Die neue Geburt
von Matthias Schröder (39629 Bismark / Altmark)
Predigtdatum
:
18.04.2004
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Ostermontag
Textstelle
:
1. Petrus 1,3-9
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Wochenspruch:
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.
(1. Petrus 1,3)
Psalm: 116,1-9 (EG 746)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 40,26-31
Epistel:
1. Petrus 1,3-9
Evangelium:
Johannes 20,19-29
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 111
Frühmorgens, da die Sonn aufgeht
Wochenlied:
EG 102
Jesus Christus, unser Heiland, der den Tod überwand
Predigtlied:
EG 389
In dir ist Freude
Schlusslied:
EG 116
Er ist erstanden, Halleluja
Liebe Gemeinde,
kennen Sie das auch? Manchmal möchte man sich einfach wegträumen und den Alltag mit seinen Problemen hinter sich lassen. Vor einigen Jahren hat der Liedermacher Reinhard Mey einen solchen Traum in einem Lied beschrieben. Dieses Lied ist wohl auch deshalb so populär geworden, weil es den Traum vieler Menschen in Worte fasst:
„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, liegen darunter verborgen. ... Was uns groß und wichtig erscheint wird plötzlich nichtig und klein.“
Ja, manchmal möchte man allem entfliehen und einmal alles Belastende hinter sich lassen - frei sein von Wirtschaftskrise und rechter Gewalt, von den Sorgen um die Zukunft; frei sein von finanzieller Beschränkung, von Einsamkeit, von Krankheit. Alles von den Wolken zudecken lassen, um dann unbeschwert wie zur Sonne zu fliegen – das wäre traumhaft!
Auch zur Zeit der Entstehung der Kirche litten Menschen zuweilen unter ihrem Alltag. Unser heutiger Predigttext nimmt uns hinein in die Sorgen von Christen, die am Ende des 1.Jahrhunderts in Kleinasien lebten. Wir wissen, dass ihre Umwelt ihren Glauben nicht verstand, ihn sogar ablehnte. Christen waren Außenseiter, die diskriminiert und verspottet wurden. Noch heute ahnen wir etwas von ihrer Hilflosigkeit und Trauer, von den Schwierigkeiten ihres Alltags.
An diese Menschen richtet sich nun der 1.Pertusbrief. Sein Verfasser muss ein wahrer Menschenfreund gewesen sein. Er möchte den Gemeinden Mut machen. So gibt er ihnen das wichtigste weiter, was er zu sagen hat. Er singt ihnen seinen Trost wie ein Lied vor:
3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, 4 zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, 5 die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit.
6 Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, 7 damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus. 8 Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, 9 wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.
Wie müssen die Menschen damals solche Worte aufgenommen haben? Sie klingen wie ein schöner Traum: „Gott hält neues Leben im Himmel für euch bereit“, „Gott wird euch mit Herrlichkeit belohnen“. Es muss gut getan haben, so etwas zu hören. Man fühlt sich beim Hören auf einmal freier, fast wie über den Wolken schwebend.
Allerdings: Klingt das alles nicht auch irgendwie nach Vertröstung, nach: „Jetzt geht es euch zwar schlecht, aber wartet nur, im Himmel werdet ihr schon belohnt werden“? Dem christlichen Glauben ist oft vorgeworfen worden, er würde Menschen auf ein besseres Jenseits vertrösten und sie so dazu bringen, die Zustände auf der Erde klaglos hinzunehmen.
Trifft das zu? Will unser Predigtext, dass Menschen über den Wolken schweben und sich in eine glänzende Zukunft hinwegträumen? Ist er wie Opium für das Volk?
Bei genauerem Hinsehen wird deutlich: Nein, das ist er nicht! Der Schreiber des 1. Petrusbriefes will seine Leser nicht betäuben oder ruhigstellen. Im Gegenteil, er will ihnen Mut machen für ein aktives, christliches Leben im Hier und Jetzt.
Die Christen der damaligen Zeit gerieten mit ihren Mitmenschen deshalb aneinander, weil sie wirklich christlich zu leben versuchten und sich so von ihrer Umwelt abhoben. Sie weigerten sich, den Kaiser göttlich zu verehren, sie lehnten äußerlichen Luxus ab, sie bemühten sich um gegenseitige Achtung und Rücksichtnahme.
Solchen engagierten Menschen will der Briefschreiber sagen: „Habt Mut! Ihr wisst doch, dass Eure Zukunft gesichert ist. Das kann Euch Gelassenheit geben und Kraft. Lebt weiter entschlossen so, wie Gottes es von Euch will!“
Liebe Gemeinde, was heißt das nun für uns? Was können die Worte des 1. Petrusbriefes uns heute sagen? Auf den ersten Blick scheint sein Anliegen nicht zu uns zu passen. Wir Christen werden in Deutschland nicht verfolgt. Im Gegenteil, wir stellen in weiten Teilen des Landes die Mehrheit der Bevölkerung, wir sind ihre größte gesellschaftliche Gruppe.
Und doch tut es auch uns gut, zu einem wirklich christlichen Lebensstil ermutigt zu werden. Denn wenn wir ehrlich sind, kommt auch heute eine Lebenshaltung, die sich vom stillschweigenden Konsens der Mehrheit der Bevölkerung abhebt, nicht gut an. Engagiertes christliches Leben stößt auch heute ab (Originalton eines Kirchenmitgliedes: „Ich muss nicht jeden Sonntag zur Kirche rennen, so fanatisch bin ich dann doch nicht“). Christlicher Glaube darf den Alltag möglichst nicht stören (Noch ein Originalzitat von einem Konfirmandenvater: „Hier bringe ich meinen Sohn zum Gottesdienst, wann kann ich ihn wieder abholen?“).
Der 1. Petrusbrief erinnert uns: Gott will, dass wir als Christen leben. Gott will uns im Glauben bewahren. Er will, dass wir unser Erbe bei ihm wirklich einmal antreten können.
Auf welche Ablehnung ein solcher Lebensstil führen kann, hat ein Theologe einmal sarkastisch so formuliert:
„Stell’ dem Menschen auf dem Weg einen Monitor hin mit einem tollen Krimi. Setz’ ihm einen Kopfhörer auf mit der Musik, die er liebt. Wirb auf 20 Kanälen für Eigenheime, Autos, jugendliche Spannkraft und alte Weine, und er wird mit der Zeit seine Fragen vergessen. Wenn du ihn fragst, weiß er vielleicht nicht einmal mehr, woher er kam und was er unterwegs eigentlich suchte. Aber er wird sich gut fühlen, wird dich zum Querulanten erklären mit deiner ewigen Suche nach Sinn und Gott.“
Wer will schon ein Querulant sein? Was können wir da tun?
Wir können uns möglichst oft erinnern lassen an Gottes Zukunftsentwurf für uns: an die Herrlichkeit, mit der er uns belohnen will, an die endgültige Rettung, die Seligkeit der Seele (wie Luther es sagt). Das ist wie ein Traum für uns - aber eben keiner, mit dem wir aus der Wirklichkeit fliehen, sondern einer, der uns inspiriert, begleitet und stärkt.
Wir sollten uns möglichst oft an diesen Traum erinnern lassen: durch unsere Gottesdienste, durch gute Musik und Bücher, durch Gespräche mit christlichen Menschen, durch wenigstens einen fernsehfreien Abend pro Woche. Wir können versuchen, nicht stumpf zu werden, auch wenn wir schon viele Jahrzehnte lang auf dem Weg hin zur ewigen Herrlichkeit sind. Wir können Gott unsere gefalteten Hände hinhalten und um Kraft zur inneren Beweglichkeit bitten. Wir können uns vom Elan junger Menschen, ihrer Neugierde, ihrer positiven Kraft und Kritikfähigkeit inspirieren lassen. Und wenn es möglich ist, sollten wir einfach aufbrechen und sagen, was anders werden muss in unserer Welt und unserer Gesellschaft.
Fliehen wir also nicht über die Wolken, sondern stehen wir fest auf dem Platz, zu dem uns unser Traum schon hier und jetzt führt. Amen.
Verfasser: Pfr. Matthias Schröder, Priesterstr. 2, 39629 Bismark / Altmark
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