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Die Kirche des Geistes

von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)

Predigtdatum : 30.05.2004
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Exaudi
Textstelle : Apostelgeschichte 2,1-18
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Wochenspruch:

Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth. (Sacharja 4,6)

Psalm: 118,24-29 (EG 747)

Lesungen

Altes Testament:
4. Mose 11,11-12.14-17.24-25
Epistel:
Apostelgeschichte 2,1-18
Evangelium:
Johannes 14,23-27

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 166,1-4
Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied:
EG 125
oder EG 136,1-4+7
Komm, Heiliger Geist, Herre Gott
O komm, du Geist der Wahrheit
Predigtlied:
EG 130
O Heilger Geist, kehr bei uns ein
Schlusslied:
EG 168,4-6
Wenn wir jetzt weitergehen

1 Als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. 2 Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. 3 Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, 4 und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen. 5 Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. 6 Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. 7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: „Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? 8 Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache?“ 9 Párther und Méder und Elamíter und die wir wohnen in Mesopotámien und Judäa, Kappadózien, Póntus und der Provinz Asien, 10 Phrýgien und Pamphýlien, Ägypten und der Gegend von Kyréne in Libyen und Einwanderer aus Rom, 11 Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unsern Sprachen von den großen Taten Gottes reden.“ 12 Sie entsetzten sich aber alle und wurden ratlos und sprachen einer zu dem andern: „Was will das werden?“ 13 Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: „Sie sind voll von süßem Wein.“
14 Da trat Petrus auf mit den Elf, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: „Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, und lasst meine Worte zu euren Ohren eingehen! 15 Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde am Tage; 16 sondern das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist: 17 »Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; 18 und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen.«“

Liebe Gemeinde!
Aus aller Herren Länder waren sie nach Jerusalem zusammengekommen. Es war wie ein großes Treffen alter Freunde. Beim letzten Mal hatten sie sich verabschiedet: „Nächstes Jahr in Jerusalem.“ Nun waren sie wieder da. Es gab so viel zu erzählen. In die Wiedersehensfreude mischten sich Traurigkeiten, denn mancher, auf den man sich gefreut hatte, kam nicht mehr. Neuigkeiten wurden ausgetauscht über Familie und Kinder, Beruf und Erfolg der letzten Jahre. Von den Erfahrungen des Lebens erzählten sie sich, und es war bunt, was da kam - Glück bei den einen und Leid bei anderen und kleiner Alltag bei den dritten. Sie führten Gespräche über die politische Lage - sie war ernst wie eh und je - und Grund zu mancherlei pessimistischer Betrachtung. Eine große Wiedersehensfeier waren diese Tage an Pfingsten in Jerusalem.
Aber nicht nur das. Es war ein großes Dankfest des Volkes Gottes. Die gute Bundesordnung Gottes, die Zehn Gebote standen im Mittelpunkt. Dankbar dachte man daran, dass Gott durch sie dem Volk und dem Einzelnen Leitlinien gegeben hatte, Hilfe zum Leben, an der man sich orientieren konnte. So war es für sie alle selbstverständlich: Zu diesem Fest gehörte der große Gottesdienst.
Sie entdecken vielleicht Parallelen zu sich selbst, die Sie hier zusammengekommen sind. Vielleicht geht es Ihnen wie den Festpilgern damals in Jerusalem: Auf den Gottesdienst an Pfingsten möchten Sie keinesfalls verzichten - der gehört einfach dazu.
Mitten in die Festfreude hinein geschieht etwas Bestürzendes: Gott handelt. Mitten in das festliche Gottesdiensdienst-Rüsten gibt Gott seinen Geist. Er macht seine Verheißung wahr: „Ich will meinen Geist ausgießen in den letzten Tagen auf alles Volk.“ Das geschieht hier - unerwartet, plötzlich, überwältigend groß.
Die Worte des Lukas lassen uns etwas ahnen von der Urgewalt, die durchbricht in der Gabe Gottes: wie ein Sturm, wie ein gewaltiges Brausen, wie ein Feuer. Es ist Gestammel, Suchen nach Worten, Bildern, Begriffen, und wir merken: Lukas und wohl auch uns fehlen die Worte, fehlen die lebendigen Begriffe, um hier richtig beschreiben zu können.
Menschen werden an diesem Tag gepackt und der Gegenwart und Wirklichkeit Gottes so überwältigend und unmittelbar gewiss, dass es ihr ganzes Leben verwandelt. Davon erzählt unsere Geschichte. Sie definiert nicht: Was ist das - Gottes Geist? Sie beschreibt, was er wirkt. Zwei Wirkungen des Geistes möchte ich uns vor Augen stellen - Wirkungen, die Gott auch an uns wirken will.
1. Gottes Geist verwandelt Menschen zum Reden
Sieben Wochen zuvor war Jesus in Jerusalem ans Kreuz gehängt worden. Seine Jünger waren davongelaufen in namenlosem Entsetzen. Sie hatten den Zusammen-Bruch ihrer Hoffnungen vor Augen und die Angst vor den Feinden Jesu im Herzen. Gewiss - Jesus war ihnen dann neu begegnet. Er hatte sie wieder gerufen, angenommen, ihnen ihre Flucht und ihr Verzagen nicht vorgehalten. Er hatte sie sogar beauftragt: „Ihr werdet meine Zeugen sein.“ Aber bis zu diesem Tag waren sie nur still zusammengekommen, waren in den Tempel gegangen um zu beten, waren wahrscheinlich froh, dass sie nicht auffielen.
An diesem Tag aber verändert sich ihr Leben. Gott gibt ihnen seinen Geist. Plötzlich stehen sie vor der Öffentlichkeit. Sie passen nicht mehr einfach in das festliche Bild. Sie sind nicht mehr nur Teilnehmer am religiösen Leben ihres Volkes. Sie tanzen aus der Reihe, werden zu Redenden, werden zu Menschen, die von Jesus Christus erzählen, von seinen Taten und Worten berichten. Sie sagen: Wer Jesus als Herrn anrufen, der hat Frieden mit Gott. Petrus, der sich losgesagt hatte von Jesus aus Angst um die eigene Haut, der sich selbst verflucht hatte, um sein Leben zu retten, der sagt den gleichen Leuten, vor denen er sich verkrochen hatte: „Kehrt um zu dem, den ihr gekreuzigt habt - er ist euer Leben.“
Petrus, der nie Theologie studiert hat, der sich in den Schriften kaum richtig auskannte, der Fischer vom See Genezareth wird zum Prediger, der Menschen zum Glauben an Jesus Christus ruft. Was Petrus & Co. an Pfingsten erfahren, ist, wie Jesus sein Wort wahr macht: Der Geist wird euch geben, was ihr sagen sollt.
Das ist Wirkung des Geistes bis heute: er öffnet Menschen den Mund. Wenn wir berührt, erfasst, ergriffen werden von Gottes Geist, wird auch uns der Mund aufgehen, werden wir auch nicht mehr schweigen können von dem, was Gott für uns und an uns getan hat. Dann wird es uns nicht mehr stören, ob uns einer für betrunken oder Schwärmer oder Sektierer hält. Wir werden reden müssen, wo immer wir leben: In unseren Familien werden wir von Versöhnung reden, wenn es zwischen Eltern und Kindern kracht. In unseren Schulklassen werden wir uns einmischen, wenn ein Mitschüler an die Wand gedrängt wird oder ein Lehrer fertig gemacht werden soll. An unserem Arbeitsplatz wird man uns hören, wenn einer sich auf Kosten anderer profilieren will.
Wo immer wir sind - wir werden nicht mehr anders können als davon zu reden, was uns Gott durch Jesus Christus geschenkt hat - Entlastung von Schuld und Selbstanklagen, Hoffnung für alle, die Freiheit unseres Lebens - und wir werden nicht anders können, als diese Freiheit all den Bindungen unserer Zeit entgegenzustellen. Das alles nicht nur in der Kraft unserer eigenen Worte, sondern in der Kraft Gottes. Seien Sie unbesorgt: Gottes Geist macht Sie schlagfertig und geistesgegenwärtig, wo es nötig ist.
2. Gottes Geist verwandelt Menschen zum Hören
Die Hörer der ersten Pfingstbotschaft waren keine Heiden. Sie hörten nicht zum ersten Mal von Gott. Es waren Menschen, die in einer Tradition aufgewachsen waren, die vom Gottesdienst geprägt war. Mancher von ihnen hatte in dieser Tradition Kraft zum Leben gefunden. Und doch wird ihnen gesagt: Bekehrt euch - ruft den Namen Jesu an, damit ihr errettet werdet. Dieser Ruf löst große Betroffenheit aus: Was sollen wir tun?
Ihr Herz ist getroffen, nicht nur ihr Verstand. Das ist die Wirkung des Heiligen Geistes, dass er uns ganz persönlich zu betroffenen Hörern macht. Die meisten von uns sind in einer Umgebung aufgewachsen, in der es ziemlich selbstverständlich ist - oder muss ich sagen: war? - einiges über Gott, über Jesus Christus und den Glauben zu erfahren. Wir alle haben wohl im Laufe unseres Lebens manche Predigt, manche großen und kleinen Satz über den Glauben gehört. Und so wäre wohl mancher unter uns leicht verärgert, wenn ihnen einer sagt: Das alles reicht noch nicht - da ist mehr für dich bereit, du musst es nur ergreifen.
Nur - halten wir einen Augenblick inne: Was ändert all unser Wissen über Gott, über Jesus an unserem Leben? Ändert sich meine Haltung gegenüber meinem Ehe-Partner dadurch oder schmiere ich ihm immer wieder sein Versagen aufs Butter-Brot? Ändert sich dadurch mein Verhalten gegenüber meinem Kind, mit dem ich abgrundtief entzweit bin? Ändert sich dadurch mein Streit mit dem Nachbarn, mein Ärger im Betrieb, mein Groll, der mir immer wieder hochsteigt im Blick auf verpasste und verbaute Lebenswege? Seht, wenn der Heilige Geist auf uns Einfluss gewinnt, dann geht uns auf: Jesus will unser Leben ändern - unser Leben, das wir mit unseren Familien, Freunden und Kollegen, Konkurrenten und Gegnern leben.
Das kann Ihnen einer stundenlang sagen - nichts wird für Sie anders werden. Aber wenn Gott seinen Geist gibt, der uns aufschließt für sein Wort und seine Gegenwart, dann werden Sie wissen: Jetzt geht es um mich. Dann spüren Sie, dass die großen Taten Gottes mit Ihrem Leben zu tun haben, dass Ihr Leben anders wird, wenn Sie sich Jesus Christus öffnen. Dann ist die Stunde der Entscheidung da. Dann bekommen wir den festen Grund unter die Füße, auf dem du und ich stehen können: Die Liebe Gottes, die in Jesus Christus erschienen ist, gilt mir. Ich bin ein angesehener Mensch bei Gott - angesehen mit den Augen der Liebe durch Jesus Christus. Dazu darf und kann ich Ja sagen. Dazu will Gott uns helfen durch seinen Heiligen Geist. Amen.

Verfasser: Pfr. Paul-Ulrich Lenz, Leonhardstr. 20, 61169 Friedberg

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