Die Kirche des Geistes
von Christina Jammers (Gimbsheim)
Predigtdatum
:
25.05.2015
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Pfingstsonntag
Textstelle
:
Matthäus 16,13-19
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Wochenspruch:
"Es soll nicht durch Heer oder Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr Zebaoth." (Sacharja 4, 6)
Psalm: 118, 24 - 26 a. 27. 29
Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 11, 1 - 9
Epistel: 1. Korinther 12, 4 - 11
Evangelium: Matthäus 16, 13 - 19
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 135 Schmückt das Fest mit Maien
Wochenlied: EG 129 Freuet euch, ihr Christen alle
Predigtlied: EG 346 Such, wer da will
Schlusslied: EG 503,14-15 Mach in mir deinem Geiste Raum
Überlegungen zum Predigttext und der Gestaltung der Predigt
Zum Predigttext:
Das sogenannte Petrusbekenntnis wird in allen vier Evangelien überliefert. Die Fassung bei Matthäus (Mt) – der Predigttext – zeigt gegenüber den anderen Evangelien die folgenden Besonderheiten: Erstens wird anders als in der Markus-Überlieferung, die Mt voraussichtlich vorgelegen hat, berichtet, dass Simon-Petrus in Jesus den Gottessohn erkennt. Zweitens wird bei Mt der Jünger Simon zum „Felsen Petrus“ ernannt, auf dem sich die Kirche Jesu Christi gründen soll. Simon-Petrus bekommt also die Aufgabe, sein Bekenntnis zu Jesus in eine größere Gemeinschaft einzubringen und ihr damit zu dienen.
Zur Gestaltung der Predigt:
In der Predigt möchte ich die beiden für die Mt–Fassung ty-pischen Gedanken – Bekenntnis zu Jesus als Gottessohn, Dienst an der Kirche – aufgreifen.
Ich möchte zum einen aufzeigen, wie dieses Bekenntnis dem persönlichen Leben einen „felsenfesten“ Grund geben kann. Wichtig ist mir in dem Zusammenhang, anhand der manchmal unsicheren Glaubensgeschichte des Petrus (z. B. Geschichte vom „sinkenden Petrus“, Verleugnung) darzustellen, dass auch Hadern und Zweifel zum Glauben dazugehören können. An dieser Stelle können – falls bekannt – Beispiele aus dem konkreten Gemeindeleben (z. B. durch Anrede an anwesende Trauerfamilien, die ja wegen der Ka-sualabkündigungen häufig in Gottesdiensten begegnen) oder auch persönliche Beispiele in die Predigt eingefügt wer-den (dies habe ich mit […] in der Predigt markiert). Der Bezug zu den Glaubensschwankungen des „Felsen Petrus“ soll dabei den Hörenden die ermutigende Botschaft vermitteln, dass Zweifel und Hadern keinen Abbruch der Gottesbeziehung bedeuten müssen, wie ja gerade die Geschichte von Simon-Petrus zeigt. Diese Botschaft lässt sich dabei gut mit dem Proprium des Pfingstfestes – Erfüllt-werden vom Geist Gottes – verbinden.
Pfingsten gilt bekanntlich als „Geburtstag der Kirche“. An dies anlehnend und damit den zweiten für die Mt–Überlie-ferung charakteristischen Zug aufgreifend, möchte ich in der Predigt zum anderen benennen, dass das Bekenntnis zu/ Vertrauen auf Jesus nicht nur persönlich stärkt. Vielmehr folgt aus diesem Bekenntnis ja auch der Ansporn, dieses Vertrauen an andere weiterzusagen und zu geben und damit – entsprechend dem Auftrag an Simon-Petrus – dem „Geburtstagskind“ Kirche zu dienen. In diesen Teil der Predigt können auch aktuelle gesellschaftspolitische Beispiele eingeflochten werden (im Text wieder mit […] markiert).
Predigt
Kanzelgruß
Liebe Gemeinde,
1. Vor ein paar Jahren wurde in der Quizshow „Wer wird Millionär“ die Frage gestellt: An welchem Tag feiert die Kirche Geburtstag? Ich vermute, viele hier hätten die richtige Antwort gleich gewusst: Pfingsten gilt als das Geburtstagsfest der Kirche. Dieses Fest erinnert ja daran, wie der Geist Gottes eine große Menschenmenge erfasst hat. Woraufhin aus den einzelnen Jesusgläubigen dann eine größere Gemeinschaft – die Kirche eben – erwachsen ist. Die 16 000 Euro, um die es meiner Erinnerung nach bei dieser Frage damals ging, hätten wir also problemlos abgestaubt.
Weniger leicht wär´s gewesen, wenn Quizmoderator Jauch in dem Zusammenhang eine andere Frage gestellt hätte. Nämlich nicht: Wann feiert die Kirche Geburtstag. Sondern: Der verbindende Grund unseres Geburtstagskindes, der Kirche Jesu Christi, wer ist das überhaupt - dieser Jesus?
In der Quizshow von Jauch gibt es immer vier mögliche Antworten. Und auf die Frage: „Wer ist dieser Jesus“ hätten die Alternativen lauten können: A. Na ja, halt ein besonderer Mensch mit bewundernswerten Prinzipien, ein ethisches Vorbild also; B. Ein Rebell, der die Welt zum Guten verändern wollte – aber daran leider gescheitert ist; C. Ein Prophet, der als solcher ja auch von anderen Religionen – zum Beispiel im Islam - anerkannt wird: oder schließlich D. Jesus? Klar – das ist der Sohn Gottes. Vier mögliche Antworten, jede von ihnen kann man auch in irgendeiner Weise begründen, und das zeigt an: Wer Jesus ist, an dieser Frage scheiden sich die Geister. Und das nicht erst heutzutage – wer Jesus ist, das war schon eine umstrittene Frage für die Zeitgenossen des historischen Jesus. Ich lese dazu den Predigttext aus dem 16. Kapitel des Matthäusevangeliums, die Verse 13 - 19: [Verlesen Predigttext]
2. Wer ist Jesus?
Zeloten wie damals der Jünger Judas hätten vermutlich Antwort B – ein Rebell, ein Weltverbesser – favorisiert. Andere hätten eher zu Antwort „Prophet“ geneigt. Wieder andere, selbst seine schärfsten Kritiker, hätten ihm kaum absprechen können, dass er in ganz und gar außergewöhnlicher Weise für die Verwirklichung von Liebe, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit eingetreten ist und sich dabei besonders denen zugewandt hat, die Liebe, Trost, Ermutigung brauchen. Aber einer schließlich, Petrus, erkennt, dass neben und in all dem Jesus weit mehr ist: Nämlich der Sohn Gottes. Und weil Petrus dies – zumindest den biblischen Quellen nach als erster – begreift, wird er dann ja auch vom Jünger Simon zum „Petrus“. Wird also zum Felsen ernannt, auf dem die Kirche Jesu gegründet wird.
Allerdings – aus der Geschichte des Petrus wissen wir: Dieser Felsen ist nicht immer felsenfest; ist in seinem Glauben manchmal ziemlich wankelmütig. Einerseits ist er von Anfang an mit Begeisterung dabei. Andererseits auch einer, der in den Stürmen des Lebens, wie etwa in der Geschichte vom „sinkenden Petrus“, in Angst und Kleinglauben zu versinken droht. Den auch der Mut verlässt, der Jesus verleugnet, als sein Freund und Bruder gefangengenommen wird. Und der dann doch wieder zu seinem Vertrauen und der An-fangsbegeisterung zurückfindet. Denn bewegt von der Be-gegnung mit dem Auferstandenen, ergriffen vom Geist Gottes, vom Pfingstgeschehen – zum starken Bekenner wird, zu einer der Säulen der Jerusalemer Urgemeinde. All dies zeigt: Die Geschichte des Petrus, seine Beziehung zu Jesus, ist eine Geschichte mit Höhen und Tiefen.
Und ist diese Geschichte nicht auch ein Stück weit deine, Ihre, meine Geschichte? Denn der Glaube ist ja kein starres Festhalten an irgendwelchen Prinzipien, ist vielmehr eine Beziehung zu Gott, die sich – wie eine zwischenmenschliche Beziehung – verändert. Da gibt es die Höhen, in denen ich mich vertrauensvoll an Jesus wende, fest auf seine Kraft und seinen Trost vertraue; und dieses Vertrauen ist wie ein Fels in meinem Leben. Dann kann es aber auch eine Zeit der Unsicherheit geben, des Haderns. Wenn mich Herausforderungen und Schwierigkeiten ängstigen. Wenn mich Niederlagen oder Traurigkeiten an Jesu heilsamer Nähe zweifeln lassen, mir auch der Glaube kein „Fels in der Brandung“ ist [gegebenenfalls Beispiele aus Gemeindeleben oder persönlicher Erfahrung].
Und genau deshalb brauchen wir ein Geburtstagsfest wie heute, genau deshalb brauchen wir Pfingsten. Als Erinnerung daran, dass Gott mit seinem Geist Unsicherheiten und Ängste und Zweifel aufwirbeln und wegblasen will; brauchen es, dass wir neu unseres Glaubens vergewissert werden. Den Glauben daran, dass mit Jesus nicht nur ein paar bewundernswerte Prinzipien, ein moralischer Superheld und Tröster der besonderen Art in diese Welt gekommen ist. Sondern kein anderer als der Sohn Gottes – der auch heute Ihnen und dir und mir nahe sei, Sie und dich und mich mit Kraft und Mut ausrüsten will. Einer, der damit nicht alle Stolpersteine im Leben einfach wegräumt. Aber der durch das Vertrauen auf ihn, den Gottessohn, dem Leben einen stabilen Grund verleiht.
3. So wie eben damals bei Petrus. Und der hat aus diesem Grund wirklich etwas gemacht. Hat nämlich sein Vertrauen nicht bloß als „Felsen“ für sein Leben genutzt, hat das Bekenntnis zu Jesus an viele andere weitergetragen. So, wie es ihm ja auch damals, in der Erzählung bei Matthäus, der Gottessohn selbst aufgetragen hat. Und auch deshalb brauchen wir Pfingsten; brauchen es, dass wir alle Jahre wieder den Geburtstag der Kirche feiern. Als Ansporn dafür, dass auch Sie und du und ich unseren Glauben an andere weitergeben.
Und wie genau kann das geschehen? Lassen Sie uns dazu noch einmal drei der Antworten betrachten, die Jauch in seiner Quizshow auf die Frage „Wer ist Jesus“ nennen könnte. Rebell, Prophet, Tröster mit tollen Prinzipien? In diesen drei Antwortalternativen ist zwar nicht das benannt, was Petrus damals erkannt hat – Jesus als den Gottessohn. Und doch weisen diese drei Antworten auf die entscheidende Spur, wie ich seinen Spuren folgen und damit den Glauben an ihn weitertragen kann. Indem ich, wie Jesus, der Tröster, mich den Menschen zuwende, die Ermutigung, einen Halt im Leben brauchen [eventuell wieder Beispiele aus persönlichem oder Gemeindeleben]. Indem ich, wie Jesus damals, gegen das rebelliere, was Gottes Liebe widerspricht – indem ich rebelliere gegen Hartherzigkeit und zerstörerische Strukturen [eventuell aktuelle gesellschaftspolitische Beispiele]. Wodurch ich zugleich – damit sind wir bei der dritten Antwortalternative - prophetisch handele. Denn Propheten im biblischen Sinn sind nicht nur Verkündiger der Botschaft, sondern auch Kritiker mit visionärem Anspruch. Also Menschen, die soziales Unrecht und menschliche Grausamkeit beim Namen nennen. Und wenn ich dem folge, kann auch ich dieser Welt ein anderes Gesicht gebe. Sicher, keinem von uns wird´s gelingen, sie im Ganzen heil und perfekt zu machen; Armut und Ausbeutung, Krieg und Umweltzerstörung einfach zu beenden. Aber gerade als Christen sind wir ja gerufen, an vielen leidvollen Umständen, sei´s im ganz persönlichen Leben, sei´s global betrachtet – nicht zu resignieren. Sollen eben nicht einstimmen in die Unkenrufe derer, die behaupten: „Das nützt doch alles eh nix.“ Sondern vielmehr auf tätige Weise diesem Ungeist des Pessimismus den Geist der christlichen Hoffnung entgegensetzen.
4. Ein Stück weit liegt das an jedem von uns persönlich. Und trotzdem müssen wir´s nicht nur alleine tun. Denn das Geburtstagsfest heute erinnert uns: Christsein ist anders als die Quizsendung von Jauch, keine „one-man-show“, in der ich mich alleine behaupten muss. Sprich: Als Christ brauche ich den Spuren des Gottessohnes nicht als Einzelkämpfer folgen, ich bin eingebettet in eine größere Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft, die miteinander und füreinander lebt, was Jesus tröstend und rebellierend und prophetisch vorgelebt hat. Und eine Gemeinschaft, die mich trägt auch in den Momenten, in denen mir gar nicht pfingstlich zumute ist, in denen mein Vertrauen erschüttert ist. Gerade dann kann mich diese Gemeinschaft stärken, mich meines Glaubens neu vergewissern. So dass ich durch Fragen und Zweifel hindurch neu bekennen kann: Ja, dieser Jesus ist wirklich Gottes Sohn!
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.
Verfasserin: Pfarrerin Christina Jammers
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