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Die Liebe Gottes und die Liebe untereinander

von Christoph Eichert (Halle)

Predigtdatum : 11.06.2023
Lesereihe : V
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Johannes 4,(13-16a)16b-21
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Wochenspruch: "Christus spricht: Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich." (Lukas 10,16a)

Psalm: 34,2–11 (EG 718)

Predigtreihen

Reihe I: Johannes 5,39-47
Reihe II: Apostelgeschichte 4,32-37
Reihe III: Jona 1,1-2,2(3-10)11
Reihe IV: Lukas 16,19-31
Reihe V: 1. Johannes 4,(13-16a)16b-21
Reihe VI: Jeremia 23,16-29

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 166,1-2+4 Tut mir auf die schöne Pforte
Wochenlied: EG 365,1-3 Von Gott will ich nicht lassen
Predigtlied: EG 401,1-2+4 Liebe, die du mich zum Bilde
Schlusslied: EG 171,1-4 Bewahre uns, Gott

Predigttext: 1. Johannes 4,(13-16a)16b-21

(13 Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat. 14 Und wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt. 15 Wer nun bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und er in Gott. 16 Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat: )

Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. 17 Darin ist die Liebe bei uns vollendet, auf dass wir die Freiheit haben, zu reden am Tag des Gerichts; denn wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. 18 Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus. Denn die Furcht rechnet mit Strafe; wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe. 19 Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. 20 Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann nicht Gott lieben, den er nicht sieht. 21 Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.

Predigt

„Liebe: auch so ein Problem, das Marx nicht gelöst hat.“ – Dieser Satz wird der Tänzerin, Sängerin und Bürgerrechtlerin Josephine Baker zugeschrieben. Und sie muss es wissen nach fünf geschiedenen Ehen.

Aber zum Glück haben wir nicht nur Marx, wenn es um das schöne schwierige Thema Liebe geht. Auch unser Predigttext aus dem 1. Johannesbrief hat dazu etwas zu sagen. Einige wenige Sätze lese ich noch einmal vor: Gott ist Liebe. Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus. Denn die Furcht rechnet mit Strafe. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe. Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und hasst seine Schwester oder seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht? Und dieses Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, auch seine Schwester und seinen Bruder liebe.

Sind wir nun schlauer als Josephine Baker? Vielleicht, wenn wir genauer hinschauen und uns einlassen auf das, was im 1. Johannesbrief steht. Mir sind beim gründlichen Lesen drei Dinge wichtig geworden, die ich Ihnen gern weitergeben möchte: Als erstes: Gott ist Liebe. Als zweites: Liebe treibt die Furcht aus. Und schließlich: Wenn lieben, dann richtig!

Schon der erste Satz ist ja ein Paukenschlag: „Gott ist Liebe.“ Nicht: Gott ist ein König. Gott ist ein Richter. Gott ist mächtig und groß. Nein: „Gott ist Liebe. Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ Ist das nicht wunderbar? Ich finde, das ist einer der schönsten Sätze in der Bibel. Das heißt ja auch andersrum: Da, wo Liebe ist, da ist Gott nicht weit.

Wie konnte es nur, im Licht dieses Satzes, zu den vielen Sünden der Christenheit kommen? Die Mission mit Schwert und Gewalt. Die Verfolgung sogenannter Ketzer, heute würden wir sagen: Andersdenkender. Die feindselige Einstellung gegenüber den Juden, die es so lange in den christlichen Kirchen gab. Und die schwarze, angeblich christliche Pädagogik, die Kinder und Erwachsene kleingehalten, ja gebrochen hat: Gott kriegt alles mit. Gott bestraft dich. Du wirst schon sehen! – „Nein, nein, nein!“, würde Jesus noch am Kreuz rufen. „Gott ist Liebe, wann begreift ihr das endlich!“ Und natürlich widerspricht das allen, die im Namen Gottes zu Hass und Gewalt auffordern, wie auch immer sie ihren Gott nennen. Sie liegen grundfalsch. Sie haben nichts von Gott verstanden.

„Gott ist Liebe. Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott.“ – Diese Worte klingen wie ein Ganzkörperbad. Ich bade in Liebe. Ich bin ganz eingehüllt von ihr. Werde ganz von ihr durchdrungen. So ist Gott, wie ein Lebens- und Liebeselixier. Man muss also gar nicht entsetzlich fromm sein und dies glauben und das auch noch, und nur, wer hier am Ende unterschreibt, ist eine richtige Christin, ist ein richtiger Christ. Lieben, darauf kommt es an! Das ist wichtiger als alle Dogmen. Denn wer liebt, hat viel begriffen von Gott.

Paukenschlag Nummer zwei: „Liebe treibt die Furcht aus.“ Angst und Liebe, das verträgt sich offenbar nicht. Der Verfasser des 1. Johannesbriefes meint zunächst die Furcht vor dem Endgericht, an das er glaubt. Wenn Gott Liebe ist, dann musst du davor doch keine Angst haben. „Furcht rechnet mit Strafe“, schreibt er. Aber wer liebt, straft nicht.

Auf derselben Linie liegt Martin Luther, der es absurd fand, sich mit Ablassbriefen von Höllenstrafen freizukaufen. Gott liebt dich, wie du bist. Das kostet nichts. Also behalte dein Geld. Oder gib es dem, der es nötiger braucht als du. Aber nicht aus Angst, sondern aus Liebe zu deinen Nächsten.

Furcht und Liebe vertragen sich nicht. Und wo immer Menschen Angst haben voreinander, die sich doch eigentlich nahestehen, lohnt sich eine Liebesinventur: Mein Kind traut sich mit der Wahrheit nicht heraus? Wie kann ich ihm Brücken bauen, wie kann ich Nähe signalisieren, damit das Vertrauen wieder wächst? Nicht das Kind, das vielleicht etwas ausgefressen hat, ist am Drücker, sondern ich. Weil die Furcht verschwinden muss, damit die Liebe wieder Platz hat. Und so ist es in der Ehe oder Partnerschaft auch. Angst ist ein schlechter Begleiter im Bett und am Küchentisch. Wo ich mich nicht verstecken muss, wo ich Ich sein darf mit meinen Stärken und Schwächen, wo ich mich zeigen kann, wie ich bin, da werde ich geliebt. Und wo ich einem anderen dieses Vertrauen vermittle, bin ich wahrhaft liebevoll.

So ist es mit Gott. So ist es in der Partnerschaft und in der Familie und mit Freundinnen und Freunden. Und so ist es auch mit mir selbst: Wenn ich mich selbst liebe und annehme und gut zu mir bin, dann habe ich auch weniger Furcht, denn Liebe treibt die Furcht aus. Ich traue mich dann, meine Meinung zu sagen, auch wenn ich damit auf Widerspruch stoße. Ich wage es, zu mir zu stehen und auch Konflikte durchzustehen. Ich darf ohne Angst einfach sein. – Wie gut, dass es die Liebe gibt in all ihren Farben als Gegenmittel zur Furcht!

Und dann geht der Verfasser des 1. Johannesbriefes auf’s Ganze und meint: Wenn schon lieben, dann richtig! Denn Liebe lässt sich nicht beschränken auf Gott und die Partnerschaft und die Kinder und Onkel und Tanten. Sie ist universal. Natürlich liebe ich manche Menschen mehr als andere, trotzdem macht sie bei Familienangehörigen zweiten Grades nicht einfach halt.

Du kannst nicht Gott lieben und deinen Bruder, deine Schwester im Glauben gleichzeitig hassen, sagt der 1. Johannesbrief. Du kannst es nicht dir und den Deinen gutgehen lassen und dem armen Lazarus vor deiner Tür die kalte Schulter zeigen. Oder dem Flüchtling, der anklopft. Oder der Kranken, die einen Besuch braucht. Oder dem Mitschüler oder der Arbeitskollegin, die an die Wand gespielt und gemobbt werden von anderen. Man kann die Liebe nicht messen und einteilen, wie sein Guthaben auf der Bank, nach dem Motto: Heute hebe ich ein bisschen davon ab, aber dann ist für vier Wochen wieder Ruhe mit der Liebe.

Und damit kommt, zumindest bei diesem dritten Punkt, doch Marx ins Spiel. Er hat sich immerhin um den armen Lazarus gekümmert und nach Wegen gesucht, wie ihm Gerechtigkeit widerfährt überall dort, wo er uns heute begegnet. Je mehr die ideologischen Scheuklappen der DDR in der Vergangenheit liegen, desto näher rückt mir dieser philosophisch-materialistische Freund der Armen. Ich sehe da schon ein heimliches Bündnis mit dem 1. Johannesbrief und vor allem mit der Lazarusgeschichte, die wir als Evangelium gehört haben.

„Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt“, sagt unser Predigttext. Was für eine schöne Aufforderung in diesem Sommer. Freundlicher, anziehender kann man seinen christlichen Glauben gar nicht bezeugen als mit einem liebenden Herzen. Wollen wir Gott auf diese charmante Weise die Ehre geben?

Lasst uns lieben – Partner oder Partnerin, Kinder, Familien und Freunde. Und unsere Nächsten, die Menschen, die uns besonders brauchen. Auch sie sind unsere Schwestern und Brüder. Und, nicht zu vergessen, uns selbst. Und das, was uns wichtig ist. Wofür wir einstehen wollen mit unserem Leben. Lasst uns das tun ohne Furcht. Und mit Vertrauen auf Gott, der die Liebe selbst ist. Auf einen liebevollen Sommer! Amen.

Tagesgebet

Du großer Gott,
nicht mit Macht und Gewalt,
nicht mit Prunk und Herrlichkeit
wirkst Du in unserer Welt.
Einzig die Sprache der Liebe sprichst Du,
so wie Jesus, unser Bruder und Freund.
Hilf uns, dieser Sprache zu vertrauen,
jeden Tag mehr.
Amen.

Fürbitten

Großer Gott, Du bist da, wo die Liebe stark ist.
Deshalb bitten wir Dich um Frieden, um Verständnis,
ja sogar um Liebe zwischen den Religionen.
Menschen sind auf dem Weg zu Dir
auf ganz unterschiedliche Weise.
Hilf uns, auch andere Wege zu respektieren.
Hilf, dass Dein Name
nicht länger beschmutzt wird durch Gewalt.
Mache die Liebe stark in allen, die Deinen Namen anrufen.
Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Großer Gott,
Du bist da, wo die Liebe aufblüht.
Deshalb bitten wir Dich um offene Herzen
und den Geist Deiner Liebe in unserem Land –
zwischen Einheimischen und Geflüchteten
und zwischen Menschen
unterschiedlicher politischer Einstellung.
Hilf uns, im anderen zuerst den Menschen zu sehen,
auch wenn uns manches befremdet.
Schenke uns Offenheit und Neugier
und zugleich innere Stärke, um uns selbst treu zu bleiben.
Hilf, dass Fronten und Ideologien aufweichen
und echtes Gespräch möglich wird.
Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Großer Gott,
Du bist da, wo die Liebe eine neue Chance bekommt:
In den Familien,
in denen sich Eltern und Kinder nicht verstehen.
In vielen Ehen und Beziehungen,
in denen der Abstand immer größer wird.
In den Herzen von Menschen,
die über eine Kränkung nicht hinwegkommen.
Schenke einen neuen Anfang.
Gib uns Ideen,
wie die Liebe wieder wachsen kann unter uns.
Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Verfasser: Pfarrer Christoph Eichert, Evangelische Paulusgemeinde Halle (Saale)


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