die begeistert von ihrem Glauben erzählen (Apostel); es muss Leute geben, die die an den Rand gedrängten Menschen und die Zukunft im Blick haben und warnen und mahnen (Propheten); es muss Leute geben, die den Glauben durchdenken und verstehbar und vertretbar darstellen (Evangelisten); es muss Leute geben, die Seelsorger für andere sind, geduldig, mitfühlend, wegweisend (Hirten); und es muss Leute geben, die Jung und Alt erklären können, wie wir die biblischen Texte verstehen und umsetzen können (Lehrer).
Jeder ist wichtig und wird gebraucht, aber auch: Keiner ist alleine richtig und weiß es am besten.
Wie man Trinken eingießt, weiß eben die Hand besser als das Knie; aber das Laufen muss man nicht den Händen zumuten. Manchmal muss der Kopf klären, was getan werden muss, manchmal aber weiß es das Herz besser.
Gemeinde ist bunt und vielfältig und das ist auch gut so. Denn das Leben ist auch vielfältig in seiner Schönheit und in seinen Gaben, aber auch in seinen Nöten und Anforderungen. Jeder kann und soll entdecken, was er für Gaben hat, wofür er Talent hat, was Gott ihm mitgegeben hat. Und jeder soll schauen, wo seine Aufgabe für das Leben steckt.
*
Sind also unsere Gemeinden gerade gut so, wie sie sind? Hat Paulus sich dies vorgestellt, was wir so erleben? Auf zwei ganz wichtige Punkte weist Paulus in diesem Brief noch hin: auf die Einheit und auf die Liebe.
Es geht im Leben der Gemeinde nicht darum, dass sich da Einzelne so super darstellen können, dass sie ein Profil entwickeln, dass sie einmalig und besonders macht. Es geht immer darum, dass alle miteinander daran arbeiten, dass sie gemeinsam zur Erkenntnis des Glaubens finden, die Jesus uns gebracht hat.
Wir sollen wachsen, uns weiterentwickeln zum „vollendeten Menschen“, wie Paulus ganz unbescheiden schreibt. Wir sind nie fertig, wir „haben“ nicht den richtigen Glauben, wir sind nicht die besseren Menschen. Wir sind immer auf dem Weg. Wir brauchen einander, um zu erkennen, worauf Jesus uns für unser Leben in der Welt hinweisen will; wir brauchen einander, um unsere Fähigkeiten zu entwickeln, um unsere Verantwortung zu erkennen, um einander zum Glauben zu helfen.
Es geht nicht darum, dass jeder selbst glaubt, was ihm am besten gefällt, - es geht darum, dass wir einander helfen, gemeinsam zum verantwortlichen Glauben an Christus zu finden. Das gilt in der Familie ebenso wie in der Gemeinde und in der Ökumene, ja sogar in der weltweiten Menschenfamilie. Nur miteinander werden wir uns zu Menschen entwickeln, die lebensfreundlich glauben und leben!
Die Einheit ist das Ziel. Nicht die Einheit, wo einer sagt, was richtig ist, und alle andern ordnen sich unter, sondern die Einheit, die sich Jesus als Anhaltspunkt nimmt und sagt: Wie arm wäre die Welt ohne ihn; wie können wir wachsen zu seiner Weisheit und Gottesliebe hin? Niemand von uns hat die Wahrheit und die Erkenntnis, wir sind alle Suchende, Hörende, Sehende, sich Entwickelnde... Wir brauchen einander, um vollendete Menschen, um überzeugend Glaubende zu werden.
Und hier liegt auch der Schwachpunkt, der uns immer wieder zu schaffen macht: Wir leben nicht in der Einheit des Erkennens und Glaubens. Der Eine, der sich wie ein Pfau gebärdet, möchte nicht auf Christus weisen, sondern auf sich selbst. Der Vielredner möchte nicht Hörender sein. Der Denker möchte schon wissen und sich nicht vom Herzen irritieren lassen. Und der Schaffer hofft, die Zweifel wegschaffen zu können.
Wir tun uns schwer mit der Einheit, weil sie selten gemeinsam errungen, sondern oft von Mächtigeren verordnet wird. Wir tun uns schwer, weil so oft das Wichtigste fehlt. Das Wichtigste ist nicht die richtige Erkenntnis. Das ist nicht mal unbedingt der gute Wille.
Es ist die Liebe.
Ich kann den, der so anders ist als ich, nur schwer lieben. Ich fürchte oder misstraue ihm. Ich kann mit dem, der anders denkt, vielleicht streiten, aber kaum je in Liebe und in der Suche nach Gemeinsamkeit; vielmehr will jeder am Ende Recht behalten. Ich kann schwer verschiedene Wege und verschiedene Umgangsweisen gelten lassen, weil ich mich selber dann in Frage gestellt fühle. Muss es nicht für einen richtigen Glauben auch einen richtigen Weg geben?
Die Einheit des Glaubens und die Einheit der Menschen wird erst dann gelingen, wenn wir dies schaffen und wagen, was Paulus am Ende nennt: „Lasst uns wahrhaftig sein in der Liebe!“ Das heißt ehrlich und offen sein in der Zuwendung und Annahme, aber auch in der Kritik. Einander ansehen als gemeinsame Kinder Gottes, Brüder und Schwestern Jesu.
Und dann „wachsen in allen Stücken zu dem hin, der Haupt ist, Christus.“ Unser ganzes Leben ist ein Weiterwachsen im Erkennen und im Lieben. Wir machen in jedem Lebensalter neue Erfahrungen, neue Begegnungen, wir hören die Worte der Bibel neu und anders in sich verändernden Lebenslagen. Wir lernen Loslassen und Empfangen neu; wir lernen Freundschaft und Liebe in neuen Dimensionen; wir erfahren auch Gottes Liebe in bisher unbekannter Weise.
Nur wenn wir bereit sind, die Aufgabe des Wachsens immer neu anzunehmen und die Freuden und Leiden der Liebe immer wieder an uns geschehen zu lassen, werden wir zu dem vollendeten Menschen heranreifen, der in der weiten Gemeinschaft und Einheit mit Christus und seiner Welt spürbar lebt.
Christus schenke uns seinen Geist, der uns dazu lebendig macht!
Amen.

Verfasserin: Pfrn. Felizitas Muntanjohl, Theodor-Bogner-Str. 20, 65549 Limburg

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