Die Kirche des Geistes
von
Predigtdatum
:
09.06.2014
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Pfingstsonntag
Textstelle
:
Apostelgeschichte 2,22-23.32-33.36-39
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Wochenspruch:
"Es soll nicht durch Heer oder Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr Zebaoth." (Sacharja 4, 6)
Psalm: 118, 24 - 26 a. 27. 29
Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 11, 1 - 9
Epistel: 1. Korinther 12, 4 - 11
Evangelium: Matthäus 16, 13 - 19
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 136, 1 – 4 O komm, du Geist der Wahrheit
Wochenlied: EG 125, 1 – 3 Komm, Heiliger Geist
Predigtlied: EG 268 Strahlen brechen viele
Schlusslied: EG 337 Lobet und preiset ihr Völker, den Herrn
Hinführung
Oft bezeichnet man Pfingsten, so wie es Lukas in der Apostelgeschichte 2 erzählt, als Geburtstag der Kirche. Wie ist das - Geburtstag nach fast 2000 Jahren? Was ist aus den Anfängen geworden?
Eine Predigt von Fulbert Steffensky, „Die alte Dame und ihre Geburtsurkunde – Apostelgeschichte 2, 1 - 13“ hat mich an-geregt. Sie findet sich in dem Predigtband von Dorothee Sölle und Fulbert Steffensky „Löse die Fesseln der Ungerechtigkeit“, Seite 172ff. (Kreuz-Verlag 2004.)
Fulbert Steffensky verweist am Ende auf den Reichtum der Kirche: auf all das, was Gott ihr zugedacht hat. Und das Er-innern an die Anfänge mag auch heute lebendig machen. Aber es gibt nicht nur die Berichte des Anfangs. Heute feiern Christen aus aller Welt und in allen Menschenfarben. Das wird im Schlussabschnitt angedeutet.
Gliederung
Einleitung: Geburtstag der Kirche. Apostelgeschichte 2, 1 - 13
I. Alle verstehen einander
II. Gottes Geist für alle. Apostelgeschichte 2, 14 – 18
III. Alle sollten miteinander das Gebet,
das Brot und das Geld teilen. Apostelgeschichte 2, 42 - 47
IV. Was ist aus mir geworden? Geburtstag weltweit
Ziel
Freude an Gottes Gabe: Kirche aus dem Geist Gottes
Predigt
Lesung von Apostelgeschichte: 2,1-13
Liebe Gemeinde,
Was ich soeben vorgelesen habe, ist etwas wie die Geburtsurkunde der Kirche.
Schon oft hat man das ja so gesagt: Pfingsten - das ist der Geburtstag der Kirche. Nehmen wir das einmal beim Wort. Dann hat die Kirche heute Geburtstag.
Sie ist gewissermaßen eine alte Dame, die heute Geburtstag feiert. Sie hat ihr schwarzseidenes Kostüm angezogen. Gerührt über sich selber kramt sie in ihrer Vergangenheit und liest die alte Urkunde, die
vom Sturm des Geistes
vom Feuer des Anfangs
und vom Mut der ersten Zeugen spricht.
Und sie erschrickt - wenn sie überhaupt noch des Schreckens fähig ist. Denn da - in dieser Geburtsurkunde - liest die alte Dame, wie sie einmal gedacht war.
Betulich und langsam, wie sie geworden ist, liest sie, dass sie einmal als junger wilder Wein gedacht war. Sie liest, dass sie einmal so voll des Geistes war, dass man sie für betrunken gehalten hat, schon morgens um neun Uhr. Jetzt hält sie niemand mehr für betrunken. Jetzt genehmigt sie sich nur noch selten ein Gläschen geistiges Getränk. Sie ist ehrbar geworden. Und sie geht ja auch mit ehrbaren Leuten um. Da kann man doch nicht so tun, als sei man erst zwanzig. Aber wie war die alte Dame gedacht - und was hat Gott ihr in die Wiege gelegt?
I. Alle verstehen einander
Da wird zunächst eine Merkwürdigkeit berichtet. Ein Ur-traum der Menschen wird erfüllt: Alle verstehen einander.
Der Geist war über die Jüngerinnen und Jünger am frühen Morgen hereingebrochen. Sie fingen an, Gott zu loben und von ihm zu reden. Und jeder der herbeigelaufenen Neugierigen hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. Alle verstanden, was da gesagt wurde.
Sie kennen die andere Geschichte - am Anfang der Bibel. Da haben alle Menschen eine Sprache. Aber sie haben Angst. Sie haben Angst, sie könnten die eine Sprache verlieren und einander fremd werden. Sie hatten Angst, sie könnten zerstreut werden und einander nicht mehr finden. Da bauten sie den Turm. Der sollte bis an den Himmel reichen. Der sollte ihre Einheit retten und begründen.
Gott hat diesen Turmbau gestört. Die Menschen wurden zerstreut in viele Sprachen. Und seitdem gibt es diesen Traum: dass die Menschen gegenseitig ihre Sprache verstehen und dass einer weiß, was der andere meint; dass einer gegen den anderen sein Misstrauen begraben kann; dass eine der anderen Schwester sein kann und einer dem anderen Bruder.
Am Pfingstmorgen wird dieser Traum wahr. Jeder versteht die Sprache des anderen. Ich verstehe dich - sagen sie. Ich weiß, wer du bist. Ich fürchte mich nicht vor dir. Die alte Dame überlegt einen Augenblick in Gedanken versunken: Wäre es nicht doch besser, wenn es wäre wie vor dem Turmbau, wenn es nur eine Sprache gibt? An Pfingsten hat man sich zwar verstanden. Aber es gab doch viele Sprachen. Eine Sprache in der Kirche, das wäre praktisch. Es wäre doch angenehm und vor allem überschaubar und kontrollierbar, wenn die Katholiken und die Orthodoxen, die Methodisten und die Evangelischen und die Lutheraner in Norddeutschland und die Württemberger, und die Pfarrer und die Pietisten - wenn die alle eine Sprache hätten.
Aber das ist nicht Pfingsten. Sie werden sich verstehen - ja.
Das ist versprochen. Aber nicht versprochen ist die Einförmigkeit der Sprache.
Und da erinnert sich die alte Dame und gibt sich einen Ruck: „Gut so! Dann eben nicht! Schön ist die Vielfalt, lang-weilig ist die Einförmigkeit.“ Und für einen Augenblick ist die alte Dame wieder jung und frisch, wie am Anfang.
II. Gottes Geist für alle.
Die alte Dame liest weiter in ihrer alten Urkunde.
Lesen von Apostelgeschichte 2, 14 - 18
14 Da trat Petrus auf mit den Elf, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, und lasst meine Worte zu euren Ohren eingehen!
15 Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde am Tage;
16 sondern das ist’s, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist :
Am Ende der Zeit will ich ausgießen
Geist von meinem Geist über alle Menschen.
Eure Söhne und Töchter werden weissagen,
Jünglinge werden Gesichte sehen,
die Alten werden Träume träumen.
Auf die Knechte und Mägde,
werde ich ausgießen in jenen Tagen
Geist von meinem Geist,
und sie werden reden,
was ich ihnen eingebe.
Das ist die Revolution, denkt die Frau Kirche. Wir haben doch die Synode und den Oberkirchenrat. Wo kommen wir da hin, wenn Knechte und Dienstmädchen zuständig sein sollen für den Geist, wenn Kinder zuständig werden sollen für die Wahrheit, wenn die Alten, die mit ihrer milden Resignation am erträglichsten sind, plötzlich mit neuen Lebensvisionen daher kommen!
Aber dann - dann kann die alte Dame doch nicht unterdrücken, dass sie denkt:
Wie wäre es – wenn wir das, was in der Kirche wichtig ist, wenn wir den Geist, nicht bei wenigen, sondern bei allen suchen würden! Bei denen, die im Gottesdienst zuhause sind und bei denen, die mit dem Gottesdienst Mühe haben. Auch bei den Kindern und den Konfirmanden!
Aber dann denkt sie an ihren guten Ruf und wischt den Gedanken auf die Seite. Einfach so.
III. Alle sollten miteinander das Gebet, das Brot und das Geld teilen.
Noch ein bisschen weiter blättert die alte Dame in ihrer Urkunde. Da stößt sie auf einen Bericht, den sie ganz und gar verdrängt hatte.
Ich lese weiter: Apostelgeschichte 2, 42 - 47
42 Die jungen Christen blieben beständig in der Apostellehre, in der Gemeinschaft. Im Brotbrechen und im Gebet.
Und dann liest sie etwas verlegen:
43 Es kam aber Furcht über alle Seelen und es geschahen auch viele Wunder und Zeichen durch die Apostel.
44 Alle aber, die sich zu Christus zählten, fühlten sich einander zugehörig und legten all ihren Besitz zusammen.
45 Sie verkauften ihr Hab und Gut und teilten den Erlös an alle aus, die eine Hilfe nötig hatten.
War das wirklich so? denkt die alte Dame. Was man doch einfach so mit der Zeit vergisst. Dem Geist von Pfingsten und dieser Gemeinde war die Einheit in blassen Glaubenssätzen nicht genug. Nein, sie waren nicht einmal daran interessiert. Sie teilten ihre Träume, sie teilten ihre Gebete, und sie teilten ihr Geld. Das war der Anfang. Das steht in der Geburtsurkunde! Das war ihre Einheit: Geteilte Hoffnung, geteiltes Brot, geteiltes Geld.
Die alte Dame fragt sich, ob das mit dem geteilten Geld nicht eher geistlich gemeint sei. Aber dann erinnert sie sich, dass der Pfingstgeist immer so handgreiflich und direkt ist, nicht so vergeistigt, wie man ihn haben möchte. Eher peinlich, wörtlich. Es steht da. Und dann wird es wohl auch so gemeint sein.
Die alte Dame denkt ärgerlich: Manchmal wäre es einfacher, wenn es keine alten Urkunden gäbe.
IV. Was ist aus mir geworden? Geburtstag weltweit
Dann aber fasst sich wieder die alte Dame Kirche. Sie denkt: So also war ich gemeint. Das ist der Anfang. Das ist der große Traum: Jeder sollte die Sprache des anderen verstehen, jeder sollte Gesichte, Visionen, Hoffnungen haben und der Wahrheit nahe sein, nicht nur die Berufschristen. Alle sollten miteinander das Gebet, das Brot und das Geld teilen. Die Kirche sieht sich an und wird ein wenig traurig. Was ist geblieben?
Was ist geworden?
Die alte Dame Kirche blättert in der alten Urkunde und träumt. Da klingelt es an der Tür:
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, liebe Großmutter, hast du vergessen, dass wir kommen?“ Da steht vor ihr eine Schar farbiger Urenkelinnen. An die hatte sie gar nicht mehr gedacht.
Kaum sind sie drin, klingelt es schon wieder:
„Viel Glück und viel Segen ... schallt es ihr entgegen. Draußen stehen junge Frauen und Männer. Irgendwo hat sie sie schon gesehen. Vielleicht sind es die jungen Gemeindegruppen, die da und dort entstehen. „Wir wollen mit dir feiern“, sagen sie – „und Kuchen haben wir auch mitgebracht.“
Da klingelt es schon wieder: Zerlumpt und verlottert, abgeschaffte Leute stehen vor ihr. „Ist das schön, dass ich es doch noch geschafft habe mit dir zu feiern. Ich weiß wir kommen spät. Du weißt gar nicht, wie schwer es war zu kommen. Du weißt doch - die Reisefreiheit in China.“ Und ein anderer: „Und in manchen Ländern in Asien geht man auch nicht gerade freundlich mit uns um.“
Immer wieder läutet es. Aus aller Welt kommen Sie. Bald ist das Haus voll, der Tisch zu klein. Sie freuen sich und lachen und tanzen. Da denkt die alte Dame. „Ich wusste gar nicht wie schön das ist.“
Amen.
Fürbittengebet
Gott,
wir bitten dich heute am Pfingstfest in besonderer Weise um deinen Heiligen Geist,
dass er uns Mut macht zum Leben,
dass er uns zueinander bringt,
dass er uns Kraft gibt für neue Schritte,
dass er in uns Hoffnung weckt.
Schenke uns deinen Heiligen Geist.
Wir bitten dich um deinen Heiligen Geist,
dass er uns Verständnis gibt für Menschen anderer
Kulturen, Nationalitäten und Religion
dass er immer wieder Liebe in unseren Herzen weckt,
sodass wir Wege der Versöhnung und
des Friedens suchen,
dass er Augen und Ohren öffnet
für Ungerechtigkeit und Not,
damit sie beendet werden können,
dass er die Kraft gibt, nein zu sagen
und nicht mit dem Strom zu schwimmen.
Schenke uns deinen Heiligen Geist.
Wir bitten dich um deinen Heiligen Geist
in unserer Kirche,
dass unsere Gemeinschaft untereinander gestärkt werde,
dass er uns offen macht für Veränderungen,
dass wir voller Freude im Glauben leben.
Schenke uns deinen Heiligen Geist.
Bring uns mit deinem Geist in Bewegung.
Begeistere uns.
Wir vertrauen auf dich – und darum beten wir mit Jesu Wor-ten: Vaterunser
Verfasser: Dekan i. R. Eberhard Dieterich
Eugen-Gaus-Straße 30, 89518 Heidenheim
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
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